Geschäftstüchtigkeit im ZEN-Buddhismus

  • Der Leiter der Zen-Gruppe, ein Schüler von J. Shore, hat mir letztens gesagt: Jeff (als Autor mehrerer Bücher) hat mal gesagt "Lies bloß kein Zen-Buch!" Wahrscheinlich meint er und dein Gedanke das selbe. Dann kommt aber Muho wieder und sagt sinngemäß "Beiden der 2 sich widersprechenden Wahrheiten sollte Rechnung getragen werden". Also schon immer mal wieder ein Buch lesen. Aber dann in der Praxis trotzdem alles loslassen/vergessen, was man denkt zu wissen oder gelesen zu haben.

    Shikantaza - einfach sitzen oder nur-sitzen - meint ein Sitzen ohne Bewertung. Im Shikantaza sitzt man einfach so - nicht-denken denken - da gibt es nichts, kein Gedanke, kein Gefühl, kein Laut etc.

    Dann kommt ein Geräusch und ein Gefühl und ein Gedanke und es beginnt eine ganze Kaskade oder, falls man das bereits praktizieren kann, man lässt es sein und macht nicht noch was zusätzlich daraus. Es verebbt. Bis zum nächsten Impuls.


    Shunryu Suzuki schreibt in Zen-Geist Anfänger-Geist:

    "Wenn eure Praxis gut ist, werdet ihr darauf stolz werden. Was ihr tut, ist gut, doch wird noch etwas mehr hinzugefügt. Dieser Stolz ist zusätzlich. Rechtes Bemühen ist es, etwas, das zusätzlich ist, loszuwerden."



    3. Kann das sein, dass die Qualität/Fortschritt im Zazen auch von seinen Lebensumständen abhängt? Wenn ich z.B. ausreichend und etwas darüber hinaus Geld verdiene und wenig bis nichts dafür arbeite (somit keinen materiellen Mangel spüre), dass ich durch meinen Komfort/Gemütlichkeit einen geringeren Leidensdruck und somit weniger Bereitschaft zur Änderung habe? Oder reicht das später mal auch, vom Material (vermutlich) losgelassen zu haben, und trotzdem ein gutes Einkommen/Aufwand-Verhältnis zu haben?

    Dein Zazen hängt nur von dir ab. Anfangs weiss man garnicht, wie tief dukkha in einem verwurzelt ist. Es ist nicht von äußeren oder inneren Umstände bedingt, sondern nur vom Durst: dem Begehren, dem Hass und der Unwissenheit. Es ist wie mir einem Vogel, der sich in einem Netz verfangen hat. Er kann nicht von allein heraus finden und verfängt sich immer mehr, je stärker er sich bewegt. Die Zazen-Übung ist auch eine Übung, die den Geist zur Ruhe bringt, damit einer das Netz der Ansichten überhaupt erst einmal wahrnehmen kann - Übung und Studium gehören zusammen, denn die Ansichten Buddhas oder der Patriarchen oder besonderer Zen-Meister sind Hilfen auf dem Weg. Wenn man keine Hilfe mehr braucht, kann man auch diese Ansichten (Dharma) beiseite lassen - das ist das Floß, das am Ufer zurück gelassen wird.

    Aber letztlich fängt man dann an und teilt seine Erfahrungen.

    :zen:



  • Leonie


    Was meinst du mit dem letzten Satz, wie meinst du den?


    Aber letztlich fängt man dann an und teilt seine Erfahrungen.

    Letztlich fängt einer dann an und teilt seine Erfahrungen.

    Damit ist das Dharma gemeint und als Metapher das Floß. In der Lehrrede M22 findet sich dieses Beispiel. Wenn einer das Netz der Ansichten durchbrochen hat, ist er ja nicht bewusstlos oder gedankenlos. Da kommt ein Gedanke - bei Buddha waren es Einsichten in die tiefen Zusammenhänge und die Bewertung, dass das eh keiner kapiert, wenn er davon anderen mitteilt.


    Nach der Legende war es Brahma Sahampati, der ihn aufforderte, trotz seiner Bedenken seine Einsichten mit anderen zu teilen. Möglicherweise haben schon sehr viele Menschen vor ihm diese Einsichten gehabt und waren nicht fähig es in Worte zu fassen. Buddha hatte aber schon lange studiert und kannte die Konzepte seiner Zeit, also konnte er einen Schritt weiter gehen und darüberhinaus gehen, was seine Lehrer noch vermittelten. Allerdings haben erst seine Freunde von früher erkannt wie tief seine Einsichten waren. Der Asket, den er zuerst getroffen hatte, war zu sehr mit sich beschäftigt.

    Genaueres kann hier gelesen werden: Die große Abteilung


    Deshalb ist es nicht nur die Übung des Zazen, sondern auch das Studium mit einem wahren Meister, das zum Zazen als Ganzes gehört. Nur ein wahrer Schüler findet auch einen wahren Meister. Und ein geschäftstüchtiger Schüler findet einen geschäftstüchtigen Meister. Muho schreibt das in seinem Buch " Futter für Pferd und Esel" , als er seine Zeit im Antaiji kritisch betrachtete und das besprechen konnte, mit dem Meister seines Meisters - und da bekam er dann als Antwort: Ist der Schüler ein idiot, dann trifft er nur auf Meister die ebenfalls Idioten sind.


    Und diese Erfahrung, die auch meine ist, wollte ich mal hier mitteilen.

    :zen:



  • bei Buddha waren es Einsichten in die tiefen Zusammenhänge und die Bewertung, dass das eh keiner kapiert, wenn er davon anderen mitteilt.

    Das ist ja auch unfassbar schwierig, solche Einsichten mitzuteilen. Im Grunde ist es gar nicht möglich, wenn die entsprechende Einsicht beim Gegenüber (noch) nicht da ist. Und dann ist es wiederum nicht mehr notwendig.

    Nehmen wir mal die Tatsache, dass nichts aus sich heraus eigene Substanz hat. Selbst wenn wir das "ein bisschen verstanden" haben, denken, sprechen, handeln wir ja weiterhin größtenteils so, als wäre es aber doch so. Erst wenn ich es "bis auf den Grund" erkannt / geschaut (und nicht nur im gewöhnlichen Sinne "verstanden") habe, dann ist es auch wirklich gefestigt. Das ist aber eine starke Veränderung der Wahrnehmung von allem. Das ist im Alltag meinen Mitmenschen gegenüber nicht mehr mitteilbar.


    Buddha musste sich ja einen Weg überlegen, der so beschaffen ist, dass möglichst viele selber zu den Einsichten kommen. Das ist ihm ja auch gelungen.


  • Schmu

    Das Erleben von dukkha ist wohl allen einsichtig. Dass es da allerdings nicht nur um Schmerz, Verlust und dgl. geht, sondern dass auch der Erfolg, das Erlangte, die Erfüllung der Wünsche dukkha sind, ist schon etwas schwieriger, aber auch das kann einer einsehen. Am schwierigsten ist wohl das bedingte Entstehen zu erkennen und hier den Ursprung von dukkha in der vergeblichen Identifikation zu erleben.


    Ich hab' mir da gestern abend noch einen guten Lehrvortrag von Wilfried Reuter angehört. Da erläutert er sehr anschaulich die Zusammenhänge, vor allem mit der Identifiktation.


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    :zen:



  • wenn sich die ersten 17 Minuten auch einigermaßend stimmig anhören, mit dem, was ich bis jetzt mitgekriegt hab, beunruhigt mich die Art und Weise, wie er spricht... oft merkt man, wie er "er selbst wird" und dann kommt aber wieder irgendeine latent beeinflussende oder zumindest beruhigend wirkende Stimme... erinnert mich ein bissl an Polenski von der Art her. Deswegen hab ich abgebrochen.

  • beunruhigt mich die Art und Weise, wie er spricht...

    Es hat bei mir eine ähnliche Wirkung.

    Er spricht auf so eine bestimmte Weise väterlich und meint es gut mit seinen Schäfchen. Das lenkt mich vom Inhalt ab und findet dadurch nur mäßig Resonanz in mir. Ich komme besser mit Lehrern zurecht, die anders sprechen. Schwer zu beschreiben...


  • Das habt ihr beide gut erkannt. Aber das ist eben ein Schüler von Ayya Khema, die wiederum sehr mütterlich rüber kommt. Und außerdem ist er praktizierender Frauenarzt, da gehört so eine Haltung zum Beruf.

    :zen:



  • wenn sich die ersten 17 Minuten auch einigermaßend stimmig anhören, mit dem, was ich bis jetzt mitgekriegt hab, beunruhigt mich die Art und Weise, wie er spricht... oft merkt man, wie er "er selbst wird" und dann kommt aber wieder irgendeine latent beeinflussende oder zumindest beruhigend wirkende Stimme... erinnert mich ein bissl an Polenski von der Art her. Deswegen hab ich abgebrochen.

    Ich hab' hier noch ein Interview mit Wilfried Reuter gefunden, indem er über die Lehrer-Schüler-Beziehung erzählt.

    LANGFASSUNG: „Es ist die Bewusstheit, die unsere Liebe schützt“

    Ich bin ansonsten keine youtube-freundin, es gibt aber hin-und wieder einiges, das mich interessiert. Und auf diesen Vortrag bin ich wegen der Ochsenbilder gekommen.

    Was Schmu aufgefallen ist, diese väterliche Art, habe ich zunächst garnicht so realisiert, aber jetzt erkenne ich, dass mich das an meinen Großvater erinnert. Wahrscheinlich hat das bei mir auch unbewusst diese Sympathie ausgelöst.


    Danke für deine Rückmeldung.

    :zen: