Guten Tag und tashi delek zusammen,
einer Frage treibt mich seit der Vertiefung der Praxis um:
Zurzeit lese ich unter anderem Belehrungen zum Thema Bodhicitta. Dort heißt es häufig, man solle andere stets mehr schätzen als sich selbst und anderen von Nutzen sein, ohne dabei für das eigene Wohl zu handeln. Auch Shantideva erwähnt in seinem Bodhicaryavatara das "Austauschen von sich selbst mit anderen" und betont, nur so sei das "Erlangen vom unvergleichlichen Glück der Erleuchtung" möglich.
Soweit ich es zu verstehen glaube, schöpft der Bodhisattva gerade aus dem Handeln und Bevorzugen anderer Kraft, anstatt sich zu erschöpfen bzw. "auszubrennen", wie es ein Mensch mit Helfersyndrom tut, das ja an unerfüllte Erwartungen bzw. ein Mangelgefühl geknüpft ist. Auch verstehe ich, dass die Veränderung stets bei einem selbst beginnen muss und man nur etwas geben kann, das man zuvor ausreichend kultiviert bzw. entwickelt hat.
Wie aber verhält es sich mit der Aussage, man solle "erst für sich sorgen, bevor man für andere sorgt"? Ist das nicht ein Widerspruch zum Bodhisattva-Ideal? Wie kann ich denn für mich sorgen, ohne dabei Gefahr zu laufen, egoistisch oder an dem Ich haftend zu handeln? An manchen Tagen erscheint es mir in meiner Unwissenheit fast unmöglich, an anderen wirkt es so plausibel und einfach.
Ich hatte bislang noch keine Gelegenheit, meinen Lehrer zu fragen, freue mich aber über eure Sichtweisen und Impulse zu diesem Thema.