Schmidt-Leukel, P. (2019). Wahrheit in Vielfalt. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

  • Ich habe vor, hier in lockerer Abfolge aus meiner Sicht bemerkenswerte Passagen aus obigem Buch zu zitieren.


    Schmidt-Leukel, ursprünglich katholischer Theologe, jetzt Mitglied der Anglikanischen Kirche, wurde vom damals zuständigen Münchner Erzbischof die kirchliche Lehrbefugnis entzogen, nachdem er in seiner Habilitationsschrift den Überlegenheitsanspruch christlicher Religionen relativiert hatte.


    Schmidt-Leukel vertritt einen religionstheologischen Pluralismus und ist besonders um den christlich-buddhistischen Dialog bemüht. (Siehe Schmidt-Leukel, P. (2017). Buddhismus verstehen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.)


    ______________________________________________________________________________________________________


    Perry Schmidt-Leukel:


    „Der Ausdruck ‚religiöser Pluralismus‘ bezeichnet eine spezifische Theorie und Bewertung der religiösen Vielfalt. Und zwar geht diese Theorie davon aus, dass religiöse Wahrheit in einer Vielfalt von Formen existiert - und in gewissem Sinn existieren muss -, und stuft diese Formen trotz ihrer Verschiedenheit als gleichwertig ein.“


    „Demgegenüber vertritt der Pluralismus, dass es durchaus gültige Kriterien gibt, die eine begründete Bewertung von Religionen erlauben, dass aber auf der normativen Basis dieser Kriterien mehrere Religionen gleichermaßen gut dastehen, sodass keine von ihnen allen anderen offenkundig überlegen ist. Pluralismus ist also etwas ganz anderes als Relativismus.“


    „Während die Toleranz eine negative Bewertung dessen voraussetzt, was man toleriert, ist der religiöse Pluralismus Ausdruck einer positiven Bewertung. Beim religiösen Pluralismus geht es somit nicht um die Tolerierung anderer Religionen, sondern um ihre echte Wertschätzung.“

  • Hendrik

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Danke, ich habe mich mit Schmidt-Leukel nur oberflächlich befasst (also nicht ihn selbst gelesen) - wobei mir seine Thesen eigentlich nur als eine längst überfällige Anpassung der Religionswissenschaft an sozialwissenschaftliche Standards erscheinen. Was wiederum (die Überfälligkeit) möglicherweise etwas damit zu hat, dass Religionswissenschaft hierzulande ein Feld ist, das gerne von Theologen beackert wird (auch Schmidt-Leukel kommt ja aus der Ecke). Die finden sich dann gerne auch auf dem populären Büchermarkt ein, wo sie dem staunenden Publikum ihre Auffassung von Buddhadharma (gerne speziell Zen) verkaufen wie weiland Tetzel Ablässe.


    Um auf Religionswissenschaft zurück zu kommen - da hat man auch von Seiten der Amtskirchen einen Blick auf staatsvertraglich geregelte Mitspracherechte bei Lehrstuhlbesetzungen. Um es mal mit einer Sottise auszudrücken: Religionswissenschaft ist die Fortsetzung des jesuitischen Missionsansatzes mit anderen Mitteln.


    Jedenfalls - ich freue mich schon auf weitere Zitate. Schmidt-Leukel ist ja so etwas wie 'bad boy' der Zunft. Bin mal gespannt, Danke für's Einstellen hier. _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Perry Schmidt-Leukel:


    „Wenn man religiös bedeutsame Wahrheit nicht mehr länger als etwas versteht, das nur auf die eigene Religion beschränkt ist, dann kann eine theologische Reflexion, die nach Wahrheit sucht, sich nicht länger damit zufriedengeben, nur auf die Quellen der eigenen religiösen Tradition zurückzugreifen.“


    ...“präsentiert eine neue Interpretation religiöser Vielfalt, wonach diese Vielfalt von fraktalen Mustern geprägt ist. Das heißt, die Vielfalt, die wir auf der globalen Ebene antreffen, spiegelt sich in gewissem Ausmaß in jener Vielfalt wider, die uns innerhalb der großen religiösen Traditionen begegnet, und gründet schließlich in der Vielfalt der religiösen Möglichkeiten, die der menschlichen Psyche und dem menschlichen Geist inhärieren.“


    „Zudem ist für Smith der Begriff ‚Religionen‘ hochgradig irreführend, weil er den Eindruck erweckt, es handle sich hierbei um stabile und unveränderliche Realitäten.“

  • Perry Schmidt-Leukel:


    „Beim Verständnis von religiösem Glauben besteht Smith auf einer scharfen Unterscheidung zwischen dem ‚Glauben‘ als persönlicher Glaubenshaltung (‚faith‘) und und ‚Glauben’(‚belief’) oder ‚Glaubensinhalten‘ (‚beliefs’) als Bestandteil religiöser Traditionen.“


    „Hick schlug daher vor, den Ausdruck ‚Glaube‘ - also faith in dem Sinn, wie Smith den Begriff gebraucht - durch die Formel ‚Transformation von der Selbst-Zentriertheit zur Wirklichkeits-Zentriertheit‘ zu ersetzen, wobei ‚Wirklichkeit‘ (‚Reality’) oder einfach nur ‚the Real‘ (der/die/das Wirkliche) die transzendente Wirklichkeit bezeichnet, unabhängig davon, ob diese als eine personale oder als ein impersonale Wirklichkeit vorgestellt wird.“


    „Formulierungen der Glaubenslehre sind als solche nicht selbst geoffenbart, sondern entstehen aus den spezifischen Umständen, unter denen Menschen die Gegenwart des Göttlichen erfahren. Kurz, sie beschreiben nicht die göttliche Wirklichkeit selbst, sondern verweisen auf bestimmte menschliche Erfahrungen mit dem Göttlichen. Für John Hick, zum Beispiel, sind verschiedene Religionen nicht unterschiedlicher Ausdruck derselben Erfahrung, sondern Ausdruck unterschiedlicher Erfahrungen mit derselben göttlichen Wirklichkeit.“


    Im folgenden Absatz zitiert Schmidt-Leukel John Hick:

    „‚Unsere menschliche Natur, mit ihrer ganzen Bandbreite an unterschiedlichen Vorstellungen und Sprachen, ist so beschaffen, dass das Wirkliche, wie es in einer Vielfalt göttlicher Phänomene erfahren wird, aus unserer Perspektive gesehen wohlwollend oder gut ist.‘“

  • Danke. Das ist vor allem aufschlussreich in der Hinsicht, dass sich da anhand der verwendeten Begriffe deutlich die Herkunft dieser Art 'Religionsphilosophie' zeigt. Das ist keine Wissenschaft (schon gar keine Religionswissenschaft), sondern gut aquinatisch Religionsphilosophie als Magd der Theologie.


    Schon "transzendente Wirklichkeit" ist bei aller scheinbaren Neutralität des Begriffes doch einer, der eine Prämisse setzt - nämlich die Existenz einer neben (über? unter? jenseits? ....) der 'immanenten Wirklichkeit' existierenden 'transzendenten Wirklichkeit', wobei man sich dann mittels einer persönlichen(!) "Glaubenshaltung" in diese transzendente Wirklichkeit transformiert. Oder so ... Also meine "religiöse Tradition" wie auch meine persönliche "Glaubenshaltung" kann ich da nicht wiedererkennen.


    Sollten noch irgendwelche Zweifel bestehen, wes Geistes Kind solche Gedankengänge sind, so lösen sich die bei den deutlich weniger neutralen (geschweige denn wissenschaftlichen) Begriffen. "Die Gegenwart des Göttlichen erfahren" - da wird aus der Prämisse "transzendente Wirklichkeit" im Handumdrehen die eines gegenwärtigen Göttlichen (genderkorrekt ist man immerhin ...), gar "die göttliche Wirklichkeit". Also wenn man da den rhetorischen Schnickschnack 'rauskürzt, bleibt: Transzendenz ist das Göttliche. Das sich darüber hinaus als "das Wirkliche [...] in einer Vielfalt göttlicher Phänomene erfahren" lässt.

    Im folgenden Absatz zitiert Schmidt-Leukel John Hick:

    „‚Unsere menschliche Natur, mit ihrer ganzen Bandbreite an unterschiedlichen Vorstellungen und Sprachen, ist so beschaffen, dass das Wirkliche, wie es in einer Vielfalt göttlicher Phänomene erfahren wird, aus unserer Perspektive gesehen wohlwollend oder gut ist.‘“

    Mal abgesehen davon, dass "das Wirkliche" im Buddhismus nicht in transzendent und immanent auseinanderklamüsert wird, sondern schlicht als Konditionalnexus aufgefasst wird, wird der Kognitions- (Erfahrungs-)Aspekt dieser Wirklichkeit sicherlich nicht als "Vielfalt göttlicher Phänomene erfahren" ('imaginiert' wäre hier wohl treffender) und schon gar nicht "aus unserer Perspektive gesehen wohlwollend oder gut" sondern im Gegenteil als leidhaft. Kurz: mit Buddhismus hat das alles herzlich wenig zu tun. Auch pluralistische Religionstheologie ist nun einmal Theologie - nur eine, die den Ungläubigen nicht mehr mit Hölle und Verdammnis (oder gar Scheiterhaufen) droht. Was ja schon mal ein echter Fortschritt ist. :like:

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Mal abgesehen davon, dass "das Wirkliche" im Buddhismus nicht in transzendent und immanent auseinanderklamüsert wird, sondern schlicht als Konditionalnexus aufgefasst wird, wird der Kognitions- (Erfahrungs-)Aspekt dieser Wirklichkeit sicherlich nicht als "Vielfalt göttlicher Phänomene erfahren" ('imaginiert' wäre hier wohl treffender) und schon gar nicht "aus unserer Perspektive gesehen wohlwollend oder gut" sondern im Gegenteil als leidhaft. Kurz: mit Buddhismus hat das alles herzlich wenig zu tun.

    Das stimmt, leider. Mich wundert das, wie viel Müll unter dem Begriff ( "Marken-Zeichen") des Buddhismus man hierzulande produziert und die Mehrheit der Konsumenten( Verbraucher) kaufen das alles ab. ( auch direkt wie allegorisch).

    Man zimmert oder bastelt aus den Buddhismus alles mögliche zusammen. nur um die fette Kohle abzukassieren, mehr nichts. Schade nur, dass ich es alles so lange Zeit für die bare Münze nahm.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Mal abgesehen davon, dass "das Wirkliche" im Buddhismus nicht in transzendent und immanent auseinanderklamüsert wird, sondern schlicht als Konditionalnexus aufgefasst wird,


    Man kann es schon so sehen. Nibbana ist transzendent, jenseits von Samsara, vollkommen verschieden von Samsara. Diese Denkform jedenfalls entspräche (ausgewählten) buddhistischen Lehren.


    Manche vorgestellten Konzepte unter dem Namen Buddhismus gehen so weit, 'das Wirkliche', also Samsara als unwirklich, als eine Illusion oder einen Traum zu beschreiben. Das ist nur eine von vielen Benennungen und zugleichen Beschreibungen dessen, was unter demselben Namen Buddhismus auch das Bedingte Entstehen der Erscheinungen genannt wird. Oder auch Konditionalnexus, wenn ich mich nicht irre.


    Dagegen wird die Bezeichnung Nibbana auch mit dem Konzept absolute Realität in Verbindung gebracht. Ein Hinweis auf eine gezogene Differenz des -natürlich- zumeist als 'wirklich' erfahrenen in den buddhistisch genannten Quellen.

    Davon abzusehen hiesse, einen eingeschränkten Blick auf buddhistische Lehren und ihre Präsentation vorzunehmen.

  • Man kann es schon so sehen. Nibbana ist transzendent, jenseits von Samsara,

    Warum?


    Udānapāḷi VIII


    Wenn man davon ausgeht, dass der Buddha als der normale Mensch war, also kein Gott, dann er war sterblich... ( folglich). Aber!

    Er hatte das nach der Erwachung mehr als 40 Jahre mit den Leuten real gesprochen, und wir können doch genug von ihm lesen und nachdenken.

    Das wäre keine "absolute" Realität, wenn der Mensch mit dir so wie "normal " kommuniziert. Und zwar sehr klar, logisch , und bildhaft. Wo war der Buddha , als er gelebt hatte? In der " absoluten " Realität? Aber er redete doch, wie ich jetzt diesen Schwachsinn schreibe.


    Zitat

    Von der Gier getrieben, ihr Mönche, durch Haß erbost, durch Verblendung betört und überwältigt, im Geiste gefesselt, sinnt man auf eigenen Schaden, sinnt man auf fremden Schaden, sinnt auf beiderseitigen Schaden, erfährt man geistige Qual und Trübsal. Sind aber Gier, Haß und Verblendung verschwunden, so sinnt man weder auf eigenen Schaden, noch auf fremden Schaden, noch auf beiderseitigen Schaden und empfindet keine geistige Qual und Trübsal. Auf diese Weise ist das Nirwahn an keine Zeit gebunden, bereits bei Lebzeiten erkennbar, einladend, anziehend und dem Weisen verständlich.« (A.III.56).


    Also, "bereits bei Lebzeiten erkennbar". Und erlebbar auch.



    Manche vorgestellten Konzepte unter dem Namen Buddhismus gehen so weit, 'das Wirkliche', also Samsara als unwirklich, als eine Illusion oder einen Traum zu beschreiben.

    Prasangika sagen, alles existiert durch die Kraft der Benennung. Aber wenn ich den Krebs als Igor bekommen würde, ich sterbe. Und das wäre absolut real. Obwohl:


    Zitat

    »Im höchsten Sinne nämlich hat man alle vier Wahrheiten (vom Leiden, seiner Entstehung, seiner Erlöschung und dem dorthin führenden Pfad) als leer zu betrachten, u. zw. weil es da keinen (das Leiden) Fühlenden gibt, keinen (die Leidensentstehung bewirkenden) Täter, keinen (in die Leidenserlöschung oder das Nirwahn eingehenden) Erlösten und keinen auf dem Pfade Wandelnden. Denn es heißt:

    Zitat
    » 'Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da, Bloß Taten gibt es, doch kein Täter findet sich. Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann. Den Pfad gibt es, doch keinen Wand'rer sieht man da. Von Dauer, Schönheit, Glück, Persönlichkeit Ist leer die erste und die zweite Wahrheit, Von Ichheit leer das Todlose Gebiet, Und leer von Dauer, Glück und Ich der Pfad.'«

    Wenn ich als Igor das schreibe, das ist absolut real , denn du das liest.

    Aber zugelich du kannst keinen "Igor" als "Ding" fidnen. Das sind die verschiedene Ebenen. Absolute und konventionelle. Warum man sollte Dharma-Dhatu trennen? Aber das ist die Realität , wie sie ist.

    LG, sorry, wenn es "hart " klingt.


    Ich habe das tausendmal zitiert, aber , wahrscheinlich wenig:


    Zitat

    'Im höchsten Sinne gültige Wahrheit' (Ding, Ausdrucksweise, Darlegung), sagt man zum Unterschiede von der bloß 'konventionellen Wahrheit' (siehe vohāra-sacca) usw.

    Der Buddha nämlich bediente sich bei Darlegung seiner Lehre bisweilen der zwecks gegenseitiger Verständigung im gewöhnlichen Verkehr gebräuchlichen 'konventionellen Ausdrucksweise', bisweilen aber der der Wahrheit im höchsten Sinne entsprechenden philosophischen Ausdrucksweise.

    Im höchsten Sinne (paramattha) nämlich, so lehrt der Buddhismus, ist das sog. Dasein ein bloßer Prozess von beständig wechselnden körperlichen und geistigen Phänomenen, und weder innerhalb noch außerhalb dieses Werdeprozesses ist irgend eine beharrende Ich-Einheit oder Persönlichkeit anzutreffen.

    Wenn also in den Texten von einem Wesen, einer Person, einem Selbst oder gar von der Wiedergeburt eines Wesens die Rede ist, so ist das selbstverständlich nicht im absoluten und höchsten Sinne (paramattha) gesagt, sondern als bloße 'konventionelle Ausdrucksweise' (vohāra-vacana) aufzufassen.

    Aus BW. Aber wer das schreibt? Ist nichts schwer zu verstehen.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ganz einfach. Das eine heisst unter anderem auch entstehen und vergehen, das andere nicht.

    Und wer? :?: hatte das geshrieben?


    Bestimmt nichts das:


    Zitat

    Die einzigen, wenn auch nur jedes Mal bloß für einen Moment aufblitzenden und dann sofort wieder für immer verschwindenden Realitäten
    (paramattha-dhamma) sind eben die 5 Daseinsgruppen oder, in ihrer Dreiergruppierung, Bewußtsein, Geistesfaktoren und Körperlichkeit. Vgl.
    anattā
    .


    Drin sehe ich keinen Widerspruch. Deswegen man kann Nibbana real erleben, aber man stirbt als das reale Individuum sowieso. Es gibt keine "Person", das stimmt, aber das Individduum bleibt. Im Umkehr-Schluss dieser Kontakt zwischen uns wäre überhaupt nichts möglich.

    Das wollte ich verdeutlichen. Das , was hier steht, sind nichts mehr als die Zeichen auf meinen Monitor ( PC). Nur die schimmernde "Pixeln". Aber man kann es lesen und verstehen, hoffe ich. Oder ignorieren. Also.... eine Seite der Medaille ist nur die Kritzelei ... andere Sprache ---Begriffe---Benennungen--- dann man, aber nur dann ( folglich) kann man das "begreifen".

    Arahat stirbt als das Individuum, also der Körper und die ganze Khandha zusammen...

    Was macht wirklich den Sinn aus, denn der Arahat hat keine Identifikation mit dem Körper.

    Das ist der Haupt -Kern des Buddhimus. Anatta, Nicht-Ich. Aber auch der Arahat würde das schreiben, wenn er wollte.

    Ansonsten, und das ist meine eigene meinung, man verwechselt den Buddhismus mit der Magie, Ritualen, usw... Das wäre eher wie " Voodoo-Kult, im Sinne, selig wer glaubt.

    Ich zwinge meine Sichtweise auf niemanden... Aber so wie der ursprünglicher Buddhismus war, er hatte nichts damit zu tun.

    _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Man kann es schon so sehen. Nibbana ist transzendent, jenseits von Samsara, vollkommen verschieden von Samsara. Diese Denkform jedenfalls entspräche (ausgewählten) buddhistischen Lehren.

    Ich halte die Übertragung des Transzendenzbegriffs auf nirvāṇa für problematisch, weil das nicht nur keinen Erkenntnisgewinn bringt sondern auch geeignet ist, Missverständnisse zu provozieren. Möglich ist diese Übertragung nur, wenn man Transzendenz auf 'empirischer Erfahrung nicht zugänglich' reduziert. Nun bedeutet Transzendenz schon rein wörtlich ein wenig mehr, nämlich ein übersteigen / überschreiten (transcendere) empirischer Erfahrung. Damit ist implizit schon angedeutet, dass es um eine Hierarchisierung geht. Die übergeordnete Transzendenz wirkt in die Immanenz hinein - das ist eine einseitige kausale Beziehung. Auf die Idee kam schon Plato.


    Worauf das hinausläuft, wird ja in dem Zitat von Hicks recht unmissverständlich deutlich - die Transzendenz wird zur eigentlichen 'Wirklichkeit', also dem, was wirkt (*wirkt* denn nirvana?) deklariert und erhält den Ehrentitel "das Göttliche" während die Immanenz - also die Erfahrungsebene - zu einer "Vielfalt göttlicher Phänomene" erklärt wird. Wobei dann diesem "Göttlichen" nicht nur das Attribut "gut" sondern sogar ein (vermutlich 'göttlicher') Wille beigelegt wird. Zumindest "aus unserer Perspektive gesehen" zeigt sich diese transzendente Wirklichkeit "wohlwollend". Wie schön. Nun ist solcher Pantheismus zwar nicht ganz so alt wie Plato, aber auch schon etwas angestaubt. Schon Schopenhauer nannte das sarkastisch einen "höflichen Atheismus" - wobei Hick freilich sehr höflich ist. Muss man als Theologe wohl auch sein, wenn man sich nicht selbst arbeitslos machen will.


    Jedenfalls - wenn man nirvāṇa im o.g. Sinn als transzendent bezeichnet, sollte zumindest klar sein, dass im buddhadharma keine Beziehung zwischen dieser Transzendenz und dem Immanenten, saṃsāra, existiert. Keine kausale, keine konditionale, keine unilaterale und auch keine Wechselbeziehung. Was saṃsāra angeht, so haben wir im Konditionalnexus (pratītyasamutpāda) eine Wechselbeziehung, doch nirvāṇa, das 'ganz Andere', steht außerhalb dieser Beziehung, isoliert. Begrifflich fassen lässt es sich nur als Negation - und der buddhistische Weg als Negieren von samudaya.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Worum geht es dir?

    Natürlich, nichts um deine Personalien.

    Ich wollte es abrunden. Der Arahat hat keine Identifikation mehr mir den Khandha.


    Im Sinne:


    Zitat

    "Vom Maß und Begriff der Körperlichkeit, der Gefühle, der Wahrnehmungen, der Geistformationen, des Bewußtseins befreit ist der Vollendete, tief, unermeßlich, unergründlich gleichwie der große Ozean.


    Der ist innerlich befreit. Aber wenn, angenommen, der bekommt den Blitz von Himmel ab, oder er erschiessen wurde, als das menschliche und lebendige Wesen , der stirbt.

    Das sind einfach nur zwei Ebenen. Wer das nichts wahrhaben wollte, der wollte im Buddhimsus die Magie sehen ( wie der Christentum mit der "Auferstehung", krass ausgedrückt). Gut, Jedem das Seine. So meinte ich. Nichts mehr.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Jedenfalls - wenn man nirvāṇa im o.g. Sinn als transzendent bezeichnet, sollte zumindest klar sein, dass im buddhadharma keine Beziehung zwischen dieser Transzendenz und dem Immanenten, saṃsāra, existiert. Keine kausale, keine konditionale, keine unilaterale und auch keine Wechselbeziehung. Was saṃsāra angeht, so haben wir im Konditionalnexus (pratītyasamutpāda) eine Wechselbeziehung, doch nirvāṇa, das 'ganz Andere', steht außerhalb dieser Beziehung, isoliert. Begrifflich fassen lässt es sich nur als Negation - und der buddhistische Weg als Negieren von samudaya.

    Das erinnert mir den Ausdruck von B.K. Nanananda, im Sinne , nibbana ist nichts zusammengebraut, die gehört nichts zum Konditionalnexus, man kann N. dort nichts finden. Im Zirkel-Umkehr-Schluss, es bleibt nichts anderes als das Negieren.

    Die ganze Show ist nichts echt, nichts wirklich, aus der Sicht von N. Alles, was Samsara betrifft. Daraus zu schlissen, dass diese ganzes "Game" nichts wirklich stattfindet, das wäre aber weit verfehlt.

    Das ist egal , ist die Welt real, oder nichts... Buddha weichte immer von diesen blösen Fragen aus. Drin Mahayna hatte das gewaltige Gebäude erschaffen, um alles noch mehr zu verzerren, dann man weiss wirklich nichts mehr, was ist real oder nichts.

    Für den Buddha das war reine praktische und die existenzielle Frage. Das Leid, und wie kann man das enden. Punkt. Die ganze Metaphysik kam später.


    Ja, genau das:


    Zitat

    steht außerhalb dieser Beziehung

    LG.

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    Sokrates

  • Jedenfalls - wenn man nirvāṇa im o.g. Sinn als transzendent bezeichnet, sollte zumindest klar sein, dass im buddhadharma keine Beziehung zwischen dieser Transzendenz und dem Immanenten, saṃsāra, existiert. Keine kausale, keine konditionale, keine unilaterale und auch keine Wechselbeziehung. Was saṃsāra angeht, so haben wir im Konditionalnexus (pratītyasamutpāda) eine Wechselbeziehung, doch nirvāṇa, das 'ganz Andere', steht außerhalb dieser Beziehung, isoliert. Begrifflich fassen lässt es sich nur als Negation - und der buddhistische Weg als Negieren von samudaya.


    Es gäbe keinen Buddhadharma wäre nicht das Erkennen und Verstehen von Nibbana gewesen.


    In den buddhistischen Lehren äussert sich die Beziehung von Samsara (ich sage dazu einmal: Leiden) und Nibbana (ich sage dazu einmal das Ende vom Leiden darin), dass erklärt wird, dass Erstes vollkommen überwunden werden kann, womit Zweites erreicht ist. Das heisst: das Wissen um Nibbana reicht und wirkt in diese Lehren und die Lehrausübungen hinein. Genauso wie auch Nichtwissen um Nibbana in andere Handlungen und dazu gehört auch das Lehren, wirkt. Was anders gesagt wieder heisst: Nichtwissen ist eine Bedingung des Bewusstseins (etc) und der Handlungen.


    Begrifflich wurde und wird Nibbana in den buddhistischen Lehren nicht nur 'negativ' gefasst. Höchster Frieden - das ist eine schöne Wendung, die mir gerade einfällt.


    Ich halte die Übertragung des Transzendenzbegriffs auf nirvāṇa für problematisch, weil das nicht nur keinen Erkenntnisgewinn bringt sondern auch geeignet ist, Missverständnisse zu provozieren. Möglich ist diese Übertragung nur, wenn man Transzendenz auf 'empirischer Erfahrung nicht zugänglich' reduziert. Nun bedeutet Transzendenz schon rein wörtlich ein wenig mehr, nämlich ein übersteigen / überschreiten (transcendere) empirischer Erfahrung. Damit ist implizit schon angedeutet, dass es um eine Hierarchisierung geht. Die übergeordnete Transzendenz wirkt in die Immanenz hinein - das ist eine einseitige kausale Beziehung. Auf die Idee kam schon Plato.


    Worauf das hinausläuft, wird ja in dem Zitat von Hicks recht unmissverständlich deutlich - die Transzendenz wird zur eigentlichen 'Wirklichkeit', also dem, was wirkt (*wirkt* denn nirvana?) deklariert und erhält den Ehrentitel "das Göttliche" während die Immanenz - also die Erfahrungsebene - zu einer "Vielfalt göttlicher Phänomene" erklärt wird. Wobei dann diesem "Göttlichen" nicht nur das Attribut "gut" sondern sogar ein (vermutlich 'göttlicher') Wille beigelegt wird. Zumindest "aus unserer Perspektive gesehen" zeigt sich diese transzendente Wirklichkeit "wohlwollend". Wie schön. Nun ist solcher Pantheismus zwar nicht ganz so alt wie Plato, aber auch schon etwas angestaubt.


    Wirkt auf mich schon verträglich mit anderen Konzepten, die manche buddhistisch nennen. Es käme aus meiner Sicht dabei auch auf den eigenen Willen an, Verträglichkeit oder Unverträglichkeit sehen zu wollen (oder vielleicht einfach nur eine Möglichkeit für ein gutes Gespräch).


    Nur ist Gott/Brahma nicht Nibbana. Insofern könnte man sich diesem Konzeptualisieren auf der Erfahrungsebene nähern. Was sind es für Erfahrungen, die einen dazu bringen, einer 'Transzendenz' wohlwollendes Wirken bescheinigen wollen?

  • geht es somit nicht um die Tolerierung anderer Religionen, sondern um ihre echte Wertschätzung.“


    Ein Theologe dem von einer Autorität (ein Erzbischof) die Lehrbefugnis entzogen wurde. Klingt für mich schon einmal symphatisch ...


    Der vorgestellte Satz klingt für mich ein wenig wie das Selbstauferlegen eines Willen für das Gespräch mit Angehörigem anderer Religionen, für die Befassung mit diesen Lehren. Passt zu 'Relativierung des Überlegenheitsansspruches christlicher Religionen'. Eigentlich keine schlechte Voraussetzung für eine Begegnung mit anderen Heilslehren.



    „Hick schlug daher vor, den Ausdruck ‚Glaube‘ - also faith in dem Sinn, wie Smith den Begriff gebraucht - durch die Formel ‚Transformation von der Selbst-Zentriertheit zur Wirklichkeits-Zentriertheit‘ zu ersetzen, wobei ‚Wirklichkeit‘ (‚Reality’) oder einfach nur ‚the Real‘ (der/die/das Wirkliche) die transzendente Wirklichkeit bezeichnet, unabhängig davon, ob diese als eine personale oder als ein impersonale Wirklichkeit vorgestellt wird.“


    Hört sich etwas umständlich formuliert an, aber die kernigste Information nämlich die Abkehr von der Selbstzentriertheit, ist ja auch 'im Buddhismus das Thema'. In manchen Texten dieser Religion wird in einer solchen Abkehr auch eine Abkehr von illusionären Gedanken erklärt. Also es geht auch hier um 'mehr Wirklichkeit'.


    Nur verstehe ich nicht, warum das Wissen darum, dass solches Handeln (Selbstzentriertheit meidendes) einen heilsamen Effekt hat, mit dem Begriff 'Glaube' (hier persönlicher Glaube) assoziiert wird. Ok es sind Erklärungen vielleicht auch mehr für Christen mit einem entsprechend gebildeten Erklärungszugang in dem der Begriff 'Glaube' wesentlich mehr bedeutet als nur 'eine starke Überzeugung'


    Im folgenden Absatz zitiert Schmidt-Leukel John Hick:

    „‚Unsere menschliche Natur, mit ihrer ganzen Bandbreite an unterschiedlichen Vorstellungen und Sprachen, ist so beschaffen, dass das Wirkliche, wie es in einer Vielfalt göttlicher Phänomene erfahren wird, aus unserer Perspektive gesehen wohlwollend oder gut ist.‘“


    Hierin kann ich eine Betonung der guten Handlungen sehen, das Wissen dass es 'das Gute' gibt. Also vielleicht eine hoffnungstiftenwollende Vorstellung zum einen, vor dem Hintergrund eigener Einsicht oder der Erfahrung umfassenden wohlwollenden Gefühls allen gegenüber.



    1173 Vielleicht hast du Lust, weitere Textpassagen hier zu posten?

  • In den buddhistischen Lehren äussert sich die Beziehung von Samsara (ich sage dazu einmal: Leiden) und Nibbana (ich sage dazu einmal das Ende vom Leiden darin), dass erklärt wird, dass Erstes vollkommen überwunden werden kann, womit Zweites erreicht ist. Das heisst: das Wissen um Nibbana reicht und wirkt in diese Lehren und die Lehrausübungen hinein. Genauso wie auch Nichtwissen um Nibbana in andere Handlungen und dazu gehört auch das Lehren, wirkt. Was anders gesagt wieder heisst: Nichtwissen ist eine Bedingung des Bewusstseins (etc) und der Handlungen.

    Hm, weiss ich nichts.. Wie kann man rein logisch das "erreichen", was "un-bedingt " ist, also nichts zum Konditionalnexus gehört?

    Klar , man kann das "erleben". Und zwar durch den so wie den "bedingten" Pfad.

    Mahayana sagt uns, sehr vereinfacht ausgedrückt, man sollte nichts "erreichen". Denn im Kern ( Potenz, Keim.. usw..) wir sind schon wie erleuchtet, was mich total wieder und weider verwirrte... Diese ganze Idee von der "Buddha-Natur".

    Von anderem Winkel betrachtet, man kann Nibbana hier , im diesem Leben erfahren, also in der Mitte von Samsara. Das wäre nur der so "scheinbare" Widersprich, aber die duale Sprache der Logik und des Verstandes wäre keine reales inneres Er-Leb-nis. Das ("") passt in keine Schablonen und braucht keine Begründingen, Bedinungen, usw..

    Das Leben ist kein Rätsel, das man knacken sollte, aber eher das Geheimnis, das man nur auf dem eigenen Leib er-leiden ( leben) kann. So meine ich.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • In den buddhistischen Lehren äussert sich die Beziehung von Samsara (ich sage dazu einmal: Leiden) und Nibbana (ich sage dazu einmal das Ende vom Leiden darin), dass erklärt wird, dass Erstes vollkommen überwunden werden kann, womit Zweites erreicht ist. Das heisst: das Wissen um Nibbana reicht und wirkt in diese Lehren und die Lehrausübungen hinein. Genauso wie auch Nichtwissen um Nibbana in andere Handlungen und dazu gehört auch das Lehren, wirkt. Was anders gesagt wieder heisst: Nichtwissen ist eine Bedingung des Bewusstseins (etc) und der Handlungen.

    Hm, weiss ich nichts.. Wie kann man rein logisch das "erreichen", was "un-bedingt " ist, also nichts zum Konditionalnexus gehört?


    Diese Frage fusst auf der Vorstellung über ein atta, welchem etwas zukommen kann, was einen bestimmten Punkt erreichen kann. Man kann diese Frage didaktisch stellen, mit dem Ziel, diese zugrundeliegende Vorstellung beim Fragenden aufzulösen, oder wirklich an so ein Verhältnis glauben, und dann so fragen.


    Für einen didaktischen Versuch dahin sähe ich hier in diesem Thread und auch in meiner Person nicht die richtigen Orte. Davon abgesehen bezweifle ich grundsätzlich, dass man jemandes Wahrnehmung mit Hilfe von ein paar Zeilen 'buddhistisch klären' kann, gewissermassen 'erwacht machen kann'. Für das vollkommene Durchdringen aller Namen und Vorstellungen beispielsweise, braucht es eigene und viel (Beobachtungs-) Anstrengungen.


    Weil das in den meisten Fällen nicht gegeben ist, erschien es mir potentiell hilfreich, die in vielen buddhistischen Lehren wiedergegebene Verschiedenheit von Samsara und Nibbana mit Hilfe eben auch dieser Vorstellungen und Begriffe abzubilden. Jenseits der Gier ist/heisst das Ende der Gier.


    Angesichts des vorgestellten Buches und einer vorgenommen thematischen Zuspitzung in diesem Thread fand ich das passend. Vielleicht verstehst du meine Intention nun besser und man kann sich nun wieder mehr dem Inhalt des Buches und der Intention des Autors widmen.

  • Diese Frage fusst auf der Vorstellung über ein atta, welchem etwas zukommen kann, was einen bestimmten Punkt erreichen kann. Man kann diese Frage didaktisch stellen, mit dem Ziel, diese zugrundeliegende Vorstellung beim Fragenden aufzulösen, oder wirklich an so ein Verhältnis glauben, und dann so fragen.

    Das stimmt, nur der so wie "Weltling" würde diese Frage stellen. Kein Arahat. Das ist klar für mich. Diese Frage man kann nur aus der Sichtweise von "atta" angehen, das ist absolut einleuchtend.

    Aber ich würde weiter dem nichts zustimmen... Ich meine " So ein Verhältnis glauben". Denn der Buddhismus ist kein blinder Glauben, egal an wen, an den Buddha, oder die heilige Schriften... Aber wer weiss, wahrscheilich, wie meinen dassselbe, schliesslich, wir alle ( der Buddha auch) waren auf die Logik und die Sprache angewiesen... Das ist das Problem. Aber die Sprache ist kein Abbild der Realität. Und das Bild der Blume ist keine lebendige Blume .


    Weil das in den meisten Fällen nicht gegeben ist, erschien es mir potentiell hilfreich, die in vielen buddhistischen Lehren wiedergegebene Verschiedenheit von Samsara und Nibbana mit Hilfe eben auch dieser Vorstellungen und Begriffe abzubilden. Jenseits der Gier ist/heisst das Ende der Gier.

    Das ist echt spitzfindig, eher so wie wortklauberisch. Wenn man über "Jenseits " redet, das würde nichts automatisch daraus schlussfolgern, das es um das "Ende " geht, oder?

    Die Grenzen meiner Sprache wären so wie die Grenze von der Welt, wenn ich richtig L. Wittgenstein erinnere. Das es hilfreich ist ("") , das hatte Mahayana bestimmt ausgenutzt und missbraucht. Dann wir hatten so wie die Zwei Seiten von einer Medaille bekommen, also Samsara/ Nirvana, Subjekt/ Objekt, Form/ Leere, usw. Und am Ende man weiss echt nichts, was "real " ist und glaubt an die Magie, Rituale und so wie den ewigen Buddha... Das wollte ich nichts abkaufen. Und es ist nichts meine Meinung. Aber ich wollte diesen Thread nichts mit den Zitieren vermüllen.


    Ach, sorry, ich lese solche Bücher nichts. Aber klar, ich kann sehr gut deine Argumentation nachvollziehen.

    In bezug auf den anderen Thread, ich gehe davon aus, dass der ursprüngliche Buddhismus total diesseitig und rational war. Dort war keine Mystik vorhanden. Du weiss es , was man sollte ablegen, um den Strom-Eintritt und so weiter zu erlangen. Genau aber das ( umgekehrt) ich beobachte bei Mahayana und TB , ( " Tantra", Z.B.), das empfinde ich als der Hohn und der Spott gegenüber dem, was im Pali-Kanon steht. ( Sorry, wenn das so weit geht, aber ich bin faul, den eigenen thead dem zu widmen).

    LG. ( und danke für die Schlüssige ...eher "Beweis-Führung").

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Weil das in den meisten Fällen nicht gegeben ist, erschien es mir potentiell hilfreich, die in vielen buddhistischen Lehren wiedergegebene Verschiedenheit von Samsara und Nibbana mit Hilfe eben auch dieser Vorstellungen und Begriffe abzubilden. Jenseits der Gier ist/heisst das Ende der Gier.

    Das ist echt spitzfindig, eher so wie wortklauberisch. Wenn man über "Jenseits " redet, das würde nichts automatisch daraus schlussfolgern, das es um das "Ende " geht, oder?


    Der Bewertung 'spitzfindig' möchte ich widersprechen. Erstens findet sich in den buddhistischen Quellen die Gotamo Buddho zugeschriebene Erklärungen über die heilsamen Ansichten und hierzu gehört in wenigstens einer Übertragung ins Deutsche (in etwa) die Wendung: 'Es gibt die dieseitige Welt sowie die jenseitige Welt'. An die Kenntnis dieser Passage war meine Formulierung 'Jenseits der Gier' auch angelehnt, gleichwohl hier meiner Einschätzung nach eher feinstofflichere Daseinsphären gemeint sind, und nicht Nibbana. Desweiteren heisst 'jenseits' im Kern nur das: nicht hier, dort woanders von hier. Wenn man 'hier' (und jetzt) mit Samsara (also ausgedrückt als das permanente Entstehen von Bewusstsein und Gefühl und den bedingenden und wieder zur Bedingung werdenden Willensregungen, dem zu folgen, oder es abzulehnen) bestimmt, dann ist 'nicht hier', dieses eben nicht, also das Aufhören und nicht mehr Vorhandensein von bedingt entstehenden Bewusstsein und Gefühl und Willensregungen (etc). Diese Abwesenheit, das Jenseits hiervon, wird in buddhistischen Quellen eben als Nibbana bezeichnet. Normalerweise allerdings nicht mit 'Jenseits' - denn dieses Wort ist in der deutschen Sprache naturgemäss kulturhistorisch stark geprägt, insofern könnte ich es verstehen, wenn man hinter diesem Satz eine Lust auf Provokation erkennen will, aber keine Spitzfindigkeit im Hinblick auf das was buddhistische Quellen an Aussagen hergeben.



    Diese Frage fusst auf der Vorstellung über ein atta, welchem etwas zukommen kann, was einen bestimmten Punkt erreichen kann. Man kann diese Frage didaktisch stellen, mit dem Ziel, diese zugrundeliegende Vorstellung beim Fragenden aufzulösen, oder wirklich an so ein Verhältnis glauben, und dann so fragen.

    ... Das ist das Problem. Aber die Sprache ist kein Abbild der Realität. Und das Bild der Blume ist keine lebendige Blume .


    Zweitens ... ist je nachdem (je nach Person, je momentaner Verfassung der skandhas, also je nach Bewusstsein, und auch je nach Umständen) Sprache/Sprechen und Denken eben ja schon 'Abbild der Realität', oder noch zugespitzer gesprochen: das (dieses Bewusstsein) ist je nach dem Realität. Je nach emotionalen Voraussetzungen gleichen bestimmte Vorstellungshandlungen und die Folgen davon eher einem Versunkensein in dieser Realität, oder aber einem hierüber stehen. Das wäre knapp gesprochen, ein praktisches 'Problem' - wollte ich so eines im Sinne eines Verdeutlichungsprozesses für eine andere Person in den Raum stellen.


    Ob also ... eine gezeichnete Blume nur eine gezeichnete Blume ist (und keine lebendige Blume und auch kein Auto und auch kein Gefühl oder ein Fenster oder was auch immer man sich als ein Vielfalt eher betonendes Urteil erlauben möchte) ist in der Ausübung von bewusster Beobachtung (auch ein Teil von Achtsamkeit) nicht so sehr relevant. In beiden Beobachtungsfällen ist jeweils eine Form (x) ebenso eine Bedingung für das durch den Kontakt entstehende Bewusstsein und das Gefühl dabei. Auf die auch in buddhistischen Lehrtexten erklärte Leerheit der Vorstellungen, zu denen auch Blume und auch gezeichnete oder fotografierte Blume gehört- bezogen ausgesagt: Je nach Blume oder gezeichneter Blume empfinde ich das eine oder das andere schöner oder besser oder auch 'lebendiger', oder nicht, oder es ist mir egal/keine wahrnehmbare Gefühlsregung. --> bedingtes Entstehen.


    Ich möchte mit diesen Zeilen meine Entgegnungen auf didaktische Versuche in diesem Thread gerne einstellen, und mich dafür lieber weiteren Textpassagen aus diesem Buch widmen. Wenn du magst, erstelle doch einen anderen Thread. Wenn du spezifische Fragen zu den Zeilen nun von mir hast, kannst du auch per PN schreiben.

  • Perry Schmidt-Leukel:


    „Nach Smith brauchen wir eine ‚Theologie, die die Geschichte unserer Gattung auf eine Weise interpretiert, die unserem Glauben, dem Glauben von uns allen, intellektuellen Ausdruck verleiht ...‘. Diese Art von ‚Welttheologie‘ kann nur durch einen globalen, multireligiösen Diskurs erreicht werden, der die gesamte religiöse Geschichte der Menschheit als Quelle des Nachdenkens über die ewigen Menschheitsfragen betrachtet.“


    Schmidt-Leukel arbeitet nach pluralistische Aufbrüchen im Christentum auch entsprechende Ansätze im Hinduismus, Judentum, Islam, den chinesischen Religionen (Daoismus, Konfuzianismus) heraus - und natürlich auch im Buddhismus, der sich in dieser Hinsicht allerdings sperrig erweist:


    „Wiederum hat Vélez de Cea versucht, einen Weg zu finden, wie der Theravada-Buddhismus dieses Hindernis überwinden könnte. Er verweist dazu auf das Gleichnis von den Simsapa-Blättern aus dem Pali-Kanon: Genau wie eine Handvoll Simsapa-Blätter weniger ist als die Blätter aller Simsapa-Bäume in einem kleinen Wald, so hat auch der Buddha seinen Jüngern nur sehr wenige Dinge gelehrt und nicht alles, was er weiß. Er hat sie nur das gelehrt, was zur Befreiung notwendig ist. Der Sinn des Gleichnisses unterstreicht natürlich, dass die Vier Edlen Wahrheiten und der Edle Achtfache Pfad alles enthalten, was zur Befreiung ausreicht oder notwendig ist, während alles andere, was man ansonsten noch wissen kann, entweder ‚unzuträglich‘ oder ‚irrelevant für die Grundlegung des heiligen Lebens‘ ist, wie es der Text ausdrücklich erklärt. Vélez de Cea argumentiert jedoch, diese Auslegung folge einer dogmatistischen Haltung, die in Spannung zum nicht-dogmatistischen Ansatz stehe, wie er sich an anderen Stellen des Theravada-Kanons finde. Dementsprechend schlägt er vor, das Gleichnis von den Simsapa-Blättern anders zu verstehen, nämlich als eine Bestätigung dafür, dass der Dharma weit mehr umfasst als das, was der Buddha gelehrt hat, sodass sich möglicherweise in anderen religiösen Traditionen andere Aspekte des Dharmas finden lassen. Bevor sie nicht andere Religionen sorgfältig daraufhin untersucht haben, sollten Theravadins nicht einfach dogmatisch ausschließen, dass solch andere Aspekte des Dharmas ebenfalls für ein heiliges Leben relevant sein, also zur Befreiung führen könnten. Das scheint mir ein wichtiger, ebenso lohnender wie herausfordernder Vorschlag zu sein. Aber man muss abwarten, inwieweit Vélez de Ceas Auffassung unter Theravadins Zustimmung findet.


    Soweit ich sehe, gibt es (neben Vélez de Cea) im Theravada-Buddhismus bisher nur einen Denker, der eine pluralistische Position entwickelt hat, nämlich den Thai-Reformer Bhikku Buddhadasa (1906-1993). Er vertrat die Ansicht, dass sich die grundlegenden Mittel zum Erlangen des Heils nicht nur im Buddhismus, sondern auch in Christentum, Islam und Hinduismus finden, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten und in unterschiedlichen Formen. Der Buddhismus legt die Betonung auf ‚Weisheit‘, das Christentum auf ‚Glauben‘ (was Buddhadasa als Vertrauen und Zuversicht interpretiert) und der Islam auf ‚Willensstärke‘. Die verschiedenen spirituellen Wege, die sich primär auf die Entwicklung je einer dieser drei spirituellen Eigenschaften konzentrieren, bilden eine innere Einheit, sodass trotz der verschiedenen Schwerpunkte letztlich alle drei Wege in jeder einzelnen der drei Religionen vorhanden sind. (...) Im Hinblick auf das Christentum vertritt Buddhadasa sogar, dass ‚die wenigen Seiten der Bergpredigt mehr als genug sind und alles enthalten, was man für die Praxis braucht, die zur Befreiung führt.‘ Dementsprechend betrachtet Buddhadasa Jesus als einen Buddha.“

  • „Nach Smith brauchen wir eine ‚Theologie, die die Geschichte unserer Gattung auf eine Weise interpretiert, die unserem Glauben, dem Glauben von uns allen, intellektuellen Ausdruck verleiht ...‘. Diese Art von ‚Welttheologie‘ kann nur durch einen globalen, multireligiösen Diskurs erreicht werden, der die gesamte religiöse Geschichte der Menschheit als Quelle des Nachdenkens über die ewigen Menschheitsfragen betrachtet.“

    Ich halte den praktischen Ausdruck für bedeutender.


    Und einer dieser praktischen Wirkungen dieser Thematik von Schmidt-Leukel ist auch das EXC an der Uni Münster :


    Der Exzellenzcluster „Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation“ der Universität Münster untersucht seit 2007 das komplexe Verhältnis von Religion und Politik quer durch die Epochen und Kulturen. Die 140 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 20 geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern und 10 Ländern befassen sich in der Förderphase von 2019 bis 2025 besonders mit „Dynamiken von Tradition und Innovation“. In epochenübergreifenden Untersuchungen von der Antike bis heute analysieren sie Bedingungen und Faktoren, die Religion zum Motor politischen und gesellschaftlichen Wandels machen. Das Augenmerk gilt vor allem dem Paradox, dass Religionen ihr Innovationspotential regelmäßig im Rückgriff auf ihre Traditionen entwickeln. Im Zentrum des Interesses stehen Europa und der Mittelmeerraum sowie deren Verflechtungen mit Vorderasien, Afrika, Nord- und Lateinamerika. Der Forschungsverbund ist der bundesweit größte dieser Art und unter den Exzellenzclustern in Deutschland einer der ältesten und der einzige zum Thema Religion. Das Fördervolumen von 2019 bis 2025 liegt bei 31 Millionen Euro. weiterlesen

    :zen:

  • Perry Schmidt-Leukel:


    „Der Mahayana-Buddhismus bietet etwas günstigere Voraussetzungen für die Entwicklung einer pluralistischen Position“.


    „Doch Makransky hat seinen inklusivistischen Ansatz in einem verblüffenden Maß erweitert und sogar die Möglichkeit eingeräumt, dass Nicht-Buddhisten manche Aspekte der letzten Wirklichkeit ‚durch ihre Art des Verstehens und der Praxis tiefer [erfasst haben], als es mir als Buddhist bisher gelungen ist, und zwar deshalb, weil sie keine Buddhisten sind.‘ (...) Meiner Meinung nach hat er sich mit diesem Eingeständnis einer pluralistischen Position stark angenähert, zumindest einer gewissen Form von potenziellem Pluralismus, der die Möglichkeit der Gleichwertigkeit anderer Religionen nicht ausschließt.


    Ähnliches lässt sich auch über die Position von Rita Gross (1943-2015) sagen. Auch sie war eine wissenschaftliche Expertin für tibetischen Buddhismus und zugleich praktizierende Anhängerin. Gross betont insbesondere die buddhistische Auffassung, dass religiöse Lehren auf der Basis ihres pragmatischen Wertes und ihrer spirituellen Wirksamkeit zu bewerten seien. Nach Gross gibt es keinen wirklichen Grund für die Ansicht, Erleuchtung sei allein auf Buddhisten beschränkt. Doch könne das Erreichen der Erleuchtung durch ‚buddhistische Lehren und Praktiken‘ einfacher werden. Sie räumt ein, dass dies ein inklusivistischer Standpunkt ist, doch will sie die Möglichkeit und sogar die Notwendigkeit interreligiösen Lernens nicht ausschließen. Dies impliziert jedoch, wie sie selbst schreibt, ‚dass keine Religion alle Antworten hat‘ - eine Haltung, die tendenziell über den Inklusivismus hinausgeht. (...) Was uns voranbringt, ist laut Gross die direkte Begegnung mit den Anhängern anderer Religionen, wenn wir uns dabei um ein tieferes Verstehen ihres Glaubens und ihrer religiösen Praxis bemühen.


    Einen anderen Schritt in Richtung Pluralismus vollzog Masao Abe (1915-2006) in den späteren Jahren seines Lebens. Abe ist ein weithin bekannter Vertreter des japanischen Zen-Buddhismus. Er reinterpretiert den dharmakaya in einer für den Zen-Buddhismus typischen Weise als ‚grenzenlose Offenheit‘ und ‚formlose Leerheit‘ und vertritt, dass jede Religion, gleich ob sie auf einem personalen Gott oder einem impersonalen Absoluten beruht, ‚über ihr substanzielles, selbstidentisches Prinzip hinausgehen und zur dynamischen, selbst-negierenden ‚Grenzenlosen Offenheit‘ als dem letzten Grund erwachen muss‘. Wie Abe betont, dürfe dieser Vorschlag nicht als neue Variante eines ‚buddhistischen Imperialismus‘ missverstanden werden. Vielmehr verdeutliche er damit, dass es für jede große Religion notwendig sei, über ihre jeweilige dogmatische Fixiertheit hinauszugehen, aber eben auch, dass jede hierzu die Fähigkeit besitze.“


    „Auch im Buddhismus des Reinen Landes sind inzwischen einige innovative Schritte in Richtung einer buddhistischen und pluralistischen Interpretation der religiösen Vielfalt angeregt worden. Alfred Bloom, ein US-amerikanischer Anhänger des Reinen-Land-Buddhismus, vertritt, dass alle großen Religionen vermittels ihrer unterschiedlichen personalen oder impersonalen Vorstellungen einerseits auf eine Wirklichkeit jenseits von Wort und Begriff verweisen, sich aber andererseits zu Recht und unvermeidlich durch ihre traditionsspezifischen Bilder und Ideen auf diese Wirklichkeit beziehen. Aus der Perspektive des Reinen-Land-Buddhismus können, so Bloom, diese unterschiedlichen Repräsentationen der letzten Wirklichkeit als barmherzige Mittel verstanden werden. Das heißt, die letzte Wirklichkeit, die im Buddhismus des Reinen Landes als Amida Buddha gesehen wird, bedient sich quasi selbst dieser Mittel, damit so die verschiedenen Menschen in unterschiedlichen Kontexten die endgültige Befreiung erlangen können.“

  • Schmidt-Leukel kommt zu folgendem Resümee:


    „Vergleicht man die Entwicklung pluralistischer Ansätze in den sechs religiösen Traditionen, so werden im Christentum, Judentum und Islam pluralistische Positionen anscheinend nicht nur öfter, das heißt von einer größeren Anzahl von Theologen und Theologinnen, sondern auch konsequenter, mit einer größeren inneren Entschlossenheit, vorgetragen. Angesichts des weit verbreiteten Klischees, östliche Religionen seien von Natur aus pluralistisch, mag dieses Ergebnis überraschen.“


    „Was die theoretischen Grundlagen des religiösen Pluralismus betrifft, so lassen sich offensichtlich durch alle religionsspezifischen Besonderheiten hindurch zwei große Gemeinsamkeiten ausmachen: Erstens die Bekräftigung, dass die letzte Wirklichkeit alle menschlichen Worte und Vorstellungen übersteigt. (...) Zweitens stimmen Pluralisten weitgehend darin überein, dass der religiöse Pluralismus sich von selbst empfiehlt, wenn man der tatsächlichen Realität des religiös Anderen, so wie wir ihr heute begegnen, hinreichend gerecht werden will.“


    „Um die allgemeine Plausibilität von verschiedenen Formen des religiösen Pluralismus zu erhöhen, muss die bloße Möglichkeit ihrer interreligiösen Akzeptanz in tatsächliche Wirklichkeit überführt werden. Das heißt, verschiedene Formen von von religiösem Pluralismus aus unterschiedlichen Religionen müssen im interreligiösen Dialog thematisiert werden, um so ihre Vereinbarkeit zu überprüfen.“


    „Mit anderen Worten, ‚Welttheologie‘ wird von den Religionen gemeinsam betrieben. Ihr Objekt, so Smith, ist der ‚Glaube‘ (‚faith’) in seinen vielen Formen.“


    Schmidt-Leukel setzt im Folgenden dazu folgende thematische Schwerpunkte:

    · Der Prophet und der Sohn

    · Der Sohn und der Buddha

    · Der Buddha und der Prophet

    · Auf dem Weg zu einer interreligiösen Schöpfungstheologie

    · Eine fraktale Interpretation religiöser Vielfalt