Definition von anatta

  • Elliot:


    Nein, ich sehe es nach wie vor so: Ein wirkliches Verstehen des Begriffes "Anatta" ist nur dann möglich, wenn man versteht, was zur Zeit des Buddha mit dem Begriff "Atta" oder "Atman" gemeint war. Und das ist nur sehr bedingt vergleichbar mit dem, was heute im Allgemeinen unter "Ich" und "Selbst" verstanden wird.
    Viele Grüße Elliot


    Ich denke nicht, das es in dieser Hinsicht damals zu heute den gierigsten Unterschied gibt.
    Das zeigen schon die Probleme die es damals mit der Ich-Vorstellung gab. Die Leute waren
    damals wie heute mit den Begriffen durch Ansichten und Gewohnheiten überfordert.
    Das hat was mit dem Aufbau und der Struktur der geistigen Entwicklung und
    Begriffsverarbeitung zu tun. Geht also ins Unbewußte hinein und ist auch deswegen
    so essentiell, weil die Fesseln fein daran gebunden sind, deren Durchbrechung für
    nibbana erforderlich sind. Andererseits ist es unter günstigen Bedingungen auch nicht
    unmöglich dem Schritt um Schritt tiefer nachzugehen.
    Grundsätzlich sind dazu die Aussagen in den Lehrreden sehr hilfreich wie z.B. M 22
    wo es viel zu verstehen gibt wie:

    "Was meint ihr wohl, Mönche: wenn ein Mann das, was an Gräsern und Reisig, Zweiglein und Blättern in diesem Siegerwalde daliegt, wegtrüge, oder verbrennte, oder sonst nach Belieben damit schaltete, würdet ihr da etwa denken: 'Uns trägt der Mann weg, oder verbrennt er, oder schaltet sonst nach Belieben'?"


    "Gewiß nicht, o Herr!"


    "Und warum nicht?"


    "Nicht das ist ja, o Herr, unser Ich oder Eigen!"


    "Ebenso nun auch, ihr Mönche, gebet auf, was euch nicht angehört.
    Dieses Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.
    Und was, ihr Mönche, gehört euch nicht an?


    "Der Körper, ihr Mönche, gehört euch nicht an: ihn gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Das Gefühl, ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Die Wahrnehmung, ihr Mönche, gehört euch nicht an: sie gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Die Aktivitäten, ihr Mönche, gehören euch nicht an: sie gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Das Bewußtsein (viññânam), ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohlverkündet, gezeigt, aufgedeckt, dargelegt, entschleiert. "

  • "Darum also, ihr Mönche: was euch nicht angehört, das gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Was aber, ihr Mönche, gehört euch nicht an?
    Das ganze hier ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen. "


    Daraus könnte ein Spaßvogel natürlich auf die Idee verfallen und
    fragen: "Wem gehört es nicht an?, Wer ist es dem das nichts angehört?"
    Wobei sie selber darüber gar nicht lachen können, weil sie ja
    garnicht merken, das "sie" wieder auf den Ich-wahn reingefallen sind.
    Wobei "sie" nur ein Begriff für eben diese fragenden Geist ist.
    Das es keine geistigen Eigenschaften und Vorstellungen gibt wird anatta nicht behauptet.

  • Zitat

    "Daher, ihr Bhikkhus, sollte jegliche Art von Form, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein und Gestaltung, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, sollte all dies mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend gesehen werden:
    'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.'
    ‘netaṃ mama, nesohamasmi, na meso attā’ti'.(MN 109)

    Zitat

    "Wenn er auf solche Weise unweise erwägt, entsteht eine von sechs Ansichten in ihm.
    • Die Ansicht 'für mich gibt es ein Selbst' (‘Atthi me attā’ti) entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    • die Ansicht 'für mich gibt es kein Selbst' (‘natthi me attā’ti) entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder ...
    (MN 2)


    Elliot:

    bel meinte nun dazu, er könne es sich ganz einfach machen, indem er darauf verwies, dass in beiden Ansichten "mich" ("mein", "Ich") vorkommt und diese allein daher abwegig sind. Dann wäre aber auch das oben zitierte 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' (‘netaṃ mama, nesohamasmi, na meso attā’ti'.) eine abwegige Spekulation, da sie ebenfalls ein "mein" enhält. Da macht bel es sich also zu einfach.


    Abermals: verstehtst Du nicht, daß es zwischen "für mich gibt es" und "gibt es" ein deutlicher Unterschied besteht?
    Und natürlich auch zwischen einerseits "unweisem Erwägen" - ayoniso manasi karoti - und das bedeutet die intentionale Ausrichtung aller geistiger Aktivitäten auf sich selbst in M2 und anderserseits "mit vollkommer Weisheit verstehen (durchdringen/realisieren/verwirklichen der Wirklichkeit gemäß)" - sammappaññāya passati - eben gerade ohne Rücksicht auf sich selbst (z.B. in M109).


    Elliot:

    Dies wird hier von den fünf Daseinsgruppen Form, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein und Gestaltungen gesagt.


    Und außerhalb dieser gibt es eh nix, das zum Gegenstand des Dhamma gehören würde.


    Elliot:

    ich sehe es nach wie vor so: Ein wirkliches Verstehen des Begriffes "Anatta" ist nur dann möglich, wenn man versteht, was zur Zeit des Buddha mit dem Begriff "Atta" oder "Atman" gemeint war. Und das ist nur sehr bedingt vergleichbar mit dem, was heute im Allgemeinen unter "Ich" und "Selbst" verstanden wird.


    Worin soll der Unterschied liegen?

  • bel:

    Abermals: verstehtst Du nicht, daß es zwischen "für mich gibt es" und "gibt es" ein deutlicher Unterschied besteht?


    Jetzt könnte man sagen nicht für mich.
    Aber richtig, wenn es für dich Spiegeleier gibt, "gibt es"
    noch lange keine Spiegeleier für alle. :P

  • accinca:
    bel:

    Abermals: verstehtst Du nicht, daß es zwischen "für mich gibt es" und "gibt es" ein deutlicher Unterschied besteht?


    Jetzt könnte man sagen nicht für mich.


    Ist mir schon klar, weil Du keinen Zusammenhang zwischen diesem und dem unmittelbar folgenden Satz siehst. Legion.

  • bel:
    accinca:

    Jetzt könnte man sagen nicht für mich.


    Ist mir schon klar, weil Du keinen Zusammenhang zwischen diesem und dem unmittelbar folgenden Satz siehst. Legion.


    Doch Spiegeleier für alle? :P

  • Elliot:

    Zitat

    Nein, ich sehe es nach wie vor so: Ein wirkliches Verstehen des Begriffes "Anatta" ist nur dann möglich, wenn man versteht, was zur Zeit des Buddha mit dem Begriff "Atta" oder "Atman" gemeint war. Und das ist nur sehr bedingt vergleichbar mit dem, was heute im Allgemeinen unter "Ich" und "Selbst" verstanden wird.


    Ich denke, daß die Leute eben religiös "waren", insofern nahmen sie ein höheres Selbst an und auch einen göttlichen Seelenkern, so wie es ja auch
    in den Upanishaden z.b. beschrieben wird. Wir dagegen verstehen unter Atta doch nur unser "aufgeklärtes" Ego. Das hat Nachteile. :)


  • Doch, das habe ich verstanden. Nun kannst Du mir aber erklären, warum Du


    Zitat

    'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.'
    ‘netaṃ mama, nesohamasmi, na meso attā’ti'.(MN 109)


    ... nicht für eine spekulative Ansicht hältst.


    bel:
    Elliot:

    Dies wird hier von den fünf Daseinsgruppen Form, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein und Gestaltungen gesagt.


    Und außerhalb dieser gibt es eh nix, das zum Gegenstand des Dhamma gehören würde.


    Doch, natürlich gibt es etwas außerhalb der Daseinsgruppen:


    Zitat

    „Aber, ehrwürdiger Herr, könnte es noch eine andere Möglichkeit geben, einen Bhikkhu bewandert in den Elementen zu nennen?“ „Die könnte es geben, Ānanda. Es gibt, Ānanda, diese beiden Elemente:


    • das gestaltete Element und
    • das nicht gestaltete Element [1].


    Wenn ein Bhikkhu diese beiden Elemente weiß und sieht, kann man ihn bewandert in den Elementen nennen.“ (MN 115)



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Onyx9:

    Elliot:

    Zitat

    Nein, ich sehe es nach wie vor so: Ein wirkliches Verstehen des Begriffes "Anatta" ist nur dann möglich, wenn man versteht, was zur Zeit des Buddha mit dem Begriff "Atta" oder "Atman" gemeint war. Und das ist nur sehr bedingt vergleichbar mit dem, was heute im Allgemeinen unter "Ich" und "Selbst" verstanden wird.


    Ich denke, daß die Leute eben religiös "waren", insofern nahmen sie ein höheres Selbst an und auch einen göttlichen Seelenkern, so wie es ja auch in den Upanishaden z.b. beschrieben wird. Wir dagegen verstehen unter Atta doch nur unser "aufgeklärtes" Ego. Das hat Nachteile. :)


    Es gibt (unter vielen anderen) diese drei Sichtweisen:


    1. Ansicht: Es gibt keine Individuen, und falls doch, dann endet alles, was dieses Individuum ausgemacht hat, mit dem Tod, also der Auflösung des Körpers. Es gibt nur unpersönliche "Prozesse", zu denen auch willentliche Handlungen zählen. Die Entitäten "Ich" und "Selbst" sind Illusionen.


    2. Ansicht: Es gibt Individuen und jedes Individuum wird charakterisiert durch einen "Persönlichkeitskern", genannte "Atman". Dieser Atman ist unveränderlich und unvergänglich, bleibt also über den Tod des Individuums hinaus erhalten und sorgt dafür, dass dieses Individuum auch nach der Auflösung des Körpers in - womöglich feinstofflichen Sphären - weiterexistiert. Handlungen des Indivduums haben keinen Einfluss diese Eigenschaft des Atman.


    3. Ansicht: Es gibt Individuen, aber ein "Atman" wie in Ansicht 2: beschrieben lässt sich nicht ausfindig machen. Individuen werden nicht durch eine "Selbstsubstanz", sondern durch ihre Handlungen charakterisiert. Während nach Ansicht 1 Handlungen unpersönliche Vorgänge sind, sind es nach Ansicht 3 gerade die Handlungen, die ein Individuum ausmachen. Es gibt ein "Karmagesetz" demzufolge die Lebensumstände zukünftiger Individuen von den Handlungen gegenwärtiger Individuen abhängen können.


    Die erste Ansicht wird im Palikanon zurückgewiesen:


    Zitat

    Sandaka, da vertritt irgendein Lehrer solch eine Lehrmeinung und Ansicht wie diese: 'Es gibt keine Gaben, nichts Dargebrachtes oder Geopfertes; keine Frucht oder Ergebnis guter und schlechter Taten; nicht diese Welt, nicht die andere Welt; keine Mutter, keinen Vater; keine spontan geborenen Wesen; keine guten und tugendhaften Mönche und Brahmanen auf der Welt, die diese Welt und die andere Welt durch Verwirklichung mit höherer Geisteskraft erfahren haben und erläutern [1].


    Eine Person besteht aus den vier großen Elementen. Wenn sie stirbt, kehrt Erde zurück und geht zum Erdkörper zurück, Wasser kehrt zurück und geht zum Wasserkörper zurück, Feuer kehrt zurück und geht zum Feuerkörper zurück, Wind kehrt zurück und geht zum Windkörper zurück; die (Sinnes-)Fähigkeiten werden in den Raum übertragen. Vier Männer mit der Bahre als fünftem tragen die Leiche weg. Die Begräbnisrede reicht so weit wie das Leichenfeld; die Knochen bleichen; die Knochen enden in Asche. Großzügigkeit ist nur Gerede. Wenn jemand die Lehrmeinung geltend macht, es läge ein Sinn darin, so ist es leeres, falsches Geschwätz. Narren und die Weisen werden bei der Auflösung des Körpers gleichermaßen abgeschnitten und vernichtet; nach dem Tode existieren sie nicht.'" ...


    "Dies ist der erste Weg, der das heilige Leben verneint, der vom Erhabenen, der weiß und sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet ist, verkündet worden ist, dem folgend ein Weiser das heilige Leben gewiß nicht führen würde, oder wenn er es führen würde, er den wahren Weg, das Dhamma, das heilsam ist, nicht erlangen würde." (MN 76)


    Auch die zweite Ansicht wird im Palikanon zurückgewiesen:


    Zitat

    "Auf diese Weise, Aggivessana, bilde ich meine Schüler aus und auf diese Weise wird meine Anleitung für gewöhnlich meinen Schülern vorgetragen: 'Ihr Bhikkhus, Form ist vergänglich, Gefühl ist vergänglich, Wahrnehmung ist vergänglich, Gestaltungen sind vergänglich, Bewußtsein ist vergänglich. Ihr Bhikkhus, Form ist Nicht-Atman, Gefühl ist Nicht-Atman, Wahrnehmung ist Nicht-Atman, Gestaltungen sind Nicht-Atman, Bewußtsein ist Nicht-Atman. Alle Gestaltungen sind vergänglich; alle Dinge sind Nicht-Atman. Auf diese Weise bilde ich meine Schüler aus und auf diese Weise wird meine Anleitung für gewöhnlich meinen Schülern vorgetragen." (MN 35)


    Dies ist die Bedeutung des Begriffes "Anatta" (Nicht-Atman), der zur Abgrenzung der Lehre des Buddha von den zeitgenössischen Atman-Lehren diente, wie sie zum Beispiel in der berühmten Brihadaranyaka-Upanishad aufgezeichnet sind:


    Zitat

    Im Brahmanam 4.1 fordert Yajnavalkya den König Janaka auf, ihm kundzutun, was er von anderen Brahmanen über das Wesen des Brahman gehört habe. Die Erklärungen, die der König über das Wesen des Atman gibt - es sind sechs verschiedene Lehrmeinungen - bezeichnet Yajnayalkya als einseitig. Denn die genannten Prinzipien (Rede, Atem, Auge, Ohr, Verstand, Herz) seien nur das ayatam (Stützpunkt) des Brahman und nicht dieses selbst. Der gemeinsame Standort dieser Prinzipien sei der Raum und somit würden diese Erklärungen nur angeben, wie das Brahman im Raum erscheine oder wirke und nicht was es seinem Wesen nach sei.

    Im Brahmanam 4.2 erklärt Yajnavalkya dem König Atman und Brahman, indem er als Ausgangspunkt verschiedene körperliche Aspekte nennt und diese in Beziehung zu den Himmelsgegenden setzt. Dann aber bricht er diese Spekulationen ab und sagt: “Er aber der Atman, ist nicht so und ist nicht so (neti neti). Er ist ungreifbar, denn er wird nicht gegriffen, unzerstörbar, denn er wird nicht zerstört; unhaftbar, denn es haftet nichts an ihm; er ist nicht gebunden, er wankt nicht, er leidet keinen Schaden.[4] ...


    Die große Bedeutung dieser Upanishad liegt in den Äußerungen des Weisen Yajnavalkya zu Atman und Brahman begründet. Der Brahmane Yajnavalkya legt in den überlieferten Reden in aller Entschiedenheit und Klarheit sein Wissen über den Atman dar. Yajnavalkya sagt, dass Atman und Brahman identisch seien und im Tode Atman in Brahman eingehe und der Mensch aus dem Brahman wiedergeboren werden könne. Brahman gilt für ihn als das Höchste Sein; niemand kann es überschreiten. Nach Meinung des Indologen Paul Deussen stellt das dritte Gespräch zwischen Janaka und Yajnavalkya den Höhepunkt dieser und vielleicht aller Upanishaden dar.[7] Shankara hat einen Kommentar zu dieser Upanishad geschrieben.(http://de.wikipedia.org/wiki/Brihadaranyaka-Upanishad)


    Die Gegenargumentation lautet, dass zumindest nichts in den fünf Daseinsgruppen Form, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein und Gestaltungen existiert, was diesen Anforderungen an einen "Atman" genügen könnte:



    Diese beiden Ansichten 1 und 2 werden auch als "vi-bhava-dhitti" (Nicht-Sein oder Vernichtung mit dem Tod) und als "bhava-dhitti" (Ewig-Wiederwerden) bezeichnet:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, es gibt diese zwei Ansichten: bhava-dhitti und vi-bhava-dhitti. Jegliche Mönche und Brahmanen, die sich auf die vi-bhava-dhitti stützen, vi-bhava-dhitti annehmen, vi-bhava-dhitti akzeptieren, sind Gegner von bhava-dhitti. Jegliche Mönche und Brahmanen, die sich auf die bhava-dhittistützen, bhava-dhitti annehmen, bhava-dhitti akzeptieren, sind Gegner von vi-bhava-dhitti."

    "Jegliche Mönche und Brahmanen, die den Ursprung, das Verschwinden, die Befriedigung, die Gefahr und das Entkommen [4] im Fall dieser zwei Ansichten nicht der Wirklichkeit entsprechend verstehen, sind von Begierde beeinträchtigt, von Haß beeinträchtigt, von Verblendung beeinträchtigt, von Begehren beeinträchtigt, von Anhaftung beeinträchtigt, ohne Schauung, haben Vorlieben und Abneigungen, und sie finden Gefallen und Freude an begrifflichem Ausufern. Sie sind nicht befreit von Geburt, Altern und Tod; nicht befreit von Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung; sie sind nicht frei von Dukkha, sage ich." (MN 11)


    Denn vi-bhava-dhitti und bhava-dhitti hängen eng mit der zweiten edlen Wahrheit zusammen:


    Zitat

    "Und was, Freunde, ist die Edle Wahrheit vom Ursprung von Dukkha? Es ist das Begehren, das erneutes Werden bringt, das von Ergötzen und Begierde begleitet ist, und das sich an diesem und jenem ergötzt; nämlich Begehren nach Sinnesintensität, Begehren nach ewigem Wiederwerden ( bhava-tanha ) und Begehren nach Nicht-Dasein und Vernichtung ( vi-bhava-tanha ). Dies wird die Edle Wahrheit vom Ursprung von Dukkha genannt." (MN 141)


    Die Ansicht 3 dagegen wird im Palikanon gestützt:


    Zitat

    Und was, Puṇṇa, ist dunkle-und-helle Handlung mit dunklem-und-hellem Ergebnis? Da erzeugt jemand eine körperliche Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, eine sprachliche Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, eine geistige Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist [7]. Nachdem er eine körperliche Gestaltung, eine sprachliche Gestaltung, eine geistige Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, erzeugt hat, erscheint er in einer Welt wieder, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist. Wenn er in einer Welt wiedererschienen ist, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, berühren ihn sowohl leidbringende, als auch nicht-leidbringende Kontakte. Von sowohl leidbringenden, als auch nicht-leidbringenden Kontakten berührt, fühlt er sowohl leidbringende, als auch nicht-leidbringende Gefühle, Glück und Schmerz vermischt, wie im Fall der Menschen und einiger Himmelswesen und einiger Wesen in den niedrigeren Welten.


    So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines Wesens: man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder. Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte. So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen sind.


    Dies nennt man dunkle-und-helle Handlung mit dunklem-und-hellem Ergebnis." (MN 57)


    Mangels Atman ist hier auch kein ewiges Wiederwerden erforderlich, denn im Gegensatz zu einem Atman können Handlungen "vernichtet" werden:


    Zitat

    "Und was, Puṇṇa, ist Handlung, die weder dunkel, noch hell ist, mit weder-dunklem-noch-hellem Ergebnis, Handlung, die zur Vernichtung von Handlung führt [8]? Der Wille, der im Überwinden der Art von Handlung steckt, die dunkel, mit dunklem Ergebnis ist; und der Wille, der im Überwinden der Art von Handlung steckt, die hell, mit hellem Ergebnis ist; und der Wille, der im Überwinden der Art von Handlung steckt, die dunkel und hell, mit dunklem und hellem Ergebnis ist: dies nennt man Handlung, die weder dunkel, noch hell ist, mit weder-dunklem-noch-hellem Ergebnis, Handlung, die zur Vernichtung von Handlung führt. Dies sind die vier Arten der Handlung, die von mir verkündet wurden, nachdem ich sie mit höherer Geisteskraft unmittelbar selbst verwirklicht hatte." (MN 57)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Hierzu sollte gesagt sein, dass das oben beschriebene lokiya (weltliches) Dhamma ist.


    Darüber hinaus geht lokuttara (überweltliches) Dhamma, welches nicht mehr Ansichten & Handlungswirkungen oder dem Willen unterworfen ist, sondern über Ansichten, Handlungen & Willen hinaus geht.


    Dadurch wird das oben beschriebene nicht weniger wahr, aber es geht eben nur so weit.


    zB musste Angulimala die Wirkungen seiner vorigen Handlungen auch nach der Erleuchtung erfahren, aber sie waren rein 'äußerlich' (lokiya) und 'trafen' ihn nicht, sodass er nicht darunter litt, da er bereits ein Arahant (lokuttara) war.


    Analog dazu siehe samma ditthi s'asava (richtige Ansicht mit Trieben) und samma ditthi (richtige Ansicht die triebfrei, edel ist entsprechend dem edlen achtfachen Pfad) in MN 117.


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Elliot:


    Doch, das habe ich verstanden. Nun kannst Du mir aber erklären, warum Du


    Zitat

    'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.'
    ‘netaṃ mama, nesohamasmi, na meso attā’ti'.(MN 109)


    ... nicht für eine spekulative Ansicht hältst.


    Das hab ich auch schon geschrieben: weil es eine Einsicht ist, die aus sammappaññāya passati erwächst.


    Elliot:

    Doch, natürlich gibt es etwas außerhalb der Daseinsgruppen:

    Zitat

    „Aber, ehrwürdiger Herr, könnte es noch eine andere Möglichkeit geben, einen Bhikkhu bewandert in den Elementen zu nennen?“ „Die könnte es geben, Ānanda. Es gibt, Ānanda, diese beiden Elemente:
    • das gestaltete Element und
    • das nicht gestaltete Element [1].


    Du meinst Nibbana - aber da irrst Du Dich. Was meinst Du, warum ich die ganze Zeit diese Signatur mit mir rumschleppe:
    "Vimuttasmim vimuttamiti" (Die Befreiung ist im Befreiten - und nicht irgendwie außerhalb dessen).
    Habe mir übrigens vogenommen, sie heute anläßlich des Vollkommenen Erwachens des großen Bodhisattva Jeshua zu ändern :)

  • bel:


    Habe mir übrigens vogenommen, sie heute anläßlich des Vollkommenen Erwachens des großen Bodhisattva Jeshua zu ändern :)


    Das kann angezweifelt werden, weil Joschi den Eintritt ins 'Königreich', nicht den Eintritt ins Bodhi lehrte & da ihm seine erklärte 'Mission' misslang:


    "Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt!" - Matthäus 23,37b


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

    2 Mal editiert, zuletzt von nibbuti ()

  • sarvamitra:

    Erwachen ist das wohl kaum, und wenn zu spät.


    So ist es, daher rief der leidende Joschi auch aus:


    Eli, Eli, lema sabachtani? ("Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?") - Matthäus 27,46


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • nibbuti:
    sarvamitra:

    Erwachen ist das wohl kaum, und wenn zu spät.


    So ist es, daher rief der leidende Joschi auch aus:
    Eli, Eli, lema sabachtani? ("Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?") - Matthäus 27,46


    :lol: und, schon weitergelesen? Und was soll das heißen "zu spät"?
    Aber Leute, das ist ein Thema für die Plauderecke.

  • Das ist auch Bedingtes Entstehen:
    Es gibt kein Thema (und sei es noch so eng eingegrenzt), von dem aus wir nicht bei jedem anderen x-beliebigen Thema landen können.
    Die Themen sind alle miteinander verbunden. Die Threaderöffnung ist nur ein Startschuss - für freies Assoziieren... Und so beginnen wir mit anatta und landen bei Jesus.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • wen wunderts....wenn "wir" uns als der nabel der welt betrachten :D
    _()_
    .

  • Sumedhâ:

    wen wunderts....wenn "wir" uns als der nabel der welt betrachten :D
    _()_
    .


    Ich weiß garnicht, ob das unserem Egozentrismus entspringt.
    Ich halte es eher für ein Mischung aus Undiszipliniertheit und dem Hang zum frei-assoziativen Plaudern.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:
    Sumedhâ:

    wen wunderts....wenn "wir" uns als der nabel der welt betrachten :D
    _()_
    .


    Ich weiß garnicht, ob das unserem Egozentrismus entspringt.
    Ich halte es eher für ein Mischung aus Undiszipliniertheit und dem Hang zum frei-assoziativen Plaudern.


    Onda


    für mich sieht das so aus, ohne das ich mich da rausnehmen würde, zum großteil zumindest :D
    jeder hier hat (s)ein verständniss von den "dingen" und will es einbringen, manche diszipliniert, andere (ich zum beispiel) weniger diszipliniert.
    das schreiben hier ist aus meiner atr die dinge zu sehen, eine selbstdarstellung, wenn es nicht so währe(meine ich) käme es nicht zu den "konflikten" die von fast jedem bedauert werden obwohl "man" selbst ganz schön was dazu beiträgt.
    das war jetzt laut gedacht ohne jeden fingerzeig.
    _()_
    .

  • Zitat

    Nibbuti: Das kann angezweifelt werden, weil Joschi den Eintritt ins 'Königreich', nicht den Eintritt ins Bodhi lehrte & da ihm seine erklärte 'Mission' misslang:


    Muss aber trotzdem erstmal Bodhi, bevor Königreich. Was Königreich ist, steht nochmal auf nem anderen Blatt. Ein Senfkorn z.B.

  • Zitat

    Eli, Eli, lema sabachtani? ("Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?") - Matthäus 27,46


    Bodhi kann schonmal verdüstern, wenn einer angenagelt wird.


    Warten wir auf Pfingsten und seine Sprüche. :D


  • Was die Handlungen auf dem weltlichen und dem überweltlichen Pfad angeht, gibt es aber keine prinzipielle Unterscheidung hinsichlich ihrer Wirkung:


    Zitat

    "Und was, ihr Bhikkhus, ist richtiges Handeln, das von den Trieben beeinträchtigt wird, das an Verdiensten teilhat, das auf der Seite der Vereinnahmung zur Reife gelangt? Enthaltung vom Töten von Lebewesen, Enthaltung vom Nehmen, was nicht gegeben wurde, und Enthaltung vom Fehlverhalten in Sinnesvergnügen: dies ist richtiges Handeln, das von den Trieben beeinträchtigt wird, das an Verdiensten teilhat, das auf der Seite der Vereinnahmung zur Reife gelangt."

    "Und was, ihr Bhikkhus, ist Richtiges Handeln, das edel, triebfrei, überweltlich, ein Faktor des Pfades ist? Das Abstandnehmen von den drei Arten körperlichen Fehlverhaltens, das Entsagen, das Ablassen, die Enthaltung davon in einem, dessen Geist edel ist, dessen Geist triebfrei ist, der den Edlen Pfad besitzt und den Edlen Pfad entfaltet: dies ist Richtiges Handeln, das edel, triebfrei, überweltlich, ein Faktor des Pfades ist." (MN 117)


    "Überweltliche Handlung" kann nicht Willkür sein, es hört nur die Identifikation mit diesem richtigen Handeln auf:


    Zitat

    "Und wo hören diese heilsamen Angewohnheiten ohne Überbleibsel auf? Ihr Aufhören ist dargelegt: da ist ein Bhikkhu sittsam, aber er identifiziert sich nicht mit seiner Sittlichkeit, und er versteht jene Herzensbefreiung, die Befreiung durch Weisheit, in der jene heilsamen Angewohnheiten ohne Überbleibsel aufhören, der Wirklichkeit entsprechend [4]." (MN 78)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • bel:
    Elliot:

    Doch, natürlich gibt es etwas außerhalb der Daseinsgruppen.


    Du meinst Nibbana - aber da irrst Du Dich.


    Ich weiss, Du nimmst es mit dem Palikanon nicht so genau und hältst Dich lieber an Deine Madhyamaka-Philosophie. Aber im Palikanon steht unmissverständlich:




    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:
    bel:


    Du meinst Nibbana - aber da irrst Du Dich.


    Ich weiss, Du nimmst es mit dem Palikanon nicht so genau und hältst Dich lieber an Deine Madhyamaka-Philosophie. Aber im Palikanon steht unmissverständlich:


    Ja, unmißverständlich:

    Zitat

    "Vimuttasmim vimuttamiti" (Die Befreiung ist im Befreiten)

    M121


    Zitat

    "Zeigen will ich euch, ihr Mönche:
    ...
    das Unverwelkliche, (ajajjara)
    das Bleibende, (dhuva)
    das Unauflösliche, (apalokita)


    Und, weist Du auch, was das bedeutet?

  • DU ... etwa ?


    außerhalb/ abgeschieden ...nuja...*schmunzel * :)

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Onyx9:

    DU ... etwa ? *schmunzel * :D


    Ja, wieso, wat jibts da zu lachen? Es geht doch nur um die textliche Bedeutung.