Meditationsplan erstellen?

  • diamant:


    Du verstehst die Dinge immer so, wie sie in dein Abneigungs-Schema passen. Selbstverständlich ist mir klar, dass jeder persönliche Gründe hat.


    Das machen wir alle - die Dinge - siehe übrigens Searle - müssen in unser Schema passen, dann verstehen wir sie (oder sehen wir sie).
    wichtig wäre und auch hilfreich für das Forum, wenn du da mal Selbst erkennen könntest - frei nach Dogen und seinem Genjokoan - wende das doch mal einfach an. :D


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    Ich werde dir das Problem gern erklären. Wenn einer im Soto seine Robe zurückgibt, dann hat das einen bestimmten Grund. Dass er nämlich noch immer der inneren Logik, die er der Robe beimisst, aufsitzt. Er zieht sie also gar nicht aus. Er hat sie gar nicht abgelegt. Denn allein dadurch, dass er meint, sie zurückgeben zu müssen (statt sie zu verschenken, verrotten zu lassen oder wegzuwerfen) sitzt er der gleichen anfänglichen Idee von der Robe auf, die bestimmte Rituale zur Folge hat. Er bleibt in dem ganzen damit verbundenen Gedankenkosmos stecken. Das ist eben nicht "persönlich", sondern das ist religiöser Überbau.


    Das ist tatsächlich so. Aber: jeder hat irgendwie einen "religiösen" Überbau - und da machst du dir was vor, wenn du meinst, das könnte man abschütteln. Vorstellungen über die Welt sind so resistent, das man ständig daran arbeiten muss und wie Unkraut sie am wachsen hindern muss.
    Wie also sieht deine Religion aus? Und was verstehst du überhaupt unter Religion?
    Für mich ist das eine Form der Bindung - im Buddhismus ist es die Bindung an Buddha, Dharma und Sangha. Und sie wird durch Zeichen versinnbildlicht. Die Robe eben. Hier hat natürlich Dogen durchaus recht, was eine äußere, d.h. öffentliche Konfession anbetrifft. Ein Anhänger Buddhas bekennt sich auch offen zu Buddha - durch Kleidung und auch durch die Bindung an ein Kloster oder eine andere religiöse Gemeinschaft von Laien z.B.
    Mir erscheinst du als ein bindungsloses Wesen, dass sich nach Rechtfertigungen dafür umsieht - und dennoch scheinst du an sowas wie Zen dich gebunden zu fühlen. Aber das hat vielleicht was mit deinem Verlagsprogramm zu tun und ist evtl romantischer Natur.


    Immerhin:

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    dass es mir wichtig ist, wie man z.B. Dôgen versteht.


    Also "man" - wer ist das? Wie du Dogen verstehst mag dir ja wichtig sein - geht mir mit meinem Verständnis auch so. Das ist mir immer sehr wichtig. Aber noch wichtiger ist mir, wie diejenigen Dogen verstehen, die sich ihr Leben lang mit Dogen beschäftigen. Und davon kann ich eine Menge lernen.

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    Die Frage ist, ob man jedes Mal, wenn dann prinzipielle Erwägungen - wie hier die Frage, ob es überhaupt noch richtig ist, die Meditation in den Mittelpunkt seines Weges zu stellen - einen neuen Thread aufmachen sollte.


    Das wäre ein thread, der ganz allein dein persönliches Problem salbadert. Mach' es - und beschäftige hier ein paar user. Du hast ja jede Menge Zeit und stellst dich jedenfalls in den Mittelpunkt deines Weges. Das ist mir verständlich - aber das ist eben nicht Zen. Das ist Ego-Fuck.

  • Thursday:

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    wenn du da mal Selbst erkennen könntest


    Ich verstehe schon, Thursday. Du hast uns ja an Deinem eigenen Prozess der Selbst-Reflektion teilhaben lassen, und das funktioniert bei mir nicht anders - da ist etwas, auf das ich meine, reagieren zu sollen. Aber wie ich schon sagte, es ist eine bewusste Entscheidung, bei der ich auch Ärger und Wut als Motiv akzeptiere. Ich muss dann halt ggf. auch mal eine Zeile löschen, weswegen (und wegen der Tippfehler) meine Beiträge ja oft auch mehrere Fassungen haben. Wir können ja nun mal beobachten, dass das auch anders geht. Der Schalter im Hirn wird umgelegt. Das ist nichts Mysteriöses. Und statt persönlich wird eben "sachlich" reagiert. Sagen wir mal, so den Rest des Monats lang. Und vielleicht als Alternative noch: witzig. Allerdings macht mir das persönliche eben auch Spaß, und ich stehe dazu. Gerade habe ich gesehen, wie sich Rüdiger Safranski in einen Verriss des neuen Romanes von Jonathan Franzen reinsteigerte (ich bin da ganz bei ihm, ein überschätzter Autor), es war im "Literaturclub", und ich dachte mir, das hätte mir auch gefallen. Danach zuckte es ihn noch minutenlang in den Fingern.


    Ich gehöre nicht zu den Buddhisten, die das alles weghaben müssen. Ich akzeptiere, das das zu mir gehört. Es gibt eben auch Selbst. Das, worüber wir unsere Identität definieren wollen. Das war auch bei Shakyamuni und Sawaki nicht anders.


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    Wie also sieht deine Religion aus?


    Ich habe im Grunde keine. Ich verstehe darunter das, was man unter Wiki und im Lexikon findet. Ich habe mein Zen entreligiösiert. Aber natürlich wird ein Kritiker noch genug religiöse Anzeichen finden, weil schon die Erwähnung von Termini aus dem Zen oder von Erkenntnissen, die ja nur angelesen sein könnten, wiederum als Klischees erscheinen. Insofern, ja, eine Sicht auf die Welt habe ich natürlich auch, meine eigene, sozusagen dann meine eigene Religion, wenn du das gleichsetzt. Und da die sich mit vielen alten Zenhaudegen deckt, ist es wiederum auch nicht nur meine, und sie muffelt für manchen immer noch nach Religion. Das kann ich mir schon vorstellen.


    Ein gutes Beispiel, wie weit das bei mir geht, war das lange Gespräch mit dem Mann, der hier seit Dekaden lebt (und vögelt). Er beschrieb sich als Agnostiker. Ich sagte, ich sei es im Grunde auch, aber ich beschrieb die Einschränkung (das, was der Unbuddhist als das Transzendente verdammt). Allerdings mit dem klassischen Beispiel: Das Ausmaß meiner Gedanken und Gefühle an eine Frau (Liebe) führte zu den unwahrscheinlichsten Begegnungen mit ihr. Der andere meinte, das könne man doch erklären, mit Heisenberg. Und dann sprach er von der mir bekannten These, dass sich ein Ereignis an zwei Orten (versimpelt ausgedrückt, man kann es ja googeln) abspielen kann. Er führte es nicht weiter aus, aber möglicherweise wollte er eine Art Gedankenübertragung anhand eines Heisenbergschen Modells andeuten. Was mich nun von einem Religiösen unterscheidet ist, dass ich ihm sagte: Das Frappierende ist, dass diese Dinge keinerlei Sinn haben. Sie sind quasi chaotisch (aber eben nicht zufällig).


    Religion will aber vor allem Sinn stiften. Und, wie der Name sagt, irgendwie an etwas "binden".


    Für mich ist der Buddha tot. Ich habe ihn erledigt. Ganz, wie die Zenlehre es in meinen Augen vorsieht. Deshalb auch meine freche Kritik an diesem und jenem. Dennoch bin ich im Zen-Sinne ein Nachfolger Buddhas. Weil er ja - in dieser Richtung - genau so verstanden wird, als Befreier.


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    Mir erscheinst du als ein bindungsloses Wesen, dass sich nach Rechtfertigungen dafür umsieht


    Diese Schlussfolgerung folgt ja aus dem, was du vorher definiertest. Für dich ist Buddha-Nachfolge Bindung, für mich ist sie Ent-Bindung.

    Der Begriff "Rechtfertigung" fällt leider oft. Ist denn alles Rechtfertigung? Dann also auch das, was purna als Grund anführt, offenbar keine Prostitution zu nutzen. Das wäre nur logisch. Jedes Argument ist Rechtfertigung. Alle rechtfertigen sich demnach nur. Ein seltsames Verständnis. Vielleicht, weil du an Sünde oder Schuld glaubst. Ich glaube nur daran, wenn ich z.B. jemanden durch Unachtsamkeit überfahre. Dann bin ich schuld. Und vielleicht trage ich auch schuld.


    Wenn ich Menschen wie purna erklären will, dass sie m.E. falsch liegen, und das an praktischen Beispielen, gilt das nicht als Erklärung, sondern als Rechtfertigung. Warum? Weil der Standpunkt bereits festliegt: Dies und das kann eben nicht gut sein. Aber solche Fragen, kann ich dir versichern, stellen sich einem Ent-bundenen nicht. Moralische Fragen, die sich mir tatsächlich stellen, waren zuletzt etwa, ob ich es zulassen soll, dass eine christliche Hilfsorganisation sich ein Kind unter den Nagel reißt, dass m. E. das Kôan ihrer Mutter sein sollte. Ich habe hier schon oft betont, dass sich im Alltag in der Regel das rechte Tun von alleine ergeben kann, wenn man nicht mehr in Grübeleien verstrickt ist. Aber hin und wieder tauchen spezielle Probleme auf, wie jetzt in Deutschland das der Flüchtlinge (einen längeren Beitrag dazu hab ich schon hier liegen).


    Zitat

    und dennoch scheinst du an sowas wie Zen dich gebunden zu fühlen. Aber das hat vielleicht was mit deinem Verlagsprogramm zu tun und ist evtl romantischer Natur.


    Nein. Erst kam das eine (Zen), dann irgendwann das andere (Übersetzen etc.). Ich fühle mich natürlich mit dem verbunden, was mich ausmacht, was mich innerlich antreibt. Das sind noch andere Dinge. Aber ich denke, mein Leben läuft im Wesentlichen so, wie es ist, weil ich es für die adäquate Umsetzung meiner Zen-Einsicht halte. Ich habe mich z.B. eben raus in den Regen gestellt, um mir eine Rekordbestellung am fliegenden Barbecue-Stand zu holen (11 Spieße mit Fisch und Fleisch), weil die Frau heute in dieser Brühe arbeiten muss und wohl nicht alles los wird. Im Alltag gibt es viele solcher Motivationen. Aber etliche User hier würden genau das falsch verstehen. Für diese Pampe haben wir ja Ajahn Brahm. Denn viele machen einen Unterschied zwischen diesem Verhalten und dem Rat, in einen Krieg bewaffnet einzugreifen. Sie können nicht nachvollziehen, dass diese Handlungsweisen aus ein und derselben Einsicht kommen. Das sind also Erklärungsversuche. Es gibt überhaupt nichts zu rechtfertigen. Ich halte mich lediglich für "meinungsstark". Das liegt nicht jedem. Und es ist klar, dass diejenigen, die viele Ansichten äußern, statistisch auch öfter widerlegt werden müssten als die Zurückhaltenden.


    Was erwartest du denn bloß als Replik auf Leute, die eine Szene wie die in Thailand nicht kennen? Soll man da schweigen, wenn man sie aus eigener Erfahrung kennt? Das es eigene ist, muss ja wohl nicht immer gesagt werden, das versteht sich dann von selbst. Kannst du dir nicht vorstellen, wie unerträglich für mich dieser Unsinn ist, den Schwarzer, Rahm und Space verbreiten, auf einer rein intellektuellen Ebene? Dass Idioten unsere liberale Gesetzgebung verändern wollen? Das könnte mich auch ganz ohne meinen Zeneinfluss auf die Palme bringen.


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    Aber noch wichtiger ist mir, wie diejenigen Dogen verstehen, die sich ihr Leben lang mit Dogen beschäftigen.


    Ich zähle dazu. Wie du weißt, gibt es in Deutschland schon mal niemanden, der mehr Dogen übersetzt hat als ich. Und wenn du nun Zazen meinst, was könnte ich da schon beweisen? Und ansonsten bin ja ich es, der Heine et al. gern ins Spiel bringt. Dogen-Experten eben. Und wenn du auch hier wieder andere meinst, also intensiver Praktizierende (Meditierende), Muho zum Beispiel, dann freu dich nicht zu früh, rate ich. Oder zitiere sie halt. Fumon Roshi, Okumura, wen du willst. Du weißt ja auch, dass ich Sawakis Werke gut genug kenne, und Deshimaru. Das ist alles gut, und ich behaupte ja auch nur, dass sie einen einzigen Fehler machten: Sie haben - wenn auch oft nur unterschwellig - ihre Einsichten im Wesentlichen auf Zazen zurückgeführt. Das ist mein entscheidender Beitrag zum Verständnis dieser Überlieferung (deshalb auch hier keine Quellenangabe ...). Sie sind m.E. einem Irrtum aufgesessen. Es war nicht ihre Körperhaltung, sondern die ihres Geistes, die die Einsicht bewirkte. Und die hätten wahrscheinlich alle von ihnen auch ohne zazen gehabt. Allerdings dann wohl ohne den Zenkontext und ohne in diesem Gedankengebäude so zu verharren (wobei Sawaki ja auch ganz gut in Alltagssprache umsetzte).


    Das behaupte ich aufgrund eigener Erfahrung, die Vergleiche erlaubt. Aus dieser Gewissheit heraus.


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    stellst dich jedenfalls in den Mittelpunkt deines Weges


    Wen denn sonst? Jeder ist der Mittelpunkt seines Weges. Noch einmal: Meine Methode ist u.a., durch anschauliche, möglichst aktuelle Bezüge aus meinem Leben zu illustrieren, was gemeint ist (siehe oben, metta am Barbecue-Stand - aber mit Egoismus/Hunger). Die Beispiele wähle ich aber lieber so, dass sie die Grenzen des Lesers tangieren, seine Duldbarkeit, seine ethischen Limits. Das gehört für mich dazu, da ich ja auch vermitteln will, was an Zenfreiheit möglich ist. Falls du


    meinst, ich wäre der einzige, der nach oder trotz Zazenerfahrung zum Schluss kam, man könne den Sinnenlüsten frönen oder sich getrost auch ausgiebig "unterhalten", zitiere ich halt - sicher nicht zum ersten Mal:


    Zitat

    ["Was ist Zen?"] - "Schlafen, reden, lachen - das ist alles."

    (Kyudo Nakagawa)


    Zitat

    Wenn du klar die Essenz erkennst, dann sind die Sinnesobjekte selbst Meditation, sinnliche Begierden sind selbst der Weg der Einheit und alle Dinge sind Manifestationen der Wirklichkeit.

    (Man-an)


    Und noch einmal Thursday:

    Zitat

    Ein Anhänger Buddhas bekennt sich auch offen zu Buddha - durch Kleidung und auch durch die Bindung an ein Kloster oder eine andere religiöse Gemeinschaft von Laien z.B.


    Ich bin entschieden gegen diese Verengung. Das ist nicht "offene Weite, nichts von heilig" (was man Bodhidharma zuschreibt), es ist eben Dôgen. Und Dôgen, das muss man eben auch verstehen, war geistig nicht ganz klar. Neben den genialen Momenten gab es etliche Aussetzer.


    Die richtige Umsetzung des Zengeistes, behaupte ich, ist die: Ein Anhänger Buddhas ist sich sich dessen bewusst, dass er/sie selbst dieser Buddha ist. Er verwirklicht seine/ihre Buddha-Natur, indem die ganze Menschheit zur Sangha wird und nicht nur die "religiöse Gemeinschaft".


    Das dies aber, da auch Unterscheidungskraft zum Überleben nötig ist, Einschränkungen erfährt und ein "Ideal" ist (nach Kobun Chino kann ja niemand Zen vollkommen verwirklichen), werde ich dann an meiner Ansicht zum Flüchtlingsproblem zeigen. Ich möchte mich nicht nur an religiöse Gleichgesinnte binden, das ist mir zu selektiv. Aber auch ich selektiere, allerdings mit dem Ziel "offenerer Weite". Zuletzt bedeutete das auch eine bewusste Annäherung an den Islam (in Form von Literatur zunächst).


    Zitat

    das ist eben nicht Zen. Das ist Ego-Fuck.


    Wenn man nicht begreift, dass es auch eines Egos bedarf, dann kann man sich nicht mal auf Sawaki und Co. stützen. "Bang, bang" - auch das ist Ego-Fuck. Im Zen geht es m.E. darum, damit auch spielerisch umzugehen (mein Zen ist sich ja auch eher der taoistischen Wurzeln bewusst), also sich nichts diesbezüglich vorzumachen. Jeder, der als Nicht-Buddhist dieses Forum studiert, wird zum Schluss kommen, dass die buddhistische Übung ganz offenbar das Ego der Übenden nicht verkleinert. Der gleiche Sawaki hat das übrigens gewusst, als er sagte: "Wenn ich sterbe, stirbt die Welt mit mir." Das ist Ego-Fuck par exellence.


    Und hier noch eine Ergänzung, damit klar wird, wie sehr Thursdays oder bels Verständnis auf Dôgen-Zen verengt ist. Trevor Leggett hat dies in Bezug auf Reden Takashina Rôsens, der selbst ein Sôtô-Meister war, so zusammengefasst (https://books.google.co.th/boo…%20after%20satori&f=false): Im Dôgen-Zen würde nicht - wie außerhalb davon - auf ein Satôri (Erwachen) hingearbeitet. Darum würde auch nicht nach einem etwaigen Erreichen dieses Zieles "Erwachen" das Mittel zum Zweck (Zazen) aufgegeben.


    Diese Ansicht bestimmt die eine Seite der Diskussion hier. Wenn man tiefer im Sôtô ist, sollte man sich ein Beispiel an Rôsen nehmen und darüber im Klaren sein, dass es andere Zenrichtungen gibt, die Zazen nicht als das Ziel, sondern einen Weg zum Ziel ansahen.

  • bel:

    sondern um "端坐" - "Sitzen mit aufgerichtetem Körper",
    also um die körperliche Haltung, die im PK immer in Verbindung mit Satipatthana beschrieben wird.


    ... oder stehen, liegen, gehen.

  • Mirco:
    bel:

    sondern um "端坐" - "Sitzen mit aufgerichtetem Körper",
    also um die körperliche Haltung, die im PK immer in Verbindung mit Satipatthana beschrieben wird.


    ... oder stehen, liegen, gehen.


    Die Formulierung ...stehen, liegen, gehen... in der Zen-Literatur ist gleichlautend.