Buddhismus unter dem Regenbogen

  • Der Buddhismus widmet sich der Überwindung von Gier und Hass und der Kultivierung von Geduld. Deswegen kannst du in jede buddhistische Gruppe gehen, ohne dort Anfeindung und Ablehnung erleben zu müssen. Aber ist das so?


    Ja, das hab ich ja auch gefragt. Ich denke schon, dass es so ist. Oder anders: Abgelehnt werden kann ich auch deswegen, weil ich zu jung, zu alt, zu hässlich, zu reich, zu dick etc. bin. Einen sogenannten "safe space" gibt es nun mal nicht in der realen Welt. Auch Buddhisten werden ja von avija übermannt oder haben zeitweise Dünkel, die sie nicht klar sehen lassen. Da hilft es dann, das jenige klar anzusprechen. Wer dies nicht kann, sollte dies trainieren.

  • Verstehst du worauf ich hinaus möchte?

    Jap, ziemlich gut sogar.


    Der Grund, wieso ich dennoch denke, dass so eine Gruppe erst einmal durchaus valide ist, hat void ganz gut zusammen gefasst:


    Und das betrifft dann auch buddhistische Gruppen. Da wäre es dann schön, wenn man sagen könnte: Der Buddhismus widmet sich der Überwindung von Gier und Hass und der Kultivierung von Geduld. Deswegen kannst du in jede buddhistische Gruppe gehen, ohne dort Anfeindung und Ablehnung erleben zu müssen. Aber ist das so?


    Man kann ja u.a. an der DBU - oder auch an vielen Beiträgen hier im Forum - sehen, dass die Interpretation des Dharma sich zwischen einzelnen "Gruppierungen" durchaus stark variiert. Wenn wir es schaffen würden diese Probleme zu überwinden, dann würde wahrscheinlich einiges einfacher.

    _()_

  • Da hast du Recht, sicherlich. Aber wir sprechen ja hier von der prägenden Kultur. So könnte man auch durchaus von einem deutschen Buddhismus sprechen, vielleicht in 100 Jahren. Aber wahrscheinlich verliert dann keiner ein Wort über einen "queeren Buddhismus". Aber noch mehr finde ich, dass Ausgrenzung eben selbst gemacht wird, indem man solche Nieschen eröffnet, denn da will man ja auch "unter sich" sein, was ich nicht verübeln kann. Aber ein asexueller oder was weiß ich kann doch in eine "normale" Gruppe gehen, wo ist das Problem?


    Für mich ist das eher so ein Ego Ding wo es um erzwungene Beachtung geht. Ich denke nicht (und das ist ja auch gut und recht so) dass Menschen mit XY Präferenzen in "normalen" Gruppen deswegen abgelehnt werden. Was ich damit sagen will: Es wird ein Faß aufgemacht, wo es überflüssig ist. Außer mir erzählt jetzt einer, dass er aus dem Zentrum XY rausgeworfen wurde WEIL er schwul etc. ist. Das wäre ein Problem. Aber findet so etwas statt? Vielleicht bin ich auch nur weltfremd, aber mir ist so etwas nicht bekannt.


    Ich habe den Begriff "queerer Buddhismus" nicht verwendet. Ich habe in nur den Begriff "Queer Dharma" erklärt und habe gesagt, dass es derzeit ein Label für Dinge, die von den bisherigen Traditionen nicht beachtet oder gar unterdrückt wurden. Hier ist der Link zu meinem Originalpost. Ich finde es wichtig, dass dies untersucht wird. Dies führt zu einer kritischen Betrachtung der buddhistischen Sexualethik. Dieser Beitrag ist ein ein sehr guter Einstieg in das Thema. Ich finde die Sichtweise "neumodisch" vs. "traditionell" für zu kurz gegriffen. Derzeit gibt es einen Dialog zwischen Moderne und Tradition, wobei moderne Sichtweisen eben die Tradition hinterfragen. Da werden eben Fragen gestellt, z.B. will ich aus diesem Artikel zitieren:


    Zitat

    Zum besseren Verständnis hier die indischen und tibetischen Quellen im Wortlaut, sie besagen:

    • dass männliche Homosexualität verboten ist, aber weibliche nicht,
    • dass nichts anderes erlaubt ist als Penis-Vagina-Koitus, und dieser nur nachts,
    • dass es für verheiratete Männer in Ordnung ist, Prostituierte anzuheuern,
    • dass Polygamie erlaubt ist,
    • dass Männer jederzeit das Recht über den Körper ihrer Frauen haben – außer wenn die Ehefrau das Ein-Tages-Gelübde genommen hat. Doch selbst dann verliert die Frau ihr Recht, ihren Ehemann abzuweisen, wenn sie nicht vorher die Erlaubnis erhalten hatte, das Gelübde zu nehmen,
    • und schließlich, dass einer Reihe von Personen aufgrund ihrer sexuellen bzw. oder geschlechtlichen Identität oder ihrer anatomischen Eigenschaften die Ordination verweigert werden muss – Männern hauptsächlich wegen anomaler sexueller Begierden und Frauen überwiegend wegen anomaler sexueller Anatomien.

    Wer bereit ist, die sexuellen Lehren der Tradition buchstabengetreu zu akzeptieren, legt sich fest, nach diesen Richtlinien zu leben. Aber ist dies wirklich die Art sexueller Ethik, die wir verinnerlichen sollten – ein Leben diktiert von Jahrhunderte alten Normen? Aber was ist die Alternative? Und wie rechtfertigen wir eine andere – und ich würde behaupten, eine angemessenere – sexuelle Ethik?


    Dieselben Diskussionen lassen sich auch bei den thailändischen Schriften nachvollziehen. Auch fort dort wurde geschlechtliche und sexuelle Identitäten tabuisiert und diskriminiert. Auch das ist Teil buddhistischer Geschichte und wurde auch von thailändischen Modernisierern aufgegriffen.


    Wenn Dir der Begriff "Queer Dharma" nicht zusagt, kann ich es verstehen. Dahinter stehen Ansätze, Traditionen zu hinterfragen und auch genau zu untersuchen, was in den frühbuddhistischen Schriften steht. Hier wurden einige ausgeblendet und nur der Ausschluss der Paṇḍaka in die Tradition übernommen, und eben mit Buddhagosa aber auch Asanga und Vasubandhu fortgeführt. Es geht also nicht nur um Tsongkhapa.


    Du hast ein anderes Thema angesprochen: Wie geht es denn queeren Buddhist_innen? Ich bin die ganze Zeit ausgegangen, dass es ihnen gut in ihren Sanghas geht. Aber durch Gespräche bin ich hellhörig geworden. Es gibt Transgender, die erzählen, dass asiatische Lehrer sie nicht verstanden und meinten, sie seien von Geistern besessen. Ich habe mit lesbischen Frauen gesprochen, die sich nicht wohl in ihren Sanghas fühlen und ich kenne auch Menschen, die sich nicht in ihren Sanghas outen wollen. Ich bin mit einigen dieser Personen im Gespräch und andere werde ich kennenlernen. Auch das ist Sinn und Zweck der Initiative "Buddhismus unter dem Regenbogen". Ich hoffe, dass Du Verständnis hast, dass die Gruppe der Betroffenen diese Dinge erst einmal untereinander aussprechen und überlegen wollen, wie wir damit umgehen. Wir wollen auf keinen Fall uns den Mantel des Opfers anziehen. Wir auch nicht den Finger auf jemanden richten, sondern das Gespräch suchen. Unser Ziel ist es nicht zu spalten, sondern wir wollen in Diskussion kommen. Und ebenso wollen wir auch beratend wirken und auch Lehrende und Retreatzentren sensibilisieren z.B. für die spezielle Situation von Transgender, nicht-binären und intersexuellen Menschen. Wir hoffen, dass sich dadurch dann auch diese Menschen sich öffnen können und sich wohl und verstanden in ihren Sanghas fühlen (sofern sie es nicht tun).


    Ich glaube, ich habe jetzt schon sehr viel geschrieben, aber ich will noch etwas sagen zu dem Wort "Präferenzen". Es geht hier mehr als das. Es geht um Identitäten, die wahrscheinlich tief in der Biologie verwurzelt sind und deren Akzeptanz hin oder wieder (ich meiner eher oft) ein schmerzhafter Prozess war. Es geht um Kultur in den Communities, also Identitätskonstruktionen des Geistes, die wir auch (und auch teilweise kritisch) reflektieren. Und es geht auch um Leid. Und es ist auch eine Erkenntnis, dass einige (nicht alle) queere Personen es heilsam empfanden, ein Retreat mit anderen queeren Menschen zu besuchen. Die Thich Nhat Hahn-Tradition ist hier z.B. sehr weit. Es gab Retreats im EAIB, in Plumville und auch in Paris hat sich das gegründet. Dort ist es schon ein Teil der Tradition genauso wie die Retreats von Thich Nhat Hahn für People of Color. Und solange dies als heilsam empfunden wird, weil es Menschen hilft, wird es diese auch geben. Wenn Dich interessiert, warum, ich habe z.B. auch den Bericht eines schwulen Mannes gepostet, der mehrere Jahre in Plumville lag.


    Ich hoffe, ich habe nun einige Dinge auf die Schnelle erklären können und wünsche noch einen schönen Abend. Wenn nicht, dann antworte ich gerne noch morgen und übermorgen - dann lege ich mehr digitale Pausen ein.

    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

    Einmal editiert, zuletzt von Dharma Buddy ()

  • Hallo Schueler,


    das hast du sehr gut ausgeführt und hat mich überzeugt. Du hast das hinein gepackt, was ich hinterfragt habe. Weil dies wichtig ist, zitiere ich es erneut:


    Du hast ein anderes Thema angesprochen: Wie geht es denn queeren Buddhist_innen? Ich bin die ganze Zeit ausgegangen, dass es ihnen gut in ihren Sanghas geht. Aber durch Gespräche bin ich hellhörig geworden. Es gibt Transgender, die erzählen, dass asiatische Lehrer sie nicht verstanden und meinten, sie seien von Geistern besessen. Ich habe mit lesbischen Frauen gesprochen, die sich nicht wohl in ihren Sanghas fühlen und ich kenne auch Menschen, die sich nicht in ihren Sanghas outen wollen. Ich bin mit einigen dieser Personen im Gespräch und andere werde ich kennenlernen. Auch das ist Sinn und Zweck der Initiative "Buddhismus unter dem Regenbogen".


    Solchen Strömungen entgegen zu wirken in einem geschlossenen Kreis halt ich für notwendig und legitim. Ich habe dahingehend "eure Mission" falsch ausgelegt.


    Es geht hier mehr als das. Es geht um Identitäten, die wahrscheinlich tief in der Biologie verwurzelt sind und deren Akzeptanz hin oder wieder (ich meiner eher oft) ein schmerzhafter Prozess war. Es geht um Kultur in den Communities, also Identitätskonstruktionen des Geistes, die wir auch (und auch teilweise kritisch) reflektieren.


    In diesem Sinne würde ich das als Arbeitsgruppe sehen. Die kritische Reflexion ist gut.


    Ich möchte dahingehend nur noch etwas persönliches äußern:


    Ich sehe es als eine Gefahr, sich zu tief in solche Thematiken zu verstricken. Das ist keine Kritik an eurer Mission, sondern eher ein "Praxistip", auch wenn ich kein Lehrer bin. Manche haben mit revolutionären Thesen ihr ganzes Leben verschwendet, manche waren erfolgreich. Doch der soziale Kontext ist belanglos wenn wir ihn in Richtung Tod betrachten. Man könnte auch sagen, es sind wichtige, aber weltliche Themen. Ihnen ein zu tiefes Engagement zu widmen halte ich für nicht zielführend im Hinblick auf das Dharma. Denn, so meine ich, sind es keine kernbuddhistischen Thematiken.


    dass es für verheiratete Männer in Ordnung ist, Prostituierte anzuheuern,


    Hier sollte der verheiratete Mann schauen, welches Karma er durch seine Handlung erschafft. Wichtig sollte es doch sein, was der Buddha uns geraten hat. Der Buddha hat sexuelles Fehlverhalten klargemacht, und dies zähle ich dazu. Eigentlich ist es schon absurd, sich über so etwas auszutauschen, ob es nun "modern" oder "traditionell" ist. Nichts von beiden, es sind soziale Gegebenheiten, die meist völlig aus dem Ruder laufen, weil man sich nicht mit dem ursprünglichen Dharma beschäftigt. Man sollte dahingend im Bereich der "sexuellen Ethik", wie du es nennst, nicht obszessiv werden wie so mancher muslimischer Gelehrte.


    Zitat

    Wieso ist im indisch-buddhistischen Denken eine Trennung von Sexualität und Fortpflanzung vorstellbar? Wieso löst dort ein gleichgeschlechtliches Begehren weniger Aufregung aus? Weder in den Frühschriften noch in den späteren indischen Kommentaren lassen sich dazu – in Bezug auf Nicht-Ordinierte – tiefere Betrachtungen finden.


    Quelle: Buddhistische Sexualethik im gesellschaftlichen Kontext – Jörg Lindner | Sexualität | Ethik



    Lange Rede, kurzer Sinn:


    Es wird überall veraltete Sichtweisen geben, ob in Thailand oder in Deutschland. Mitgefühl und Akzeptanz kann niemals erzwungen werden, auch nicht mit soliden Fakten und klaren Bekenntnissen. Man sollte seine "Mission" also realistisch einschätzen und vor allem das Dharma nicht aus dem Auge lassen. Aber das ist bei vielen Themen so, zahlreiche Buddhisten lassen sich auf die Politik ein und gehen, über kurz oder lang verloren, da sie in Tümpeln leben, unedel, weltlich. Ein Teil der buddhistischen Praxis, so wie ich sie sehe, ist der Drang, sich über gesellschaftliche und soziale Themen zu erheben. Seinen Geist nicht binden zu lassen. Sein Selbstbild zu bearbeiten, im Idealfall fallen zu lassen. Und nicht es in irgend einer Richtung hin zu verstärken. Denn die Frage ist ja nicht hauptsächtlich ob "Trans oder Nicht", sonder "was ist der Geist?", wie wird er verunreinigt, wie bildet sich ein Selbst, wie entsteht die Anhaftung daran, wie kann man sie erkennen, aufweichen, auflösen. In diesem Sinne sehe ich einige Gefahren in eurer Mission...aber natürlich auch Gutes, daher wünsche ich euch viel Glück und viel Erfolg bei den "Herzensöffnungen"!

  • Buddhismus existiert doch seit 2500 Jahren und zwar meistens in Gesellschaften die eher reaktionär war. Von daher stellt sich die Frage inwieweit der Dharma an sich humanistisch ist oder ob das eine moderne Projektion ist.


    Ich glaube, beides ist richtig zumindest bzgl. queeren Menschen. Im Palikanon findet man beides: Geschätzte Mitglieder der Sangha waren Pandaka - und in der Vinaya finden wir die Geschichte, dass Buddha es Menschen, die wir heute transgender nennen, denen der Buddha erlaubte, von der Bikkhu- in die Bikkhuni-Sangha und umgekehrt zu wechseln. Aber es findet sich auch das Verbot, Pandaka zu ordinieren. Wissenschaftler glauben, dass der Buddha zum Schutz der Sangha gehandelt hat, denn sie war ja auch Unterstützung angewiesen und damit auch von Menschen, die homo- bzw. transphob waren. Buddha hat das aber nie verdammt. Deswegen glaubt man, dass die diskriminierende Haltung der damaligen Gesellschaft sich auf die Sangha übertrug. Forscher glauben auch, dass die ablehnende Haltung von Buddhagosa, Asanga. Vasubandhu eben in den damaligen Moralvorstellungen ihrer Zeit begründet waren. Und das floss in den Dharma ein. Sie diskutierten, ob ein Pandaka Erleuchtung erlangen könne oder nicht. Und wenn ich mich richtig erinnere, steht im Lotus-Sutra, dass Ananda sich nicht neben Pandaka setzen sollte.


    Wenn man aber in die Geschichte guckt, wird man eine große Diversität finden. In der japanischen Kultur kenne ich mich nicht aus, aber der Legende soll Kukai, der Begründer des Shingon-Buddhismus homosexuelle Liebe nach nach Japan gebracht haben. ich glaube, dass es sehr stark kodifizierte Beziehungen waren zwischen älteren und jüngeren Männern, was später in die Samurai-Kultur überging.


    Interessanter finde ich die Lage in China. Es gibt viele Aufzeichnungen über die Männer in Fujian, die lebenslange Bindungen zu anderen Männern eingingen. Während der Qing-Dynastie entwickelte sich der Orden der 10 Schwestern - eine Ordensgemeinschaft von Frauen. Für Frauen, die der Verheiratung entgehen wollten, war die Ordination die einzige Möglichkeit. Viele dieser Frauen lebten als Paare und banden sich lebenslang durch Eide aneinander, die meines Wissens sogar gesetzlich wirksam waren. Sie adoptierten Waisen und setzten sie als gesetzliche Erben ein. Als Bodhisattva wählten sie passenderweise Weise Guan Yin. Der Orden bestand weiter als "Schwestern der Goldenen Orchidee" und wurde erst 1949 durch die KP aufgelöst.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

    Einmal editiert, zuletzt von Dharma Buddy ()

  • Und das betrifft dann auch buddhistische Gruppen. Da wäre es dann schön, wenn man sagen könnte: Der Buddhismus widmet sich der Überwindung von Gier und Hass und der Kultivierung von Geduld. Deswegen kannst du in jede buddhistische Gruppe gehen, ohne dort Anfeindung und Ablehnung erleben zu müssen. Aber ist das so?

    Das würde ich schön finden und für eine solche Offenheit setze ist mich ein :)


    In anderen Ländern haben Buddhist_innen viel stärker Stellung bezogen. Taiwan ist das erste asiatische Land, das die gleichgeschlechtliche Ehe einführte. Es gab da einen Kulturkampf, der von Evangelikalen geführt wurde, die von den US-amerikanischen Megakirchen finanziert wurden. Ab der Seite der LGBT-Bewegung stand die Nonne Shi Chao-hwei. Hier spricht sie auf einem CSD: 2012台灣同志遊行 釋昭慧法師 來自人間宗教的祝福 Shih Chao-hwei blessing - YouTube und hier segnet das lesbische Paar, das eine Ehe einging: 2012-08-11First! Buddhist style Lesbian marriage - YouTube


    Ich kenne in Deutschland erst ein schwules Paar, das sich in einem buddhistischen Kloster segnen ließ. Es hat den beiden sehr viel bedeutet. Ich würde mich freuen, wenn so etwas häufiger vorkommen würde.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

  • Ich sehe es als eine Gefahr, sich zu tief in solche Thematiken zu verstricken. Das ist keine Kritik an eurer Mission, sondern eher ein "Praxistip", auch wenn ich kein Lehrer bin. Manche haben mit revolutionären Thesen ihr ganzes Leben verschwendet, manche waren erfolgreich. Doch der soziale Kontext ist belanglos wenn wir ihn in Richtung Tod betrachten. Man könnte auch sagen, es sind wichtige, aber weltliche Themen. Ihnen ein zu tiefes Engagement zu widmen halte ich für nicht zielführend im Hinblick auf das Dharma. Denn, so meine ich, sind es keine kernbuddhistischen Thematiken.

    Zuerst einmal möchte ich mich bedanken für Deine Offenheit und Deinen Zuspruch. _()_


    Ich hoffe auch, dass wir uns nicht verstricken. Wir haben diese Diskussionen selber auch geführt. Wir verstehen und zum Glück Traditions-übergreifend. Es gibt unter uns nicht nur Praktizierende, die sich dem engagierten (Mahayana-) Buddhismus zurechnen, sondern z.B. auch der Waldtradition des Theravada. Ich sehe das als Stärke, da wir auf die Gemeinsamkeiten blicken und damit auf den Kern der Lehre. Deswegen haben wir die Selbstdarstellung mit dem Satz begonnen: "Das Dharma ist zeitlos und für alle gleich, der Zugang ist es nicht." Aber ja, wir werden auch mit Sicherheit Fehler machen - das liegt nun mal in der Natur der Dinge. Aber es wird uns hoffentlich helfen, dass wir uns eben nicht abspalten wollen sondern die Diskussion und Nähe suchen. Wir werden das auf den kommenden Veranstaltungen der DBU auch tun. Und ich bin mir sicher, dass uns die kritischen Fragen und die Diskussion helfen werden, den Pfad zu gehen - zusammen mit den anderen Buddhistinnen und Buddhisten. In diesem Sinn sind wir nämlich nichts Besonderes und wollen es auch nicht sein.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

    Einmal editiert, zuletzt von Dharma Buddy ()

  • Natürlich sind wir nicht der Körper und wir sind auch nicht unsere sexuelle Identität, von einem philosophischen Standpunkt aus gesehen. Trotzdem gehört sexuelle Identität zu einer der Identitäten, die unser Leben bestimmen. Deshalb muss man sie auch beachten. Du kannst auch sagen "ich bin nicht meine Sprache" und den ganzen Tag durch eine deutsche Großstadt laufen und vietnamesisch sprechen. Dann wirst Du aber irgendwann an den Punkt kommen, dass Du im Alltag nicht voran kommst, wenn Du Dich nicht mit Menschen triffst, die ebenfalls vietnamesisch sprechen. Grundsätzlich hat jede Minderheit an Anrecht darauf, sich als Minderheit zu organisieren. Die Angehörigen der Mehrheit haben das m.E. nicht zu diskutieren oder zu bewerten.

  • Natürlich sind wir nicht der Körper und wir sind auch nicht unsere sexuelle Identität, von einem philosophischen Standpunkt aus gesehen. Trotzdem gehört sexuelle Identität zu einer der Identitäten, die unser Leben bestimmen. Deshalb muss man sie auch beachten. Du kannst auch sagen "ich bin nicht meine Sprache" und den ganzen Tag durch eine deutsche Großstadt laufen und vietnamesisch sprechen. Dann wirst Du aber irgendwann an den Punkt kommen, dass Du im Alltag nicht voran kommst, wenn Du Dich nicht mit Menschen triffst, die ebenfalls vietnamesisch sprechen. Grundsätzlich hat jede Minderheit an Anrecht darauf, sich als Minderheit zu organisieren. Die Angehörigen der Mehrheit haben das m.E. nicht zu diskutieren oder zu bewerten.

    Ich stimme zu, dass ich die von Dir angesprochenen Bewertungen oft problematisch finde. Was die Diskussionen angeht, passieren sie einfach. Es gibt queere Sanghas in vielen Ländern, beginnend mit den Staaten, in England, Frankreich, aber auch in Australien usw. usw. Und alle, mit denen ich gesprochen habe, haben mir gesagt, dass es Diskussionen geben wird. All diese Gruppen wurden in Frage gestellt. Nur reine Frauengruppen interessanterweise nicht. Das hat meiner Ansicht nicht nur mit der traditionellen Geschlechtertrennung in monastischen Gemeinschaften zu tun sondern auch damit, dass Männer es akzeptieren, wenn Frauen auch unter sich bleiben wollen. Umgekehrt nehmen sie sich in manchen sozialen Verbänden auch gerne das Recht heraus, ebenso so unter sich zu bleiben.


    Ich finde das Phänomen, dass queere Gruppen in buddhistischen Zusammenhängen sofort hinterfragt werden, für sehr interessant. Warum findet das statt? Ich weiß es nicht. Ich glaube aber, dass es da (teilweise unbewusste) Befürchtungen gibt:

    • Es wird als impliziter Vorwurf empfunden: "Sind wir etwa nicht inklusiv?"
    • Man befürchtet eine Spaltung und unterstellt das sehr schnell - ohne nachzufragen. Und gerade das finde ich interessant. Steckt dahinter die Angst vor Verlust?
    • Man bringt es schnell in die Nähe zu einem Lifestyle-Bindestrich Buddhismus der Art "Zen oder die Kunst meinen veganen Joghurt zu löffeln", um es einmal pointiert auf die Spitze zu bringen.

    Ich will jetzt nicht sagen, dass dies in diesem Thread geschehen ist und ich will auch keine Motive unterstellen. Aber zwei Dinge finde ich tatsächlich interessant:

    • Wieso kommen diese Fragen speziell bei queeren Gruppen so sicher wie das Amen in der Kirche?
    • Wieso kommt eher selten eine Reaktion der Art: "Interessant, erzähle doch mal bitte mehr über die Gründe."

    Ich weiß es nicht. Und ich will niemanden im Thread etwas unterstellen. Es ist eben so, dass ich ein Muster sehe, das ich noch nicht verstehe.


    Und zum Schluss noch ein anderer Aspekt: Für einen Angehörigen einer Minderheit ist das nicht neu. Das Problem ist, dass jede Mehrheit (mich eingenommen, denn in anderen sozialen Zusammenhängen bin ich wiederum in der Mehrheit) eine Minderheit immer befragt, ggf. unbewusst. Bei einem Café konnte ich das sehen. Eine farbigen Frau bedient dort und ich habe bei jedem Besuch erlebt, dass sie gefragt wurde, woher sie denn käme. Sie antwortet im perfekten Dialekt der Region, dass sie hier geboren sei. Angehörige einer Minderheit müssen sich ständig erklären. Dieses Phänomen wird von Wissenschaftlern "Mikroaggression" genannt. Diese sind nicht böswillig und oft nicht bewusst, aber es sind immer dieselben Fragen, die irgendwann kommen. Psychologisch hat das zwei Effekte: Erstens fühlt man sich ausgegrenzt und zweitens finden sich viele Angehörigen einer Minderheit in ihrer Gruppe wohl, weil man sich einfach so akzeptiert und nicht erklären muss. Dieses führt dazu, dass sich Subkulturen bilden. Ich kenne nun viele Buddhisten die sofort aufhorchen und sofort Identitätsbildung des Geistes sehen. Das ist richtig, verkennt aber zwei Dinge:

    • Diese Identitätsbildung kann auch ein Ort von Gemeinsamkeit, Aufbruch und Heilung sein. Gerade in der queeren Szene waren gesellschaftliche Verbesserungen nur möglich, da sich ein Netz von Hilfe- und Selbsthilfegruppen bildeten: Beratungsgruppen, Unterstützungsgruppen für spezielle Menschen in besonderen Situationen, z.B, die AIDS-Hilfe usw. usf. Es ist eben nicht so, dass die Identitätsbildung unreflektiert stattfindet. Gerade in einer diversen Community und in der Hilfe für andere Menschen reflektiert man sich oft sehr gut. Auch eine Gruppe kann helfen, dass "Ich" zu transzendieren oder dass man sich diesem zumindest bewusst wird.
    • Interessanterweise sieht man die Identitätsbildung bei fremden Gruppen sofort und viel besser als bei der eigenen. Auch das ist eine Falle unserer Egos. So betrachtet man sich schnell als "normaler" Buddhist, fest verankert in einer Tradition. Zu sehen, dass es hier auch subtile Identitätsbildungen gibt, die teilweise nicht unkritisch sind, ist viel schwieriger. Jedenfalls habe ich das auch bei mir feststellen können, denn auch ich bin ebenso "normaler" Buddhist und identifiziere mich auch mit Traditionen, bin mir dem aber hoffentlich bewusst.

    Das sind so meine Erfahrungen und Gedanken zum Thema. Vielleicht liege ich hier auch falsch und unterstelle ebenso Dinge. Aber allein die Tatsache, dass diese Diskussion so sicher auftaucht wie das Amen in der Kirche, zeigt, dass sie geführt werden sollte. Deswegen bin ich dankbar für alle Beiträge hier.


    Und um ganz ehrlich zu sein, sehe ich das als gute Übung für meinen Gleichmut. Das gilt auch für die Phänomene, die ich "Mikroaggression" nannte. Wie häufig hat man mich gefragt: "Und wer von Euch ist die Frau?" Da diese Frage auch einen sexuellen Aspekt hat, empfinde ich sie als eher privat und wundere mich immer, wie schnell das gestellt wird. Aber die Frage zeigt doch, dass viele Menschen sehr stark in binären Kategorien denken und diesen meiner Meinung auch anhaften. Ich will jetzt nicht weitere Beispiele nennen, denn ich habe schon genug geschrieben. Es ist eben so, dass eine Minderheit von der Mehrheit immer hinterfragt wird. Es ist auch immer so, dass eine Minderheit für eine Mehrheit nicht die oberste Priorität besitzt. Damit muss diese Gruppe leben und das tut sich am besten mit einer Portion Gleichmut.


    Zum Schluss hoffe ich, dass ich mit meinen Gedanken (und teilweise Spekulationen) niemandem auf die Füße getreten bin. Und ich sympathisiere auch mit Dir, weil Du diese Diskussion und Bewertung nicht willst. Aber ich glaube auch, dass sie in Teilen unausweichlich und auch notwendig ist.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

    2 Mal editiert, zuletzt von Dharma Buddy ()

  • also, ich mag mich da nicht weiter reinhängen, kann dir aber Dharma Buddy versichern, dass ich bei Tierschützer - Buddhismus Gruppen und engagierte - Buddhisten Gruppen an ähnliche Dinge denke, wie hier von Fǎ Fá ausgeführt wurden.


    es hat nicht unbedingt was exklusiv mit ‚euch‘ zu tun, soweit es mich betrifft.


    auch hätte mich mein Weg bestimmt nicht in eine exklusive Frauengruppe geführt, jedoch waren eine Zeit lang weibliche Vorbilder, lebendige und geschichtliche sehr wichtig um mich wohl zu fühlen. Inzwischen ist es für mich (weitgehend?) erledigt, Dharma kennt kein Geschlecht. Diejenigen Frauen, die eher politisch aufzeigen, wo der Buddhismus sexistisch ist, haben mich eher nicht so inspiriert....


    soweit als kleines puzzelsteinchen unter vielen...


    liebe Grüße

    Danke für Dein Feedback. Wie gesagt wollte ich auch niemanden etwas unterstellen. Ich bin dankbar für jedes Puzzlesteinchen, wie Du es so schön genannt hast.


    Und ich kann auch Deine Einstellung zu Frauengruppen nachvollziehen, auch wenn ich noch nie in einer war. Persönlich glaube ich, dass beides einen Wert hat: Manchmal braucht es "Politikerinnen", die patriarchalische Strukturen beim Namen nennen. Inspirierend finde ich aber auch diejenigen, die die Geschichte untersuchen und die Aspekte, die eben nicht (von den Männern) erzählt werden. Es gibt ein tolles Buch ZenFrauen - Jenseits von Teedamen, Eisernen Jungfrauen und Macho-Meisterinnen, das ich inspirierend fand. Es zeigte, dass Frauen kreativ seien mussten, denn sie waren im alten China gesellschaftlich viel eingeschränkter. Es war für sie schwieriger, Nonne zu werden, und sie konnten sich aus Angst vor Überfällen auch nicht so im Land bewegen, wie die Männer. Und so war ihre Praxis auch anders. Sie mussten kreativ werden und mehr soziale Arbeit leisten, um Unterstützung zu erhalten. Sie setzten sich auch mit ihren Körpern anders auseinander und meditierten z.B. vor Spiegeln. Und während es bei Männern in der Praxis im monastischen Zusammenhang oft darum ging, durch Regeln das männliche Ego kleiner zu machen, waren Sie sich bewusst, dass es auch positive Aspekte in der Selbstbehauptung ging und erarbeiteten sich diese Dinge. Das ist auch natürlich in einer Gesellschaft, die vom Konfuzianismus geprägt war mit seinen strikten Rollenbildern. Und so war ihr Zen auch anders. Sie schufen sich in ihrer Situation ihre Kultur des Erwachens, die sich von der der Männer in Teilen unterschied. Mir war das unbekannt, denn ich kannte nur die von Männern überlieferter Tradition, "die" Tradition, die Frauen geflissentlich ausließ.


    Du sprichst eine spannende Frage an: Hat Dharma kein Geschlecht? Ich sympathisiere mit dieser Einstellung und merke auch in meiner Praxis, die Klarheit, die offene Weite, kein Geschlecht kennt. Aber Dharma als Doktrin schon: Da haben Männer definiert, dass Frauen als Männer wiedergeboren werden müssen und diese Doktrin wird von vielen noch geglaubt. Und somit die Dharma-Praxis kennt Geschlechtlichkeit. Gerade bei asiatischen Frauen habe ich erlebt, dass sie ihre Aufgabe darin sehen, die Männer zu unterstützen um als Mann wiedergeboren zu werden. Aber das ist auch nur ein Teil der Geschichte. Ich fand den Bericht über japanische Tempelfrauen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Buddhismus Aktuell" sehr erhellend, denn sie zeigt, wie vielfältig die Rollen und Selbstverständnisse buddhistischer Frauen sind und dass wir das zu schnell in Schubladen stecken, anstatt genauer hinzugucken.


    Ich muss gestehen, dass das schwierige Diskussionen sind. Vielleicht sollte ich diese in einem eigenen Thread führen und vielleicht sollte ich hier erst einmal zuhören und mehr lesen.

    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

  • Buddhadasa hat es einst vortrefflich ausgedrückt;

    In der Umgangssprache, beziehen sich die Worte "Weiblich und Männlich" auf die Geschlechter.

    In der Sprache des Dhamma hat "Weiblich und Männlich" nichts mit dem Austausch erotischer Genüsse zu tun.


    Vielmehr weisen die Worte darauf hin,das es Menschen in dieser Welt geben muss, das die Art nicht aussterben darf.

    Die menschliche Spezies muss durch die Erfüllung der Reproduktionspflicht so lange erhalten werden, bis die Menschheit das höchste

    Dhamma - Nibbana- realisiert hat....Sie helfen sich gegenseitig ihre Last zu tragen, indem sie ihre tägliche Arbeit teilen.

    Arbeit, wenn richtig ausgeführt, Dhammapraxis ist.


    Das versteht man in der Dhamma Sprache unter weiblich und männlich.

    Wir sollten dabei nicht einfach nur an instinktive tierische Verhaltensweisen denken, sagte Buddhadasa.... _()_

  • Ja, solche Geschichten, wie Du sie beschreibst kenne ich auch. Die Szene ist eben ein Ort, in dem man viele Außenseiter findet. Manche sind liebenswert, manche kratzbürstig, bei machen verbirgt sich das Liebenswerte unter einer harten Schale.

    :) Doktrin hin oder her ... Sowohl in einem historischen Text Taranathas, * 1575 † 1634, "Die goldene Mala“, Tib. Sergyi Trengwa, als auch in einer Erklärung Bokar Tulkus, * 1940, wird dargelegt, dass Tara vor vielen Weltzeitaltern eine Prinzessin namens "Weisheits-Mond" gewesen sei:

    Zitat

    Zu dieser Zeit war sie Schülerin des Buddhas Dundubhisvara, dessen Name "Licht aus vielen Welten" oder auch "Vielfarbiges Licht" bedeutet. Als sie das Bodhisattva-Versprechen ablegte, trat ein Mönch an sie heran und riet ihr, in späteren Leben einen männlichen Körper anzunehmen, umso die Erleuchtung erlangen zu können. Sie antwortete ihm, dass ein erwachter Geist kein Geschlecht hat, und dass diese den Mann zum Mittelpunkt machende Perspektive aus einer falschen Sicht der Wirklichkeit herrührt. Sie fügte hinzu: "Viele wünschen sich in einem männlichen Körper die Erleuchtung zu erlangen, aber niemand arbeitet zum Wohle der Wesen in einem weiblichen Körper. Daher werde ich bis zum Ende der bedingten Welt in einem weiblichen Körper zum Wohle der Wesen arbeiten." …


    Und ja, die Geschichte der Tara ist sehr schön. Vielen Dank!


    Sie steht auch in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Buddhismus Aktuell" auf Seite 7, das das Schwerpunktthema "Frauen" besitzt.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

  • Ich will jetzt nicht sagen, dass dies in diesem Thread geschehen ist und ich will auch keine Motive unterstellen. Aber zwei Dinge finde ich tatsächlich interessant:

    Wieso kommen diese Fragen speziell bei queeren Gruppen so sicher wie das Amen in der Kirche?
    Wieso kommt eher selten eine Reaktion der Art: "Interessant, erzähle doch mal bitte mehr über die Gründe."


    Ich weiß es nicht. Und ich will niemanden im Thread etwas unterstellen. Es ist eben so, dass ich ein Muster sehe, das ich noch nicht verstehe.

    Ich denke das ist bedingtes Entstehen. Es ist doch klar, dass diese Fragen speziell bei queeren Gruppen kommen. Bis keine Abwehrreaktionen mehr auf solche systemimmanenten Änderungen (das Umdefinieren von Geschlechtsidentitäten) auftauchen kann es noch dauern denke ich. Feste Geschlechterrollen gibt es schließlich schon tausende von Jahren.


    Stell dir die Gesellschaft als eine Raucherin vor. Die Zigarette repräsentiert den beruhigenden Effekt durch das klare Einhalten von Geschlechterrollen. Was passiert nun, wenn man der Raucherin erzählt, dass Zigaretten sich negativ auf einen Teil ihres Körpers auswirken?

  • Stell dir die Gesellschaft als eine Raucherin vor. Die Zigarette repräsentiert den beruhigenden Effekt durch das klare Einhalten von Geschlechterrollen. Was passiert nun, wenn man der Raucherin erzählt, dass Zigaretten sich negativ auf einen Teil ihres Körpers auswirken?


    Das Bild gefällt mir sehr gut. Und ja, ich bin ebenso ein Raucher. Teile der schwulen Community bietet auch mir eine Zigarette an. Die verschiedenen Tabaksorten sind Hedonismus, freizügiger Umgang mit Sexualität, Körperkult insb. der Jugendlichkeit usw. Und hier ist es meine Aufgabe das zu erkennen. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass diese Community auch andere Dinge vertritt wie z.B. gegenseitige Hilfe und Wahlfamilien. Ebenso sieht viele Dinge mit einem Augenzwinkern: romantisches Begehren, zelebrierte Maskulinität (wie hier durch die Marlboro-Werbung, in der ja keine Zigarette auftaucht) usw.


    Ob das Ursache einer Irritation ist, weiß ich nicht. Buddhistische Praxis enthält meinem Verständnis zwei Aspekte: Im Zentrum steht Nibbana, das nun jenseits aller Konzepte liegt - auch jenseits von Konzepten wie männlich/weiblich. Aber Magga fordert uns auf, uns mit den Dingen zu beschäftigen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert sind. Und damit wurde auch der Buddha konfrontiert: Er schuf eine Gemeinschaft, in denen einige gesellschaftliche Regeln nicht mehr galten, er schuf dafür andere. Er und seine Unterstützer (ich meine Upasakas), waren auch mit den Bedürfnissen der Frauen konfrontiert. So schuf er eine Sangha während Upasakas erreichten, dass auch Frauen den Dharma hören durften, was in der Zeit eine Innovation war. Und Buddha wurde u.a. auch mit den Bedürfnissen von Transgender konfrontiert und fand meiner Ansicht eine sehr weise Lösung.


    Nun haben wir einen historischen Abstand von mehr als 2500 Jahren. Unser Weltbild ist anders und auch unsere Lebensweise. Es haben sich z.B. Laienorden gebildet, säkulare Interpretation des Dharma, einige praktizieren Traditions-übergreifend und gehen zu den Lehrer_innen, mit denen sich sich verbunden fühlen usw. Wir haben uns vom Ursprung entfernt, leben in völlig anderen gesellschaftlichen Umständen. Die sozialen Gruppen haben sich geändert. Wir sind also gezwungen zu reagieren, wir können gar nicht anders. Zudem hat sich auch der Buddhismus geändert und es entstanden in 2500 Jahren völlig neue Interpretationen. Auch wir interpretieren sie neu, da wir u.a. durch ein anderes Weltbild geprägt sind.


    Ich muss mich für meine Oberlehrer-hafte Art entschuldigen - ich schaffe es nicht so zum Punkt zu kommen wie Du. Aber ich meine, dass sich dieses Spannungfeld in unseren Diskussionen niederschlägt. Was ist denn nun der Kern? Haben wir uns von dem Kern entfernt? Deswegen überraschen mich die Fragen auch nicht besonders mit Ausnahme der Tatsache, dass man sie Frauengruppen nicht so stellt.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

    • Offizieller Beitrag

    Mir hat mal jemand gesagt, dass er die schwule Subkultur in München und in Köln so eine andere Struktur haben.


    Während es in München durchaus alles gibt, ist es mehr "Subkultur" insofern man sich mehr von der Mehrheitskultur abschottet. Man hat sein schwules Glockenbachviertel wo es viel gibt, aber außerhalb dieses Viertel gibt es nahezu nichts. Es hat also was von einem Ghetto.


    Diese Ghettoisierung in München war das Ergebnis und die Antwort auf extreme Repression.

    Zum Vokabular des Herrenmenschen griff Kultusminister Hans Zehetmair. Aids sei das Symptom einer maroden Gesellschaft, die gesellschaftlichen Randgruppen müßten jetzt "ausgedünnt werden". Homosexualität gehöre in den "Randbereich der Entartung". Zehetmair: "Das Umfeld der ethischen Werte muß wiederentdeckt werden, um diese Entartung auszudünnen."

    In Köln - so wurde mir gesagt - ist das viel weniger so und schwule und nicht-schwule Orte greifen mehr ineinander und es erheben sich "schwulenfreundliche Orte".


    Ich fand diese Darstellung interessant und habe mir das gleich so grafisch vorgestellt. In München ein tiefroter Fleck umgeben von Weiß während es in Köln viel Töne dazwischen gibt.


    Das sind so die Extreme. Auf der einen Seite steht das Ghetto - mit seinen klaren Grenzen zwischen Mehrheit und Minderheit. In der Mitte stehen offene Orte wo sich die Farben durchdringen. Und das andere Extreme sind eben Regenbogenflaggen in Geschäften, die zeigen dass es sich um einen Ort handelt, wo Homosexualität akzeptiert wird, selbst wenn nicht unbedingt mehr Homosexuellen als Heterosexuelle da sind.


    Im Bezug auf den Buddhismus finde ich den Ansatz, dass sich erstmal alle die es betrifft zusammenfindet und man erstmal einen Überblick über die Bedürfnisse bekommt. Und sich dann daraus eine Struktur ergibt.


    Und die Struktur kann ja ganz vielfältig sein. Es kann sich ja eine sehr gemischte buddhistische Gruppe eine Regenbogenfahne auf ihrer Website haben und so LGBT Leuten zeigen, dass sie willkommen sind. Ohne Abgrenzung. Dem widerspricht es ja nicht, dass es Leute gibt, für die der Safe Space eines LGBT Retreats oder eine Gruppe ganz wichtig ist.


  • Der letzte Satz gefällt mir sehr gut. Ich will das noch mal unterstreichen und auch zeigen, dass "Ghettobildung" auch eine positive Wirkung haben kann.


    Manchmal entsteht ein "Ghetto" einfach so. In Hamburg gibt es ein Viertel in der "Langen Reihe", das entstanden ist, da ein Vermieter anfing, an homosexuelle Menschen zu vermieten. In der Zeit mussten sich schwule Männer verstecken und es gab soziale Kontrolle durch die Nachbarn. Das "Ghetto" machte ein "normales" Leben erst möglich. Dies erschuf dann Sichtbarkeit und dann eine eigene Kultur. Das "Ghetto" ist also nicht unbedingt ein Ort der Abschottung. Es bilden sich Kneipen, Restaurants und so wird es zu einem Treffpunkt. Heterosexuelle Menschen besuchten diese auch. Viele Paare, die in der Gesellschaft z.B. als Außenseiter angesehen wurden, trafen sich dort, weil dort nicht geurteilt wird. Es gibt z.B. heute immer noch Stammtische z.B. von heterosexuellen Menschen, die sich für diese Orte entscheiden. Und irgendwann war man nicht mehr gezwungen, Türklingeln zu haben, sondern jeder konnte reingehen. Und die Geschäfte von homosexuellen Inhaber sind auch auf heterosexuelle Kundschaft angewiesen. Das "Ghetto" enthält also Schutzräume und Räume des Zusammenkommens.


    Dieses "Ghetto" in der Langen Reihe war auch der Ort eines gesellschaftlichen Aufbruchs. Du sprichst von der AIDS-Krise und ich will das Beispiel fortführen. Dort entschlossen sich viele zu sagen, dass man mit einer Krankheit anders umgehen muss: Man darf die Gesellschaft nicht spalten sondern man muss sie einen. Man muss zeigen, dass AIDS alle angeht. Aber man muss für alle Gruppen spezifische Präventionsarbeit machen. Um es mal platt zu sagen: Der Lederkerl, der eine schwule Sauna besucht, braucht eine andere Botschaft als ein Familienvater, der ein Abenteuer sucht, und der wieder eine andere als eine Person, die weder das eine noch das andere will.


    Ein "Ghetto" hat vielfältige Funktion. Der Vergleich mit dem Retreat ist gut: Wenn man sich in einen Retreat zurückzieht, heißt das nicht, dass man sich grundsätzlich von der Welt abwendet. Es kann das genaue Gegenteil sein und dazu führen, dass man sich bewusster der Welt zuwendet. Und so kann ein "Ghetto" dazu führen, dass man begreift, dass es ein gemeinsames Leid gibt. Es bringt Menschen zusammen, die daran etwas ändern wollen und die auch sich helfen. Entscheidend ist doch der Geist, der dahinter steht. Und der enthält offene Ort und auch solche, wo Betroffene unter sich bleiben. Das Symbol des "Regenbogens" steht aber für Einheit in der Vielfalt - und so schloss man niemanden aus. Deswegen kam es ja zu dieser seltsamen Buchstabensuppe LGBTIQAA... - die Sprache ist da nicht so elegant. Ich habe das vielleicht zu stark idealisiert, denn es gibt auch kritische Aspekte. Aber ich wollte Deinen Beitrag bestätigen, dass in dem "Ghetto" auch Werte der Inklusion entstehen können und ebenso der Hilfe und Selbsthilfe - und das dient dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.


    Also noch mal vielen Dank für Deinen Post.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

  • Mal kurz zur Info aus einer Hamburger/Rinnen Sicht der Szene🏳️‍🌈


    Wer in einem Hamburger Ghetto (Jenfeld) Anfang der 70 er aufgewachsen ist wird die Lange Reihe sicher nicht als Ghetto oder womöglich Homo-Ghetto bezeichnen.


    Weder früher noch heute.


    In Hamburg sprechen wir im übrigen in Verbindung mit dem Stadtteil rund um den HH Hbf./St.Georg eh nur von einer bunten Multi-Kulti Szene die viele Richtungen enthält.Eine besondere Bedeutung oder Betonung für Lebensformen oder Neigungen benutzt hier keiner mehr.


    Der Stadtteil ist total bunt, voller Schauspielern, Künstler, Junkies, Strichern, Nutten, Strassenkünstlern,Musikern,Flüchtlingen undundund♥️


    Die Geschlechter sind dabei ebenso unwichtig, wer weiß da schon was genaues😉


    Aber, es sind ja eh nur leere Worte...🙏

  • Ich habe auch den Eindruck von St. Georg heute und ich finde schön, dass Du ihn bestätigst. Danke für den Post :)


    Mein Eindruck von St. Georg Ende der 80er und Anfang der 90er war etwas anders. Man konnte das, was Du beschreibst, immer sehen. Aber es gibt auch die Drogen am Hansaplatz und die ganze Prostitution - und das gibt es wohl auch noch heute. Aber mein Eindruck ist, dass es sich verbesserte. Und ein Grund ist meiner Ansicht, dass es aber immer Menschen gab, die sich für den Stadtteil einsetzten z.B. in Stadtteilinitiativen. Und ähnliche Initiativen gab es auch in der schwulen Szene. Das Hein & Fiete war damals in der Gurlittstraße und weit mehr als ein Präventionsprojekt. Dort gab es Ehrenamt, ein Stricherprojekt, eine Jugendgruppe und vieles mehr. Ich habe eben gegoogelt. Sie sind an den Pulverteich umgezogen und es treffen sich dort immer noch viele Gruppen z.B. Selbsthilfe bei Depressionen, schwule Väter usw. usf. Und das war so meinte Sichtweise: Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht eben nur, wenn Menschen zusammen kommen und sich sozial engagieren.


    Meiner Ansicht kann sich das nicht nur positiv z.B. einen Stadtteil auswirken, sondern man lernt viel z.B.

    • neue Erfahrungen
    • Umgang mit Menschen - insbesondere schwierigen Personen
    • angewandtes Mitgefühl: man kümmert sich um andere


    Ich befürchte, dass unsere Gesellschaft in den letzten Jahren etwas Ego-zentrierter geworden ist. Das bedeutet auch, dass man sich nicht selbst fragt, was man besser machen kann, sondern viel schneller auf andere zeigt, die dann dafür verantwortlich sind. Und das sind dann z.B. "die da oben", "die Politker". Irgendwer, aber eben andere.


    Siehst Du das auch so, oder hast Du andere Erfahrungen?


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

  • Grundsätzlich hat jede Minderheit an Anrecht darauf, sich als Minderheit zu organisieren. Die Angehörigen der Mehrheit haben das m.E. nicht zu diskutieren oder zu bewerten.


    Das sind genau solche Sätze auf die ich hinweisen wollte.


    Danke für das Paradebeispiel, da es zeigt, wie sich in solchen Untergruppierungen die "Toleranz" in Wirklichkeit verhält. Der User Schueler kommt mir dahingehend aber sehr besonnen vor, mit solchen Menschen kann man dann auch in einen Dialog treten.


    Da ich ein "Angehöriger der Mehrheit" bin dürfte ich und viele andere User hier in dem Thread ja gar nichts schreiben. Gut, dass es nicht nach solchen Leuten wie dir geht.

  • Ich mische mich nur ungern ein. Ich habe eine Frage: Würdest Du auch diskutieren, wenn Du mitbekommst, dass sich eine Gruppe "Frauen und Buddhismus" gründet? Das Beispiel ist etwas schief, denn ich vermute mal, dass Frauen im Buddhismus keine Minderheit sind. Aber mal ein ganz konkretes Beispiel aus der Vergangenheit: Die DBU hat sich bzgl. sexuellen Fehlverhaltens von Lehrern lange nicht geäußert. Also gründeten sich die "Tara-Frauen", die eine Auseinandersetzung und ethische Leitlinien einfordern, die inzwischen existieren. Würdest Du tatsächlich hinterfragen, ob sich die Tara-Frauen organisieren dürfen? Ich halte Fǎ Fás Standpunkt für somit für weise. Lass sie sich organisieren und höre, was sie zu sagen haben. Oder siehst Du das anders? Und wenn ja, warum?


    Auf der anderen Seite gebe ich auch Dir Recht: Wenn ein Beitrag im Forum ist, dann darf man sich auch dazu äußern. Dazu ist das Forum da. Ich finde Offenheit und Diskurs gut und meine auch, dass jede Gruppe sich bemühen sollte, ihr Anliegen zu erklären.


    Ich finde also beide Standpunkte richtig. Ich würde es aber kritisch finden, wenn beide Standpunkte verabsolutiert werden. Das würde dann dazu führen, dass es keine Diskussion zwischen Mehr- und Minderheit gibt, bzw. die Minderheit der Mehrheit kategorisch abspricht, sich zu ihr zu äußern. Umgekehrt sollte man immer vorsichtig sein, eine Minderheit zu bewerten, sich Zeit lassen und sich viele Stimmen anhören, die lauten aber auch die leisen, die man oft überhört.


    Die Lösung für alle diese Probleme hat der Buddha gegeben: Es ist Rechte Rede. Und Toleranz ist praktiziertes Dana: Man ist großzügig, da man anderen auch mal etwas durchgehen lässt, was man nicht in Ordnung findet. Wenn eine Minderheit durch die Mehrheit nicht bewertet werden will, dann hat das doch immer den Grund, dass Grenzen verletzt wurden. Nur: Wo sind diese Grenzen? Vielleicht ist die Situation so eingefahren, dass ich einen Vorschuss geben muss, auch wenn eigentlich meint, dass das anderen Menschen nicht zusteht. Aber auch das sehe ich als Dana.


    ()

    „Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
    Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
    So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.“

  • Das sind genau solche Sätze auf die ich hinweisen wollte.


    Danke für das Paradebeispiel, da es zeigt, wie sich in solchen Untergruppierungen die "Toleranz" in Wirklichkeit verhält.

    Leider gehöre ich nicht zu der Minderheit, um die es hier geht. Meine Aussage kann daher nicht dazu dienen, Dein Urteil zu bestätigen.


    Das grundlegende Problem ist, dass die Mehrheit, die über Minderheiten diskutieren will, nicht die Diskriminierungserfahrung teilt, die dieser Gruppe zueigen ist - im Gegenteil, Angehörige der Mehrheit gehören üblicherweise zu denjenigen, die, wenn auch unbewusst, diskriminieren. Daher ist es meistens schwierig, wenn so salopp losgeplaudert wird, weil sich in der Sprache die Diskriminierung meistens reproduziert. Allein die Idee, dass die Mehrheit darüber befinden könnte, ob es legitim ist, dass sich eine Minderheit organisiert oder ob dies Sinn mache, ist hierarchisch ziemlich vertikal und schwierig. Z.b. gilt Minderheitenschutz ganz grundlegend unabhängig von der Frage, was die Mehrheit darüber denkt,

  • Die DBU hat sich bzgl. sexuellen Fehlverhaltens von Lehrern lange nicht geäußert. Also gründeten sich die "Tara-Frauen", die eine Auseinandersetzung und ethische Leitlinien einfordern, die inzwischen existieren. Würdest Du tatsächlich hinterfragen, ob sich die Tara-Frauen organisieren dürfen?


    Nein, denn es geht ja in diesem Fall um ein spezielles Thema, welches mit der "Mehrheit" diskutiert werden muss/soll.




    Ich halte Fǎ Fás Standpunkt für somit für weise. Lass sie sich organisieren und höre, was sie zu sagen haben. Oder siehst Du das anders? Und wenn ja, warum?


    Nein, Fa Fas Standpunkt ist nicht weise. Du sagst: Lass sie sich organisieren und HÖRE, was sie zu sagen haben.


    Nun, warum sollte ich mir Standpunkte anhören, bei denen mir im Vorhinein schon gesagt wird, dass meine Meinung dazu irrelevant sei? Wenn es allerdings ausschließlich nur um den Akt der Gründung gehen sollte, ok, aber dahingehend ist es auch nicht weise jemandem seine Wertungen einfach abzusprechen - dies gilt für mich für jegliches Thema. Warum sollte ich keine Meinung äußern dürfen? Wer weiß, vielleicht war ich ja ein Lehrer, der eine Frau geschlagen hat oder ich bin jemand, der sich erst mit dem Themenkomplex konfrontieren muss, damit er Lektionen lernt.

  • Nun, warum sollte ich mir Standpunkte anhören, bei denen mir im Vorhinein schon gesagt wird, dass meine Meinung dazu irrelevant sei?

    Interessant.

    Du hörst also nur zu, wenn Deine Meinung als wichtig eingestuft wird?

    Warum nicht zuhören und Erfahrungen anderer Menschen annehmen, um durch sie zu lernen, ohne zu bewerten?

  • Das grundlegende Problem ist, dass die Mehrheit, die über Minderheiten diskutieren will, nicht die Diskriminierungserfahrung teilt, die dieser Gruppe zueigen ist - im Gegenteil, Angehörige der Mehrheit gehören üblicherweise zu denjenigen, die, wenn auch unbewusst, diskriminieren.


    Nein, das ist ein völlig falscher Ansatz. Ich muss Erfahrungen nicht geteilt haben, um darüber zu diskutieren.


    Beispiel:


    Wir reden hier alle über die Lehre Buddhas, wobei keiner die Erfahrung des Buddhas geteilt hat.


    Etwas/Jemanden zu diskrimieren ist nicht per se falsch. Eine konstruktive Interaktion bestünde darin, die Diskriminierung aufzugreifen und auf sie einzugehen, sie zu widerlegen, sie als Denkfehler zu entlarven.