• Verschoben

    Monikadie4. hat diesen Thread nicht eröffnet, er wurde aus dem Thread Fragen zur Tradition des Zen abgespalten.void


    Hinzufügen, Rigpa, möchte ich noch, dass Buddhas Lehre keine Religion ist, auch wenn das oft gesagt wird und vielleicht auch nicht leicht zu verstehen.


    Re-Ligion bezieht sich auf einen Gott, Erlöser, Gnade.


    Buddha ist kein Erlöser, er hat einen Weg aus dem Leiden gefunden, ohne irgendeine Gnade von außen. Jede/r kann den Weg gehen, aber die wenigsten tun es.

    :heart:

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Der Dharma ist sehr wohl eine Religion. Den westlichen Religionsbegriff, der aufs lat. Religio zurückgeht, kann man nur im Kontext theistischer Religionen anwenden. Aber nicht jede Religion ist theistisch.


    Man kann nicht von Religion im Singular sprechen, sondern nur im Plural. Religion ist mehr als theistische Religion. In anderen Kulturen wie zum Beispiel in Indien, Tibet, China oder Japan werden allerdings andere Begriffe für Religion verwendet als bei uns.


    Bei Religion geht es immer über Überweltliches. Im Theravada beginnt das Überweltliche mit dem Stromeintritt. Im Kontext des Bodhisattvapfades, wie er im Mahayana erklärt wird, beginnt es mit dem Pfad des Sehens.


    Der Buddhadharma ist sehr facettenreich. Er ist Philosophie, Meditation und Lebensführung, Religion, Psychologie usw. Als Religion kommt er eben ohne einen Schöpfergott aus.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Der Dharma ist sehr wohl eine Religion. Den westlichen Religionsbegriff, der aufs lat. Religio zurückgeht, kann man nur im Kontext theistischer Religionen anwenden. Aber nicht jede Religion ist theistisch.

    Was natürlich nicht korrekt ist. Macht aber auch wieder nix - wenn man eben kein Latein und keine christliche Literatur kennt.

    Allerdings gibt es da auch das internet.

    Zitat

    Das Wort Religion wird oft von lateinisch ›religare‹ (zurückverbinden) hergeleitet. Diese Etymologie findet besonders in religiösen Kreisen Anklang, weil sie sich für die Vorstellung von einem persönlichen Band zwischen Mensch und Gott und die Behauptung veruntreuen läßt, Religion würde Menschen verbinden. Sie ist sogar in Wörterbücher und die Wissenschaft vorgedrungen – dabei ist sie allein aus christlichem Dogma abgeleitet und hält keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand.


    Zitat

    Wenn wir uns die ältesten überlieferten Zitate mit religio ansehen, sehen wir, dass es nichts mit Göttern zu tun hat: es ist eher die Sorge, oder fast die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Das Darauf-Achten, dass niemand wütend wird, nicht einmal die Götter. Und daraus ergibt sich, sich penibel an die Riten halten, die Regeln richtig auszuführen.


    Woher kommt das Wort Religion?
    Religare, relegere und religere
    www.belleslettres.eu

    :zen:

  • Der Buddhadharma ist sehr facettenreich. Er ist Philosophie, Meditation und Lebensführung, Religion, Psychologie usw. Als Religion kommt er eben ohne einen Schöpfergott aus.

    Das hast du alles wunderbar erklärt ( auch das andere ).

    Wenn wir uns die ältesten überlieferten Zitate mit religio ansehen, sehen wir, dass es nichts mit Göttern zu tun hat: es ist eher die Sorge, oder fast die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Das Darauf-Achten, dass niemand wütend wird, nicht einmal die Götter. Und daraus ergibt sich, sich penibel an die Riten halten, die Regeln richtig auszuführen.

    Danke, dann heißt der Ursprung des Wortes eben religare- zurückverbinden. Zurückverbinden womit auch immer. Aber es geht auch irgendwie darum, finde ich.

    Und es geht aber auch darum, sich an Regeln zu halten. Also ich denke hier an die Sila.

    Daher passen beide Wörter.

    Im Übrigen kann man es dem anderen auch freundlich sagen, wenn er sich geirrt hat. :)


    Viele sagen, dass der Buddhadharma eine Religion ist, aus den Gründen, die Helmut angeführt hat :

    Bei Religion geht es immer über Überweltliches. Im Theravada beginnt das Überweltliche mit dem Stromeintritt. Im Kontext des Bodhisattvapfades, wie er im Mahayana erklärt wird, beginnt es mit dem Pfad des Sehens.

    Danke für diese Erklärung/ Richtigstellung. :) Nur weiß ich jetzt dank dir, das das eben nicht alles ist, was er ist. :klee: Danke für diesen Hinweis lieber Helmut. Das war mir vorher nicht bewusst, oder habe ich nicht so gut in Worte fassen können, was er sonst noch ist.

    Von daher sollte ich ab jetzt nicht Religion sagen, sondern ein Befreiungsweg oder so etwas. Denn wenn ich dazu Religion sage, beschränke ich den Buddadharma nur darauf.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

    7 Mal editiert, zuletzt von Rigpa ()

  • Der Begriff Befreiungsweg würde ja mehr das Religiöse betonen. Alternativ zum Begriff Religion, könnte ich ja ab jetzt lieber sagen " die buddhistische Lehre " oder eben, der " Buddhadharma ". Ja, das werde ich.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

    Einmal editiert, zuletzt von Rigpa ()

  • Bei Religion geht es immer über Überweltliches. Im Theravada beginnt das Überweltliche mit dem Stromeintritt. Im Kontext des Bodhisattvapfades, wie er im Mahayana erklärt wird, beginnt es mit dem Pfad des Sehens.

    Dazu sollte doch zunächst einmal geklärt werden, was denn im Buddhismus mit "überweltlich" gemeint ist. Lokuttara - überweltlich - transzendent; überschreiten, über das Weltliche hinaus - deshalb ist es mit dem Stromeintritt verbunden, da das in jedem Fall zum Nibbana führt.


    Ein sotāpanna - Stromeingetretener: hat die ersten drei samyojana - Fesseln überwunden, nämlich:

    Zitat
    1. sakkāya-ditthi - Falscher Glaube an ein Ich
    2. vicikicchā - Zweifel bezüglich Buddha, Dhamma, Sangha
    3. sīla-bbata-parāmasa - Hängen an Regeln und Riten


    DAS hat nichts mit Religion zu tun - man mag da einer idee oder ideologie anhängen und Anhänger sammeln, aber Religion ist immer weltlich - der Gegenstand ist eine Vorstellung und sonst nichts.

    :zen:

  • ... aber Religion ist immer weltlich - der Gegenstand ist eine Vorstellung und sonst nichts.

    Ich finde diese Religionsdefinition ziemlich dürftig. Da ist selbst die westliche Religionswissenschaft schon weiter. Aber diese Definition hat natürlich den Vorteil, dass man mit ihr behaupten kann, die Lehre des Buddha sei keine Religion. Und genau darum geht es dir ja.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Religion ist ein komplexer Begriff. Oftmals verweist Religion auf ein "übernatürliches", aber nicht alles was auf ein "übernatürliches" verweist ist Religion.


    So kann ich z.B in manchen Kulturen bei Krankheit zu meinem lokalen Schamanen gehen und der interagiert da mit einer Geisterwelt und versucht die Ursachen der Krankheit zu beseitigen. Hier spricht man eher von Magie, weil es um eine private, technische Angelegenheit geht.


    Wenn jedoch der gleiche Schamane für die Gemeinschaft Regen beschwören soll, dann würde man eher von Religion sprechen. Religion ist also eher ein kollektives Wenden an das "Übernatürliche".


    Wobei es in vielen Gesellschaften so ist, dass das "Übernatürliche" Teil des Alltags ist - also gar nicht als eine separate Sphäre verstanden wird. Bei Krankheit Helden Kräuter und Sprüche. Wenn man den Herd bei entzündet gehört eine Zeremonie mit dazu, genauso wie bei dem Bau eines Hauses. Reste davon haben sich erhalten wenn man andere mit "Grüß Gott" grüßt.


    Religion hat in dieser Hinsicht sehr viel mit den Kitt zu tun der die Gesellschaft zusammenhält und Rituale sind ein Herstellen und Erhalten dieser Ordnung - ein "Wiedenbinden des Menschen an die Gemeinschaft"


    Dort wo der Buddhismus "antisozial" ist - dort wo er die Gemeinschaft der Menschen negiert und ganz in die Hauslosigkeit zieht ist er von daher weit von Religion entfernt. Dort wo er, oft als Gegenleistung dafür dass die Menschen Mönche und Nonnen finanzieren, den "Kitt" stärkt , nähert er sich Religion. Also wo Wats soziale Orte sind, wo die Ordinierten für den Staat gutes Karma erzeugen und so das Gemeinwohl fördern, wo sie Rituale durchführen, ist Buddhismus Religion.


    Das was den Buddhismus ausmacht, ist dass er sich nicht in Religion - in "Kitt der Gesellschaft" erschöpft - sondern sich ein Element von Hauslosigkeit bewahrt


    Weil "Kitt der Gesellschaft" zu sein - so edel es ist und so übernatürlich es aufgeladen wird - aus Sicht des Buddhismus wo es um die vollständige Befreiung geht - etwas Weltliches ist.

  • die westliche Religionswissenschaft

    Wen meinst du damit? Das ist ein uneinheitliches Feld - da ist Religionsphilosophie, -soziologie und -pädagogik dabei und manche sind Atheisten, andere Agnostiker und wiederum andere Pfarrer der einen oder anderen Kirche.


    Den Anfang kann man auf das Weltparlament der Religionen 1893 im Rahmen der Weltausstellung setzen - da wurde der Religionsbegriff der Kolonialmächte auf die Kolonisierten übertragen.


    Bergunder, Michael: Was ist Religion

    Zitat

    Die Religionswissenschaft kann sich nicht auf einen gemeinsamen Gegenstand einigen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass in

    der bisherigen Diskussion ein konsensfähiges zeitgenössisches Alltagsverständnis von "Religion" vorausgesetzt wird, das aber unerklärt und unreflektiert blieb.

    Im Rahmen eines kulturwissenschaftlichen Ansatzes ist es möglich, dieses All-

    tagsverständnis so zu konzeptualisieren, dass es als historischer Gegenstand der Religionswissenschaft etabliert werden kann. Dazu wird insbesondere auf die theoretischen Ansätze von Ernesto Ladau, Judith Butler und Michel Foucault zurückgegriffen. Die vorgestellten Überlegungen sind unmittelbar anschlussfähig an die postkolonialen Debatten und ermöglichen dadurch zugleich, das Konzept eines "europäischen Religionsbegriffs" zugunsten eines globalen Verständnisses zu überwinden.

    :zen:

  • Da geht es ja so um die Religionswissenschaftler, die das für was sie zuständig sind, gerne inhaltlich bestimmen würden - wohl weil sonst ihre Disziplin zur Disposition steht. Von daher wird da die funktionale Definition nur kurz angerissen:

    Für die funktionale Sichtweise ist aber ja gerade in der Anthroplogie sehr verbreitet.


    Ich finde aber das mit der Funktion doch eine sehr wichtige Sache. Wenn man über die Funktion geht, ist das vielleicht sinnvoller als so etwas amorphes wie den Religionsbegriff zu verwenden


    Nehmen wir an irgendwo steht eine Statue von Avalokiteshvara, die für alle ein tiefer Gegenstand der Verehrung ist. Da ist es doch sehr wichtig, was die Funktion dieser Verehrung ist. Diese kann ja ein komplexer Überlagerunszustand sein.

    1. Für den Mönch kann Avalokiteshvara ein grundlegendes Element seiner spirituellen Praxis sein. Und die Funktion hier ist, Befreiung zum Wohle aller Wesen zu erlangen.
    2. Für jemand ist die Statue vielleicht etwas auf was er stolz ist - etwas was für ihn tiefer Teil seiner Kultur ist - ein Ort wo seine Großeltern Verehrung zollten und der die Gegend beschützt.
    3. Jemand anders sieht die Praxis der Verehrung als etwas, um gutes Karma zu generieren, um so selber eine bessere Wiedergeburt zu bekommen oder um weltliche Hindernisse zu beseitigen.
    4. Wieder wer anderes sieht in der Verehrung etwas, um weltliche Wünsche erfüllt zu bekommen. Ein Mofa wäre super
    5. Und für wen anderes ist die Statue das spirituelle Zentrum des Dorfes.

    Die Funktionen wären dann also:

    1. Spirituell
    2. Kulturell
    3. Karma
    4. Wunscherfüllung
    5. Sozial

    Der Buddhismus ist etwas, was seine Primäre Funktion bei 1 hat - er weißt den Weg zur Befreiung. Aber ein wichtiges Element ist auch 2 - die meisten Buddhisten sind keine Ordinierten und hoffen auf zukünftige Wiedergeburten. Von da aus hat er auch die Aufgabe übernimmen sozialer Kitt zu sein (2/5) und ist auch gegenüber eher weltlichen Wünschen (4) offen.


    Von daher kann man den Dialog vielleicht als einen zwischen purstischen Absatz ( Buddhismus sollte nur 1sein) und einem offenen Ansatz ( es ist gut dass Avalokiteshvara für alle Funktionen da ist) führen.


    Das wäre vielleicht ehrlicher und zielführender als es als Dehnbarkeitsübung für den Religionsbegriff zu formulieren.

  • Man kann nicht von Religion im Singular sprechen, sondern nur im Plural. Religion ist mehr als theistische Religion. In anderen Kulturen wie zum Beispiel in Indien, Tibet, China oder Japan werden allerdings andere Begriffe für Religion verwendet als bei uns.


    Bei Religion geht es immer über Überweltliches.

    Zitat

    Johannes Figl: Im Allgemeinen geht es in den Religionen um die Transzendenz, also eine Wirklichkeit, die unser Leben und unser Dasein sowie unsere geschaffene materielle Welt überschattet. Wenn Menschen der religiösen Wirklichkeit mehr Wert zumessen als der materiellen Welt, dann haben sie eine religiöse Einstellung. Von Religionsgemeinschaften sprechen wir, wenn Religiosität im Rahmen einer Gemeinschaft realisiert wird. Ein weiterer Aspekt ist, ob es kultische Aktivitäten gibt sowie eine gewisse ethische Orientierung, die jeweils von Religionen vorgegeben werden. Aus religionswissenschaftlicher Sicht sind diese Voraussetzungen im Buddhismus gegeben.

    https://www.ursachewirkung.com…-buddhismus-eine-religion

    Dem muss ich zustimmen. Aber wie Helmut ja auch schon geschrieben hatte, ist Buddhas Lehre nicht nur eine Religion, sie ist noch mehr. Aber ihr das Religiöse abzusprechen, das macht mich ehrlich gesagt wütend. Da es sich auch um Erfahrungen dreht die wir nur glauben können, solange wir sie nicht selbst erlebt haben, und der Welterhabene hatte ja einige Erfahrungen, die wir nur glauben können, solange wir das nicht auch erlebt haben. Er lehrt das Weitergeboren werden oder das etwas wieder verkörpert wird, das Samsara- Karussel, er sieht es als Heil an, aus diesem auszusteigen. Es geht auch um andere Erfahrungen, die sich jenseits der materiellen Welt abspielen meiner Meinung nach.

    Manche haben hier einen Religions- Komplex. Oder Trauma scheint mir, darum wehren sie so vehement ab, dass die Lehre Buddhas auch religiös ist.

    Dazu sollte doch zunächst einmal geklärt werden, was denn im Buddhismus mit "überweltlich" gemeint ist. Lokuttara - überweltlich - transzendent; überschreiten, über das Weltliche hinaus - deshalb ist es mit dem Stromeintritt verbunden, da das in jedem Fall zum Nibbana führt.

    Ich sehe da keinen Widerspruch zu Helmuts Aussage, dass es ab da um Überweltliches geht, überweltlich für einen wird. :)


    Erich Fromm hatte diese Einstellung zu dem Begriff Religion ( ich habe die meiner Ansicht nach hilfreichsten Aussagen kopiert und werde sie hier als Zitat vorstellen ) :


    Liebe Grüße

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

    Einmal editiert, zuletzt von Rigpa ()

  • Ich bin weder buddhistisch sozialisiert worden noch bin ich aufgewachsen, wo der Buddhismus die prägende Religion ist. Das ist in meinem Falle das Christentum, obwohl ich selber nie gläubiger Christ war. Somit habe ich einen ganz anderen Bezug zum Buddhismus als zum Beispiel ein Asiate, der in einem vorwiegend buddhistisch geprägten Land aufgewachsen ist. Dort ist es ganz selbstverständlich, den Buddhismus als Religion zu sehen, was er nun mal auch ist.


    Wenn ich als Westler den Buddhismus kennenlerne, dann ist der Kontext ein anderer als der, den jemand erfährt, der von Geburt an in einem buddhistisch geprägten Land aufwächst und damit den Buddhismus vermutlich ziemlich ähnlich erfährt wie wir Westler das Christentum. Meist wird der Buddhismus hier im Westen als rationale Alternative bzw. als rationales Gegenstück zum Christentum verstanden.


    Persönlich halte ich die Lehre Buddhas und allgemeiner die Lehren, die der Buddhismus in den ca. 2500 Jahren seiner Existenz hervorgebracht hat, durchaus für rationaler als die christliche Lehre, soweit ich sie kenne. Für mich ist die buddhistische Lehre viel gehaltvoller und ihre Substant bleibt bestehen, wenn man die religiösen Elemente des Buddhismus wegnimmt. Meine Meinung ist, dass das den Buddhismus deutlich von anderen Religionen unterscheidet.


    Wenn ich mich allerdings nicht auf die philosophische Lehre beschränke, sondern auf die vielen Riten und die religiöse Praxis in buddhistischen Ländern sehe, dann ist mein Eindruck allerdings schon der, dass ich das als genauso religiös empfinde wie die Riten und Praxis des Christentums (ich meine das völlig wertfrei). Es gibt also einen Unterschied zwischen der gelebten Frömmigkeit und der reinen philosophischen Lehre.


    Ich sehe für mich keinen Sinn, religiöse Rituale zu übernehmen, wenn sie mir fremd sind und ich damit nichts verbinde. Mir persönlich ist es auch ziemlich egal, ob die Lehre Buddhas, der ich folge, als Religion bezeichnet wird oder als Philosophie, es ist die Lehre, die mich überzeugt, und es ist der Buddha, den ich verehre.

  • Bis zur ersten echten Stille ist der Buddhismus von scheinbarer Rationalität geprägt, die aber eher eine Effizienz ist, den Weg zu dieser Stille aufzuzeigen. Mit der Stille wird sofort und unmissverständlich klar, warum Buddhismus reine Religion ist.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    Ich habe gerade das Bodhicaryavatara von Santideva zu lesen begonnen. Auf der ersten Seite der Einleitung von Ernst Steinkellner geht es genau um die Frage, die hier in dem Thread diskutiert wird. Und ich finde Steinkellner beantwortet die Frage mit einer dialektischen und durchaus komplexeren Antwort.


    Liebe Grüße

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ich habe zu unserem Thema, ob der Buddhismus eine Religion ist folgendes gefunden. Die Zitate stammen aus einem Vortrag, den Michael Zimmermann 2010 auf einem Kongress an der Uni Hamburg hielt:


    Zunächst geht er auf den Religionsbegriff ein:

    Zitat

    ... ist man im Bereich der Religion, nämlich bei der Frage des Religionsbegriffs, auf einem viel schwierigeren Pflaster. [im Vergleich zum Philosophiebegriff, meine Anmerkung]


    Ob man nun versucht, Religion substanziell oder funktionell zu bestimmen: der alte Diskurs in der Religionswissenschaft, wie Religion zu definieren sei, ist bis heute noch zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Das ist auch kaum zu erwarten, gehen doch die Ideen und Ansätze in einem erst seit relativ kurzer Zeit die gesamte Vielfalt von religiösen Erscheinungsformen in West und Ost ernst nehmenden religionswissenschaftlichen Diskurs in ganz unterschiedliche Richtungen.

    In Bezug zur Frage, ob der Buddhismus eine Religion oder eine Philosophie sei, führt er aus:

    Zitat

    Für mich ist das eigentlich eine falsche Frage, allerdings eine Frage, die inspirieren kann und vielleicht auch eine nicht zu leugnende provokative Dimension enthält. Denn natürlich sind im Buddhismus beide Dinge, Religion und Philosophie, eng miteinander verwoben. Es ist ein Miteinander von religiösen und philosophische Standpunkten, und ich plädiere dafür, den Buddhismus als eine Einheit von Religion, Philosophie sowie ethischer und spiritueller Praxis zu begreifen und ihn in seiner nicht irreduziblen Vielfalt auf allen Ebenen anzuerkennen und wertzuschätzen.

    Die Zitate stammen aus: M. Zimmermann, Der Buddhismus - mehr als Religion und Philosophie, erschienen in: Roloff, Weiße, Zimmermann (Hrsg.) Buddhismus im Westen - Ein Dialog zwischen Religion und Wissenschaft, Münster 2011, S.65 und S.69

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.