Pops:
Der Untersuchungsgegenstand der Lehre betrifft (auch) alle Gegenstände und Vorgänge der bewussten äußeren Wahrnehmung.
Ja, aber nur weil das mit dem sich der Buddhismus beschäftigt, die Wahrnehmung selbst ist. Und wie Wahrnehmungsobjekte wie Gefühle und Verblenungen entstehen.
Und weil der Buddhismus sich eben auf die Frage der Entstehung und der Überwindung des Leides beschränkt ist es doch nicht schlimm, dass er auf physikalische und biologische Fragen keine Antwort gibt. Braucht er doch gar nicht.
Ich könnte diesen Satz so nicht schreiben. Das könnte man ja so verstehen als ginge es dem Buddha irgendwie um eine Psyche/Seele des Menschen, die man verändern oder kontrollieren oder beschreiben könnte.
Deswegen halte ich den Satz danach auch nicht für hilfreich, um zu klären, was der Buddha da eigentlich zu erklären sucht, und warum man die Lehre klar von den Wissenschaften abgrenzen muss. Einerseits durch die Wertigkeit und "Tiefe des Wissens", anderseits auch dadurch, dass es ja in der Lehre des Buddha nicht darum geht, Dinge zu postulieren, wie es die Wissenschaften tun, sondern dem Benutzer der Lehre eine Hilfe dabei zu sein, überhaupt nicht mehr in die verrückte Gelegenheit kommen zu müssen, beispielsweise zu glauben, dass seine Existenz SO und hier etwas damit zu tun hat, dass sich irgendwann halt "Intelligenz" und der aufrechte Gang undsoweiter entwickelt hat.
Es ist nicht so einfach wie du es schreibst. Es geht nicht um eine irgendwie vorgestellte "Wahrnehmung" und auch nicht darum, wie die Gefühle dann "darin" entstehen. Sondern darum, wie man das Leid beendet. Das schreibst du ja dann auch. Aber die Sache mit dem Leid und ICH-Illusion, und: ewiger, bedingter Entstehung ist eine so komplexe Sache, du wirst ihr mit diesen beiden vorangegangenen Sätzen in meinen Augen nicht einmal im Ansatz gerecht. Ich schreibe das bewusst so abgrenzend.
Du schreibst davon, dass sich der Buddhismus mit der Frage nach der Entstehung des Leides beschäftigt, sich darin beschränkt, vergisst dabei aber, dass Dasein in der Lehre des Buddha von Natur aus leidhaft ist.
Aus diesem Grund kann es gar nicht so sein, dass die Lehre hier irgendwie beschränkt auf nur "Leid" wäre. Die Lehre beschäftigt sich mit dem Auftreten, dem Warum des Auftretens bestimmter Erscheinungen und Dinge mit Eigenschaften, die für den Einzelnen jeweils da sind und seine (beileibe nicht nur absolut gesehen leidhafte) Wirklichkeit gestalten.
Es ist, wie von mir schon einmal geschrieben, andersherum. Die Wissenschaften sind beschränkt und auf ihr jeweiliges Gebiet eingegrenzt, weswegen sich die Haltung eines Menschens, der der Lehre folgt nachvollziehbarerweise auch darin äussert, dass er erkennt, dass es in der Geologie zB letztlich nur Fantasien zu holen gibt. Und nichts Beständiges.
Natürlich erscheint dem, der eine Eisenbahn bauen will, die Buddhalehre beschränkt, denn darin kann er keine Anleitung dazu finden, wie man eine Eisenbahn baut. Man kann aber, wenn man es ernsthaft vorhat, einen Weg einschlagen, der einen in einen Daseinsbereich bringt, in dem die Vorstellung einer Eisenbahn wohl genügt und da ist dann schon eine materialisiert. Jetzt mal ganz drastisch gesprochen. Genau das geht ja zB aus der Lehre hervor. Dass so etwas möglich wäre. Als positiver Ausblick für alle Eisenbahnfreunde sozusagen.
Daran siehst du zumindest meinen philosophischen Standpunkt zum Wissen der Biologie oder Soziologie usw., wenn ich daran glaube, dass das genau so gemeint ist im Palikanon mit den Daseinsbereichen. Der lebenspraktische Standpunkt zu den "Hervorbringungen der Biologie oder Medizin" ist freilich ein anderer.
Buddha sagt im Gleichnis vom Pfeil, dass er wie ein Arzt ist. Dem es um die Heilung der Krankheit - der Beseitigung von Dukkha - geht.
In gewisser Weise ist das unbefriedigend. Andere Religionen bieten ausschweifende Erzählungen vom Anfang und vom Sinn der Welt. Es werden Kosmologie ausgebreitet und statt eines bloßen Arztes hat man göttliche Glorie samt Egelscharen oder die tranzendetale Pracht pilosophischer Glasperlenspiele und alleserklärende Metatheorien.
Ich habe die Pfeilgeschichte nie als unbefriedigend empfunden, eher als klaren Hinweis, die richtigen Fragen zu stellen. (Denn die meisten Fragen fussen auf auf falschen oder nicht sicheren Annahmen).
Die Geschichte geht so glaube ich: Da liegt ein von einem vergifteten Pfeil Getroffener und stellt lauter falsche (den Vorstellungen geschuldete) Fragen:
Wer den Pfeil abgeschossen hat
Warum der das getan hat
Von wem der den Pfeil bekommen hätte
anstatt die einzig richtige Frage zu stellen: Wie er den Pfeil herausbekäme.
Der Buddha hat viele Metaphern ersonnen. Das mit dem Arzt ist mir neu und mag ich gerade gar nicht so recht glauben. Vielleicht hast du das Zitat parat?
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Dass Problem, dass da einer in der Lehre des Buddha etwas vermisst, was man in "den Religionen" sonst so beobachtet, hat der, der da eine Religion vermutet. Das ist sie nicht. Die Lehre erklärt die Ursache, das Entstehen und das Beenden des Leides. Und damit erklärt sie automatisch auch das Dasein. Es geht nicht um Inhalte bestimmter Fantasien und damit automatisch auch nicht darum, jemanden anzubeten ,der irgendeine abgetrennte Gesamtheit Kosmos geschaffen haben könnte.
Indem durch die Lehre die Ursache, das Entstehen und das Beendes des Leides erklärt wird, wird gleichzeitig erklärt, dass das Dasein dadurch zustande kommt, dass man sich Einzelaspekte des Daseins oder das Dasein insgesamt falsch vorstellt, falsch sieht, falsch denkt und damit zu bestimmten Handlungen kommt, die spätere Wirklichkeit formen.
Aber letztendlich ist doch genau umgekehrt. Das Buddha so nüchtern ist, und rein über die Befreiung vom Leid redet, ist nichts was ihn zurücksetzt, sondern das er derelei nicht nötig hat ist doch seine Größe.
Es braucht kein prächtiger Weltenherrscher sein, kein Logos der alles erklärt, keiner der der Welt Sinn gibt und das ultimative System liefert, wie alles ist. Er hat das nicht nötig.
Und auch die Befreiung vom Leid ist an sich schon das höchste Ziel. Warum deswegen andere Formen des Wissens mit ihren beschrankten Zielen schmälern?
Ich setze seine Lehre ja nicht zurück. Du machst das. Indem du ignorieren möchtest: eine zeitlose Lehre. Und was das heisst. Indem du einfach so sagst, dass es in dieser Art des Wissens darum geht und hier darum und dort darum, und halt in der Lehre des Buddha um die Wahrnehmung und wie das mit den Gefühlen und so ist. Also so klingt es für mich immernoch.
Und nun willst du die Lehre für dich doch irgendwie wieder höher rücken, in dem du erklärst, was der Buddha glorreicherweise nicht nötig hatte. Was ja stimmt. Aber ... es ist halt keine Religion, wie ich schon schrieb, es geht hier um das Dasein an sich und nicht um irgendein Jenseits oder irgendeinen Gott oder irgendwelche starren Regeln an die man glauben soll.
Die Empfindung mit der "Schmälerung" bestimmter Wissensarten an denen ich einmal fester hing, lässt mit der Zeit nach, lieber void. Es ist und bleibt Wissen, was wir Weltlinge benötigen und von dem wir uns mitunter auch bestimmt gerne verzaubern lassen. Aber dieses Wissen erscheint natürlich deutlich relativer vor dem Hintergrund der Wahrheit des bedingten Entstehens.