Selbstliebe erlernen

  • Ich wurde gefragt, wie man sich selbst lieben lernt . Ich habe darauf keine Antwort . Kann mir vielleicht jemand helfen ? Ich persönlich würde sagen, dass ich mich schon selbst liebe , aber wie man das lernt,da bin ich überfragt

  • Willkommen im Forum.

    Das ist halt ein Satz, der eher untypisch für Buddhisten ist - das Konzept ist in der westlichen Psychologie verankert. Insofern wirst du hier buddhistische Antworten zu dem Thema finden.


    Schau mal, hier wird grade darüber diskutiert. Ist aber schon sehr theoretisch, das Ganze:

    SelbstLiebe & SelbstAnnahme im Buddhismus


    Vereinfacht würde ich sagen, man sollte sich selber und sein Leben annehmen lernen. Das mag ich lieber, denn "Liebe" ist ein sehr schwieriges Wort. Und da behaupte ich, das ist eigentlich unser natürlicher Zustand, dass wir uns annehmen. Wir werden daran gehindert durch verschiedene schädliche Angewohnheiten. Zum Beispiel haben wir im Kopf, dass wir dieses und jenes im Leben haben oder erreichen sollten. Wenn das anders kommt, bekommen wir ein Problem. Das Problem ist nicht so sehr, dass wir keine Ziele haben dürfen, sondern dass wir offen bleiben müssen, wenn es, wie so oft im Leben, anders kommt. Wenn das nicht klappt, enstehen innere Konflikte. Und die müssen wir bewältigen, um Frieden erfahren.


    Da gibt es dann verschiedene Möglichkeiten. Über sich selber nachdenken, meditieren hilft zu einem gewissen Maß. Aber manche Dinge sind so tief verankert, dass man Unterstützung braucht, z.B. in Form einer Selbsthilfegruppe oder Gesprächstherapie.

  • Moin Tulpe,

    vor 30 Jahren war ich in einer Gruppe des Buddhistischen Zentrums in Barmbek bei Klaus Lange, der auf sehr liebevolle Weise "Reisen ins Unbewusste" mit uns "machte". Eine Reise ging hinab in die Tiefe des Meeres. Jede/r sollte sich ganz hinunter begeben, das ging völlig angstfrei mit seiner Hilfe. Unten sollte man schauen, was er/sie da vorfindet. Ich habe mich da vorgefunden, zusammen gekauert, angstvoll, einsam, ein runder Klops. Da musste ich sehr weinen, habe mich in den Arm genommen und von da ab, akzeptiert, dass ich nur ein Mensch bin, der leidet, und zwar vor allem unter seinen eigenen Ansprüchen, Vorstellungen, Idealen. Seither habe ich mich immer wieder im Annehmen, Akzeptieren meiner Fehlerhaftigkeit, meiner Unvollkommenheit geübt. Seither habe ich viele glücklich Zeiten erlebt - vor allem aber friedliche, natürlich mit Einbrüchen, aber ich habe ein Werkzeug gefunden, mich aus dunklen Momenten wieder herauszubringen. Letztendlich vor allem durch das ständige Beschäftigen mit der Lehre.


    Heute liebe ich mich so wie ich bin, ohne mich zu verbiegen. Aber dies ist auch von großer Wichtigkeit geworden: Dankbarkeit und Offenheit, mich immer wieder selbst zu hinterfragen und möglicherweise zu entschuldigen. Nichts so persönlich zu nehmen, anderen Menschen ihre "Macken" zu lassen. Alles ein Ergebnis eines jahrzehntelangen Prozesses. Es hat auch mit viel Loslassen zu tun - sich selbst, andere ... Entspannen, weg von festen Gefängnismauern. Das Gefängnis ist in uns selbst, die Tür ist offen.

    All das geht nicht von heute auf morgen, aber "man" muss schon den Schritt auf sich selbst zutun. Eben vielleicht mit einer Selbsthilfegruppe.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Selbst-liebe. Da fiel mir "kein Widerstand" und sehr kurz später " Kein Widerstand heißt nicht keinen Widerspruch." Da bin ich noch nicht ganz mit durch. Was ich aber weiß ist das kein Widerstand auch ist Widerspruch zu zeigen, jedenfalls bei den Dingen die ich in der Hand habe. Kein Widerstand ist für Dinge die ich nicht in der Hand habe, aber Widerspruch wenn sich mich bedrohen. Selbstliebe erlernen scheint mit eng mit dieser Konstruktion zusammen zu hängen.

  • Ich wurde gefragt, wie man sich selbst lieben lernt . Ich habe darauf keine Antwort . Kann mir vielleicht jemand helfen ? Ich persönlich würde sagen, dass ich mich schon selbst liebe , aber wie man das lernt,da bin ich überfragt

    Eigentlich reicht es vollkommen zu erkennen das es kein Wesen gibt das ich mehr liebe als mich.

    Und, weil das so ist dieses sich selber als erstes zu lieben, auch jedem anderen Wesen zuzubiligen.

    Also, nicht nur ich liebe mich am meisten sondern auch jedes andere Wesen liebt sich am meisten.

    Wenn das so ist, warum sollte ich mir Gedanken um Selbstliebe machen?

    Ist es nicht viel wichtiger zu erfahren und zu erkennen das das für jedes Wesen gilt?

    Ich weiß aus Erfahrung wie erfreulich und friedvoll eine Partnerschaft ist bei der jeder sicher ist das er sich am meisten liebt.

    Das öffnet ein weites leeres Feld des Mitgefühls, Metta.

    (Kein Widerstand gegen die Selbstliebe, aber Widerspruch gegen Egoliebe.)

  • was bitte ist Selbstliebe ?


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Ich wurde gefragt, wie man sich selbst lieben lernt . Ich habe darauf keine Antwort . Kann mir vielleicht jemand helfen ? Ich persönlich würde sagen, dass ich mich schon selbst liebe , aber wie man das lernt,da bin ich überfragt

    Z.B. indem man sich verzeiht, anstatt in Selbsthass zu verfallen oder indem man auf sein Heil achtgibt anstatt sich gleichgültig gehen zu lassen.

  • was bitte ist Selbstliebe ?


    _()_

    Ich meinte jedenfalls nicht die esoterische Selbstliebe. Ich meinte damit sein Selbst, sein lebend sein als Ich bin zu lieben.

    Ich verstehe, was Du meinst, wenn es auch ein Selbst in dem Sinne nicht gibt, nur, wie der Buddha es sagte, die Persönlichkeit als die fünf Gruppen.

    Das zu akzeptieren und anzuerkennen könnte man in der Sprache des Allgemeinen Selbstliebe nnnn, wenn ich es auch eher als Persönlichkeits - Akzeptanz bezeichnen würde.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Ich war mal bei einen Therapeuten, der hat mich zum Anfang der Sitzung vor einen Spiegel gestellt und in etwa gefragt "was siehst du da und wie fuehlst du dich dabei". Ich habe "ich sehe mich selbst und fuehl mich halt so normal, nichts" geantwortet. Ich vermute mal der Test dient dazu , heraus zu finden, wie ein Patient grade zu sich selber steht. Wenn du dich vor den Spiegel stellst und auf deine Gefuehle achtest, wenn du in dein Gesicht schaust, kannst du festmachen ob du dich grade selber liebst (oder hasst, oder dir selbst egal bist usw).

    Selbstliebe heisst fuer mich, eine starke Zuneigung zu mir zu haben und das grundlos (also nicht wegen irgendwelcher Leistungen). Es hat auch was von Waerme, Zufriedenheit und leichter Euphorie in sich.


    @Monikadie4. Weisst du vielelicht noch wielange du gebrauchst damit sich der Zustand laengere Zeit aufrecht erhaelt, sagen wir ein paar Stunden bis einen Tag?

  • @Monikadie4. Weisst du vielelicht noch wielange du gebrauchst damit sich der Zustand laengere Zeit aufrecht erhaelt, sagen wir ein paar Stunden bis einen Tag?

    Nein, Jonny, das weiß ich nicht mehr. Aber seit der Zeit habe ich unglaubliche, wunderbare längere Zeiten erlebt. Ich war im Grunde frei davon, ob ich mich liebe oder nicht. Die Frage stellte sich einfach nicht mehr. Da ist ja nun auch schon 30 Jahre her. Seither gab es meistens friedvolle Gefühle. Wenn ich "Einbrüche" hatte, dann wusste ich relativ schnell, wie ich wieder in die Mitte komme. Durch eine Aufarbeitung der Erlebnisse und Gefühle meiner Tochter wurde ich nochmal in den letzten Jahren in sehr traurige (mich selbst hassende) Verfassungen gezogen. Aber das war richtig so. Ich hatte ein falsches Bild von der Vergangenheit. Jetzt ist sie geheilt, denn zu unserem Glück ist meine Tochter vertraut mit Achtsamkeit, seelischen Zusammenhängen, Schmerzen, Verlustängsten.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich wurde gefragt, wie man sich selbst lieben lernt . Ich habe darauf keine Antwort . Kann mir vielleicht jemand helfen ? Ich persönlich würde sagen, dass ich mich schon selbst liebe , aber wie man das lernt,da bin ich überfragt

    Ich würde sagen mit Rechter Rede anfangen, also nie ein hartes Wort sagen gegen andere und sich selbst. Dann versuchen immer anderen und sich selbst egenüber freundlich zu sein (der Dalai Lama soll gesagt haben: "Meine Philosophie ist Freundlichkeit"). Wichtig ist zu versuchen ohne Ausnahme freundlich zu sein. Wenn man sich nicht dieses Ziel steckt, ist es schnell vorbei damit. Wenn jemand sich inakzeptabel verhält, natürlich nicht die Wange hinhalten, sondern sagen, dass nicht akzeptabel. Aber auch hier nicht aus einem freundlichen Wesen herausfallen.


    Sonst würde ich noch versuchen täglich Metta-Meditation zu machen als täglich Grundübung. Mit der Zeit bemerkt man eine Bewusstseinsänderung. Um die geht es. Erst dann kann Freundlichkeit zu sich selbst entstehen.


    Mit der berühmten Achtsamkeit die eigenen Gedanken beobachten und die Gedanken erkennen, die einen selbst herabsetzen. Diese Gedanken vorbeiziehen lassen, wenn sie Unsinn sind, die der Geist erzeugt. Haben sie eine gewisse Berechtigung, dann schauen durch welches Verhalten sie entstehen und versuchen dieses Verhalten zu ändern.


    Jedenfalls ist das was ich hierzu schreiben würde ;-).

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Den folgenden Begriff fand ich lange ganz schlimm, aber es ist eine Opferhaltung in der man bleibt, auch wenn die Gefahr längst vorüber ist.

    Kann ich nachvollziehen, aber der Begriff trifft es einfach. Man war damals als Kind Opfer, und hat dann bestimmte Entscheidungen getroffen (ich bin nicht gut genug/ich muss mich anstrengen, ...).


    Durch Liebe kann "man" (alle Persönlichkeitsanteile, nicht nur der Opferteil) diese alten Verletzungen anschauen und ertragen, und damit aus der alten Opferrolle treten. So wie Du geschrieben, das Opfersein ist ja schon ewig vorbei.


    Dabei kann man nichts überspringen. Die Leichen im Keller müssen angeschaut werden, es darf Luft an alte Themen kommen, dann beginnen sie zu heilen.

    Genau. Der Witz an der Sache ist ja, dass man unbewusst meint, man würde diese Konfrontation nicht aushalten. Das ist ein Teil des unbewussten Schutzes, um diese alten Entscheidungen nicht zu hinterfragen, um nicht wieder zum Opfer zu werden. Und das stimmt halt einfach nicht, wenn man gut vorbereitet ist und seine Kompetenzen nutzt, die man mittlerweile entwickelt hat.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Mit ist noch ein Satz vom Dalai Lama eingefallen: "Meine Philosophie ist Freundlichkeit". Das ist ein sehr kluger Satz. Ich habe so die Vermutung, dass er eigentlich alles enthält. Aus anderen und sich selbst gegenüber freundlich zu sein erwächst u.a. auch Selbstliebe. Die Selbstliebe direkt ansteuern kann man nicht sonst geht man immer in die Falle der Egozentrik. Sie entsteht indirekt, indem man versucht ein freundliches Wesen zu entwickeln. Vermutlich hat ein freundlicher Mensch tatsächlich gar kein Bedürfnis nach Selbstliebe. Es wird nicht benötigt, weil die Freundlichkeit erfüllend ist.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn