Turmalin:ich finde das mit dem Kuschelkurs und sofort beste Freunde klingt schon etwas nach sekten-naher Bewegung.
Wenn sie zu einem unangefochtenen tibetischen Meister wechseln würde, würde sie diese Gruppensache verlieren. Da geht es um den Unterrricht des Meisters. Das eigene Privatleben muss man selbst auf Reihe bekommen. Klar kann man auch Freunde finden aber nicht einfach so. Man muss sich genauso bemühen wie sonst im Leben auch. Körperkontakt ist dann nicht.
Du überbewertest das, meiner Meinung nach. Natürlich muss man auch da das eigene Privatleben selbst auf die Reihe bekommen. Es ist nicht jeder gleich Freund, aber gemeinsame Interessen verbinden eben auch. Das mit dem Körperkontakt ist glaube ich mehr Dein Thema; diese Nähe ist möglich, man kann aber auch dabei sein und sich da raushalten.
Ich hatte diese Nähe mit bestimmten Leuten, mit denen ich sicherlich auch ohne Buddhismus befreundet gewesen wäre, wenn ich sie anderweitig kennen gelernt hätte. Der engste Freundeskreis blieb bestehen und hat sich noch vertieft, allerdings sind alle zumindest eine zeitlang auch mit dabei gewesen. Die Partnerin meines besten Freundes hat sich irgendwann wieder aus dem Zentrum gelöst, das hat zunächst nichts an der Freundschaft verändert. Erst als sie sich "beruflich aus unseren Kreis empanzipiert hatte" nach dem Studium zerbrach deren Beziehung und damit hat sich vieles aufgelöst. Aber dass sich nach dem Studium viele Dinge verändern hat ja nichts mit dem Buddhismus zu tun.
Du redest von "unangefochtenen tibetischen Meistern". Was genau soll das sein? Eine der Aufgaben eines Vajrayana-Lehrers, ist es zu begeistern. Das macht jeder anders. Das was Du beschreibst, den Fokus auf dem Meister und eine geringe Bedeutung der Sangha, kann man genauso leicht kritisieren. Leute, die sich von einem Meister abhängig machen und alles andere aus den Augen verlieren, sind auch nicht unbedingt in einer gesünderen spirituellen Situation.
"Die Gruppensache zu verlieren" kann ich eigentlich - meine Erfahrung - nur als negativ bewerten. Ich finde - was auch immer man sonst kritisieren kann zurecht oder nicht - diese "Gruppensache" ist eine der besonderen Stärken im Diamantweg. Und zwar deswegen weil darauf die gesamte Struktur liegt, nicht auf den Schultern eines einzigen Lehrers. Aus der Sangha gehen die Reiselehrer und zukünftigen Lehrer hervor. Die Organisation würde ohne den Gründer nicht zerfallen, weil sie in die Breite gebaut wurde auf den Schultern aller gemeinsam, bewusst von Anfang an. Das ist letztlich das, was es möglich gemacht hat, dass die Schule so gross wurde weltweit: überall vor Ort hat man neue Zentren inspiriert, den Rahmen geliefert, und die Leute selbständig in diesem Rahmen ausfüllen lassen - mit einer sehr grossen Kulanz für Abweichungen im Ausdruck, solange die Essenz nicht verwässert wird.
Zwischen dem Einsaugen aller Beziehungsemotionen in einer Sekte, mit der Du das in Verbindung bringst, und dem, was da passiert, bestehen gravierende Unterschiede: die Leute werden nicht aus ihren sozialen Strukturen herausgenommen, und die Freundschaften die entstehen sind zu einem grossen Teil echt über die Zentrumsthemen hinaus, auch wenn das Zentrum naturgemäß viel Raum einnimmt.
Es gab mit verschiedenen Gruppierungen innerhalb des Zentrums bei mir immer auch andere Themen, die uns verbunden haben. Mit einigen Leuten war ich z.B. in einer bestimmten Musikszene und wir waren zusammen auf Festivals, in gemischten Gruppen, teils aus dem Zentrum, teils aus komplett anderen Zusammenhängen. Einige waren dem Zentrum stark verbunden, andere lose und fluktuierend. Mit ein paar Leute bin ich zu schamanischen Arbeiten gefahren, das war deren Schwerpunkt vor dem Diamantweg und sie haben die Kontakte dort nie komplett aufgegeben. usw. Die Diversität und Offenheit war zumindest in den Zentren, die ich kennengelernt habe, sehr hoch...
kilaya