Ursachen der Leidenschaften

  • Leidenschaften sind ja Faktoren unseres Geistes; sie existieren nur in unserem Geist und nicht außerhalb von ihm. In Asangas Darstellung der 51 Geistesfaktoren gibt es die sechs Wurzelleidenschaften. Was sind ihre Ursachen? Im Schatzhaus des Höheren Wissens (Abhidharmakosa) beschreibt Vasubandhu drei ursächliche Umstände durch die Leidenschaften im eigenen Geist entstehen:

    • Im eigenen Geist sind noch die Anlagen für das Entstehen der Leidenschaften vorhanden
    • Man trifft auf äußere und innere Objekte, die die Leidenschaften auslösen können
    • Im eigenen Geist sind noch Denkweisen aktiv, die nicht der Realität entsprechen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Was sind ihre Ursachen?

    Also bei mir .... dass mein Nachbar ein dickeres Auto fährt als ich und meine Kollegin vom Chef mehr Lob und bessere Aufgaben bekommt. ;)

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • In Asangas Darstellung der 51 Geistesfaktoren gibt es die sechs Wurzelleidenschaften.

    Kannst Du uns bitte nochmal die 6 Wurzelleidenschaften aufzählen? Das wäre bestimmt hilfreich für uns als Hintergrund zum besseren Verständnis. Danke! und liebe Grüsse

    Nanu

  • Kannst Du uns bitte nochmal die 6 Wurzelleidenschaften aufzählen? Das wäre bestimmt hilfreich für uns als Hintergrund zum besseren Verständnis. Danke! und liebe Grüsse

    Nanu

    Die sechs Wurzelleidenschaften sind:

    • Begierde
    • Wut
    • Stolz
    • Unwissenheit
    • Zweifel
    • leidenschaftsverbundene Ansichten

    Die zweite Wurzelleidenschaft wird auch mit Ärger oder Hass übersetzt.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Manchmal denke ich, dass einige dieser Leidenschaften schlichtweg biologisch bedingt sind und für das Weiterbestehen der Art notwenig. Wir können die Wurzelleidenschaften als Menschen jedoch mit viel Übung in uns selbst erkennen. Dazu braucht es Geduld und viel Einsicht, denn sie begleiten uns überall, nicht nur in uns selbst, sondern auch in unserem Umfeld.

    Danke für die Erinnerung!

  • Verlagen nach mehr als notwendig.


    Ärger, Mordlust ,Frust an nicht realem, erdachten.


    Stolz Eitelkeit


    Ignoranz, Glaube, Verblendung, nicht wissen wollen.


    Zweifel


    Leidenschaft, Verliebtheit

  • Manchmal denke ich, dass einige dieser Leidenschaften schlichtweg biologisch bedingt sind und für das Weiterbestehen der Art notwenig.

    Alle Leidenschaften - nicht nur die sechs Wurzelleidenschaften, sondern auch die zwanzig Nebenleidenschaften - sind für die biologische Evolution in einer samsarischen Existenz erforderlich, denn ohne diese Leidenschaften erlangen wir keine samsarische Existenz.


    Es geht aber darum, die samsarischen Existenzen zu überwinden und das geht nur, wenn wir gemäß den vier edlen Wahrheiten die Ursachen für samsarische Existenzen in unserem eigenen Bewusstseinskontinuum mittel des achtfachen Pfades überwinden. Es geht also um die Überwindung der Leidenschaften und nicht um die Überwindung der Evolution.


    Im Kontext des Dharma geht es in diesem Zusammenhang also darum, dass das Leidenschaften geistige Faktoren sind. Indem wir sie überwinden, geht ja unser Leben nicht zu Ende. Wir können ein Leben leben ohne von Leidenschaften (Klesa) beherrscht zu sein und trotzdem gilt die Evolution weiterhin.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Ganz im Gegenteil, ohne diese Leidenschaften "herrscht" Frieden.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Alle Leidenschaften - nicht nur die sechs Wurzelleidenschaften, sondern auch die zwanzig Nebenleidenschaften - sind für die biologische Evolution in einer samsarischen Existenz erforderlich, denn ohne diese Leidenschaften erlangen wir keine samsarische Existenz.

    Ich denke Du hast recht, doch gäbe es ohne samsarische Existenzen noch den Buddha Dharma? Dann wäre er obsolet, ist das richtig?

    Im Kontext des Dharma geht es in diesem Zusammenhang also darum, dass das Leidenschaften geistige Faktoren sind. Indem wir sie überwinden, geht ja unser Leben nicht zu Ende. Wir können ein Leben leben ohne von Leidenschaften (Klesa) beherrscht zu sein und trotzdem gilt die Evolution weiterhin.

    Das gilt für uns als Individuen und ich wünsche allen dabei von Herzen Glück. Ich frag mich da manchmal nur, ob die Menschen dabei nicht aussterben, aber eigentlich ist diese Frage auch hoch spekulativ.


    Danke Dir und liebe Grüsse von Nanu!

  • Ich denke Du hast recht, doch gäbe es ohne samsarische Existenzen noch den Buddha Dharma? Dann wäre er obsolet, ist das richtig?

    Ich erlaube mir einen kleinen Scherz. Ohne Samsara ist sowieso kein Nirvana möglich. Tja, am Ende entpuppen sich die beiden als die zwei Seiten derselben Medaille. MMK 25.19-20.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Alle Leidenschaften - nicht nur die sechs Wurzelleidenschaften, sondern auch die zwanzig Nebenleidenschaften - sind für die biologische Evolution in einer samsarischen Existenz erforderlich, denn ohne diese Leidenschaften erlangen wir keine samsarische Existenz.

    Ich denke Du hast recht, doch gäbe es ohne samsarische Existenzen noch den Buddha Dharma? Dann wäre er obsolet, ist das richtig?

    So lange wir in samsarischen Existenzen umherkreisen, müssen wir uns im Dharma schulen, um die dritte edle Wahrheit zu verwirklichen. Sobald wir sie verwirklicht haben, brauchen wir uns im Dharma nicht mehr zu schulen. Wir haben den Dharma im eigenen Bewusstseinskontinuum verwirklicht und sind frei von den wahren Leiden und den wahren Ursprüngen.


    Damit hört das Leben aber nicht auf. Vielmehr haben wir dann ein Leben, in dem wir nicht mehr unter der Macht von karma und klesa stehen. Wir werden weiterhin geboren und sterben werden, aber dies geschieht nicht mehr durch die Macht von karma und klesa so wie jetzt in einer samsarischen Existenz.


    Es gibt aber noch viele Lebewesen im Samsara, die die dritte edle Wahrheit noch nicht verwirklicht haben. Diesen können wir dann den in uns verwirklichten Dharma vermitteln, damit sie sich selbst um die Schulung des achtfachen Pfades bemühen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Wir können ein Leben leben ohne von Leidenschaften (Klesa) beherrscht zu sein und trotzdem gilt die Evolution weiterhin.

    Hi, Helmut, sieh das:


    Zitat

    das 'Nirwahn' (wörtl. das 'Erlöschen'),

    bildet das höchste und letzte Endziel alles buddhistischen Strebens, d.i. das restlose 'Erlöschen' alles in Gier, Haß und Verblendung sich äußernden, das Leben bejahenden und sich krampfhaft daran klammernden Willenstriebes, und damit die endgültige, restlose Befreiung von allem künftigen Wiedergeborenwerden, Altern und Sterben, Leiden und Elend.

    nibbāna

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Wenn man das, was du in deiner Antwort fett markiert hast, wortwörtlich nimmt, geht man in die Irre. Nirvana bedeutet, dass man Gier, Hass und Verblendung restlos zum Erlöschen gebracht. Wenn man durch den achtfachen Pfad das Nirvana erlangt hat, lebt man weiter, aber man steht nicht mehr unter der Macht der Geistesgifte. Es gibt dann kein Wiedergeborenwerden, Altern und Sterben, Leiden und Elend mehr, das durch die Macht von karma und klesas zustande kommt.


    Die Geistesgifte beherrschen dann nicht mehr unseren Geist, sondern wir haben Macht über unseren eigenen Geist, weil die drei Geistesgifte ein für alle Mal überwunden sind. Wir befinden uns dann im dauerhaften Glück des Nirvana.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

    Einmal editiert, zuletzt von Helmut ()

  • Ich sehe das anders. Wenn wir rein wissenschaftlich betrachten, dass das Leben weitergeht, dann folgt daraus, dass der Mensch nach bestimmten Mustern reagiert. Die Leidenschaften helfen dem Homo sapiens einfach zu überleben, denn alle Emotionen dienen dem Ziel des Überlebens und dem Aufrechterhalten der Homöostase. Ohne diese Leidenschaften würde der normale Mensch sich eher in eine KI verwandeln, eine böse Parodie seiner selbst.


    Mit anderen Worten, wenn man die religiöse Sicht mit der reinen Wissenschaft vermischt, ergibt sich letztendlich nichts Konkretes. Das sind einfach zwei verschiedene Ansätze. Der Sinn der rein biologischen Evolution wäre dann nicht gleichbedeutend mit dem Nirvana im rein buddhistischen Sinne. _()_ :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich sehe das anders. Wenn wir rein wissenschaftlich betrachten, dass das Leben weitergeht, dann folgt daraus, dass der Mensch nach bestimmten Mustern reagiert. Die Leidenschaften helfen dem Homo sapiens einfach zu überleben, denn alle Emotionen dienen dem Ziel des Überlebens und dem Aufrechterhalten der Homöostase. Ohne diese Leidenschaften würde der normale Mensch sich eher in eine KI verwandeln, eine böse Parodie seiner selbst.

    Du musst ja meine Positionen nicht teilen. Ich setze aber Emotionen nicht mit Leidenschaften gleich, weil es Emotionen gibt, die keine Leidenschaften sind.


    Um zu überleben brauchen wir die Leidenschaften von Unwissenheit, Gier und Hass nicht. Sie fesseln uns an Samsara und durch ihr Aufgeben beseitigen wir nicht unsere Emotionen. Vielmehr erleben wir die Heiligkeit, wenn wir die dritte edle Wahrheit verwirklicht haben.

    Zitat

    "Heiligkeit, Heiligkeit, Bruder Sariputto, sagt man. Was ist nun, Bruder Sariputto, Heiligkeit?"


    "Was da, Bruder, das Versiegen von Gier, das Versiegen von Hass, das Versiegen von Verblendung ist, das nennt man Heiligkeit." (SN 38.2)

    Vom Versiegen aller Emotionen ist im Zusammenhang mit Nirvana also nicht die Rede. Wenn man die dritte edle Wahrheit verwirklicht hat, hat man nicht alle Emotionen aufgegeben, denn auch ein Arhat hat Emotionen und erlebt die Glückseligkeit seines Nirvanas. Das Versiegen der Leidenschaften führt also nicht dazu, dass man sich als Mensch in eine KI verwandelt.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Zu den Ursachen der Leiden habe ich in einer Mahayana-Schrift, der deutschen Übersetzung des Lamrim Chenmo, folgende Aussage zu den leiderzeugenden Geistesfaktoren gefunden:

    Zitat

    Karma (dt. Handlung, Tat) respektive karman (dt. die aus Handlungen entstehenden Potenziale) und klesa sind zwar gemeinsame Ursachen für Geburten in den Daseinskreisläufen (skr. samsara), aber die leiderzeugenden Faktoren (skr. klesa) sind die primären.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Wenn man die dritte edle Wahrheit verwirklicht hat, hat man nicht alle Emotionen aufgegeben, denn auch ein Arhat hat Emotionen und erlebt die Glückseligkeit seines Nirvanas. Das Versiegen der Leidenschaften führt also nicht dazu, dass man sich als Mensch in eine KI verwandelt.

    Soweit ich weiß, handeln sowohl der Buddha als auch die Arhaten sehr aktiv im Pali-Kanon. Manchmal zeigen sie auch starke emotionale Reaktionen. Der Buddha hat oft Mönche getadelt und zurechtgewiesen. Ich bezweifle stark, dass dies alles ohne Emotionen ("Glückseligkeit") geschieht, aber das ist nur meine persönliche Meinung. LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Darüber kann man auch lange nachdenken und trefflich diskutieren. :D

    Leider kann ich gar nicht mitreden weil mir diese Erfahrung fehlt.

    Liebe Grüsse! Nanu

  • Wie Leidenschaften entstehen:


    Unsere Unwissenheit besteht ja in der Ansicht, die auf die vergänglichen Skandhas ein unabhängiges Ich projiziert. Dadurch entsteht die Unterscheidung in die Phänomene, die für das unabhängig vorstellte Ich förderlich sind, und in die Phänomene, die für dieses Ich abträglich sind. Gegenüber den ersteren entwickelt man begehrliches Anhaften, gegenüber letzteren feindselige Ablehnung.


    Damit ist die Grundlage gelegt, dass

    • in Bezug auf das fälschlich vorgestellte Ich Stolz entsteht
    • die Vorstellung entsteht, dass das fälschlich vorgestellte Ich entweder ewig existieren würde oder mit dem Tode endgültig zu Ende ginge
    • es dazu kommen kann, dass man bestimmte Handlungen, die man für dieses fälschlich vorstellte Ich durchführt, für die besten hält, auch wenn sie negativ sind
    • es dazu kommt, dass man diejenigen, die die Selbstlosigkeit lehren, ablehnt und die Lehre über Karma, die Vier Wahrheiten oder die Eigenschaften der drei Juwelen verwirft.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Leidenschaft entsteht durch festhalten wollen von Lust oder Leiden.

    Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.

    Drogensucht ist eine Leidenschaft, die mit Drogen sucht, was Glücklich schafft.

  • Eifersucht ist sicherlich eine Leidenschaft. Ihr liegt Ärger, Zorn oder Hass gegenüber einer anderen Person zugrunde. Dieser Hass hat wiederum seine Ursache in der Ansicht, die die vergängliche Anhäufung der Skandhas für ein inhärentes Ich und Mein hält; also in unserer Unwissenheit.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Um zu überleben brauchen wir die Leidenschaften von .., Gier ... nicht.

    Im Gegenteil, sei gierig auf die fetten Schweine im Nachbarort, klau' sie und deine Frau klagt nicht mehr über die kargen Mahlzeiten und die vor Hunger schreienden Kinder.

  • Eifersucht ... liegt Ärger, Zorn oder Hass gegenüber einer anderen Person zugrunde.

    Zitat

    Eifersucht tritt bei einer Person als Reaktion auf eine Bedrohung ihrer Beziehung durch äußere Einflüsse auf.

    siehe: https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/eifersucht


    Bei der Eifersucht sticht hervor, dass der Eifersüchtige nicht eifersüchtig ist, weil er eine andere Person hasst, sondern eine Bedrohung der Beziehung durch irgendwelche Umstände fürchtet.

  • Leidenschaft entsteht durch festhalten wollen von Lust oder Leiden.

    Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.

    Drogensucht ist eine Leidenschaft, die mit Drogen sucht, was Glücklich schafft.

    Ursachen der Leidenschaften.

  • Um zu überleben brauchen wir die Leidenschaften von .., Gier ... nicht.

    Im Gegenteil, sei gierig auf die fetten Schweine im Nachbarort, klau' sie und deine Frau klagt nicht mehr über die kargen Mahlzeiten und die vor Hunger schreienden Kinder.

    Die Begierde als Leidenschaft zu erkennen ist schon sehr schwierig. Wir begreifen sie meist als so etwas wie einen Freund, der uns zu dem verhilft, was wir für unser Glück glauben zu brauchen. Dafür sind wir dann bereit, Handlungen wie Töten und Diebstahl zu begehen.


    Die Begierde ist aufgrund der negativen Handlungen, die wir in ihrer Folge durchführen, eine Leidenschaft, die uns aufgrund der unheilsamen Potentiale, die wir durch sie ansammeln, sehr stark an Samsara fesselt.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.