Elliot:Onda:Auch du, Elliot, strickst dir dein ganz eigenes Verständnis des Buddha-Dharma.
Warum zitierst Du nicht einfach aus dem Palikanon?
Weil:
Verständnis = Text + Interpretation
Verständnis ist ein kreativer Prozess, ein Wechselspiel zwischen Text und Leser.
Erst wenn ich es in eigenen Worten sagen kann, liegt (eventuell) Verständnis vor.
Und was es noch komplizierter macht:
Die Übersetzungen des PK, die uns heute vorliegen, sind: Übersetzungen.
Jede Übersetzung aber ist bereits eine Interpretation, eine individuelle Deutung.
Im italienischen sagt man gar "traduttore - traditore" = der Übersetzer ist ein Verräter.
Also:
Palikanon-Schnipsel allein helfen uns nicht weiter. Die Schnipsel müssen gedeutet (interpretiert) werden, was nur gelingt, wenn man sie in einen größeren Kontext stellt. Genau das macht Analayo bei seiner vorbildlichen Untersuchung des satipatthana-suttas. Er versucht der Bedeutung der Begriffe unter anderem dadurch näher zu kommen, dass er eine Vielzahl von Textstellen einander gegenüber stellt. Lesenswert ist Analayos Doktorarbeit auch wegen der gründlichen Definitionen buddhistischer Kernbegriffe (wie "dukkha", "samadhi", etc, etc.)
Wie alle spirituellen Texte ist auch der PK in hohem Maße interpretationsbedürftig. Jeder Übersetzer nimmt eine solche Interpretation bereits vor und entfernt sich damit unter Umständen weit von der Intention des Ursprungstextes. Das dürfen wir nie aus den Augen verlieren. Die übersetzten PK-Texte sind gedanklich vorverdaut. Sie einfach wiederzukäuen im Irrglauben, damit das unmittelbare Wort des Buddhas zu reproduzieren, bringt uns nicht weiter.
Onda