Nirvana in Hinayana und Mahayana

  • Ich habe vor kurzem gehört, dass im Mahayana das Nirvana nicht als vollständiges Auslöschen verstanden wird, während es im Hinayana vollständiges Auslöschen bedeutet.


    Habe ich das richtig verstanden? Und wenn ja, ist im Mahayana das Nirvana dann wie ein Paradies?


    Lg,


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • Uff ... da bin ich etwas überfordert. Zumindest ist klar, dass es zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen buddhistischen Richtungen ganz unterschiedliche Auffassungen von Nirvana gab bzw. gibt.


    Ist schon komisch, dass es im Buddhismus nicht nur unterschiedliche Auffassungen vom Weg sondern auch vom Ziel gibt. Trotzdem beziehen sich alle auf Buddha.


    Ich bin verwirrt. :?


    Lg


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • In wie weit beeinflußt die Beantwortung deiner Frage dein Leben in diesem Moment?

  • Lieber Ji'un Ken,


    nun, die Frage bzw. die Beantwortung der Frage beeinflusst mein Leben/Verhalten überhaupt nicht. Ich hatte aber gehofft, ein wenig Klarheit über eine derart Zentrale Frage des Buddhismus zu bekommen.


    Wenn Buddhisten sich weder über den Weg noch über das Ziel einig sind, wo ist dann der Buddhismus zu finden? Sich auf Buddha zu beziehen, aber vollkommen unterschiedlich zu Handeln, würde den Begriff Buddhismus völlig sinnfrei machen. Den gemeinsamen Nenner allein über ethische Richtlinien und Meditation zu definieren führt doch zu einem etwas wakeligen Rad der Lehre. Wenn die Speichen unterschiedlich lang und dick sind, kommt man nicht sehr weit, egal welches Fahrzeug oben drauf sitzt. Ethische Systeme gibt es genug auf der Welt, da braucht es keinen Buddhismus.


    Ich will hier keine Buddhismus-Grunddiskussion starten, ich habe natürlich mein eigenes Bild von der Lehre. Das ist aber eben nur MEIN Bild und offenbar nicht DAS Bild (das es als objektive Definition des Buddhismus scheinbar nicht gibt).


    Lg,


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • Was verstehst Du unter "Auslöschen" und "Verwehen", Milou ?
    Ich habe das Gefühl, daß Du das sehr materiell verstehst.
    Welche Assoziationen verbindest Du mit diesen Worten ?


    Nirvana ist "bei Lebzeiten erfahrbar" als "Abfallen einer Last",
    sowohl im Mahayana als auch im Theravada. Und nun ? :)

  • Milou:


    Habe ich das richtig verstanden? Und wenn ja, ist im Mahayana das Nirvana dann wie ein Paradies?


    EIn Paradies ist ein Ort. Nirvana nur ein Wahrnehmungsmodus. Und das im Theravada ebenso wie im Mahayana.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:
    Milou:


    Habe ich das richtig verstanden? Und wenn ja, ist im Mahayana das Nirvana dann wie ein Paradies?


    EIn Paradies ist ein Ort. Nirvana nur ein Wahrnehmungsmodus. Und das im Theravada ebenso wie im Mahayana.


    Onda


    Das Paradies kann genauso ein Wahrnehmungsmodus sein.

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Onyx9:

    Was verstehst Du unter "Auslöschen" und "Verwehen", Milou ?
    Ich habe das Gefühl, daß Du das sehr materiell verstehst.
    Welche Assoziationen verbindest Du mit diesen Worten ?


    Nirvana ist "bei Lebzeiten erfahrbar" als "Abfallen einer Last",
    sowohl im Mahayana als auch im Theravada. Und nun ? :)


    Nunja, m.E. gibt es da mehrere Sichtweisen. Zum einen natürlich
    das Nirvana im jetzigen Leben, als das "frei sein von Leiden". Da habe
    ich auch nicht so den großen Anspruch, d.h. weitgehend frei von Leiden
    ist für mich hinreichendes Nirvana.


    Im Gegensatz dazu steht das Beenden des Kreislaufs der Wiedergeburten.
    An Wiedergeburt glaube ich zwar nicht, trotzdem wäre es interessant, ein
    Verständis dafür zu bekommen. Meiner Meinung nach kann das "Post-Mortem-Nirvana"
    nur vollständiges Verlöschen bedeuten, da andernfalls die Weiterexistenz
    dessen, was vorher von Leben zu Leben übertragen wird, ohne Interaktion
    ohne Willen etc. vollkommen sinnfrei wäre. In diesem Sinne ist das unendlich
    lange Verweilen im Nirvana in seiner Wirkung mit dem Verlöschen gleichzusetzen.


    LG


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."


  • Ohne das Beenden, und zwar endgültige Erlöschen würde die Lehre Buddhas überhaupt keinen Sinn machen, lieber Milou. Der Buddha erwähnt die Wiedergeburt an vielen verschiedenen Stellen im Palikanon.


    Es gibt auch aus meinem bisherigen Verständnis heraus kein unendlich langes Verweilen im Nirvana. Verlöschen ist Ende, Aus, Punkt.
    Das, was ich bisher begreife, ist: Wenn ich durch entsprechende Praxis alle Hindernisse verloren habe und soweit befreit bin, dass auch keine "neue" Gier, kein "neuer" Hass und keine Verblendung mehr vorhanden ist, dann bin ich befreit. Auch wenn das vielleicht vermessen klingt, aber ICH komme auf jeden Fall nicht wieder :grinsen: . Was aber möglich ist, weil meine Verblendung vielleicht doch noch groß genug ist, dass sind Schwingungen des Anhaftens an womöglich die schönen Alpen, an meine Tochter, meinen Mann ... Und diese Schwingungen suchen eine neue Verkörperung, ohne dass ich das bewusst will. Diese Schwingungen sind es auch jetzt, die mir bestimmte Schritte auf dem Pfad erschweren bzw. noch nicht möglich machen. Solange diese Hemmungen, Anhaftungen noch vorhanden sind, solange muss ich auch damit rechnen, dass ein neues Lebewesen aus meinen Bewusstseins-Kontinium-Resten gebildet wird. Je nach Qualität ein Wurm oder ein Gott. Das halte ich für möglich.
    Und deshalb arbeite ich weiter daran, und es ist mir egal, welch merkwürdige Auslegung der Lehre Buddhas dazu führt, zu glauben, es wäre besser, noch mal wieder zu kommen, um womöglich andere zu retten. Der Buddha lebt nicht mehr, der Buddha kommt auch nie wieder zurück. Das war sein einziges Ziel. Das Beenden des Leidens ist nur möglich, indem wir hier nicht noch weiter auf der Erde mehr Unglück als Glück ver-ursachen. Denn, wenn wir es genau beschauen, hat auch der Buddha, bevor er der Buddha war, Leid verursacht, nämlich sein Elternhaus verlassen, seinen Vater traurig gemacht, seine Frau verlassen, seinen neugeborenen Sohn verlassen usw. Jede Geburt ist bereits Leid - von Beginn an.


    Siehe hierzu auch:


    http://www.buddhaland.de/viewt…ilit=Wiedergeburt#p205239


    Im übrigen gibt es zu diesem Thema eine ganze Menge strittige Beiträge.
    _()_ Monika

  • Milou:


    Im Gegensatz dazu steht das Beenden des Kreislaufs der Wiedergeburten.
    (...) In diesem Sinne ist das unendlich lange Verweilen im Nirvana in seiner Wirkung mit dem Verlöschen gleichzusetzen.


    Siehe hierzu:
    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=10707


    Dieses Nicht-mehr-wieder-geborenwerden ist eine Auslöschungsphantasie (eine Vernichtungsphantasie).
    Nirvana jedoch (wie es der Erwachte erfährt) ist ein Wahrnehmungsmodus und das Nicht-mehr-wieder-Geborenwerden nicht mehr als eine Metapher.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)


  • Viele Güße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Milou:

    Ich habe vor kurzem gehört, dass im Mahayana das Nirvana nicht als vollständiges Auslöschen verstanden wird, während es im Hinayana vollständiges Auslöschen bedeutet.


    Theravada: Nibbāna kann temporär zu Lebzeiten "erfahren" werden.
    Zu Lebzeiten kann man frei werden von den 10 ans Dasein bindenden und zu neuer Geburt führenden Fesseln


    1. Persönlichkeitsglauben (sakkāya-ditthi),
    2. Zweifelsucht (vicikicchā),
    3. Hang an Regeln und Riten (sīlabbata-parāmāsa).


    4. Sinnlichem Begehren (kāma-cchanda = kāma-rāga) und
    5. Übelwollen (vyāpāda = patigha, dosa).


    6. Begehren nach Feinkörperlichem Dasein (rūpa-rāga),
    7. Begehren nach Unkörperlichem Dasein (arūpa-rāga),
    8. Dünkel (māna),
    9. Aufgeregtheit (uddhacca),
    10. Unwissenheit (avijjā).


    Das entgültige verlöschen, Para-Nibbāna sprich keine neue Geburt ist nach dem körperlichen Tod.


    By the way: Nibbāna ist nicht nichts. Das wäre Nihilismus. Aber darüber spekulieren bringt gar nichts. "Erstrebenswert" wäre daher in diesem Leben schon mal der Stromeintritt. Dann weiß man worum es wirklich geht.


    Wie Hinayana und Mahayana darüber denken, erklären sie am besten selber.


    ()


  • Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Sukha:


    keine neue Geburt ist nach dem körperlichen Tod


    das klingt materialistisch, liebe Sukha


    der Buddha lehrte bekanntlich verschiedene Arten der Geburt


    desweiteren gibt es ohne Fesseln "kein Kommen & kein Gehen"


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.



  • Länger als die Menschen sich zurückerinnern können,


    sind sie schon dem begrifflichen Denken hörig.


    Sie schwimmen dahin in den Wellen von Geurt und Tod,


    und es gelingt ihnen nicht, unabhängig zu sein.


    Wenn sie Geburt und Tod verlassen wollen,


    müssen sie den Lauf des begrifflichen Denkens entschlossen abschneiden.


    Zen-Meister Ta-hui

  • nibbuti:

    der Buddha lehrte bekanntlich verschiedene Arten der Geburt


    .... und sprach dem/den Hörer/n entsprechend. (Anfängerbereich????)


    nibbuti:

    desweiteren gibt es ohne Fesseln "kein Kommen & kein Gehen"


    Nirgends sprach ich von "kommen und gehen".


    Aber ich sprach von:


    Sukha:

    Aber darüber spekulieren bringt gar nichts. "Erstrebenswert" wäre daher in diesem Leben schon mal der Stromeintritt. Dann weiß man worum es wirklich geht.


    Deswegen bitte nicht noch einmal das (Wieder-) Geburtsthema :)


    ()

  • Milou:

    Habe ich das richtig verstanden? Und wenn ja, ist im Mahayana das Nirvana dann wie ein Paradies?



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    das nicht Abgesonderte, (nippapañca)
    das Unverwelkliche, (ajajjara)
    das Bleibende, (dhuva)
    das Unauflösliche, (apalokita)


    Unser ursprüngliches Buddha-Wesen ist leer,
    allgegenwärtig,still und rein. Es ist herrliche und
    geheimnisvoll friedvolle Freude - nichts anderes.



    Wem oder was jagst du nach, Du Traumtänzer .
    Huang Po

  • Huhu


    Also meines Erachtens nach besteht der grösste Unterschied zwischen Hinayana und Mahayana darin, dass Die Hinamaya nicht genügend altruistischer Natur waren ... und sich somit in einer Anhaftung durch das "Ich" verursacht verkeilten...
    Die Lehre Mahayanas hingegen weist darauf hin,dass Mitgefühl wichtiger Bestandteil der Erleuchtung ist ... Durch Mitgefühl schwindet Anhaftung des "ich" ... und so auch die Geistesgifte keine Anhaftung mehr verursachen ... Letztenendes auf dem Weg der vielen Wege erkennt man auch im Mitgefühl, wie auch in der Lehre der "Leerheit" ... dass wir mit allem seit jeher eine Einheit bilden...Und in nichts unterschieden sind...Durch Unwissen ...ensteht eine Art denken welche Folgefehler in den Betrachtungsweisen mit sich zieht ....usw
    Mit dem Begriff Paradies sollte man aufpassen, weil durch das hiesige Leiden, entsteht die Wahrnehmung im Nirvana und Samsara nicht das gleiche zu sehen.... Samsara und Nirwana bilden wie alles eine Einheit....und Sind in keinerweise verschieden .....Nirvana ist schon immer in uns und um uns ..... wie wir in allem und alles in uns ;)


  • Ping Pog jagt da wohl einen Traum mit "Unser ursprüngliches Buddha-Wesen" nach.

  • Nirvana ist wie gesagt Wunschlosigkeit und zwar in beiden Systemen. Ich lese zur Zeit den Lamrim und da ist erklärt, dass man erst nach der eigenen Befreiung streben wollen muss bevor man nach der Befreiung für alle Wesen strebt. Hinayana wird da also als Grundlage für Mahayana betrachtet. Es steht auch drin wer meint Hinayana wäre etwas niederes und er praktiziert gleich Mahayana ist arrogant und wird weder das eine noch das andere erreichen.


    Nochmal zum Nirvana. Unabhängig von der Religion wollen ja alle Menschen Glück erreichen und Leid vermeiden, (fragt mich nicht wie Buddha Masochismus erklärt) aber der Unterschied ist: Außerhalb des Buddhismus versucht man das durch erfüllen der Wünsche zu erreichen. Man bekämpft endlosen Hunger indem man ihn ständig unter Essen begräbt. Das klappt, aber nicht. Wenn ein Hund betteln kommt und du gibst ihm was wirst du ihn ja auch nicht los, eher läuft er dir nach. Als Buddhist versuchst du nichtmehr die Wünsche durch erfüllen zu überlagern, sondern sie endgültig zu überwinden. Und der Zustand das geschafft zu haben wäre dann Nirvana. Unabhängig von Hinayana oder Mahayana.


    Wenn ich mich irgendwo irre oder jemand eine bessere Erklärung hat bitte posten. ^^

    Wenn sich die ganze Welt ändert müssen wir auch die Veränderung der Menschen anerkennen. Behandle einen Menschen seinem Wesen und nicht deiner Erinnerung entsprechend. Jetzt

  • Im „allgemeinen“ setzt sich der tibetische Buddhismus aufbauend aus Hinayana, Mahayana und Vajravana zusammen, wobei Hinayana nicht zu verwechseln ist mit dem Theravada.
    .....sagte unser Lehrer.