Zenlehrer - ein Schublade?

  • Doris Rasevic-Benz:

    Oh, liebe Sumi, dann bist Du schon immer so weit gewesen.


    :D veräppel mich nicht, du bitte nicht...
    bevor wir gänzlich OT sind und abgetrennt werden sollten wir einen neuen thread zum thema öffen, fällt dir ein passender name ein?


    besondere, liebe grüße


    _()_

  • Wenn man am Anfang Zen so präsentiert bekommt, dass man einen Lehrer sucht - dann kommt es zu solchen Vorstellungen und Erwartungen. Ich hatte das nicht, weil ich nur an Zen interessiert war und bin. Wellenlängen mit Lehrern sind für mich immer eine Aufforderung zur Wellenbrechung.

  • Jikjisa:


    in berlin ist ( leider ) letztens eine frau aus einer zendo ausgeschlossen worden, die viele jahre dort war und sehr eng mit dem meister verbunden war; sie hatte die essschalen am waschbecken der toilette gespült. er ist sehr streng.


    OT / so was höre oder lese ich, und denke mir "das kann doch nicht wahr sein" ... wenn keine andere Wasserquelle in der Nähe ist, waschen wir die Teeschalen auch im Waschbecken der Toilette. Und die Ess-Schalen, "sehr streng", mit etwas warmem Wasser und Takuan am Platz. Nach dem Austrinken des "Spülwassers" wird alles nett verpackt, und der "Spüldienst" hat frei ... aber "jeder Jeck ist anders" ...


    Jikjisa:


    jiun ken sagt, sein lehrer habe ihn ausgehalten. das ist für mich einer der wesentlichsten charakterzüge, den ein zen-lehrer haben sollte.


    Ja ... bei mir war es so, irgendwann sehe ich dankbar die unendliche Geduld, die meine Lehrer mit mir hatten. Und daraus wächst die unendliche Geduld beim Unterrichten ...

  • Warum sollte man keinen Lehrer suchen?
    Gibt es nicht hervorragende Vorbilder? Angefangen beim Gautama, Huineng, Milarepa, Naropa ... und weiß der Himmel, wer noch alles? Sie alle gingen meilenweit für einen Lehrer.
    Mein hübsches Chan-Buch quillt nur so über mit Berichten, wer alles wohin und zu wem ging um von diesem oder jenen Lehren zu empfangen.
    Und da meine ich: Qod licet Iovi, quoque licet bovi ...


    Ich muss keine Wellenlängen brechen oder nach Haken suchen. Disharmonien erscheinen von ganz alleine. Mit Gewalt nach etwas suchen, was ohnehin schon da ist, empfinde ich als unnötigen Energieaufwand.


    Erwartungen haben wir alle. Und Vorstellungen kommen auch von alleine. Deine waren halt in Ruhe und unbelästigt sitzen zu können, liebe Aiko.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Warum sollte man keinen Lehrer suchen?


    Das ist nicht mein Problem - für mich gibt es da nichts zu suchen. Wenn ich Künste lernen will, wie diese Zen-Künste, dann brauche ich einen Lehrer. Aber Zen kann nicht gelehrt werden.

    Zitat


    Gibt es nicht hervorragende Vorbilder? Angefangen beim Gautama, Huineng, Milarepa, Naropa ... und weiß der Himmel, wer noch alles?

    Vorbilder für was?
    Huineng war Holzsammler und hatte sein Kensho, als er eine Zeile des Diamant-Sutras hörte - daraufhin hat er nachgefragt, zu wem er gehen kann, um darüber zu reden. Der wollte nur eine Bestätigung für seine Erfahrung, von jemandem, der das bestätigen kann, weil er es kennt. Zum Holzsammeln oder dann Reis waschen braucht man keinen Lehrer.

    Zitat


    Sie alle gingen meilenweit für einen Lehrer. [...] Mit Gewalt nach etwas suchen, was ohnehin schon da ist, empfinde ich als unnötigen Energieaufwand.


    Eben - ich brauche das nicht. Der Lehrer kommt immer zu mir, falls ich Belehrung brauche.

    Zitat


    Erwartungen haben wir alle. Und Vorstellungen kommen auch von alleine. Deine waren halt in Ruhe und unbelästigt sitzen zu können,


    Nein. Ich hatte keine Erwartungen, sondern wollte nur erfahren, wie Zazen geht. Das ist im Grunde bis heute so geblieben.

  • Zitat

    Der [Huineng] wollte nur eine Bestätigung für seine Erfahrung, von jemandem, der das bestätigen kann, weil er es kennt.


    Moment, da war doch was. Da musste doch einer erst mal in der Küche verschwinden, und erst als er einen schlauen Vers diktiert hatte, der im Grunde logisch nachzuvollziehen ist, erkannte ihn der Meister. Er musste also Worte benutzen und Schläue zeigen. Der weniger Schlaue (Shenxiu) wurde jedoch auch noch bestätigt. Ein seltsames Geschäft ist das. Ich glaube, Huineng hätte besser daran getan, sich nichts bestätigen zu lassen. Dann hätte er sich auch nicht jahrelang "verbergen" müssen. Im Grunde zeigt Huinengs Geschichte, dass es sehr wohl sein kann, dass dem, der meint bestätigen zu müssen, die zu Bestätigenden ggf. durch die Lappen gehen. Außerdem ist seine Geschichte ja, wie Aiko sagt, so überliefert, dass er bereits erwacht war, bevor er den Bestätiger traf. Das ist m.E. das Wesentliche an Huinengs Mythos. Und dass er nicht am Zazen klebte. Darum gibt es auch im Zen die Selbstbestätigung (z.B. Chinul). Das muss so sein, weil das Zen aussterben könnte, wenn es keine hellen Bestätiger mehr gibt. Der Rest der Geschichte um Huineng dient der Einordnung in die ungebrochene Zenüberlieferung (die es nicht gibt), also dem Zweck, dass die Adepten meinen, einen Bestätiger zu brauchen.

  • Mir geht es nicht um Bestätigung von Lehrern, sondern darum, wie die Leute anfangen mit dem Dharma.
    Übrigens, weiß man, warum Huineng ausgerechnet in einer Klosterküche arbeitete? Das Arbeitsamt war es sicher nicht. :D



    Liebe Aiko,
    kann ich davon ausgehen, dass Du nicht junge achtzehn Lenze zähltest und auch nicht unerfahren mit "spirituellen Dingen" warst, sondern Dir schon viel angesehen und angelesen hattest, bevor Du die ersten Schritte in ein Dojo wagtest?


    Ich will übrigens das blaue Schweinchen …


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • dorn:
    Zitat

    Der [Huineng] wollte nur eine Bestätigung für seine Erfahrung, von jemandem, der das bestätigen kann, weil er es kennt.


    Moment, da war doch was. Da musste doch einer erst mal in der Küche verschwinden, und erst als er einen schlauen Vers diktiert hatte, der im Grunde logisch nachzuvollziehen ist, erkannte ihn der Meister.


    Nee - der 5. Patriarch erkannte schon beim ersten Treffen, das da was außergewöhnlich war - und deshalb schickte er ihn in die Küche. Die Sache mit den Versen war dann eine Äußerung, die sich nicht zurück halten lässt. Wozu auch? Ich vergleiche das mit zwei außergewöhnlichen Schachspielern. Der eine macht einen guten Zug, aber der andere sieht eben einen noch besseren und setzt Matt.

    Zitat


    Er musste also Worte benutzen und Schläue zeigen. Der weniger Schlaue (Shenxiu) wurde jedoch auch noch bestätigt. Ein seltsames Geschäft ist das. Ich glaube, Huineng hätte besser daran getan, sich nichts bestätigen zu lassen. Dann hätte er sich auch nicht jahrelang "verbergen" müssen.


    Dieses Verbergen dient doch nur der Reifung - und da so jemand überhaupt keine Eile hat, sondern auch im "Verborgenen" voll wirkt, ist das doch nur egal.

    Zitat


    Im Grunde zeigt Huinengs Geschichte, dass es sehr wohl sein kann, dass dem, der meint bestätigen zu müssen, die zu Bestätigenden ggf. durch die Lappen gehen. Außerdem ist seine Geschichte ja, wie Aiko sagt, so überliefert, dass er bereits erwacht war, bevor er den Bestätiger traf. Das ist m.E. das Wesentliche an Huinengs Mythos. Und dass er nicht am Zazen klebte.


    Das mit der Bestätigung ist bei Linji sehr schön mit dem Gast und Gastgeber verdeutlicht. Da kommt eben einer und erst in der Begegnung wird klar, wer Gast und wer Gastgeber ist oder ob es auch zwei auf Augenhöhe sind.

    Zitat


    Darum gibt es auch im Zen die Selbstbestätigung (z.B. Chinul). Das muss so sein, weil das Zen aussterben könnte, wenn es keine hellen Bestätiger mehr gibt. Der Rest der Geschichte um Huineng dient der Einordnung in die ungebrochene Zenüberlieferung (die es nicht gibt), also dem Zweck, dass die Adepten meinen, einen Bestätiger zu brauchen.


    Die Erfahrung braucht keine Bestätigung. Wenn du Wasser trinkst, weißt du ob es kalt oder warm ist. Da kann überhaupt kein anderer dir da was "bestätigen". Das ist tatsächlich nur aus der Traditionsbildung herzuleiten - die ja auch lange danach - z.B. auch bei Linji - rückwärts formuliert wurde.
    Den Affen, den die Leute hier um die Bestätigungen und Urkunden machen, kann man nur aus ihrem schwachen Stand herleiten - sie brauchen was, an dem sie sich festhalten. Ohne Lätzchen und Titel käme keiner und genau darum geht es ihnen, dass da welche kommen - möglichst viele. Und deshalb sind sie falsche "Lehrer" .

  • Zitat

    Den Affen, den die Leute hier um die Bestätigungen und Urkunden machen, kann man nur aus ihrem schwachen Stand herleiten - sie brauchen was, an dem sie sich festhalten. Ohne Lätzchen und Titel käme keiner und genau darum geht es ihnen, dass da welche kommen - möglichst viele. Und deshalb sind sie falsche "Lehrer" .


    Moment mal …
    Willst nicht Du immer wissen, wer da wem die Erlaubnis gegeben hat? :shock:

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Mir geht es nicht um Bestätigung von Lehrern, sondern darum, wie die Leute anfangen mit dem Dharma.
    Übrigens, weiß man, warum Huineng ausgerechnet in einer Klosterküche arbeitete? Das Arbeitsamt war es sicher nicht. :D


    Jeder fängt in der Weise an, die ihm entspricht. Und genau das ist der Dharma. Das sieht man selbst am Anfang nicht, jedenfalls die meisten, aber der darin Erfahrung hat ( Selbsterfahrung) der sieht und weiß das.
    Ich denke, dass der Abt genau gesehen hat, wie das Gesicht des Huineng sich verändert, wenn er ihm 1. nichts bestätigt und 2. ihn ins Kloster aufnimmt (also doch bestätigt - er hätte ihn ja auch wegschicken können) und dann ihn in die Küche zum Reis schickt - da lässt sich sehen, ob jemand Stolz ist oder nicht. Es war nichts anderes als eine Prüfung der Gesinnung.


    Zitat


    Liebe Aiko,
    kann ich davon ausgehen, dass Du nicht junge achtzehn Lenze zähltest und auch nicht unerfahren mit "spirituellen Dingen" warst, sondern Dir schon viel angesehen und angelesen hattest, bevor Du die ersten Schritte in ein Dojo wagtest?


    Für mich ist Spiritualität ein Spiel. Ich bin auch nicht in ein Dojo gegangen, sondern zu einem Kurs, einem Wochenende, um zu lernen, wie man sitzt. Das war dann in so einer Art Tiefgaragen-Architektur und ich hatte ziemlich Angst vor der Selbstbegegnung in dieser Form.
    Allerdings hatten meine Freunde und ich uns vorher schlapp gelacht, dass ich ein ganzes Wochenende schweigen kann/will.
    Meine erste Erfahrung war aber, als ich nach einer Irrfahrt auf der Autobahn - endlich noch grade rechtzeitig ankam - dass ich tatsächlich angekommen bin - bei mir.
    Der entscheidende Schritt ist weder das Alter noch das Gelesene, sondern nur die Übung - und dorthin zu kommen ist nicht einfach. Manche eiern ihr Leben lang nur rum - kommen mal und gehen wieder - andere brauchen eben eine Irrfahrt und wieder andere fangen mit 18 Jahren an und bleiben dann dabei. Da ist jeder ein Unikat. Da gibt es auch keine Umwege und keine Abkürzungen.


    Was mir noch wichtig ist, dass ist das, was Dôgen als Nadel des Zazen bezeichnet hat - Zazen ist kein Platz sich gemütlich auszuruhen. Sondern da kriegst du einen Inpuls und wirst zur Aktivität motiviert.

    Dôgen:

    Die Nadel dieser "Nadel für Zazen" ist die Verwirklichung großer Aktivität, ist Handeln, das über Klänge und Formen hinausgeht, ist das Merkmal, das du vor der Geburt deiner Eltern trugst. Sie ist die Tugend, die darin besteht, nicht schlecht über Buddhas zu sprechen, sie bedeutet dem Verlust von Leib und Leben nicht entkommen zu können, sie ist der drei Fuß hohe Kopf und die sechs Zentimeter des Nackens.


    Zitat


    Ich will übrigens das blaue Schweinchen …


    das Gestreifte oder das mit den Punkten?

  • Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Den Affen, den die Leute hier um die Bestätigungen und Urkunden machen, kann man nur aus ihrem schwachen Stand herleiten - sie brauchen was, an dem sie sich festhalten. Ohne Lätzchen und Titel käme keiner und genau darum geht es ihnen, dass da welche kommen - möglichst viele. Und deshalb sind sie falsche "Lehrer" .


    Moment mal …
    Willst nicht Du immer wissen, wer da wem die Erlaubnis gegeben hat? :shock:


    Das spielte bei mir zunächst keine Rolle. Für die Praxis der Übung gebe ich mir selbst die Erlaubnis. Aber als ich dann Schülerin werden sollte, um weiter zu gehen, da habe ich das dann eingehend geprüft. Da war ich aber auch schon so lange dabei, dass ich genügend Information hatte und auch die eigene Erfahrung mit dem Lehrer natürlich auch hatte. Ich wusste also, worauf ich mich da einlasse.
    Damals (1993) gab es noch kein so ausgebautes Internet - also diese ganzen Selbst-Darstellungen der Gruppen und Kreise gab es nicht. Außerdem habe ich lange das Netz nur beruflich genutzt. Erst Anfang 2000 habe ich dann mit dem Schachspielen im Netz angefangen. Für anderes hatte ich damals kein Interesse.
    Aber ich suchte auch was in meiner Nähe und traf dann 1992 bei einem Vortrag jemanden, der mir dann die Adresse nannte. Und da es mir nur ums Sitzen ging, was mir es egal, welcher "Reissack" da noch mit sitzt. Heute ist das viel schwieriger, bei dem Überfluss an Möglichkeiten.

  • Danke für Deinen sehr persönlichen Bericht


    _()_


    Das Gestreifte – es wirkt schlanker :D


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Noch eine Frage …
    Du als alte Zen-Häsin, was würdest Du jemandem ans Herz legen, der erst anfangen will?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Noch eine Frage …
    Du als alte Zen-Häsin, was würdest Du jemandem ans Herz legen, der erst anfangen will?


    Dass er auch anfängt. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.
    Und ich würde ihm auch sagen, dass es nur Anfang gibt. Ich fang auch immer wieder an.

  • Zitat

    Ich fang auch immer wieder an.


    ja, is irgendwie üblich bei den sotos, laufen im kreis, gucken in die luft und nennen es anfängergeist :grinsen: ( sorry, pöse, pöse ;) )


    Zitat

    Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.


    iwo. o.k. ein weg vielleicht. irgendeiner :D

  • Aiko:

    Man sollte verdammt vorsichtig sein mit den Sätzen von Jōshū Jūshin. Jeder Satz ist hier für sich - ohne Zusammenhang möglich, sinn-und sinnlos zugleich. Hier drückt sich die Sprechweise des Zen aus - das hört man sich an und geht über die Anji-Brücke - um diesen Ort geht es nämlich hier. Heißt auch Joshu's Steinbrücke.


    Mir hat´s gefallen, und es macht für mich Sinn. Kann sein, dass sich später ein anderer Sinn erschließt. Auch gut, völlig ungefährlich.


    Das Bild gefällt mir besonders gut. Der vorne kriecht, macht keinen besonders souveränen Eindruck. Aber er kriecht vorne. Es gibt noch eine andere Version des Bildes. Auf der kriecht einer alleine. Und die Brücke endet mitten über dem Wasser im Nichts.

    Ja. Ich habe Erwartungen an Lehrer. Immer wieder.
    Sie sind nicht totzukriegen :(
    Die Erwartungen.


    Noch schlimmer sind die Erwartungen, die ich an mich selber habe.
    Ich enttäusche mich immer wieder.

  • Zitat

    Ich denke, dass der Abt genau gesehen hat, wie das Gesicht des Huineng sich verändert, wenn er ihm 1. nichts bestätigt und 2. ihn ins Kloster aufnimmt (also doch bestätigt - er hätte ihn ja auch wegschicken können) und dann ihn in die Küche zum Reis schickt - da lässt sich sehen, ob jemand Stolz ist oder nicht. Es war nichts anderes als eine Prüfung der Gesinnung.


    Das kann man natürlich so sehen. Aber der stolzere war ja Shenxiu, und dann hätte ja der in die Küche gehört. ich halte es für wahrscheinlicher, dass Huineng überhaupt nicht von Hongren bestätigt wurde, sondern nur Shenxiu. Im Nachhinein haben einige Huineng für den besseren gehalten und in die Übertragungsgeschichte reingeschrieben. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass jemand, der erwacht ist (wenn man die Geschichte vom Hören des Diamantsutras für bare Münze nimmt), dafür Bestätigung sucht. Sieht man ja am Shakyamuni.

  • dorn:

    ich halte es für wahrscheinlicher, dass Huineng überhaupt nicht von Hongren bestätigt wurde, sondern nur Shenxiu. Im Nachhinein haben einige Huineng für den besseren gehalten und in die Übertragungsgeschichte reingeschrieben.


    Als ich die Story (Platform-Sutra 六祖壇經) zum ersten Mal gelesen habe, hatte ich mir gedacht, was für eine Räuber-Pistole ist das denn? Vielleicht ist es tatsächlich die nachträgliche Erdichtung einer Übertragung. Oder Huineng ist bei Nacht und Nebel aus dem Tempel abgehauen und hat Gewand und Schale gleich mitgehen lassen, und die Geschichte von der Übertragung heimlich nachts im stillen Kämmerlein hat er sich gleich selbst ausgedacht ... vielleicht gab es ja schon damals Leute, die unbedingt eine "Bestätigung" wollten, aber der "übliche Weg" war ihnen zu lang oder zu schwierig (vermutlich hätte er erst mal lesen lernen müssen ...)?


    dorn:


    Es ist sehr unwahrscheinlich, dass jemand, der erwacht ist (wenn man die Geschichte vom Hören des Diamantsutras für bare Münze nimmt), dafür Bestätigung sucht.


    EIn ziemlich überzeugendes Argument, vermutlich sind die Verfasser des Textes selbst darauf gestoßen:


    Zitat


    “Someone then gave me ten liang of silver to pay for my aged mother’s food and clothing and told me to go to Huangmei to do obeisance to the Fifth Patriarch.

    ("Translated from the Chinese of Zongbao (Taishō Volume 48, Number 2008)
    by John R. McRae", ich habe jetzt nicht mehr im Original-Text nachgeschaut)


    Also "someone ... told me to go". Das kann man evtl. so lesen wie "für mich wär's damit ja gut gewesen, aber wenn schon jemand die Rente für meine Mutter übernimmt und mich zu Hongren schickt ...". Vielleicht lohnt sich doch der Blick ins Original, was steht da für "to do obeisance"? Irgend etwas, das großzügig auch mit "mir meine Bestätigung abholen" übersetzt werden kann? Vielleicht hatte dieser "someone" Huineng nur als schlaues Bürschchen erkannt, wollte seine weitere Ausbildung unterstützten und hat ihm gesagt "sehr schlau ... dann geh' mal und bedanke dich bei Hongren, ich sorge schon für deine Mutter".


    Spekulationen, dazu noch über jemanden, der hier gar nicht mehr mitreden kann ... eigentlich nicht so nett ;) Aber natürlich ist so ein Text eine Steilvorlage für jemanden, der/die vermutet, es ganz ohne fremde Hilfe (oder ironischer Weise durch fleißiges Lesen) geschnallt zu haben, und sich jetzt nur noch irgendwo eine Bestätigung abholen braucht. Und natürlich auch für jede Menge Missverständnisse, was das nächtliche Zwiegespräch mit dem freundlichen Meister jetzt wirklich bedeutet hat ... dabei steht's ja eigentlich an zentraler Stelle:

    Zitat

    本来無一物

  • dorn:
    Zitat

    Ich denke, dass der Abt genau gesehen hat, wie das Gesicht des Huineng sich verändert, wenn er ihm 1. nichts bestätigt und 2. ihn ins Kloster aufnimmt (also doch bestätigt - er hätte ihn ja auch wegschicken können) und dann ihn in die Küche zum Reis schickt - da lässt sich sehen, ob jemand Stolz ist oder nicht. Es war nichts anderes als eine Prüfung der Gesinnung.


    Das kann man natürlich so sehen. Aber der stolzere war ja Shenxiu, und dann hätte ja der in die Küche gehört. ich halte es für wahrscheinlicher, dass Huineng überhaupt nicht von Hongren bestätigt wurde, sondern nur Shenxiu. Im Nachhinein haben einige Huineng für den besseren gehalten und in die Übertragungsgeschichte reingeschrieben. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass jemand, der erwacht ist (wenn man die Geschichte vom Hören des Diamantsutras für bare Münze nimmt), dafür Bestätigung sucht. Sieht man ja am Shakyamuni.


    http://www.thezensite.com/ZenE…alZen/Legends_in_Chan.pdf


    Ich vermute einfach historische Gründe, die die Trennung von südlichem und nördlichem Ch'an erklären sollten. Letzlich ist es Legendenbildung, wie Geschichte selbst sich so erzählt, wenn Fakten fehlen.

  • kann jemand die stelle/seite aus dem platform sutra angeben, aus der hervorgeht das Hui neng eine bestätigung wollte?


    Bankei hat auch verzweifelt jahrelang nach einem meister gesucht er ihm "seine" erleuchtung bestätigen sollte.
    am schluss stellt er fest das es keiner konnte, weil keiner von ihnen "ewacht" war.


    langsam wird dieser thread lustig... lauter bestätigte verweigern den bestätigten die bestätigung :D


    _()_
    .

  • Aiko:

    Ich vermute einfach historische Gründe, die die Trennung von südlichem und nördlichem Ch'an erklären sollten. Letzlich ist es Legendenbildung, wie Geschichte selbst sich so erzählt, wenn Fakten fehlen.


    Letzlich ist es völlig unerheblich ob die Rahmengeschichte auf historischen Fakten beruht - ebenso wie die Geschichten den anderen Mahayana-Sutren oder im PK oder in den Koans - es ist sowas wie ne Grundsatzsammlung, auf das sich die späteren Zen-Generationen immer wieder, wie auf ein Gründungsdokument, bezogen haben.

  • bel:
    Aiko:

    Ich vermute einfach historische Gründe, die die Trennung von südlichem und nördlichem Ch'an erklären sollten. Letzlich ist es Legendenbildung, wie Geschichte selbst sich so erzählt, wenn Fakten fehlen.


    Letzlich ist es völlig unerheblich ob die Rahmengeschichte auf historischen Fakten beruht - ebenso wie die Geschichten den anderen Mahayana-Sutren oder im PK oder in den Koans - es ist sowas wie ne Grundsatzsammlung, auf das sich die späteren Zen-Generationen immer wieder, wie auf ein Gründungsdokument, bezogen haben.


    Und der Vergleich der beiden überlieferten Gatha macht eben deutlich, dass das zweite von Huineng ein tieferes Verständnis zeigt.


    @ Zorita
    Die Frage der Suche nach Bestätigung lässt sich bereits auf der ersten Seite des Platformsutra folgern. Es wird mit dem Begriff "Erlangen der Buddhaschaft" beschrieben.

  • Ich würde mich ja mal mit dem Begriff "Dharma-Siegel" beschäftigen, wenn ich mich fragen würde wozu "Bestätigung" notwendig ist oder nicht. An sich ist es ja eine ganze Reihe von Übereinstimmungen, die verwirklicht gehören und auch mehrere Siegel. In den Zen-Geschichten wird oft auf das "große Erwachen" verwiesen, mit einer kurzen Vorgeschichte,um es aufs Wesentliche zu reduzieren, eben um auch bei dieser Art Belehrung durch Geschichten und Poesie der Ab,-und Ausschweifung keinen Platz einzuräumen. :) Seh ich so ungefähr. ;)


    Der "interessanteste" Satz zu diesem Thema ist für mich z.B. im Fall 23, als Myo fragt: " Gibt es jenseits der geheimen Worte und Bedeutungen, die ihr mir jetzt offenbahrt habt, noch etwas Tieferes ?" D.h. etwas, daß ich erkennen MUSS, um Buddhaschaft zu verwirklichen. So ungefähr. Die Frage ist ganz existenziell und wenn ein Zweifel bleibt, führt die Suche fort. Es geht also um das Ausräumen des letzten Zweifels. Der räumt sich aus, wenn der Herzgeist-Kontakt zustande kommt.

  • Jikjisa:

    Ich würde mich ja mal mit dem Begriff "Dharma-Siegel" beschäftigen, wenn ich mich fragen würde wozu "Bestätigung" notwendig ist oder nicht. An sich ist es ja eine ganze Reihe von Übereinstimmungen, die verwirklicht gehören und auch mehrere Siegel. In den Zen-Geschichten wird oft auf das "große Erwachen" verwiesen, mit einer kurzen Vorgeschichte,um es aufs Wesentliche zu reduzieren, eben um auch bei dieser Art Belehrung durch Geschichten und Poesie der Ab,-und Ausschweifung keinen Platz einzuräumen. :) Seh ich so ungefähr. ;)


    Der "interessanteste" Satz zu diesem Thema ist für mich z.B. im Fall 23, als Myo fragt: " Gibt es jenseits der geheimen Worte und Bedeutungen, die ihr mir jetzt offenbahrt habt, noch etwas Tieferes ?" D.h. etwas, daß ich erkennen MUSS, um Buddhaschaft zu verwirklichen. So ungefähr. Die Frage ist ganz existenziell und wenn ein Zweifel bleibt, führt die Suche fort. Es geht also um das Ausräumen des letzten Zweifels. Der räumt sich aus, wenn der Herzgeist-Kontakt zustande kommt.


    Um diesen Kontakt geht es.

  • Jikjisa:


    Der "interessanteste" Satz zu diesem Thema ist für mich z.B. im Fall 23, als Myo fragt: " Gibt es jenseits der geheimen Worte und Bedeutungen, die ihr mir jetzt offenbahrt habt, noch etwas Tieferes ?"


    Das "offenbahrt" ist hier ein Verb, das in der Deutschen(/Englischen ...) Übersetzung eingefügt wurde, damit ein Satz daraus wird, und auch "tiefer" ist im Original eigentlich ein "mehr":


    Zitat


    上來密語密意外、還更 有意旨否
    "Ausser den geheimen Worten, ist da noch mehr?"


    Jikjisa:


    D.h. etwas, daß ich erkennen MUSS, um Buddhaschaft zu verwirklichen. So ungefähr.


    Ich lese das als "bist du ganz sicher, war's das, wirklich ehrlich, ist da ganz bestimmt nicht noch mehr...?"


    Und die Antwort von Huineng ist spannend. Er sagt nicht "ganz bestimmt, das war's, hier dein Siegel und alles, nimm die Schale und den Kittel gleich mit ...". Er sagt: "was ich dir gesagt habe, ist kein Geheimnis" und fährt fort: "wenn du in dein wahres Selbst (wörtlich: dein eigenes Gesicht) siehst, ist das Geheimnis offensichtlich (wörtlich: an deiner Seite)".


    Jikjisa:


    Die Frage ist ganz existenziell und wenn ein Zweifel bleibt, führt die Suche fort. Es geht also um das Ausräumen des letzten Zweifels. Der räumt sich aus, wenn der Herzgeist-Kontakt zustande kommt.


    Ja, Myo kann's einfach nicht fassen. Eben wollte er sich noch die Insignien (Schale und Kittel) der "Grossen Erleuchtung" verschaffen, und jetzt versteht er: da ist nichts, kein Geheimnis, gar nichts, ich muss mir nur selber ins Gesicht sehen ... so ungefähr.