Dhammikas Definition des Theravada

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    Der zerbrochene Buddha" data-link="">

    Diese Kombination von einseitiger Betonung und konservativer, beschränkter und vereinfachender Interpretationen hat den Theravāda zu dem gemacht, was er heute ist. Hätte man verschiedenes Material des Pāli-Kanons herausgestellt und es unterschiedlich, aber in gleichberechtigter oder sogar in stichhaltigerer Weise interpretiert, man hätte einen ziemlich andersartigen Buddhismus erhalten. Und dies ist tatsächlich passiert. Die Srāvastivādins, Dharmaguptakas, Sautantikas, Abhayagirivasins usw. waren unterschiedliche Schulen mit einem unterschiedlichen Standpunkt, obwohl sie auf einem Sutta- und Vinaya-Piṭaka basieren, der im Wesentlichen die gleiche Pāli-Quelle benutzt, wie der Theravāda. Unglücklicherweise sind diese Schulen verschwunden und haben den Theravādins als einzige "orthodoxe" Interpreten der Lehren des Buddha das Feld überlassen.


    Na, das passt doch zu der "nur 500 Jahre reine Lehre"-Prophezeiung.


  • Die eine, reine Lehre gibt es im Buddhismus nicht. Das zeigt der Pluralismus in der gesamten buddhistischen Geschichte. Zwar gab es auch da immer wieder Versuche bestimmte Sichtweise zu verobjektivieren, aber der eigentliche Wert des Buddhismus liegt in der konkreten Meditationspraxis. Nicht ohne Grund gilt im Buddhismus der Grundsatz, dass Begriffe nicht hinreichen, um die Wirklichkeit zu erfassen. Die abrahamitischen Religionen gehen genau umgekehrt vor: das Wort/der Begriff ist der Ausgangspunkt, erst dann kommt die eigene Erfahrung.

    "Diese Paradoxa sind charakteristisch für alle mystischen Aussagen von Heraklit bis Castanedas Don Juan und seit Beginn dieses Jahrhunderts auch für die Physik." F.Capra

    Einmal editiert, zuletzt von sat-chit-ananda ()

  • accinca:


    So ist es jedenfalls beim Vorsitzenden der Fraktion der "Lesart".
    Für die gibt es nämlich keine Wahrheit. Wahrheit wird zur Beliebigkeit einer "Lesart".


    Ich kenne mich mit den Board-internen Spitznamen nicht aus, daher weiß ich auch nicht, wer angesprochen ist. Den Argumentationsschluss von accinca finde ich aber nicht wirklich logisch. Nur, weil ich verschiedene Lesarten erlaube, bedeutet dies nicht die Ablehnung einer dahinter stehenden Wahrheit. Der Schluß hieraus ist, dass eine Lesart richtig ist, die anderen falsch. Aber, wer bestimmt wessen Lesart richtig ist, wenn die Mehrdeutigkeit im Suttanta selbst angelegt ist? Einige Leute hier aus dem Buddhaland.de? :lol:


    Ich schrieb in einem anderen Thread schon einmal, dass ich davon ausgehe, dass die Zuhörer des Buddha genau wußten, was er mit vitakka-vicara meinte. Jedoch ist dieses genaue Wissen im Laufe der Zeit verschütt gegangen, und was wir heute haben sind verschiedene Lesarten. Der Buddha lehrt:


    Anguttaranikaya, zit. nach: Nyanatiloka, 1993a, S. 67:

    Zwei, ihr Mönche, machen falsche Aussagen über den Vollendeten. Welche zwei?


    Derjenige, der eine Lehrrede mit einem der Deutung bedürfenden Sinne für eine Lehrrede mit ausgemachtem Sinne erklärt und derjenige, der eine Lehrrede mit ausgemachtem Sinne für eine Lehrrede mit der Deutung bedürfenden Sinne erklärt.


    Basierend auf diesem Zitat habe ich einmal meine Gedanken zur Kommentartradition im Buddhismus aufgeschrieben. Für Dhammika ist der Theravada nicht identisch mit dem 'Buddhismus' des Buddha. Sehe ich als klassischer Theravadin, aber genau so. Man sollte vor der Realität nicht die Augen verschliessen. Nach ihm ist er eine bestimmte Intrepretation ausgewählter Lehren. Trifft auch auf mich zu. In meiner eigenen Auseinandersetzung mit dem Buddhismus stelle ich auch bestimmte Punkte in den Vordergrund, andere in den Hintergrund und manche werde ich wohl ganz ignorieren. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es nicht allen Personen so geht. Und wiederum habe ich meine eigene Interpretation bestimmter Lehren, die ich jedoch an das klassische Theravada anlehne. Manchmal hilft es, ein wenig daoistischer zu sein: nicht wagen, in der Welt [mit seiner eigenen Wahrheit/Lesart] voranzustehen.


    Gruß
    Florian

  • Buddhaghosa:

    Für Dhammika ist der Theravada nicht identisch mit dem 'Buddhismus' des Buddha. Sehe ich als klassischer Theravadin, aber genau so. Man sollte vor der Realität nicht die Augen verschliessen.


    Sehe ich auch so, was aber nicht heißt, dass der halbe PK negiert wird, sondern eher, dass man zurückfindet zu dem was der historische Buddha einst lehrte.


    ()

  • Buddhaghosa:


    Aber, wer bestimmt wessen Lesart richtig ist, wenn die Mehrdeutigkeit im Suttanta selbst angelegt ist? Einige Leute hier aus dem Buddhaland.de? :lol:


    Genau. Die Koan spielen im Zen mit dieser Mehrdeutigkeit, die sich aus dem Wesen der Sprache ergibt. Man lese nur mal ein paar gute Frühlingsgedichte. Eine innere Logik und Symmetrie des Frühlings ist erkennbar, aber doch ist jedes Gedicht auf seine Weise einmalig verkleidet. Jeder setzt die Worte anders in Beziehung. Mystische/Flow Erfahrungen - oder Gipfelerlebnisse, wie man sie in der Psychologie nennt - sind vorallem Einheitserfahrungen. Sie sind nondual. Das Nirwana ist nondual und nicht mehr sprachlich fassbar.

    "Diese Paradoxa sind charakteristisch für alle mystischen Aussagen von Heraklit bis Castanedas Don Juan und seit Beginn dieses Jahrhunderts auch für die Physik." F.Capra

  • Sukha:
    Buddhaghosa:

    Für Dhammika ist der Theravada nicht identisch mit dem 'Buddhismus' des Buddha. Sehe ich als klassischer Theravadin, aber genau so. Man sollte vor der Realität nicht die Augen verschliessen.


    Sehe ich auch so, was aber nicht heißt, dass der halbe PK negiert wird, sondern eher, dass man zurückfindet zu dem was der historische Buddha einst lehrte.


    ()


    Nun ja, vom halben PK war ja glaube ich auch nicht die Rede. Ich bin mit der Theravada-Tradition zufrieden. Die reicht mir. Man findet nie zurück zu dem, was der historische Buddha einst lehrte. Dies ist ein Rennen, was man nicht gewinnen kann.


    Gruß
    Florian

  • Buddhaghosa:

    Für Dhammika ist der Theravada nicht identisch mit dem 'Buddhismus' des Buddha. (..) Nach ihm ist er eine bestimmte Intrepretation ausgewählter Lehren.


    Danke! Lesart = Selektion + Interpretation. Schön dargestellt!


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Buddhaghosa:


    Nun ja, vom halben PK war ja glaube ich auch nicht die Rede.


    Das bezog sich nicht auf Dich, sondern war ein Wink in Richtung "Lesartfraktion". :)
    ( Guten Morgen Mr. Präsident)


    Buddhaghosa:

    Man findet nie zurück zu dem, was der historische Buddha einst lehrte.


    Ganz wahrscheinlich nicht.
    Aber durch Studium und eigene Praxiserfahrung kann man schon recht nah dran kommen.


    Es geht ja auch mehr darum (auch beim Text von Dhammika), dass sich bestimmte Dinge der Lässigkeit und der Sinnesgier-befriedigenden Dinge auch in den Theravada eingeschlichen haben. Auch so Dinge wie Aberglaube, Glücksbändchen, Geld verdienen im Orden usw.


    ()

  • Sukha:


    Aber durch Studium und eigene Praxiserfahrung kann man schon recht nah dran kommen.


    ()


    Das sind doch subjektive Erfahrungen für die man keine Allgemeingültigkeit erklären kann.

  • Für mich war es mit das Beste, das mir passieren konnte, als ich die Schriften des Palikanon angefangen habe zu lesen.
    Es hat nicht sehr lange gedauert, bis sich aufgrund des Lesens in mir sehr viel beruhigt hatte, da für mich die Schriften des Palikanon etwas ganz "Rundes" ergeben.
    Bei Fragen hatte und habe ich Dhammafreunde, mit denen ich mich in Verbindung setzen kann und wir können da lange, lange über die Inhalte sprechen.


    Mir macht es sehr viel Freude, wenn ich das, was ich verstanden habe, in privaten Reihen auch weitergeben oder weiter erörtern kann.


    Was ich allerdings für mich ablehne ist, dass ich den Palikanon als "Maßstab für alle" betrachte.
    Ganz unabhängig, was die Schriften inhaltlich für mich bedeuten: ich kann es völlig respektieren, dass andere Mitmenschen keinen Zugang zu den Schriften haben und den Inhalt auch in Frage stellen (soll/kann/darf man ja auch).


    Was ich eher ungünstig empfinde ist, wenn der Palikanon dazu gebraucht (meines Empfindens nach sogar "mißbraucht") wird, um ihn wie eine Art "Waffe" gegen die einzusetzen, die man als "Unwissende" vorführen möchte, weil man sich selbst so belehrt und gescheit vorkommt.


    Für mich habe ich entschieden, dass ich mich mit Palikanon-Zitaten ganz bewusst zurückhalte und nur dann in ein möglichst persönliches Gespräch trete, wenn ich ganz explizit danach gefragt werde und zumindest meine, meinen Dialogpartner gut genug zu kennen.


    Für mich hat der Palikanon eine ganz essenzielle Bedeutung, aber er ist für mich kein "juristisches Belegbuch", mit dem ich meine Sichtweise anderen gegenüber untermauern muss, die eben eine andere Sichtweise haben.

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide

  • Syia:


    Das sind doch subjektive Erfahrungen für die man keine Allgemeingültigkeit erklären kann.


    Die Übungen (der edle achtfache Pfad) führen immer zum selben Ergebnis.
    Es kommt halt darauf an inwieweit man sich einlassen kann und möchte.


    Beispiel:
    Wenn ich sage "bitte lächel mal" und anstatt zu lächeln (http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=22&t=11482#p215909), quält man sich mit Fragen bezüglich was das denn solle und was danach kommen könnte, führt das eben nicht weiter.
    Lächelst Du aber wirst Du, wenn vielleicht auch nur kurzzeitig zum gleichen Ergebnis kommen wie ich.
    (Durch lächeln werden im Hirn Endorphine produziert. Endorphine verringern physische und psychische Schmerzen und das allgemeine Wohlbefinden wird gesteigert. Eine gute Grundvoraussetzung für Geistesruhe ;) )


    Wir finden heute noch alles was der Buddha gelehrt hat vor. Da gibt es nichts was im Dunklen liegt oder in Vergessenheit geraten ist.


    ()

  • Sukha:
    Buddhaghosa:


    Man findet nie zurück zu dem, was der historische Buddha einst lehrte.


    Ganz wahrscheinlich nicht.
    Aber durch Studium und eigene Praxiserfahrung kann man schon recht nah dran kommen.


    Ich will noch zur Verdeutlichung hinterherschieben, dass ich dennoch davon ausgehe, dass es heutzutage arahants gibt.


    Die eine Fraktion der Original-Buddhisten sagt: das Satipatthana-Sutta stammt nicht vom Buddha. Die andere Fraktion sagt: das Anapanasati-Sutta stammt nicht vom Buddha. Das jeweils andere Sutta ist lediglich eine spätere Zusammensetzung von Aussagen des Buddhas. Im Ganzen hat er das Sutta aber nie gelehrt. Dann wird die 12-gliedrige Paticcasamuppada als nicht vom Buddha gelehrt "nachgewiesen". Und dann streitet man sich, über wieviele Leben sie sich erstreckt. Andere sagen, der Buddha lehrte auch die Lehranweisungen im Metta-Sutta als Weg zum Nibbana. Etc.


    Bevor ich mich durch diesen Theorie-Berg durchgearbeitet habe, in der unwahrscheinlichen Annahme dies wäre möglich, bin ich wohl schon tot.


    Gruß
    Florian

  • Sukha:


    Die Übungen (der edle achtfache Pfad) führen immer zum selben Ergebnis.
    Es kommt halt darauf an inwieweit man sich einlassen kann und möchte.


    Aha, dann ist es also nach deiner Auffassung so manchem nicht gegeben sich vollständig auf die Übung einzulassen. Welches Kriterium wird hier als Maßstab festgelegt ?



    Zitat


    Beispiel:
    Wenn ich sage "bitte lächel mal" und anstatt zu lächeln (http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=22&t=11482#p215909), quält man sich mit Fragen bezüglich was das denn solle und was danach kommen könnte, führt das eben nicht weiter.
    Lächelst Du aber wirst Du, wenn vielleicht auch nur kurzzeitig zum gleichen Ergebnis kommen wie ich.
    (Durch lächeln werden im Hirn Endorphine produziert. Endorphine verringern physische und psychische Schmerzen und das allgemeine Wohlbefinden wird gesteigert. Eine gute Grundvoraussetzung für Geistesruhe ;) )


    Du setzt voraus, dass ich bei deinem Beitrag nicht gelächelt habe. Weiterhin setzt du voraus, dass ich eine Belehrung über die Wirkung von Endorphinen benötige und es mit der Geistesruhe auch nicht so weit her ist.


    Ein Ergebnis der Übung des 8fachen Pfads ?

  • Sukha:
    Buddhaghosa:


    Nun ja, vom halben PK war ja glaube ich auch nicht die Rede.


    Das bezog sich nicht auf Dich, sondern war ein Wink in Richtung "Lesartfraktion". :)


    Liebe Dharma-Schwester, ich bitte um Mäßigung. Dass die "Lesartfraktion" den halben PK leugnet, scheint mir doch etwas übertrieben.
    Letzte Endes wäre es erstrebenswert, wenn sich alle der Lesartfraktion anschließen würden. Hierzu müsste man zunächst die Aversion gegen das Wort "Lesart" überwinden, denn es bedeutet nichts anderes als Interpretation/Deutung. Dann müsste man die EInsicht gewinnen, dass beim Lesen von Texten immer Deutungsprozesse stattfinden, die mit Selektion und Interpretation einhergehen. Mit diesen Voraussetzungen kann jeder Mitglied der Lesartfraktion werden. Wenn alle Mitglied dieser Fraktion sind, ist der Begriff überflüssig geworden und die Fraktion ebenfalls.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Kirschbluete:


    Was ich eher ungünstig empfinde ist, wenn der Palikanon dazu gebraucht (meines Empfindens nach sogar "mißbraucht") wird, um ihn wie eine Art "Waffe" gegen die einzusetzen, die man als "Unwissende" vorführen möchte, weil man sich selbst so belehrt und gescheit vorkommt.


    In dieser Welt des Fließens und der ständigen Veränderung haben die Menschen ein Bedürfnis nach Fundamenten, nach Bollwerken, nach Halt & Stütze. Manche finden diesen Halt in einer Schrift. Aus dem sich Festhalten wird schnell ein Festklammern. Und an was man sich klammert, das muss verteidigt werden. Das sind typische Ego-Prozesse. Das Ego klammert sich an ein Objekt, identifiziert sich damit und wird dadurch rigide und starr. Da diese Starrheit im Widerspruch steht zum Fließen der Welt resultiert daraus dukkha.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Buddhaghosa:

    Bevor ich mich durch diesen Theorie-Berg durchgearbeitet habe, in der unwahrscheinlichen Annahme dies wäre möglich, bin ich wohl schon tot.


    Da gebe ich Dir recht. Da kann man auch ganz gelassen abwarten bis man es selber besser weiß.


    Sīla - Samādhi - Paññā heißt der Übungsweg.
    Satipatthana oder nur Anapanasati sind beides Möglichkeiten, die zum Ziel (zu Weisheit und Nibbana) führen können.
    Man muss auch schon ein wenig Glück haben (es muss karmisch passen), dass man event. auf den richtigen Lehrer/in trifft, der einen den für ihn richtigen Input gibt.


    Buddhaghosa:

    Dann wird die 12-gliedrige Paticcasamuppada als nicht vom Buddha gelehrt "nachgewiesen". Und dann streitet man sich, über wieviele Leben sie sich erstreckt.


    Was Paticcasamuppāda angeht, so hat der Buddha dies erst vollkommen nach seinem Erwachen durchschaut. Sprich, auch da ist etwas Gelassenheit angebracht.



    Das Problem bei diesem ganzen Theoretisieren ist, dass die Meisten sich noch nicht einmal auf die Grundübungen einlassen.
    Würden sie dies, würde so mancher Zweifel schnell schwinden.
    Und das gilt auch, um auf Dhammika zurück zu kommen nicht nur für Hausleute, sondern auch für Ordinierte.
    Aber es gab auch schon zu Buddhas Zeiten solche und solche.


    ()

  • Buddhaghosa:

    Man findet nie zurück zu dem, was der historische Buddha einst lehrte. Dies ist ein Rennen, was man nicht gewinnen kann.


    Dann sitzt du sozusagen auf einer Nebelwolke.


    Wie stehts mit deiner Praxis, kannst du damit nicht überprüfen ob du die richtige "Lesart" getroffen hast.


    hedin

  • Syia:


    Aha, dann ist es also nach deiner Auffassung so manchem nicht gegeben sich vollständig auf die Übung einzulassen. Welches Kriterium wird hier als Maßstab festgelegt ?





    ()


  • Es gibt im Buddhismus viele Auslegungen ... diese Erkenntnis ist völlig erdnah. ;) Entscheidend ist nicht die reine Lehre ( schon eher die Reinigung von abhängig machenden Lehren ), sondern ob eine bestimmte Lebensweise mich bereichert, öffnet, mitfühlender, liebevoller macht ... ob sie mir dabei hilft, wahrhaft menschlich zu leben. Religion und Philosophie sind dabei als Medizin zu verstehen, als heilsame Hilfe und anregende Spuren, denen man folgen kann. Aber es gibt keine einfältige Wahrheit für alle, nur eine vielfältige Einheit für jeden.

    "Diese Paradoxa sind charakteristisch für alle mystischen Aussagen von Heraklit bis Castanedas Don Juan und seit Beginn dieses Jahrhunderts auch für die Physik." F.Capra

  • sat-chit-ananda:

    Entscheidend ist nicht die reine Lehre ( schon eher die Reinigung von abhängig machenden Lehren ), sondern ob eine bestimmte Lebensweise mich bereichert, öffnet, mitfühlender, liebevoller macht ... ob sie mir dabei hilft, wahrhaft menschlich zu leben.


    Das ist nun Deine persönliche Zielsetzung.
    Und das ist gut, wenn Du Dir ein Ziel setzt.
    Dementsprechend wirst Du auch den Weg gehen.


    Für jemanden der Nibbana als Ziel hat, für den sieht es event. etwas anders aus.


    Und da sind wir bei der Wurzel, die das Diskutieren oftmals schwierig macht.
    Die "Ziel-Definition" jedes Einzelnen.
    Wohin soll die Reise auf dem edlen achtfachen Pfad gehen?


    Im Buddha-Dhamma heißt es deswegen auch nicht "Der Weg ist das Ziel",
    sondern Weg und Ziel sind immer fest im Blick des Übenden.


    ()


  • Genau das ist für mich der springende Punkt.
    Was ich immer wieder wichtig finde, ist die Akzeptanz der unterschiedlichen Motivationen und damit verbundenen Ziele.


    Ich würde z.B. niemanden den Weg zum Erlöschen "überbraten" wollen, der ein anderes Ziel hat, weil er anders motiviert ist.
    Was zu Differenzen führt ist m.E. wenn man gegenseitig anfängt, die unterschiedlichen Motivationen und damit verbundenen Ziele zu bewerten.
    Oder so ausgedrückt: das Gelübde, das Freunde von mir abgelegt haben, die den tibetischen Weg praktzieren, hat sie so gefestigt in ihrer Umsetzung, dass sie genau das an mir "vollbracht" haben, was sie geloben:
    "Möge ich andere Wesen zur Entwicklung bringen!"


    Dadurch, dass sie mir vorbehaltlos moralische und ethische Unterstützung angedeihen haben lassen, als ich den tibetischen Buddhismus verlassen und mich dem Theravada angeschlossen habe, haben sie mir in einer altruistischen Weise in meiner Entwicklung geholfen.
    Sie haben mir nie das Gefühl gegeben, ich bin für sie mehr "wert", wenn ich die selben Verpflichtungen auf mich nehme wie sie es getan haben, sondern sie hatten aufrichtige Mitfreude, als ich einen anderen Weg eingeschlagen habe.


    Das sollte man auf keinen Fall unterschätzen.

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide

  • hedin:
    Buddhaghosa:


    Man findet nie zurück zu dem, was der historische Buddha einst lehrte. Dies ist ein Rennen, was man nicht gewinnen kann.


    Wie stehts mit deiner Praxis, kannst du damit nicht überprüfen ob du die richtige "Lesart" getroffen hast.


    Nein, kann ich nicht. Kannst du mit deiner Praxis überprüfen, ob der Buddha das Anapansati- oder Satipatthana-Sutta in der uns übermittelten Form gelehrt hat? Kannst du durch deine Praxis überprüfen, ob der Buddha wirklich das 12-gliedrige Abhängige Entstehen gelehrt hat?


    Kirschbluete:


    Für mich war es mit das Beste, das mir passieren konnte, als ich die Schriften des Palikanon angefangen habe zu lesen. Es hat nicht sehr lange gedauert, bis sich aufgrund des Lesens in mir sehr viel beruhigt hatte, da für mich die Schriften des Palikanon etwas ganz "Rundes" ergeben.


    Kann ich gut nachempfinden. Allerdings, ist bei mir durch fortgeschrittene Auseinandersetzung mit dem Palikanon, das absolut Runde wieder verloren gegangen. Da stellen sich Fragen, welche Übersetzung nun die richtige ist, etc.


    Gruß
    Florian

  • Zitat


    Für jemanden der Nibbana als Ziel hat, für den sieht es event. etwas anders aus.


    Ich erstrebe Nirwana im Sinne von Thomas Merton:"Nirwana ist nicht das Bewußtsein eines Ego, das sich selbst als das «ans andere Ufer» gelangte Bewußtsein erfährt [...], sondern es ist das Absolute-Grund-Bewußtsein der Leere, in der es keine Ufer gibt." Das ist genau das, was ebenso die christliche Mystik als unio mystica begreift, als Alleinheit, Urvertrauen, Urgrund, universale Liebe, die Aufhebung des Ego in der Allverbundenheit des Selbst.

    "Diese Paradoxa sind charakteristisch für alle mystischen Aussagen von Heraklit bis Castanedas Don Juan und seit Beginn dieses Jahrhunderts auch für die Physik." F.Capra

  • Onda:


    Liebe Dharma-Schwester, ich bitte um Mäßigung. Dass die "Lesartfraktion" den halben PK leugnet, scheint mir doch etwas übertrieben.
    Letzte Endes wäre es erstrebenswert, wenn sich alle der Lesartfraktion anschließen würden. Hierzu müsste man zunächst die Aversion gegen das Wort "Lesart" überwinden, denn es bedeutet nichts anderes als Interpretation/Deutung. Dann müsste man die EInsicht gewinnen, dass beim Lesen von Texten immer Deutungsprozesse stattfinden, die mit Selektion und Interpretation einhergehen. Mit diesen Voraussetzungen kann jeder Mitglied der Lesartfraktion werden. Wenn alle Mitglied dieser Fraktion sind, ist der Begriff überflüssig geworden und die Fraktion ebenfalls.


    Onda


    Lieber Onda! Ich würde mich gerne eurer Mischpoke anschließen.

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  • Hallo Florian,


    bei mir ist die gefühlte Sicherheit mehr gewachsen.
    Ich hatte damals mit der "Gruppierten Sammlung" angefangen und mich da 1.5 Jahre durchgearbeitet, jetzt bin ich in der "Mittleren Sammlung".
    Die Übersetzung von Neumann sagt mir mehr zu, als die von Zumwinkel.


    Ich nehme die Inhalte allerdings nicht "intellektuell" auseinander - und ab da wird es für mich schon wieder schwierig, das zu vermitteln, wie ich es verstehe. Deshalb halte ich mich bei "palikanonischen Inhalten" im Internet sehr zurück.


    Da ich mich selbst eine Zeit lang mit Pali-Begriffen beschäftigen musste, weil ich mal ein Buch von Englisch auf Deutsch übersetzt habe, in dem auch sehr viele Begriffe auf Pali vorgekommen sind, weiß ich aber wie schwierig es ist, einen Inhalt zu transportieren, den man zwar als "stimmig" versteht, der aber trotzdem fast "unmöglich" ist, einen anderen zu vermitteln.
    Was ich für mich selbst geklärt habe, kann ich vermutlich nur seltenst so transportieren, dass es auch einem Dialogpartner klar wird, wie ich es verstehe.


    Ich merke schon, dass allein bei diesem Beitrag bei mir ein gedankliches "Gewurschtel" anfängt, wie ich es am besten transportieren kann, was ich meine.


    Im Zweifelsfall höre ich auf meinen Bauch.....

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide