niedere Wiedergeburten

  • Stero:


    Als Fazit bleibt für mich, dass das was du als Gewohnheit ansiehst nicht weit genug geht. Du erkennst das Ausmaß an Gewohnheit nicht angemessen. Das ermöglicht dir dann, dir selbst eine Zuflucht vor Gewohnheit zu definieren, die bei genauerem Hinsehen auch nur Gewohnheit ist.


    Das ist der knackpunkt, denn wenn ich jegliche Gewohnheit "abschalte", dann bin ich beim Bewußtseins-Modus der Nicht-Zuschreibung. Hafte ich daran an, dann ist es der Gipfel, der Zenit zyklischer Existenz lt. Palikanon, "das einzig Wahre" umgangssprachlich, hafte ich nicht daran an, dann ist es die letztendliche Befreiung ... von was auch immer. ;)

  • Nur weil ich nicht alle Aspekte und Ebenen von Gewohnheit niederschreibe, die mir in den Sinn kommen, heisst das nicht, dass sie mir nicht in den Sinn kommen. Mir geht es nur eben darum, dass ich im Jetzt auch die Möglichkeit habe, nicht aus irgend einer Form von Gewohnheit zu handeln. Wäre das nämlich nicht so, gäbe es keine Möglichkeit, Samsara zu entkommen, da man immer im Hamsterrad der Gewohnheiten steckenbleiben würde.


    Dass es eine Form von Gewohnheit sein muss, etwas zu lesen oder zu hören, das einem einen Impuls für ein Sprengen der eigenen Konzepte und karmischen Hamsterräder gibt, sehe ich nicht so. Den Gedanken finde ich arg konstruiert. Auch hier ist mir das deswegen wichtig, weil sowas die Lücke ermöglicht, über die eine Lehre oder ein hilfreiches Wesen zu einem Wesen, das in Samsara steckt, durchdringen kann. Ohne diese Freiheit, sich neu zu entscheiden und ohne diese potentielle Offenheit eines Wesens wäre Karma blos eine Form von Fatalismus.


    Die gute Nachricht im buddhistischen Konzept von Karma ist eben gerade, dass man auch einen freien Willen hat, wenn man bereit ist, ihn anzuwenden. Die Lehre von Karma schreibt dabei nicht vor, was man zu tun oder zu lassen hat. Sie erklärt nur, was zu was führt. Für gezielte Ausrichtung auf Erleuchtung weiss man dann, was förderlich ist und was nicht und darf es anwenden. So betritt man den Weg. Nimmt Zuflucht zu bleibenden Werten statt zu vergänglichen Phänomenen und Objekten.


    kilaya

  • kilaya:

    Dass es eine Form von Gewohnheit sein muss, etwas zu lesen oder zu hören, das einem einen Impuls für ein Sprengen der eigenen Konzepte und karmischen Hamsterräder gibt, sehe ich nicht so. Den Gedanken finde ich arg konstruiert. Auch hier ist mir das deswegen wichtig, weil sowas die Lücke ermöglicht, über die eine Lehre oder ein hilfreiches Wesen zu einem Wesen, das in Samsara steckt, durchdringen kann. Ohne diese Freiheit, sich neu zu entscheiden und ohne diese potentielle Offenheit eines Wesens wäre Karma blos eine Form von Fatalismus.


    "Sprengen der eigenen Konzepte und karmischen Hamsterräder" lasse ich einfach mal so stehen. Aber selbst wenn der Ausdruck valide wäre, so ist es denoch so, dass es innerhalb des Buddhismus nicht so ist, dass jeder dem gleichen Geschriebenen oder Gehörten zugeneigt ist und dass eben diese individuelle Neigung Manifestation individueller Gewohnheiten ist, Gewohnheiten die in der spezifischen Art und Weise von Sprachverarbeitung liegen.


    kilaya:


    Die gute Nachricht im buddhistischen Konzept von Karma ist eben gerade, dass man auch einen freien Willen hat, wenn man bereit ist, ihn anzuwenden.


    Das mit dem freien Willen ist ein nach wie vor heißdiskutiertes Thema in den Philosophien.

  • Stero:

    "Sprengen der eigenen Konzepte und karmischen Hamsterräder" lasse ich einfach mal so stehen. Aber selbst wenn der Ausdruck valide wäre...


    Das ist meine Sprache, und als solche valide ;)


    Zitat

    Aber selbst wenn der Ausdruck valide wäre, so ist es denoch so, dass es innerhalb des Buddhismus nicht so ist, dass jeder dem gleichen Geschriebenen oder Gehörten zugeneigt ist und dass eben diese individuelle Neigung Manifestation individueller Gewohnheiten ist, Gewohnheiten die in der spezifischen Art und Weise von Sprachverarbeitung liegen.


    Ich verstehe, was Du meinst, stimme aber nicht zu, wo es um die absolute Konsequenz geht, die Du daraus schlussfolgerst. Es mag sein, dass bestimmte Gewohnheiten mitbestimmen, welche Sprache mich anspricht und inspiriert. Aber wenn ich mich entscheide, dem gelesenen Inhalt entsprechend etwas neues auszuprobieren, um mein Leben anders auszurichten, dann ist das ein Akt des freien Willens.


    Das läuft dann aber wirklich auf eine Grundsatzfrage "gibt es einen freien Willen" hinaus. Aus meiner Sicht: gäbe es ihn nicht, wäre der ganze Buddhismus sinnlos.


    Stero:

    Das mit dem freien Willen ist ein nach wie vor heißdiskutiertes Thema in den Philosophien.


    Sicherlich. Aber kann man einen Buddhismus, der auf der Grundlage der 4 edlen Wahrheiten ruht, ernsthaft ohne freien Willen denken? Dann wäre jegliche Verbesserung und Ausrichtung auf Erleuchtung purer Zufall, den es aber im Sinne eines lückenlosen Karmakonzeptes auch nicht gibt. Warum sollte man über Karma unterrichtet werden, wenn man doch nichts verändern kann? Gäbe es keinen freien Willen, müssten alle auf ewig auf der Stelle treten. Bodhisattvas wären ebenfalls der Gewohnheit unterworfen und könnten daher nur denen helfen, mit denen sie gewohnheitsmäßig zusammentreffen. Tut mir leid, Buddhismus ohne Freien Willen, das funktioniert aus meiner Sicht hinten und vorne nicht. Und in Bezug auf Mahayana erst recht nicht. Wer neu das Bodhisattva-Versprechen ablegt, tut dies aus Gewohnheit? Wo soll die herkommen?


    kilaya

  • kilaya:

    Ich verstehe, was Du meinst, stimme aber nicht zu, wo es um die absolute Konsequenz geht, die Du daraus schlussfolgerst.


    Meine Folgerungen sind immer relativ, niemals absolut. Jede Folgerung setzt eine bestimmte Begriffsbildung voraus. Denn um wie hier zu meiner Folgerung zu kommen, muss ich ja einen bestimmten Begriff zu "Gewohnheit" im Kontext von Sprachverarbeitung haben.



    kilaya:


    Das läuft dann aber wirklich auf eine Grundsatzfrage "gibt es einen freien Willen" hinaus. Aus meiner Sicht: gäbe es ihn nicht, wäre der ganze Buddhismus sinnlos.


    Bei der philosophisch offenen und nicht religiös vorbestimmten Fragestellung wird deshalb meist nie Übereinstimmung erzielt, weil die Diskutierer unterschiedliche Begriffe zu "Freiheit" haben. Die Frage ist z.B. u.a. ob man einen Willen, der abhängig entsteht als "frei" bezeichnen kann. Dann ist die Frage, ob ein Wille, der immer menschlicher Wille sein muss, als "frei" bezeichnet werden kann. Dann gibt es da die Frage, ob die Frage nach der Freiheit des Willens sich vielleicht nur deshalb stellt, weil man die inhärente Existenz eines "central executives" annimmt, der sich "in seinem eigenen Haus" unabhängig entscheiden will.

  • Ich bin ja nicht so firm im Palikanon, aber mir scheint, Buddha war recht eindeutig in seinen Aussagen über Karma:


    Anguttara Nikaya V.57:

    ... wo immer es Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden, alle diese Wesen sind Eigner und Erben ihrer Taten, sind ihren Taten entsprossen, mit ihnen verknüpft, haben sie als Zuflucht und werden die guten und bösen Taten, die sie tun, einst erben. Indem er nun diese Tatsache bei sich häufig erwägt, erschließt sich ihm der Pfad. Jenen Pfad hegt und pflegt er nun, wandelt ihn beharrlich. Und indem er den Pfad hegt und pflegt, ihn beharrlich wandelt, lösen sich ihm die Fesseln und die Neigungen schwinden. -- http://www.palikanon.com/angutt/a05_051-060.html


    Aus meiner Sicht berührt das mehrere Punkte aus diesem Thread.


    kilaya

  • Hi,
    natürlich kann mit darüber viel diskutieren. Das Karma wird ins nächste Leben mitgenommen.
    Wieviel oder wie gut das Karma ist, läßt sich an den 32 Merkmalen eines Menschen erkennen.
    Wer alle diese Merkmale hat ist ein großer Mensch. Aber auch, falls man noch nicht alle hat, kann man trotzdem nachschauen: Die 32Merkmale eines großen Menschen, heißst es im Pali-'
    Kanon.


    sakko