Für mich ist ein "Vereinfachtes-Karma-Konzept" vor allem ein Hilfsmittel:
- Um Geduld zu kultivieren: Anstatt über das was mir passiert zu jammern, kann ich - indem ich es als Produkt früherer Taten ansehe - es annehmen lerne.
- Als Aufforderung zu ethischen Verhalten. Stelle ich mir vor, was auch kleinste schlechte Taten in zukünftigen Geburten für schreckliche Auswirkungen haben, lass ich es lieber.
Und weil diese beiden Wirkungen so positiv sind, nimmt man dafür "Risken und Nebenwirkungen" in Kauf. Zu diesen Nebenwirkungen gehören eben, dass subtilere Aspekte ausgeklammert werden. ( das was der Flluss-Metapher widerspricht) Aber auch, dass man es statt es als Waffe auf das eigene Ego zu richten, es dazu missbraucht es auf anderen richtet. Wo sich die Wirkung nahezug in das Gegenteil verkehrt:
Das was den anderen angeht, als "Produkt seiner Taten" zu sehen, bedeutet "meine Verantwortung" zu relativieren, es nicht mehr als "mein Karma" zu sehen. Der Behinderte, Arme, Gefolterte ist selber schuld. So eine Sicht, führt zu weniger Ethik und weniger Geduld. So dient das Konzept zur Rechtfertigung aller möglichen Misstände.
Dasss das "vereinfachte Karma-Konzept" Risken und Nebenwirkungen hat, bedeutet nicht, dass diese Risken die positiven Aspekte überwiegen würden (und auch nicht das Gegenteil) Für mich bedeutet es vor allem, dass man es nicht als etwas beingungslos Wahres ansieht, sondern als eine teilweise sinvolle und rechtfertigbare Vereinfachung. Etwas, was in seinem eigenen Kontext zielführend ist, es aber nicht sein muss, wenn man den Kontext ändert.
Ist es nicht sogar so, dass Lamrim Texte immer so eine kleine Einleitung haben? Also, warum man sich Karma vergegenwärtigen soll und was für diverse Vorteile das hat?
Wie die Aussage "Aspririn hilft gegen Kopfschmerzen" ist es etwas, was wenn man den Normfall ansieht, im Grossen und Ganzen stimmt. Was man aber als allgemeingültig Aussage so nicht stehen lassen kann, weil Aspirn manche Arten von Kopfschmerzen mitunter schrecklich verschlimmern kann. Von daher sind auch buddhitische Hilfsmittel keine magischen Allheilmittel sondern immer etwas, was auch "Risiken und Nebenwirkungen" hat.
Von dem Pharmakologe Gustav Kuschinsky gibt es den schönen Satz: „Wenn behauptet wird, dass eine Substanz keine Nebenwirkung zeigt, so besteht der dringende Verdacht, dass sie auch keine Hauptwirkung hat.“