Namarupa vs Bewußtsein.

  • Elliot:

    Ändert aber nichts daran, dass Bewusstsein nicht Teil von Namarupa ist, und Namarupa nicht Teil von Bewusstsein ist. Zumindest nicht in dem Zusammenhang, wie diese Begriffe in den Lehrreden des Palikanon definiert sind.
    Und darum ging es ja.


    Darum ging es? Warum ging es denn darum?
    Das eine kann nicht ohne das andere bestehen,
    und sind daher ja Teile eines Ganzen.

  • Ergänzend zu @accincas Anmerkung: dass die Terminologie in den Sutten nicht konsistent ist, wurde ja zu recht schon angemerkt. Insbesondere sind auch die beiden Modelle paticcasamuppada und upadanakkhanda mE nicht ohne weiteres kompatibel. Die Folgerungen, die historisch-kritische Textanalysen u.a. gerade daraus gezogen haben, sind bekannt, ich will hier nicht weiter darauf eingehen. Was speziell dieses Zitat angeht:

    Zitat

    Gefühl (2. Daseinsgruppe), Wahrnehmung (3. Daseinsgruppe), Wille, Kontakt und Aufmerken - diese werden Name genannt. Die vier großen Elemente und die materielle Form, die von den vier großen Elementen abstammt - diese werden Form (1. Daseinsgruppe) genannt. Dieser Name und diese Form also werden Name-und-Form genannt.


    - so muss zunächst einmal gefragt werden, wie "Wille, Kontakt und Aufmerken" denn nun eigentlich im Modell der Daseinsgruppen einzuordnen wären. Wenn man den Abhidhamma heranzieht, dann sind Wille, Kontakt und Aufmerken (cetanā, phassa und manasikāra) Geistesformationen (cetasika) - und zwar primäre, in jedem Bewusstsein (sabbacitta) vorhandene. Sie sind dem sankhārakhandha zuzurechnen, wobei alle cetasika notwendig mit Bewusstseinsklassen des viññānakkhandha verbunden sind, die sind gewissermaßen ihr Substrat. Heisst das nun, dass nāmarūpa lediglich aus den drei Daseinsgruppen rūpakkhandha, vedanākkhandha und saññākkhandha sowie gerade mal 3 (von 50!) cetasika des sankhārakkhandha zusammengesetzt ist? Oder gehören sie nach MN 9 gar nicht zum sankhārakhandha? Der wird ja in MN 9 an späterer Stelle behandelt - dort aber lediglich unter den 3 Aspekten geistige, sprachliche und körperliche sankhāra. Implizieren in MN 9 die geistigen sankhāra "Wille, Kontakt und Aufmerken" oder nicht? Warum gehören dann nur diese 3 zu nāmarūpa, der Rest des sankhārakkhandha nicht? Oder implizieren sie sie nicht? Wie passen dann "Wille, Kontakt und Aufmerken" in das kkhandha-Modell? Bleiben die - nach Abzug der kkhanda - irgendwie übrig? Wohl kaum ....


    Daran anknüpfend - offensichtlich haben wir Inkonsistenzen im Textkorpus des Palikanon. Bestehen diese lediglich zwischen Suttapitaka und Abhdhammapitaka oder nicht auch innerhalb des Suttapitaka? Wenn letzteres - ist dann der Abhidhamma nicht gerade der Ansatz, solche Inkonsistenzen auszugleichen und in ein konsistentes System zu bringen? Nochmal anders gefragt: ist Konsistenz überhaupt notwendig? Wobei da ja nun auch immer zzu fragen wäre: was ist da nun eigentlich Sammuti Sacca / Vohāra Sacca und was Paramattha Sacca? Bzw. wo im Spannungsfeld dieser beiden Pole ist die jeweilige Aussage anzusiedeln?


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • accinca:

    Darum ging es? Warum ging es denn darum?


    Weil mit dieser Kontroverse dieser Thread eröffnet wurde


    Moosgarten:
    pamokkha:

    Nur kurz, namarupa ist gerade im Abhidharma eine weitere Einteilung von den 5 skandhas. In den Lehrreden wird der Begriff aber in der Regel unter Ausschluss von Bewusstsein benutzt. Also da ist Bewusstsein und dann ist da noch namarupa.


    Ich bezweifle diese Lesart. Könntest du mal ein Beispiel geben?


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

    Einmal editiert, zuletzt von Elliot ()

  • Sudhana:

    ... - so muss zunächst einmal gefragt werden, wie "Wille, Kontakt und Aufmerken" denn nun eigentlich im Modell der Daseinsgruppen einzuordnen wären.


    Das muss man meiner Meinung nach nicht, kann man aber natürlich tun.


    Kontakt (phassa) ist hier übrigens dafür ausschlaggebend, dass Bewusstsein (vinnana) notwendige Voraussetzung von Namarupa ist: Ohne Bewusstsein, kein Kontakt:


    Zitat

    "Bedingt durch Auge und Formen entsteht Sehbewußtsein ( cakkhu-viññāṇaṃ ); das Zusammentreffen der drei ist Kontakt ( phasso ); durch den Kontakt bedingt ist Gefühl ( vedanā ). Was man fühlt, das nimmt man wahr ( sañ-jānāti ).


    (Majjhima Nikāya 18: Der Honigkuchen - Madhupiṇḍika Sutta)


    Umgekehrt wird auch deutlich, dass Auge und Formen eine notwendge Voraussetzung für cakkhu-viññāṇaṃ sind, also ist die sechsfache Sinnesgrundlage notwendige Voraussetzung für Bewusstsein. Da nun Namarupa wiederum notwendige Voraussetzung für die sechsfache Sinnesgrundlage ist:


    Zitat

    Mit dem Ursprung von Name-und-Form ist der Ursprung der sechsfachen Sinnesgrundlage.
    Mit dem Aufhören von Name-und-Form ist das Aufhören der sechsfachen Sinnesgrundlage.


    (Majjhima Nikāya 9: Richtige Ansicht - Sammādiṭṭhi Sutta)


    ..., ist als per transitivem Schluss Namarupa genauso eine notwendige Voraussetzung für Bewusstsein, wie Bewusstsein eine notwendige Voraussetzung für Namarupa ist.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Sudhana:

    Implizieren in MN 9 die geistigen sankhāra "Wille, Kontakt und Aufmerken" oder nicht?


    Nein.


    Sudhana:

    Warum gehören dann nur diese 3 zu nāmarūpa, der Rest des sankhārakkhandha nicht?


    Woraus besteht dieser Rest Deiner Meinung nach?


    Sudhana:

    Oder implizieren sie sie nicht? Wie passen dann "Wille, Kontakt und Aufmerken" in das kkhandha-Modell? Bleiben die - nach Abzug der kkhanda - irgendwie übrig? Wohl kaum ...


    Wenn denn, dann sollten Sie ich hierin wiederfinden:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Sudhana:

    Daran anknüpfend - offensichtlich haben wir Inkonsistenzen im Textkorpus des Palikanon. Bestehen diese lediglich zwischen Suttapitaka und Abhdhammapitaka oder nicht auch innerhalb des Suttapitaka?


    Nein, letzteres ist mit nicht bekannt.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hi,
    dazu gibt es eine kurz und bündige Aussage dazu:" Die Wahrnehmung bildet das Bewusstsein und das Bewusstsein bildet die Wahrnehmung."
    Das ist kein lediglich verdrehter Satz. Bei längerem Nachdenken hat er für mich schon seinen Sinn
    ergeben.


    kesakambalo

  • kesakambalo:

    Hi,
    dazu gibt es eine kurz und bündige Aussage dazu:" Die Wahrnehmung bildet das Bewusstsein und das Bewusstsein bildet die Wahrnehmung."
    Das ist kein lediglich verdrehter Satz. Bei längerem Nachdenken hat er für mich schon seinen Sinn
    ergeben.


    kesakambalo

    :arrow::idea::o:sunny::arrow:

  • Sudhana:

    ... Heisst das nun, dass nāmarūpa lediglich aus den drei Daseinsgruppen rūpakkhandha, vedanākkhandha und saññākkhandha sowie gerade mal 3 (von 50!) cetasika des sankhārakkhandha zusammengesetzt ist? Oder gehören sie nach MN 9 gar nicht zum sankhārakhandha? ...


    Hierzu ist noch zu ergänzen, dass es vielleicht nicht so sinnvoll ist, zu versuchen, die sich über einen Zeitraum von Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden verschiebende Semantik des Begriffs "Namarupa" nun vereinheitlichen zu wollen.


    Heutzutage gern recht schlicht mit "Bodymind" übersetzt, wurde "Namarupa" vor etwa zweitausendfünhundert Jahren, als der Buddha seine Lehre verkündete, von den damaligen weithin anerkannten zeitgenössischen Standardwerken wie folgt definiert:


    Zitat

    "Wahrlich, das was Raum genannt wird, ist durch Name und Form bestimmt. Das worin sich diese befinden, ist das Brahman, das Unsterbliche, der Atman."


    ākāśo vai nāma nāmarūpayor nirvahitā te yadantarā tad brahma tad amṛtaṃ sa ātmā


    (Chandogya-Upanishad 8.14.1)


    Die Lehre des Buddha zeichnete sich nun dadurch aus, etablierte Begriffe wie Namarupa neu zu definiereren und dabei anstelle des Postulats von absoluten "letzten" Entitäten (Brahman, Atman) eher die Relativität, Vergänglichkeit und das (gegenseitige) bedingte Entstehen der Phänomene zu beschreiben.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hm, na ja, Atman und Brahman stellen eigentlich keine Entitäten dar.
    Das macht dann die Begriffsbildung.
    Und aus der subtilen Anhaftung an begrifflichen Assoziationen entsteht dann sg. Monotheismus,
    und auch ein 'ganzes' heiliges, göttliches, Selbstbild.


    Davon abgesehen, also, wer diese Anhaftung "überwindet",
    wir sind hier in einem "Zustand" den das Herzsutra beschreibt, dem vergeht zwar Gestaltung, aber sie hebt auch wieder an:



    Das ist dann wie ne Art Schleife. Da würde ich gar nicht von einer Neudefinition 'namarupa' sprechen.
    Ihr versteht schon: ein Buddha spricht, atmet, handelt.

  • Morpho:

    ... wir sind hier in einem "Zustand" den das Herzsutra beschreibt, dem vergeht zwar Gestaltung, aber sie hebt auch wieder an ...


    Nichtsdestotrotz ein "Glücks-Zustand":



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Dann eben so:


    Zitat

    Ānanda, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Nichtsheit tritt der Bhikkhu in das Gebiet von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung ein und verweilt darin. Dies ist jene andere Art von Glück, höher und erhabener als das vorhergehende Glück."


    *


    Zitat

    Ānanda, mit dem völligen Überwinden des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung tritt der Bhikkhu in das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl ein und verweilt darin.
    Dies ist jene andere Art von Glück, höher und erhabener als das vorhergehende Glück."


    "Glück":
    Leerheit Kontakt,
    merkmalloser Kontakt,
    wunschloser Kontakt.


    Warum ? Da ist der Geist Dharma und die Erscheinungen erscheinen im 'Kontakt' als 'bloße'
    leere und merkmallose Phänomene, so wie sie 'real' auch sind, aber nun nicht verzerrt anhand unserer 'Verdunkelung' ( Verblendung ) - desser wegen das Bewusstsein denn auch schließlich 'wunschlos-"glücklich' (befriedet) verweilt - 'Verlöschen'.



    * nun "fehlt" das "herkömmliche" karmisch-gestaltende/gestaltete (Sinnes)Bewusstsein,
    die Gestaltung des Geistes hört auf, die Gestaltung des Körpers, die Gestaltung der Sprache
    (Ergreifen, Begriffe )- "Orientierung" (verständig?) nee.
    Das Herzsutra geht weiter zum Mantra und ist ja auch nen Meditationsutra.


  • Nein, das ist ja schon wieder nach dem Glücks-Zustand:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    "Freund Visākha, wenn ein Bhikkhu aus dem Erreichungszustand des Aufhörens von Wahrnehmung und Gefühl herausgetreten ist, richtet sich sein Geist auf die Abgeschiedenheit, neigt sich zur Abgeschiedenheit, strebt nach Abgeschiedenheit."


    Nicht "zum Glück", oder was ? :doubt:


    Glücklicherweise, wenn dem so ist, dann ---


    Zitat

    "Freund Visākha, wenn ein Bhikkhu aus dem Erreichungszustand des Aufhörens von Wahrnehmung und Gefühl heraustritt, steigt


    zuerst die Gestaltung des Geistes auf,
    dann die Gestaltung des Körpers,
    dann die Gestaltung der Sprache."


    "leer", "merkmallos", begierdelos


    also:

    Zitat

    betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit, vollendet und unübertrefflich



    --- wird einer sich nicht wieder verlieren (anhangen) an jene Gestaltungen, zerstreut, und wieder in Unwissenheit abgleiten


    und so sind sie eben mal zur Ruhe gekommen, mal steigen sie wieder auf,
    glücklicherweise aber:


    Zitat

    ... verlässt er die Unwissenheit, und dem liegt keine Neigung zur Unwissenheit zugrunde.

    ", und:

    Zitat

    seine Lebenskraft ist nicht erschöpft, seine Hitze hat sich nicht verflüchtigt, und seine Sinnesfähigkeiten sind gereinigt.


    Zitat

    ....nur diese Nicht-Leerheit

    (ist)

    Zitat

    gegenwärtig, nämlich die mit den sechs Sinnesgrundlagen verbundene, die von diesem Körper abhängen und durch das Leben bedingt sind.'


    Und weil das so ist, gibt es denn da auch nicht mehr so merkwürdige Fragen:


    Zitat

    14. "Was aber sind nun, Herr, die Gestaltungen und wem wieder sind diese Gestaltungen eigen?"


    oder merkwürdige Anschauungen:


    Zitat

    Wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben, und ein anderes sei der Körper,

    so gibt es keinen heiligen Wandel."


    Und sowieso:

    Zitat

    15. Nach dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens, Bhikkhu, werden alle seine Verrenkungen [112], Verzerrungen und unruhigen Seitensprünge, welche immer es seien, (nämlich):
    ,was ist Alter und Tod und wem wieder ist dieses Alter und dieser Tod zu eigen?' - oder: ein anderes ist Alter und Tod, und ein anderes ist der, dem dieses Alter und dieser Tod zu eigen wird.' -
    oder: ,Leben und Körper sind ein und dasselbe' - oder: ,ein anderes ist das Leben, und ein anderes ist der Körper.' -
    alle diese (Verrenkungen usw.) werden aufhören,
    an den Wurzeln abgeschnitten, ausgerodet [113] und vernichtet, so daß sie künftighin nicht mehr dem Gesetze des Wiederentstehens unterworfen sind.



    Nich? ;)

  • Moosgarten:

    Wat ihr alle wißt :)


    Steht in den Lehrreden. M 44


    "Drei Berührungen (wahrnehmungen), Freund Visākho, kommen den
    Mönch an, der aus der Auflösung der Wahrnehmbarkeit (saññāvedayitanirodhasamāpattiyā) hervorgekommen ist:
    1. die Berührung der Leerheit,
    2. die Berührung der Merkmallosigkeit,
    3. die Berührung der Wunschlusigkeit."


    Das ist der Bereich bzw. das Gebiet
    der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung, (nevasaññānāsaññāyatanam).
    Dort Leben die Wesen bzw. Götter dieses
    Daseinsbereichs: nevasaññānāsaññāyatanūpagānam devānam.


    Diese drei Berührungen darf man sich jetzt aber nicht so vorstellen
    wie der normale Mensch von einer Berührung oder einem Kontakt
    es sich vorstellen mag.


    Es ist eben der Bereich zwischen Wahrnehmung und
    vollständiger Nicht-Wahrnehmung. Da ist nichts was zu
    bezeichnen wäre, deswegen nennt man es leer und merkmallos und wunschlos.
    Es ist quasi ein Hauch von Bewusstsein ohne Inhalt bzw. inhaltsleer
    eine "Leerheit" sozusagen.

  • Es anders oder besser wissen zu wollen als die Patriarchen ist jedenfalls einfach nur dreist.
    Vielleicht merkt man es erst später, dass Tradiertes sich untereinander und in keinem widerspricht und das ist schon außergewöhnlich bedenkt man die unterschiedlichen Lebenszeiten und Lebensorte und Handhaben der Praktikanten.
    Mir greift das auch zu kurz: Um so ne modernistische Oberflächlichkeiten und Uneinsichtigkeiten zu begründen, taugt doch weder die Tatsache, dass der Dharma ins säkuläre Zeitalter eingetreten ist, noch die Entfremdung des Menschen von der Natur, der Welt, den Sinnen.

  • Musst du ein paar Zentimeter scrollen, vielleicht kämst du dann drauf, Interesse vorausgesetzt, denn was macht den Leben aus ? Das ist nur ne indirekte Frage, denn wir ham nix mehr zu besprechen.