Buddhistische Schulen

  • Was macht denn ein Buddha? Er zeigt uns die Mittel und Methoden auf mit denen wir die Befreiung aus Samsara erreichen können. Aber diese Befreiung erlangen wir nur dadurch, dass wir diese gelehrten Mittel selber anwenden. Sie nur zu hören reicht nicht. Genauso ist es mit dem was uns unsere Lehrer / Lehrerinnen aufzeigen.


    Bei einigen Beiträgen habe ich den Eindruck, dass die Bodhisattva-Motivation und -zielsetzung nicht klar ist und auch nicht klar ist wie man zu einem Bodhisattva wird, wie man in den Bodhisattvapfad eintritt.


    Bis man in den Bodhisattvapfad eintritt, ist einiges zu tun. Als erstes muss man eine tiefgründige Einsicht in die eigene leidhafte Lage im Samsara sowie deren Ursachen und den Wunsch, sich hieraus befreien zu wollen, entwickeln. Dann macht man sich klar, dass alle anderen Menschen sich in derselben leidhaften Lage befinden und entwickelt den Wunsch, dass sie genauso wie ich selbst von diesem Leiden frei sein mögen. Dann muss man sich fragen, besitzt man selber die Fähigkeiten, ihnen dabei zu helfen, sich aus Samsara zu befreien. Wahrscheinlich werden wir feststellen, dass wir sie noch nicht in ausreichendem Maße besitzen. Deshalb entwickelt man im nächsten Schritt den Erleuchtungsgeist (Bodhicitta). Der Erleuchtungsgeist ist ein zweifacher Wunsch: Damit ich die Menschen aus ihren samsarischen Leiden herausführen kann bzw. ihnen die Mittel und Methoden, die zur Befreiung führen, aufzeigen kann, will ich die Qualitäten eines Buddhas, also die Buddhaschaft, erreichen. Denn nur dann kann ich dieses bewirken. Nachdem man sich dann gründlich mit dem Bodhisattvagelübde inhaltlich auseinandergesetzt hat, nimmt man dann das Bodhisattvagelübde bei einem Lehrer / einer Lehrerin und beginnt mit den Übungen des Bodhisattvapfades.


    Die Bodhisattva-Motivation und -zielsetzung hat nichts mit Egozentrik oder Egoismus oder Helfersyndrom zu tun. Sie eine altruistische Haltung mit der man das Glück anderer wichtiger nimmt als das eigene. Man nimmt sich selber zurück, weil die anderen Menschen sehr viele mehr sind als man selbst. Erstaunlicherweise führt diese Haltung des sich-selbst-zurücknehmens nicht zu mehr eigenem Leid, sondern zu mehr eigenem Glück.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Hier wird die ganze Zeit vom Ich und Du bzw. die anderen geredet, dabei sind das doch nur konventionelle Begriffe. Theravada lehrt anatta und zwar ausnahmslos für alle Phänomene "Sabbe dhammā anattā"

    sabbe.htm

    Anders als die Schulen die man als Hinayana bezeichnete, die die Beständigkeit der Dharmas lehrten. Macht es vor diesem Hintergrund Sinn davon zu sprechen, sein "Selbst" zu befreien während man "Andere Selbst" außer Acht lässt? .... Oder davon das man "alle Wesen" von "etwas" befreien will? Es geht darum Verblendung zu überwinden und damit das Leiden zu beenden. Im Theravada wie auch im Mahayana. Im keinen Fall geht das über das Selbst oder das Selbst anderer, sondern um das erkennen der Selbstlosigkeit aller Phänomene.

    Und Überhaupt... warum sollte irgendjemand den Palikanon irgendwem lehren, wenn sich doch dabei alles nur um die "eigene" Befreiung dreht.

    Einmal editiert, zuletzt von Sunu ()



  • Der Adel praktiziert bis heute noch ähnliches; nur hat der mit der Doktrin des Karma, der Leerheit, des „anatta“ und der daraus resultierenden Wiedergeburt/Nicht-Wiedergeburt keinerlei Berührungspunkte und somit auch keine Erklärungsnotstände.

    Der Adel bediente sich als Begründung seiner Privilegien metaphysischer Ansichten, welche von den Kirchen, die mit dem Adel im Bund standen, gelehrt wurden: Die Vormachtstellung des Adels sei Gottes Wille.

    2 Mal editiert, zuletzt von xxx ()

  • Die Bodhisattva-Motivation und -zielsetzung hat nichts mit Egozentrik oder Egoismus oder Helfersyndrom zu tun. Sie eine altruistische Haltung mit der man das Glück anderer wichtiger nimmt als das eigene. Man nimmt sich selber zurück, weil die anderen Menschen sehr viele mehr sind als man selbst. Erstaunlicherweise führt diese Haltung des sich-selbst-zurücknehmens nicht zu mehr eigenem Leid, sondern zu mehr eigenem Glück.


    Das heisst: man nimmt die Anhaftungen anderer wichtiger als die eigenen? Wenn jemand heult, weil er sein Eis tollpatschig verloren hat, gibt man ihm das eigene Eis? Damit der der heult, lernt, dass wenn er heult, andere ihm das geben, was er selbst verloren hat?


    "Sich selber zurücknehmen" kann vieles heissen. Man kann auch anderen den Vortritt bei "Erschießungsspässen" (es gibt Leute, für die ist das Entspannung, eine Art "Glück", Jagd auf Tiere zu machen zB) lassen. Damit die mehr davon haben.


    Motivation deswegen weil die anderen sind, kann doch schon genug sein, wenn man weiß, dass andere sich an anderen orientieren. Das ist es ja eben. Die Menschen orientieren sich stark aneinander. Und der eigene Lebenstil ist sichtbar, und wenn man sich noch so sehr bemüht den und damit verbundene Ansichten zu verstecken. Selbstloses Verhalten, das ist für das Glück der einen ne tolle Sache, für das Glück der anderen ein grosses Unglück.


    Stell dir vor, eine junge Dame ist unendlich verliebt in dich. Wie verhilfst du ihr zu ihrem Glück?

  • Helmut


    Ich weiß schon was du meinst, mit dem "sich zurücknehmen".


    Ich würde es so betonen:


    Je wacher und innerlich beruhigter man ist, desto eher wird man die aktuellen Sorgen und Schwierigkeiten und auch das Glück der anderen erkennen. Indem Moment in dem man sowas konkret erkennt, ist man sozusagen schon "eingemischt". Wie man dann weiterhandelt, kann man nicht per Regel definieren, etwa à la "sich selber zurücknehmen". Es ist je nach Situation unterschiedlich, was sich richtig anfühlt und was nicht.

  • Das heisst: man nimmt die Anhaftungen anderer wichtiger als die eigenen? Wenn jemand heult, weil er sein Eis tollpatschig verloren hat, gibt man ihm das eigene Eis? Damit der der heult, lernt, dass wenn er heult, andere ihm das geben, was er selbst verloren hat?


    Wenn es ein Kind ist, würde ich das machen (obwohl ich noch gar kein Bodhisattva bin). Bei einem Erwachsenen nicht. Aber der würde wohl auch nicht heulen.


    Mit allgemeinen Beispielen wirst du im Verständnis eines Bodhisattvas nicht weiterkommen. Alle Handlungen und Hilfe sind immer situationsbedingt, und von vielen Ursachen und Neben-Bedingungen abhängig.

    Derjenige ist überhaupt nicht weise, der nicht auf die jeweilige spezielle Situation achtet, sondern sich vornimmt nach festen Regeln zu "helfen".


    Hab doch einfach vertrauen zu Motivation eines Bodhisattvas: so zu helfen, dass es dem Lebewesen in der jeweiligen Situation am besten nützt, um weniger zu leiden, sofort un auf lange Sicht als Nachwirkung.

    Deswegen ist die Hauptübung eines Bodhisattvas die Vollkommenheit der Weisheit, inklusive der "geschickten Mittel".

    :rainbow:

  • Mit allgemeinen Beispielen wirst du im Verständnis eines Bodhisattvas nicht weiterkommen. Alle Handlungen und Hilfe sind immer situationsbedingt, und von vielen Ursachen und Neben-Bedingungen abhängig.


    Allgemeines Beispiel - das ist schon ein Widerspruch in sich. Allgemein gehaltene Erklärungen über eine Haltung oder ein Ziel des Bodhisattvas habe ich nicht geliefert. Ich wollte mit dem Hinweis auf das Konkrete zeigen, dass diese allgemeinen Formulierungen auf das Konkrete und Situative nicht so allgemein wie ausgesprochen anwendbar, also sinnlos sind.


    Hab doch einfach vertrauen zu Motivation eines Bodhisattvas: so zu helfen, dass es dem Lebewesen in der jeweiligen Situation am besten nützt, um weniger zu leiden, sofort un auf lange Sicht als Nachwirkung.

    Deswegen ist die Hauptübung eines Bodhisattvas die Vollkommenheit der Weisheit, inklusive der "geschickten Mittel".


    Im Grunde ist mir das egal mit dieser Lehre. Nicht egal ist es mir, wenn hiermit in Aussicht gestellt wird, dass der Weg, der von der Ansicht angeleitet ist, jemand werden zu wollen, um alle befreien zu können, irgendwie wertiger als die BuddhaLehre wäre, oder auf dieser aufbauen würde.

  • natürlich gibt es allgemeine Beispiele und du hast eins genannt: "wenn jemand heult". jemand ist ein Allgemeinbegriff und kein konkreter Mensch.

    :rainbow:

  • natürlich gibt es allgemeine Beispiele und du hast eins genannt: "wenn jemand heult". jemand ist ein Allgemeinbegriff und kein konkreter Mensch.


    Ein Beispiel ist immer konkret, und ich habe eines gebracht. Aber darauf will niemand eingehen. Lasst uns alle Wesen zur Befreiung führen. Wir haben zwar keinen Plan wie das geht, aber das soll unser Ziel sein.


    Sorry Spock, dass ich mitgemacht habe, Unordnung in deinen Thread zu bringen. Ich werd mich bemühen, in Zukunft nutzlose Kommentare und Fragen eher zu erkennen.

  • Lasst uns alle Wesen zur Befreiung führen. Wir haben zwar keinen Plan wie das geht, aber das soll unser Ziel sein.

    Denn Plan findest du in den Suttas und Sutras, die den Buddhadharma überliefern und in einigen von ihnen hat Buddha Sakyamuni seinen Entwicklungsweg zum Buddha geschildert. Diesen Weg, den der Buddha verwirklicht hat, können wir auch verwirklichen; wenn wir es denn wirklich wollen. Dann können wir für andere Menschen genauso hilfreich sein wie es Buddha Sakyamuni gewesen ist.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Spock


    Das kann man auch im PK lesen, dass es heilsames Erwägen über den Buddha gibt und ich würde eigene Erfahrungen auch so bewerten.


    Deine Formulierung "Ich sehe es nicht so, dass es nicht genug Metta im PK gibt", finde ich gut und angemessen.

  • Sorry Spock, dass ich mitgemacht habe, Unordnung in deinen Thread zu bringen. Ich werd mich bemühen, in Zukunft nutzlose Kommentare und Fragen eher zu erkennen.

    Wenn du eine ernsthafte Fragen hast, dann kannst du die ruhig stellen. Mir geht es nur darum, dass ich als Threadersteller auch den Thread gerne verfolgen würde und ich keine Lust habe mir seitenweise das Geschubse von Erwachsenen durchlesen zu müssen, die keine Lust haben sich auszutauschen, sondern sinngemäss nur sagen dass sie irgendwas doof finden und sonst nix weiter und der andere dann so "Selber!" "Selber 'selber'." "Spiegel." "Laserschwert der Weisheit!"... Du weißt schon...


    Zum Inhalt deines Posts: Ich selber habe am Anfang auch Bodhisattva- und Medizinbuddhasutten gelesen und fand sie sehr schön und auch heilsam. Ich sehe es nicht so, dass es nicht genug Metta (usw.) im PK gibt, aber im Mahayana wird es teilweise schon stärker ausgeschmückt und man stellt sich dann zB. eine Welt vor wo sich alle Wesen treffen und friedlich dem Bodhisattva lauschen. Alle Wesen sogar die blutsaugenden oder die, die normalerweise als schlecht gesehen werden hören ihm zu und sind friedlich, usw. Und wenn man sich das so vorstellt, dann kann es sein, dass man gefühlt genauso zur Lehre Zuflucht nimmt, wie wenn man sich zB. die guten Eigenschaften des Buddhas vergegenwärtigt oder eine Mettameditation macht oder... Grade wenn man viel grübelt und sich gerne in negatives reinsteigert oder ängstlich ist, dann kann das hilfreich sein, finde ich.

    Das sind so methodischen Unterschiede der jeweiligen Traditionen, die sich aber im Grundsatz wiederum nicht unterscheiden. Für alle heute noch existierenden buddh. Traditionen gilt Anatta, Anicca, Dukkha und zwar für alle Phänomene.

    Nur vor diesem Hintergrund kann man die jeweiligen Traditionen richtig verstehen.

    Wenn man nun aber mit Vorteilen, dass das für die jeweils andere Tradition nicht uneingeschränkt gilt, an eine andere Tradition herantritt, dann wird man auch immer vermeintliche Bestätigungen für seine Vorurteile finden.

    Mir fällt da z. B. der Begriff Buddhanatur über den sich dann gestritten wird u. a. ....

    Geht man unvoreingenommen an die Sache heran, bzw. behält man im Hinterkopf, dass anatta, anicca, dukkha auch für die jeweils andere Tradition uneingeschränkt gilt, dann werden einem dort auch Schätze offenbart, die einem ohne das "rechte Licht" ganz verborgen geblieben wären. Wäre doch schad drum!

  • Im Palikanon erklärt der Buddha auch die "Vier Unermeßlichkeiten":

    Die Hindus (irgendwo gelesen) beanspruchen diese auch für sich. Wer weiß wer sie zuerst gelehrt hat? Sie werden auch die "Vier göttlichen Verweilzustände" genannt. Kann also sehr gut vom Hinduismus her kommen,

    Daher ist es nicht zu beweifeln, dass "genügend Metta im PK" vorhanden ist.


    Der Unterschied ist eben nur, dass die Bodhisattva-Übenden im Mahayana sich vornehmen, den Daseinskreislauf erst zu verlassen, wenn sie mitgeholfen haben, auch alle anderen Lebewesen zu befreien. Vielleicht ist das ja gar nicht mehr Metta. Aber es ist ein anderer Entschluß. Eigentlich eher ein anderer Glaube: der Glaube nämlich, dass es möglich ist, dass man da bald mithelfen kann.

    ;)

    :rainbow:

  • Ich gebe Sunu recht, wenn er sagt:

    Geht man unvoreingenommen an die Sache heran, bzw. behält man im Hinterkopf, dass anatta, anicca, dukkha auch für die jeweils andere Tradition uneingeschränkt gilt, dann werden einem dort auch Schätze offenbart, die einem ohne das "rechte Licht" ganz verborgen geblieben wären. Wäre doch schad drum!

    Deshalb versuche ich vorerst einmal die Philosophie der Madhyamaka-Schule so zu interpretieren, wie ich es verschiedenen Erklärung/Literatur entnehmen konnte. Wie gesagt, lediglich eine Interpretation verschiedener Erklärungen.

    Korrekturen fehlerhafter oder sinnentstellter Angaben, sind erwünscht.


    „Nicht aus sich selbst, nicht aus einem anderen, nicht aus beidem, und nicht ohne Ursache sind irgendwelche Dinge irgendwo und irgendwann entstanden“

    Dieser Lehrsatz Nagarjunas, dem Gründer der Madhyamaka Schule ist mit dem kanonischen Aussagen der Hinayana-Schulen durchaus übereinstimmend.

    Nagarjuna geht allerdings noch einen Schritt weiter: er verneint nicht nur die erscheinenden Phänomene als Wirklich bezüglich ihrer Existenz, wie es auch in der Hinayana Schule gelehrt wird, sondern entzieht auch den vergänglichen Daseinsfaktoren und den existierenden fundamentalen Bausteinen der Dinge die Wirklichkeit.

    Alles ist illusorisch und von daher, nicht Existent, eine Fata Morgana.

    Von daher mag wohl die Ansicht stammen, dass die Materie nicht von einem Ding an Sich, sondern von der Wahrnehmung bestimmt wird. Die Fragen, die sich aus dieser Behauptung, ergeben möchte ich hier nicht stellen, sondern mit einem Gegenargument beantworten:


    In einem vorherigen Beitrag habe ich von Spitzfindigkeiten gesprochen; dies ist eine solche!

    Hinterfragt man nämlich Nagarjunas Meinung dazu, dann stellt sich heraus, dass er auf der Ebene der relativen Wirklichkeit exakt der Ansicht der Hinayana-Schule folgt: die Alltagspraxis (konventionelle Wirklichkeit) als solche bleibt unberührt und beinhaltet die Madhyamaka-Position der letztendlichen Nichtexistenz aller Daseinsfaktoren nicht.

    Mit dieser Aussage weist Nagarjuna auch im Namen der Madhyamaka den Vorwurf, des Nihilismus zurück.


    Die Feststellung, dass alles Substanzlos, Nichtexistent und von daher ein Trugschluss sei, bezieht sich ausschließlich auf die Ebene der absoluten Wirklichkeit; womit Nagarjuna/Madhyamaka der Aussage, dass Nirvana gleich Samsara ist, zugleich Tür und Tor geöffnet hat.

    Wenn Nagarjuna/Madhyamaka vom „Mittleren Weg“ spricht, dann bezieht er sich dabei auf die relative Ebene der Wirklichkeit, denn die absolute Wirklichkeit hat er derart radikalisiert, dass dort nichts mehr ist, auch kein Weg, nur unbeschreibbares Absolutes…………Nirvana.

    Nagarjuna/Madhyamaka begründet die Leerheit, mit dem abhängigen Entstehen und dem ständigen Wechsel von Ursache und Wirkung. Nicht nur das, er begründet damit auch die Unmöglichkeit die Existenz aller Phänomene; die sind nur Illusionen; und hat man die Illusionen als solche durchschaut ist man auf den dem Boden des Nirwana, gleich Samsara angelangt.


    Nagarjuna/Madhyamaka erkennen Nirwana als un-verursacht an. Andererseits werden alle Entitäten, Geburt und Tod, auch die Welt dem Prinzip von Ursache und Wirkung unterzogen.

    Wie oder durch welche Abhängigkeiten ist dann Nirwana entstanden, wenn Nirwana doch un-verursacht ist?


    Wäre interessant was die Madhyamaka/Nagarjuna dazu zu sagen haben.

  • Korrekturen fehlerhafter oder sinnentstellter Angaben, sind erwünscht.


    „Nicht aus sich selbst, nicht aus einem anderen, nicht aus beidem, und nicht ohne Ursache sind irgendwelche Dinge irgendwo und irgendwann entstanden“

    Dieser Lehrsatz Nagarjunas, dem Gründer der Madhyamaka Schule ist mit dem kanonischen Aussagen der Hinayana-Schulen durchaus übereinstimmend.

    Nein, ist er nicht.

    1) ist die Übersetzung falsch: z.B. bei Weber-Brosamer steht "nicht aus anderem" und nicht "nicht aus einem anderen" Die Tibeter haben (zusammen mit indischen Sanskrit-Gelehrten) auch im Plural übersetzt: eine Wirkung entsteht immer aus mehreren Ursachen. Das verneint Nagarjuna. Dass eine Wirkung nicht allein aus einer Ursache entsteht, das kann jeder verneinen. Das braucht man dem Nagarjuna nicht in die Schuhe zu schieben, dass er Entstehen aus einer Ursache mit über 450 Versen widerlegen wollte.

    Diese falsche Übersetzung ist keine Kleinigkeit.

    2) sagen die kanonischen Aussagen der Hinayana-Schulen, dass Dinge sehr wohl aus anderen Ursachen entstehen. Siehe den Abhidhammapitaka und auch den Einwand in MMK I, Vers 2.


    entzieht (Nagarjuna) auch den vergänglichen Daseinsfaktoren und den existierenden fundamentalen Bausteinen der Dinge die Wirklichkeit.

    Das stimmt nicht. Er entzieht ihnen die eigenständige, unabhängige Existenz. Aber nicht die Fähigkeit zu wirken. Und mit dieser Fähigkeit sind sie Wirklichkeit.


    Alles ist illusorisch und von daher, nicht Existent, eine Fata Morgana.

    Dass das Illusorische nicht existent ist, hat Nagarjuna nicht gesagt! Im Gegenteil, er zitiert in MMK das Kaccayanagottasutta, wo der Buddha gelehrt hat, dass Existenz und Nicht-Existenz zu vermeidende Extreme sind.


    Wenn Nagarjuna/Madhyamaka vom „Mittleren Weg“ spricht, dann bezieht er sich dabei auf die relative Ebene der Wirklichkeit, denn die absolute Wirklichkeit hat er derart radikalisiert, dass dort nichts mehr ist, auch kein Weg, nur unbeschreibbares Absolutes…………Nirvana.

    Das unbeschreibbare "Absolute" finde ich nicht bei Nagarjuna. Bitte ein Zitat.

    Er hat vielmehr gelehrt, dass es keinen Unterschied gibt zwischen den Illusionen und der tatsächlichen Existenzweise der Dinge.

    Deswegen gilt auch die Gleichheit von Samsara und Nirvana (die Gleichheit in der Existenzweise).


    Nagarjuna/Madhyamaka erkennen Nirwana als un-verursacht an.

    Die Hinayana-Schulen auch.


    Andererseits werden alle Entitäten, Geburt und Tod, auch die Welt dem Prinzip von Ursache und Wirkung unterzogen.

    Ja, wenn man sich klar ist, dass Ursachen und Wirkungen nicht von sich aus Ursachen und Wirkungen sind, sondern bloß Erscheinungen, Illusionen für unser unwissendes Bewusstseins sind.


    Wie oder durch welche Abhängigkeiten ist dann Nirwana entstanden, wenn Nirwana doch un-verursacht ist?

    Nirvana entsteht nicht, Nirvana erkennt man.

    :rainbow:

  • Nein, ist er nicht.

    1) ist die Übersetzung falsch: z.B. bei Weber-Brosamer steht "nicht aus anderem" und nicht "nicht aus einem anderen" Die Tibeter haben (zusammen mit indischen Sanskrit-Gelehrten) auch im Plural übersetzt: eine Wirkung entsteht immer aus mehreren Ursachen. Das verneint Nagarjuna. Dass eine Wirkung nicht allein aus einer Ursache entsteht, das kann jeder verneinen. Das braucht man dem Nagarjuna nicht in die Schuhe zu schieben, dass er Entstehen aus einer Ursache mit über 450 Versen widerlegen wollte.

    Diese falsche Übersetzung ist keine Kleinigkeit.

    2) sagen die kanonischen Aussagen der Hinayana-Schulen, dass Dinge sehr wohl aus anderen Ursachen entstehen. Siehe den Abhidhammapitaka und auch den Einwand in MMK I, Vers 2.

    Der von dir freundlicherweise bewertete Beitrag Nr. 80 ist keine Übersetzung und auch kein kopiertes Zitat, sondern, wie bereits erwähnt, eine persönliche Interpretation meinerseits.


    Hier eine etwas ausführlichere Interpretation (nicht wörtlich, aber sinngemäß) der von Nagarjuna aufgestellten Bedingungsverhältnisse von Ursache und Wirkung, mit denen er u.a. die Leerheit begründete:


    Nagarjuna setzt in seiner Argumentation zur Ursache und Wirkung eine Gleichsetzung von kausalen mit nicht-kausalen, d.h. logischen Bedingungsverhältnissen voraus. Dabei tritt bei dem kausalen Bedingungsverhältnis die Ursache vor ihrer Wirkung auf.

    Beim logischen Bedingungsverhältnis setzt eine Ursache eine Wirkung und die Wirkung eine Ursache voraus.

    Wenn die logischen Bedingungsverhältnisse von Ursache und Wirkung auf die kausalen Verhältnisse von Ursache und Wirkung übertragen werden, ergibt sich die völlige Unmöglichkeit der weltlichen Ursachen und Wirkungen, d.h. aller verursachten und verursachenden Dinge der Welt.

    Die logischen Anforderungen verlangen nämlich, dass eine Wirkung da sein muss, damit eine Ursache sein kann.

    Wenn es in der Welt aber eine Wirkung gibt, wäre eine Ursache überflüssig, weil die Wirkung ja schon da ist. Wäre hingegen die Ursache vor der Wirkung existent, was man unbefangener Weise von Ursachen annehmen würde, könnte die Ursache keine Ursache sein, weil die Wirkung noch fehlt.

    Den logischen Voraussetzungen nach muss die Wirkung bereits da sein, damit die Ursache Ursache sein kann. Wenn also eine Ursache nicht Ursache ist, sei es vor, gleichzeitig mit oder nach der Wirkung, ergibt sich daraus, dass eine Ursache in der Welt gänzlich unmöglich ist.


    Mit dieser Argumentation weist Nagarjuna darauf hin, dass in Wahrheit alle kausalen und bedingten Entitaten der Welt nicht möglich sind. Sie können einfach nicht existieren. Sie sind, wie die Madhyamaka-Texte sagen, einem Zaubertrug, einer Fata Morgana, und einem Traum gleich und wie diese Illusorisch.

    Die in Abhängigkeit entstandenen Dinge, d.h. das gesamte irdische Dasein einschließlich sämtlicher Strukturen der irdischen Person, sind von daher "Wesenlos und Leer".

  • Nagarjuna setzt in seiner Argumentation zur Ursache und Wirkung eine Gleichsetzung von kausalen mit nicht-kausalen, d.h. logischen Bedingungsverhältnissen voraus. Dabei tritt bei dem kausalen Bedingungsverhältnis die Ursache vor ihrer Wirkung auf.


    Angenommen jemand wendet ein:

    "Diese Gleichsetzung kann man nicht voraussetzen. Kausale und nicht-kausale Bedingungen sind etwas ganz verschiedenes.

    Für die nicht-kausalen, d.h. logischen Bedingungen ist das korrekt wie Nagarjuna argumentiert, diese Argumentation kann man aber nicht auf die (tatsächlich) kausalen Bedingungen anwenden. Da gibt es nämlich tatsächliche, wahrhafte Ursachen, die tatsächliche, wahrhafte Wirkungen hervorbringen."


    Dann frage ich: "Und wie bringen diese tatsächlichen Ursachen ihre Wirkungen hervor? Wie funktioniert das?

    :rainbow:

  • Eigentlich steckt die Antwort schon im Beitrag Nr.80


    Nagarjunas Aussagen zu Ursache und Wirkung beziehen sich auf zwei Ebenen von Wirklichkeiten:


    1.) Auf der Ebene der relativen, konventionellen oder weltlichen Ebene, geht er mit den kanonischen Texten konform. Er leugnet die Dinge nicht, weist aber darauf hin, dass sie wesenlos und leer sind.


    2.) Auf der Ebene der absoluten Wirklichkeit dagegen vertritt und begründet Nagarjuna die radikale These, dass in Wahrheit alle kausalen und bedingten Entitäten der Welt nicht möglich sind. Sie können einfach nicht existieren.

  • Nagarjunas Aussagen zu Ursache und Wirkung beziehen sich auf zwei Ebenen von Wirklichkeiten:


    1.) Auf der Ebene der relativen, konventionellen oder weltlichen Ebene, geht er mit den kanonischen Texten konform. Er leugnet die Dinge nicht, weist aber darauf hin, dass sie wesenlos und leer sind.


    2.) Auf der Ebene der absoluten Wirklichkeit dagegen vertritt und begründet Nagarjuna die radikale These, dass in Wahrheit alle kausalen und bedingten Entitäten der Welt nicht möglich sind. Sie können einfach nicht existieren.

    Dies stellt die Position Nagarjunas nicht korrekt war. Mit dieser Darstellung wird behauptet, Nagarjuna würde einen Gegensatz zwischen den beiden Wahrheitsebenen vertreten. Außerdem würde die Ebene der absoluten Wahrheit, wie sie hier dargestellt wird, bedeuten, dass es die konventionelle Ebene nicht geben kann. Wenn Phänomene oder Entitäten einfach nicht existieren, dann kann es auch die relative, konventionelle Ebene nicht geben, da sie an die Existenz der Phänomene gebunden ist.


    Nagarjuna sagt in Mulamadhyamakakarika vielmehr, dass die beiden Ebenen sich zwar unterscheiden, aber einander bedingen und nicht im Widerspruch zueinander stehen:


    "Die Dharma-Lehren der Buddhas

    beruhen auf den zwei Wahrheiten:

    konventionelle Wahrheit der Welt

    und die letztendliche Wahrheit.


    Ohne sich auf Konventionelles zu stützen

    kann das Letztendliche nicht gelehrt werden.

    Ohne die Erkenntnis des Letztendlichen

    ist Nirvana nicht zu erreichen."

    (Mulamadhyamakakarika, 24.Kapitel, Verse 8 und 10) (1)


    In Mulamadhyamakakarika geht es Nagarjuna nicht darum, auf der letztendlichen Ebene die Nichtexistenz der Phänomene oder Entitäten nachzuweisen. Sein Thema ist ein anderes. Er setzt sich in seinem Werk mit Buddhisten seiner Zeit auseinander, die aus dem abhängigen Entstehen schlussfolgerten, dass die abhängigen Phänomene nur existieren können, wenn sie inhärente Existenz aufgrund eigener Merkmale besitzen.


    Diese Sichtweise hat Nagarjuna kritisiert und negiert. Sonst nichts. Wenn er in seinem Werk sagt, dass dieses oder jenes nicht existiert, dann bedeutet dies eben nur, dass er negiert, dass die Phänomene inhärent existieren. Das Wort inhärent taucht dabei in seinem Werk kaum auf, weil es in dem Kontext der damaligen Auseinandersetzung klar war, um was es ging. Aus heutiger Sicht sind ist Mulamadhyamakakarika eben ein Werk, das an vielen Stellen interpretiert werden muss und nicht nur wortwörtlich genommen werden kann.


    Gruß Helmut


    (1) Das Zitat ist nicht aus Brosamer-Weber/Beck, sondern aus Seminarunterlagen zum Mulamadhyamakakarika.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • "Die Dharma-Lehren der Buddhas

    beruhen auf den zwei Wahrheiten:

    konventionelle Wahrheit der Welt

    und die letztendliche Wahrheit.


    Die Dharma - Lehre des Gotamo Buddha beruht darauf, dass NichtWissen überwunden wurde, zum einen. Und dass zum anderen Wesen waren, die die Dharma - Lehre (was Leid ist, wie es entsteht und zur Vernichtung gebracht werden kann) hören wollten und verstehen konnten.


    Die Aussage, dass die Erscheinungen und Gestaltungen vergänglich sind, darum leidhaft und darum richtigerweise nicht als "mein", als zu einem Selbst zugehörig angenommen werden können, ist eine Wahrheit selbst, sie beruht nicht auf einer weiteren Wahrheit. Wie man es konventionell betrachtet und bedingt wodurch, das wurde durch den Buddha erklärt. Und auch wie man dieses konventionelle, durch Nichtwissen bedingte Anschauen und Vorstellen zur Aufhebung bringen kann.


    Ich glaube, erkannt werden kann eigentlich eher das Anhängen am konventionellen Bewusstsein und Gefühl in Abhängigkeit. Durch dieses Erkennen und Ablösen wird auch keine letztendlichere Wahrheit, als die die durch die Lehrreden schon bedeutet wird klar. Eher werden schoneinmal gelesene Aussagen ein weiteres Mal klar, oder unter einem grösseren Licht klarer, oder diffuser (das geht ja auch).

  • Dies stellt die Position Nagarjunas nicht korrekt war. Mit dieser Darstellung wird behauptet, Nagarjuna würde einen Gegensatz zwischen den beiden Wahrheitsebenen vertreten.

    Danke für die Klarstellung aus deiner Sichtweise.


    Zur Problematik der Formulierungen und Interpretationen spezieller Texte, folgendes Zitat:


    >>"Doch welche Bedeutung hat der Begriff Substanz, den wir in der Regel für Materielles verwenden?"
    An dieser Textstelle wird deutlich, dass alle Formulierungen unvollständig sein müssen. Sprache kann die Freiheit vom Selbst-sein kaum beschreiben. Sobald wir etwas benennen, beginnen wir Etwas mit einem Begriff zu fixieren. Durch dieses Fixieren entgleitet uns die beziehungsmäßige Abhängigkeit des Phänomens fast automatisch, denn jeder Begriff ist statisch und verschleiert die ständige und real stattfindende Veränderung. Eine Erscheinung ist im Moment einer begrifflichen Fixierung schon längst vergangen. Ein Begriff kann diese Veränderung nicht fassen und auch nicht aufhalten. Auch wenn wir versuchen, die eigene ständige Veränderung durch die Benennung mit einem Namen zu verschleiern, gelingt dies nicht. Es ist doch Unsinn, etwas, das 3,5 kg schwer und 45 cm lang ist mit dem gleichen Namen zu belegen wie etwas, das fünfzig Jahre später 90 kg schwer und 175 cm lang ist. In dieser Hinsicht existiert ein grundsätzliche Dilemma in jeder Kommunikation: Begriffe sind wie Krücken, um Unsagbares zu.<<


  • Deswegen ist es sicherer, über die Handlungen und damit auch über das Urteil zu reden, und wie es in Abhängigkeit entsteht. Über Dinge der bedingten Wahrnehmung (die Erscheinungen bei Kant) zu sprechen und von denen zu sagen, dass sie existieren oder nicht existieren, solche Begrifflichkeiten und Vorstellungen sind zerbrechliche Krücken.

  • Deswegen das Tetralemma... Weder Existenz noch Nichtexistenz, weder Existenz und Nichtexistenz zu gleich, und auch nicht nicht zu gleich...