Also ich schätze den Pali-Kanon sehr, aber ich habe letztens mal in den Abhidharma geschaut und muss sagen das ich damit relativ wenig anfangen kann. Nicht weil ich nicht verstehe worum es geht, dazu beschäftige ich mich schon zu lange mit den ursprünglichen Lehren, aber ich sehe einfach nicht wirklich was darin weiter vermittelt werden möchte, das nicht schon besser und verständlicher in den Sammlungen erklärt wird.
-
-
bel:
es gab und gibt also nicht den Abhidhamma, dagegen einen nahezu identischen Sutta-Korpus (bis heute auch als Agamas des östlichen Mahayana-Korpus erhalten) . Der Grund ist eigentlich einfach einzusehen: während die Sutta, insbesondere MN und DN, eben nicht Geschichten sind, sondern (analytische) Argumentationen, reduziert sich der Abhidhamma auf eine Sammlung von Lehrsätze, die eine bestimmte, eben nicht allgemeingültige, Interpretation der Sutta nahelegen sollen
tsurezuregusa:Wer A sagt, muss auch B sagen (wurde mir zumindest als Kind so beigebracht).
Guter Einwurf - aber da frage ich mich doch, warum bei den westlichen Theravada-Anhängern nicht der viel näherliegende Gedanke Raum greift, sich dem tradierten, wie in keiner anderen Tradition monastisch geprägten, Schulungsweg praktisch auszusetzen, in dem dann das Studium bestimmter Texte nicht nach persönlichem Gutdünken, sondern Bestanteil einer Agenda ist.tsurezuregusa:Eine allgemeingültige Interpretation der Sutten ist vielfach auch kaum möglich.
Genau, und zwar aus dem Grund, daß die Sutta situativ-bezogen ist. Es kommt darauf an, wer, was fragt - und entsprechend unterschiedlich fallen dann die Argumentationen aus. Kappt man diesen Bezug, kann eigentlich nur noch Unsinn rauskommen - eine identische Situation haben wir, wenn der persönliche praktische Übungsteil vernachlässigt wird.tsurezuregusa:Deswegen ist meine Ansicht, dass man sich als Laie - will man denn dem Theravada folgen - nicht vor dem Abhidhamma verschliessen sollte.
Hm, siehe oben: wenn man einer bestimmten Tradition folgen will, dann sollte man das möglichst in allen ihren Facetten tun, anderenfalls verkommt "Theravada" (wie auch jede andere Tradition) zu einem "System", einem bloßen Banner, daß man seinen eigenen Vorstellungen voranträgt.
Als Alternative bieten sich die in den jeweiligen Traditionen formulierten Wege für Laien an, daß im Theravada dazu das Studium des Abhidhamma gehören soll, ist mir vollkommen neu. -
Noch ne Anmerkung:
Das hier skizzierte Problem stellt sich in vielfältigster Weise für jeden Westler jeder Tradition. Insbesondere für die westlichen Laien. Irgendwie reichen ihnen die tradierten Laienübungen nicht, was nicht an den Laienübungen liegt, sondern an ihrem Begehren, sich beim Waschen möglichst nicht naß zu machen. Versteh ich gut, mir gehts ja ebenso.
Die Situation ist übrigens auch im Zen virulent, z.B. haben wohl die meisten westlichen Soto-Anhänger noch nie was vom "Kyôkai Shushôgi" gehört, geschweige denn davon, daß darin ihre zentrale Übung "Zazen" überhaupt nicht erwähnt wird.
Wenigsten anfängliche Einsicht kann da entstehen, wo man sich mal selbst in der jeweilig gewählten Tradition, zumindest für eine gewisse Zeit, den praktischen Übungen in den Herkunftsländern aussetzt, sei es nun als Laie oder als Mönch(-Anwärter). Fördert nach meiner Erfahrung die Bodenhaftung. -
Diese Art Diskussion scheint ohnehin sehr alt zu sein:
Zitat"... Also, ihr Bhikkhus, diese Dinge, die ich euch gelehrt habe, nachdem ich sie unmittelbar erkannt habe - nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit, die vier richtigen Anstrengungen, die vier Machtfährten, die fünf spirituellen Fähigkeiten, die fünf Kräfte, die sieben Erleuchtungsfaktoren, den Edlen Achtfachen Pfad - in diesen Dingen solltet ihr euch alle in Eintracht üben, in gegenseitiger Wertschätzung, ohne Streit."
"Während ihr euch in diesen Dingen in Eintracht übt, in gegenseitiger Wertschätzung, ohne Streit, könnte es geschehen, daß zwei Bhikkhus unterschiedlicher Ansicht über das höhere Dhamma sind. ..." (Majjhima Nikāya 103: Was denkt ihr von mir? - Kinti Sutta)
Und auch damals schon wurde im Zweifel klar zugunsten des Dhamma entschieden:Zitat"Nach diesen Worten, ehrwürdiger Herr, richtete ich mich folgendermaßen an den ehrwürdigen Mahā Moggallāna: 'Freund Moggallāna, der ehrwürdige Mahā Kassapa hat seiner eigenen Inspiration entsprechend gesprochen. Nun fragen wir den ehrwürdigen Mahā Moggallāna: Freund Moggallāna, der Sālawald von Gosiṅga ist entzückend, die Nacht ist mondhell, die Sālabäume stehen alle in Blüte, und himmlische Düfte scheinen in der Luft zu schweben. Welche Art von Bhikkhu, Freund Moggallāna, könnte diesen Sālawald von Gosiṅga schmücken?' Und der ehrwürdige Mahā Moggallāna erwiderte: 'Freund Sāriputta, da führen zwei Bhikkhus ein Gespräch über das höhere Dhamma und sie befragen einander, und jeder antwortet auf die Fragen des anderen ohne ins Stocken zu geraten, und ihr Gespräch entwickelt sich dem Dhamma entsprechend. Jene Art von Mönch könnte diesen Sālawald von Gosiṅga schmücken.'"
"Gut, gut, Sāriputta. Um richtig zu sprechen, sollte Moggallāna genauso sprechen, wie er es tat. Denn Moggallāna ist einer, der über das Dhamma spricht." (Majjhima Nikāya 32: Die längere Lehrrede bei Gosiṅga - Mahāgosiṅga Sutta)
Viele Grüße
Elliot -
bel:hedin:
Der Abhidhamma ist Grundlage der buddhistischen Lebensphilosophie. Wird der Abhidhamma von dieser Philosophie ausgeklammert, dann bleibt ein Fragment über, das dann von jenen, die eine Philosophie zu einer Religion umfunktionieren wollen, in diesem Sinne frei interpretiert werden kann.
Dass die Sutren, wenn sie nicht im Zusammenhang mit dem Abhidhamma gesehen werden hierzu Möglichkeiten bieten, kann man an Tibet, China, Japan usw. anschaulich verfolgen.
Es war historisch genau umgekehrt. Die Spaltung des Ordens vollzog sich entlang der Streitigkeiten der alten Schulen (bevor sich Mahayana-Schulen bildeten) in Abhidhamma-Fragen. In der Folge hatten schon die alten Schulen jede ihren Abhiddhamma, es gab und gibt also nicht den Abhidhamma, dagegen einen nahezu identischen Sutta-Korpus (bis heute auch als Agamas des östlichen Mahayana-Korpus erhalten) . Der Grund ist eigentlich einfach einzusehen: während die Sutta, insbesondere MN und DN, eben nicht Geschichten sind, sondern (analytische) Argumentationen, reduziert sich der Abhidhamma auf eine Sammlung von Lehrsätze, die eine bestimmte, eben nicht allgemeingültige, Interpretation der Sutta nahelegen sollen. Der Zusammenhang zur Argumentation in den Sutta, vorallem zu deren wichtigen Situtationsbezogenheit, geht in den Abhidhamma vollkommen verloren, weshalb es dann zwingend zu "Widersprüchen" zum Sutta-Korb kommen muß.„Bitte entschuldige dieses fullquote, bel ...?
Das ist und war für mich ein Sinn und inhaltlich wertvoller Beitrag!“DANKE SCHÖN
añjalī अञ्जलि
Dorje Sema -
Danke bel !!!
ZitatHm, siehe oben: wenn man einer bestimmten Tradition folgen will, dann sollte man das möglichst in allen ihren Facetten tun, anderenfalls verkommt "Theravada" (wie auch jede andere Tradition) zu einem "System", einem bloßen Banner, daß man seinen eigenen Vorstellungen voranträgt.
Als Alternative bieten sich die in den jeweiligen Traditionen formulierten Wege für Laien an, daß im Theravada dazu das Studium des Abhidhamma gehören soll, ist mir vollkommen neu.
Vimuttasmim vimuttamitiañjalī अञ्जलि
Dorje Sema -
Für das Abhidharmastudium benötigt man fundierte Pali/Tibetisch/Chinesisch/ oder Sanskrit-Kenntnisse und die hat kaum jemand unter den praktizierenden Buddhisten in Deutschland. Die Übersetzungen des Abhidharma kann man fast nur verstehen, wenn man das Original ohnehin lesen könnte. Weiterhin ist er auch nur für Fortgeschrittene wirklich von Nutzen, da er all die Feinheiten bespricht, die Fortgeschrittene allmählich erforschen und sich ihnen als Fragen stellen. Anfängern hilft er nicht wirklich und stellt eher eine Überforderung dar. Kinder trinken gerne pappsüße Limo. Erwachsene eben gerne Kaffee oder Tee. Um auf ein hohes Niveau als Dharmalehrer zu kommen, ist der Abhidharma unerläßlich. Für das Erlangen der Befreiung ist er hilfreich, jedoch nicht unerläßlich. Nur auf Suttantabasis operierend müsste man sich all die im Abhidharma gelehrten Wirklichkeitszusammenhänge selbst von neuem erschließen. Das würde mehr als ein Leben dauern...
-
Ich warte ja immer noch auf ein Beispiel:
Elliot:... Ich dachte nur, Ihr wüsstet vielleicht schon mal einen bestimmten Text aus dem Abhidhamma wo Ihr sagt: Ohne diesen Text wäre diese oder jene Lehrrede ja gar nicht richtig zu verstehen, oder so. Das meinte ich mit konkretem Beispiel.
Viele Grüße
Elliot -
Frage einfach mal Ayya Agganyani. Sie ist die Fachfrau für Abhidhamma in Deutschland. http://www.abhidhamma.de
-
Schade, das klang so, als hättest Du selbst mal ein konkretes Beispiel, das die Bedeutung des Abhidharma verdeutlichen soll:
Maigloeckchen:Nur auf Suttantabasis operierend müsste man sich all die im Abhidharma gelehrten Wirklichkeitszusammenhänge selbst von neuem erschließen. Das würde mehr als ein Leben dauern...
Bisher wird hier immer nur behauptet, das sei alles ganz wichtig und hiflreich, aber sobald mal konkret nachgefragt wird, bricht das große Schweigen aus. Warum nur?Viele Grüße
Elliot -
Das Buddhalandforum ist m.E. nicht der Platz für ernsthafte Dhammagespräche. Ich verweise Dich deswegen auf eine non-virtuelle Möglichkeit des Dhammaaustausches.
-
Hört sich ein wenig nach Ausrede an, finde ich. Aber egal. Wozu ist aus Deiner Sicht das Buddhalandforum dann geeignet?
Viele Grüße
Elliot -
Maigloeckchen:
... Die Übersetzungen des Abhidharma kann man fast nur verstehen, wenn man das Original ohnehin lesen könnte. ...
Hi & willkommen MaiglöckchenKannst du das Original denn lesen und verstehen?
Maigloeckchen:... Anfängern hilft er nicht wirklich und stellt eher eine Überforderung dar. Kinder trinken gerne pappsüße Limo. Erwachsene eben gerne Kaffee oder Tee. ...
Sagst du hier, dass das Dhamma des Buddha in den Suttas mit "pappsüßer Limo" für "Kinder" zu vergleichen sei, und das Abhidhamma mit "Kaffee oder Tee" für "Erwachsene"?Maigloeckchen:... Um auf ein hohes Niveau als Dharmalehrer zu kommen, ist der Abhidharma unerläßlich.
Meinst du mit "hohem Niveau" eine Art 'besondere' Lehrbefähigung, um Schüler zu entlassen und unabhängig von einem Lehrer in der Lehre des Tathagata zu machen? Oder um Schüler nach und nach mit Wissenshäppchen an der Stange zu halten? Oder was genau meinst du mit "hohem Niveau"?Maigloeckchen:... Nur auf Suttantabasis operierend müsste man sich all die im Abhidharma gelehrten Wirklichkeitszusammenhänge selbst von neuem erschließen. Das würde mehr als ein Leben dauern ...
Führen diese Wirklichkeitszusammenhänge auch zum Ziel (nibbana) oder nur zu "mehr als ein Leben dauern"?Maigloeckchen:... Das Buddhalandforum ist m.E. nicht der Platz für ernsthafte Dhammagespräche ...
Jeder nach seinen oder ihren Fähigkeiten.Grüße
-
In einem anderen Thread wird über „Selbstmord aus buddhistischer Sicht“. diskutiert.
Es wird dort versucht zu erklären, ob, warum und ab wann ein Selbstmord heilsam oder unheilsam sein könnte.Wenn man nun den Adhidhamma als Grundlage für solche Überlegungen heranzieht, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass ein „unangenehmes Gefühl“ (karmische Wirkung), begleitet von entsprechenden „Umständen/Bedingungen“ und kombiniert mit damit verwobener „karmischer Erinnerungen“ (karmischer Ursachen), zu einer solchen Tat führt.
Im gesetzlichen Sinne nicht „strafbar“, im buddhistischen Sinne "unheilsam".
Ein irdisch Erleuchteter, der zwar noch früher angehäuftes Karma mitführt, jedoch auf Grund fehlender Befleckungen keinerlei unheilsame Handlungen mehr vollzieht, kann auch keine bewusste Selbsttötung vornehmen.
Auf diese Grundlage (Abhidhamma) bauen dann die Sutren mit Erklärungen und Beispielen.
Und nun kommts......jede einzelne buddhistische Tradition setzt dann noch eins drauf und am Ende kennt sich kein Mensch mehr aus.hedin