Als ich zum ersten Mal vom Buddhismus hörte, war es gerade sehr modern sich damit zu befassen. Die Popstars reisten reihenweise nach Indien und Nepal, um dort der buddhistischen Lehre näher zu sein, sie schienen begeistert davon, geradezu berauscht.
Das ist alles lange her, wer weiß, wie viele von ihnen überhaupt einigermaßen begriffen haben, worum es geht und wie weit das damals für einen westlichen Menschen überhaupt möglich war...
Damals erschien mir das alles wie eine Modeerscheinung innerhalb der Hippiegeneration. Ich sehe John Lennon und Yoko Ono vor mir, mit Blumenkränzen um den Hals auf dem Boden sitzen mit einem Gesichtsausdruck, als hätten sie einen Trip eingeworfen und wären “ins Licht“ gegangen, wo vollkommene Harmonie und Zufriedenheit herrscht.
Der Buddhismus führt einen an einen paradiesischen Ort der Glückseligkeit, so ungefähr kam es mir vor und so sah es vielleicht ein Teil meiner Generation. “In Asien sind die Menschen glücklich und feiern das Dasein, während die verkrampften Spießer bei uns samstags ihren quadratischen Rasen mähen mitsamt der Handvoll geduldeter Gänseblümchen darauf.“ Mir war natürlich sofort klar, dass ich Europa eines Tages verlassen werde, hier konnte man nicht sein Leben verbringen, wenn man nicht depressiv werden und mit dem Arsenal an Valium im Alibert-Badezimmerschrank enden wollte, wie es uns unsere Eltern vorlebten.
Es kam anders. Ich brauchte gar nicht nach Asien zu gehen. Die Gurus kamen von dort nach Europa und gaben der nach Erleuchtung hungernden, jugendlichen europäischen Seele das, was sie wollte. Die Lehren mussten nur auf den westlichen Menschen zugeschnitten und entsprechend “modifiziert“ werden. „Hurra, die Meister kommen aus dem Osten zu uns und haben den “Buddhismus light“ mitgebracht!“ \o/ \o/
Von allem wurde gekostet. Wen kümmerte schon, ob dahinter noch eine schlüssige, gewachsene, gereifte Lehre erkennbar war. Hauptsache spirituellen Spaß haben, “frei“ sein. Hier ein bisschen Achtsamkeit, da ein bisschen Meditation und Yoga – fertig!
Man konnte es auch prima mit ein wenig Christentum vermischen, alles kein Problem, alles wird gut.
Irgendwas schien mir aber nicht zu stimmen. Ich sah Leute um mich herum in Gemeinschaften landen, die sich “Heimholungswerk Jesu Christi“ (die haben sich später in “Universelles Leben“ umbenannt, was die Sache auch nicht besser gemacht hat) oder “Transzendentale Meditation“ nannten. Diese “Transzendentale Meditation“, das hatte was! Man konnte offenbar eines Tages während der Meditation im Lotussitz ein kleines Stück weit über dem Boden schweben. Also, wenn das nichts ist. Hut ab!
Im Nachhinein muss ich sagen:
Das Gute an all diesen “buddhistischen“ und ähnlichen Richtungen war, man fragt sich eines Tages: Was ist eigentlich wirklich Buddhismus?
Und so landet man endlich nach Jahren bei den Vier Edlen Wahrheiten, von denen einem kein Mensch vorher etwas gesagt hat. Und man sieht darin genau das niedergeschrieben, was man nach unzähligen Umwegen langsam selber erahnt. Nur, dass man es nicht so perfekt hätte ausdrücken können, dass man es nicht so kompakt auf den Punkt hätte bringen können.
Heute muss ich manchmal an eine meiner allerersten Langspielplatten denken, die ich als Kind geliebt habe: Die Irrfahrten des Odysseus