Seid gegrüßt
Meine Schwester möchte demnächst ein kurzes Referat über Buddhismus in ihrer 10. Klassen halten. Sie hat mich daher gefragt, ob ich ihr bei der Beantwortung einiger Fragen helfen könne. Um mir auch selbst bewusst zu machen, was ich glaube zu wissen und zu verstehen möchte ich meine Antworten auf ihre Fragen hier teilen. Schließlich möchte ich ihr auch nichts unsinniges erzählen.
Die erste Frage lautete also: Was geschieht, nach dem buddhistschen Glauben, nach dem Tod?
Um zu verstehen, was im Buddhismus nach dem Tod geschieht, muss man zuerst drei buddhistische Lehren verstehen: die Lehre von Anatta bzw. vom Nicht-Ich/Nicht-Selbst, die Karma-Lehre und die Lehre vom bedingten Entstehen.
Anatta
Einfach ausgedrückt bedeutet anatta bzw. Nicht-Selbst, dass es keine beständige, unabhängige Seele gibt, da sich alles gegenseitig beeinflusst und verändert. Das Konzept eines Ich/einer Ich-Wesenheit, einer Persönlichkeit, eines Selbst oder einer Seele ist somit /nur/ ein Konzept bzw. eine Täuschung und entspricht nicht der Realität. Vielmehr ist diese so genannte Seele ein ständig im Wandel begriffenes Zusammenspiel aus Körper, Wahrnehmung, Empfindung, Geist (Wille, Wünsche, Absichten, etc.) und Bewusstsein, den fünf Daseins-Gruppen.
Karma
Alles Handeln und Denken bewirkt Karma. Dabei werden Arten anhand der Zeit des Eintritts der Wirkung (vipaka) - zu Lebzeiten reifendes, im nächsten Leben reifendes, im späteren Leben reifendes Karma - und anhand der Auswirkung - Wiedergeburt erzeugendes Karma, unterstützendes, unterdrückendes, zerstörendes Karma - unterschieden.
Ersteres bedingt im jetzigen und den folgenden Leben eben jene fünf Daseins-Gruppen und somit die Form der Wiedergeburt. Diese kann in folgenden so genannten Daseins-Bereichen geschehen: Bereich der Götter, Bereich der eifersüchtigen Götter, Bereich der Menschen, Bereich der Tiere, Bereich der hungrigen Dämonen, Bereich der Hölle.
Dabei ist zu beachten, dass die Wiedergeburt als Gott nicht die Erleuchtung, also das Eintreten ins Nirwana darstellt.
Das bedingte Entstehen wird durch eine zwölfgliedrige Kette beschrieben:
Nicht-Wissen/Ignoranz
bedingt
Tatabsichten (Sankhara)
bedingt
Bewusstsein
bedingt
Geistigkeit und Körperlichkeit
bedingt
Die sechs Sinnestore (5 Sinne + Denken)
bedingt
Kontakt (mit der Mitwelt/Umwelt)
bedingt
Empfindung
bedingt
Begehren/Verlangen
bedingt
Anhaften/Identifitieren (Meinungen, Vorstellungen, Gedanken, Konzepte, Ideen)
bedingt
Werdeprozesse (karmische Handlung, Wirkung)
bedingt
Geburt
bedingt
Alter, Leid, Tod
Die Wiedergeburt geschieht also nur in Folge des bedingten Entstehens bzw. des Nicht-Wissens und wird vom Karma beeinflusst, welches sich dann in Form der Wiedergeburt äußert. Weder vergeht somit beim Tod ein Leben, noch entsteht ein neues bei der Geburt.
Ich habe versucht, es möglichst prägnant zu erklären aber ob mir das so gut gelungen ist..
Meine Schwester wird es wohl etwas kürzen, ich hätte manches lieber noch ausführlicher beschrieben und das ist nun das Ergebnis.
Auf eine Differenzierung bezüglich verschiedener Strömungen habe ich offensichtlich auch verzichtet aber ich hoffe, dass wenigstens das bisschen, was da nun steht, seine Richtigkeit hat und in etwa wiederspiegelt, was gelehrt wird.
Bevor ich es vergesse: ist Reinkarnation verwendbar für den buddhistischen Wiedergeburtsglauben oder impliziert der Begriff eine Seele?