Zen und Philosophie-Studium - passt das zusammen oder ein Widerspruch?

  • Hi!


    Mich würde interessieren, wie erfahrene Zen-Praktizierende die Frage im Titel-Betreff für sich beantworten würden.
    Es geht hier insbesondere darum, ob ein Philosophiestudium im akademischem Sinne (also an der Uni) in unseren Breitengraden für den persönlichen Zen-Weg eher hinderlich ist/sein kann oder gar förderlich ist/sein kann?

    "Hinderlich" z.B. ggf. deswegen, weil Philosophie am Ende doch "nur" wieder hauptsächlich diskursiv über die Ratio abläuft und in Worten limitiert ist.
    Außerdem liefert (westliche) Philosophie einen großen Haufen neuer Konzepte, Meinungen, Vorstellungen, Ideen, etc.


    Auf der anderen Seite haben doch zahlreiche erfahrene Zen-Praktizierende einen akademischen philosophischen Background. Zwar mag ihnen Philosophie nicht die vollständige Erfüllung gebracht haben, aber evtl. hat es doch das Verständnis breiter gemacht und gewisse erste Erkenntnisse geliefert.
    Vielleicht können sich sogar beide, also Zen und Philosophie gegenseitig fördern, solange man gerade Philosophie mit so wenig Anhaftung wie möglich "betreibt" und daraus keine große Sache macht...


    Mich würde einfach mal interessieren, wie dieses Thema in dieser Community gesehen wird, denn in erster Instanz scheinen sich Zen und westliche Philosophie teilweise entgegenzustehen.
    Gerne auch Meinungen und Erfahrungen von Leuten, die im besten Falle Einblicke in beide "Welten" haben.
    Also aktuell oder in der Vergangenheit eine akademische Laufbahn in der Philosophie und aktuell seit vielen Jahren Zen praktizierend.

    Viele Grüße

    Zrebna

  • Die Frage ist doch, hältst du es für sinnvoll?


    Ich sehe nicht, wie irgendwas „Zen“ „im Weg“ stehen könnte. Zen Praxis ist Alltagspraxis, auch in der Uni. Wenn du merkst, das Studium hat keine guten Auswirkungen, liegt es an dir, wie du damit umgehst. Aber irgendwas muss man ja machen, oder eben nicht.

  • Ich empfinde mein Philosophie-Studium als äußerst hilfreich. Auch wenn ich „nur“ Vipassana praktiziere und kein Zen.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Ähnlich wie bei uns christliche Priester ein Theologiestudium absolvieren, ist es in Japan üblich, dass in Ausbildung an einem 'Kloster' befindliche Novizen auch ein Studium der 'Buddhologie' absolvieren, wenn es ihre Fähigkeiten zulassen. Entsprechende Bachelor- und Masterstudiengänge gibt es vor allem an den privaten Universitäten Komazawa Daigaku (Sōtō-shū) und Hanazono Daigaku (Rinzai-shū), je nach Studienabschluss verkürzt sich ggf. auch die monastische Ausbildung im Kloster. Ein Schwerpunkt des Studiums ist natürlich buddhistische Philosophie.


    Die Rezeption europäischer Philosophie (insbesondere Heidegger) hat in der japanischen Kyōto-Schule zu einer recht originellen Synthese mit zenbuddhistischen Ansätzen geführt, wobei im Westen insbesondere Keiji Nishitani und Masao Abe Beachtung gefunden haben.


    Braucht man alles nicht zu wissen, um Zen zu praktizieren. Aber es kann(!) durchaus sinnvoll sein und zum Verständnis beitragen, warum man sich das eigentlich antut. Wenn es das nicht tut, verliert man eh schnell den Spass daran. Schädlich ist es nicht, so lange man da Maß hält. D.h. so lange die Übung des Intellekts die Übung des Zazen ergänzt (und sie nicht verdrängt). Es gibt schädlichere Arten, die verbleibenden Stunden des Tages zu füllen.


    Ein möglicherweise interessanter Zugang zu diesem Thema: Benjamin und Amy Radcliff, Zen denken. Das Original erschien 1993 unter dem Titel "Understanding Zen". Ist mit 191 Seiten nur ein kleiner Anreger bzw. Appetithäppchen. Zum tieferen Einstieg böte sich Masao Abe an, 'Zen and Western Thought' sowie 'Zen and Comparative Study'. Statt Abes 'A Study of Dogen' würde ich persönlich dann allerdings eher die Auswahl aus dem Shobogenzo von Ohashi / Elberfeld empfehlen.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Heinrich Lethe, ZEN und die großen Fragen der Philosophie.


    Kann ich empfehlen.

    Auf welche Philosophen bezieht sich der Autor in der Gegenüberstellung?

    Geht er z.B. auf die Philosophie Heideggers oder später dann auch Sartres ein?
    Das heißt, auf eher "neuere" (19tes Jahrhundert bis heute) Philosophien, die Gemeinsamkeiten zum Zen und insbesondere zum Buddhismus beinhalten, wie z.B. Heidegger's Phänomenologie?
    Oder bezieht er sich auf länger zurückliegende Epochen der Philosophiegeschichte?

    Jedenfalls, Danke schon mal für den Buchtip :)

  • Vielen Dank Sudhana für deinen weiteren sehr hilfreichen Post.

    Ich hätte es rein instinktiv "aufs Geratewohl" genauso gesehen wie du.
    Das heißt, solange die Zen-Praxis im Vordergrund steht und bleibt, und man die "intellektuelle Übung" nur "leicht hält" (weder übertreibt noch zu viel Bedeutung beimisst), sollte so ein akademisches Philosophiestudium wohl der Zen-Praxis zumindest schon mal nicht schaden - im besten Fall erkennt man evtl. sogar paar interessante Wechselbeziehungen oder wie du sagst, man versteht eher, warum es einem zum Zen-Weg oder einfach zu "mehr verstehen wollen" hinzieht.

    Auch vielen Dank für die Lektüreempfehlungen :)

  • Philosophie hat so etwas janusköpfiges.


    Idealerweise führt Philosophie zu Erkentnissen, die es schaffen, die Welt einfacher auf den Punkt zu bringen. Dieses Reduzieren passt gut mit Zen zu sammeln.


    Aber mir kommt es so vor, als gelingt dies nur punktuell und all die Versuche, Dinge auf den Punkt zu bringen führt real zu einer Vervielfältigung von Denkweisen und Konzepten. Und gerade als Student ist man dann mit einem ganzen Baum an Denkweisen und Konzepten konfrintiert von denen erwartet wird, dass man ihnen bis zu den feinsten Verästelungen folgt


    Ich sehe da die Gefahr, dass man da dann zu einem Liebhaber der Konzepte wird und in deren Verfielfältigung schwelgt, statt immer wieder wegzulassen und zum Grundlegenden und Einfachen zurückzukehren.


    Darin sehe ich die große Herausforderung.

  • Wenn man ein bisschen Zeit hat, dann läuft wieder die Denke an:



    Chan und Philosophie-Studium - passt das zusammen?


    Klar passt das zusammen.



    Erst mal das Negative:


    »Byung-Chul Han schreibt:


    Auch in seiner Religionsphilosophie zerrt Hegel das Andere rigoros ins Eigene. Er zwängt es in die Kategorien des eigenen Denkens, die dem Anderen überhaupt nicht angemessen sind, die seine Andersheit gerade verschwinden lassen. Dieses hermeneutische Verfahren, bei dem viel Gewalt im Spiel ist (Hegel würde von der Macht des Geistes sprechen, ohne die jene »Heimatlichkeit« nicht möglich wäre), läßt sich exemplarisch bei Hegels Interpretation der buddhistischen Religion, nämlich bei Hegels Buddhismus beobachten. Nur im Eigenen sieht Hegel das Vollkommene. Im Anderen dagegen erblickt er das fehlende Eigene. Diese Sicht aufs Fremde bleibt bestimmend für die ganze Religionskomparatistik. Von einer inter-kulturellen Religionskomparatistik kann deshalb nicht die Rede sein, weil die eigene Kultur die Mitte besetzt und das Andere an den Rand gedrängt wird. So erklärt Hegel die christliche Religion zur »vollendeten Religion.


    Hegel projiziert die zur vollendeten Religion erklärte christliche Religion auf den Buddhismus, läßt diesen dadurch als unvollkommen erscheinen.«


    Dass das die übliche Hegelsche Begrenztheit ist, ist offensichtlich. Man sollte es nicht Philosophie nennen.



    Aber, interessante Beispiele, mit Betonung auf Beispiele:


    Da ist die Verbindung von Daoismus, Chan, Schopenhauer und Nietzsche, was die Wurzel von allem ist:



    Chan, als Beispiel das Koan Wu (Übersetzung immer Roloff):

    Cong-rong-ru Koan 18:

    Wu-men-guan (= die „da ist nichts Schranke“ vor dem Chan Tor) Koan 1:

    Weil ein Mönch ihn fragte:

    Hat auch ein Hund das Buddha-Wesen oder nicht?

    Sagte Zhao-Zhou:

    Wu


    „Wu“ kann nun bedeuten: „Da ist das Nichts“ aber auch „Da ist nichts!“, was nicht das selbe ist, aber dazu:


    Da dieses „Nichts“ als nicht erschließbar gilt, wird es in der Praxis auch egal, ob wir sagen „da ist das Nichts“ oder „Da ist nichts!“.

    Dazu:

    Wu-men-guan Koan 30:

    Also der Geist (Ding an sich) ist Buddha

    Weil Da-.mei ihn fragte: „Was ist mit Buddha?“, sagte Ma-zu:

    „Also der Geist ist Buddha“

    Wu-men-guan Koan 33:

    Nicht Geist, nicht Buddha

    Weil ein Mönch ihn fragte: „Was ist mit Buddha?“, sagte Ma-zu:

    „nicht Geist, nicht Buddha!“

    So verschieden Wu-men-guan 30 und 33 sein mögen: In der Wirkung der letztlichen (!) Unerreichbarkeit sind sie gleich.


    In der Philosophie des Dao wird es als existierend aber ebenfalls als unerschließbar angenommen:

    Laozi, Dao De Jing, 1:

    Ein Dao -

    kann es als Dao bestimmt werden,

    ist es kein stetiges Dao (könnte man etwas als Dao bestimmen, wäre es nicht das Dao)

    Ein Name -

    kann er als Name bestimmt werden,

    ist er kein stetiger Name.

    Keinen-Namen-habend

    ist der Beginn der zehntausend Dinge.

    Namen-habend

    ist die Mutter der zehntausend Dinge.


    Dazu nochmals Chan:

    Cong-rong-lu Koan 74:

    Fa-yans “Urstoff und Manien"

    Ankündigung

    Fülle besitzt zehntausend Kräfte und Fähigkeiten: gereinigt ist sie ohne noch so

    feinen Staub; allen Formen steht sie fern: und ist zugleich die Gesamtheit der

    Dinge. - Von der Spitze einer hundert Fuß hohen Stange vorwärtsschreiten: das

    Weltall der Zehn Richtungen ist dann dein vollständiger Leib

    Nun sag mal: Unter welchen Umständen willst du das erlangen?

    Beispiel

    Ein Mönch fragte Fa-yan: “Ich habe mich belehren lassen, dass es da den Satz gibt:

    Aus einem nicht da seienden Ursprung steht die Gesamtheit der Dinge da.

    Was ist dieser nicht da seiende Ursprung?"

    Fa-yan

    sagte: “Die Erscheinungen entspringen einem nicht vorhandenen Urstoff; die

    Namen gehen aus dem hervor, was noch keinen Namen hat.“


    Bei Schopenhauer ist gleichzusetzen Dao = „Ding an sich“, und auch er schreibt:

    Warum unsere Erkenntnis des Dinges an sich keine erschöpfende, adäquate ist.

    Die innere Wahrnehmung (Shunyata), welche wir von unserm eigenen Wesen haben, ist zwar der einzige Weg, zur Erkenntnis des Wesens an sich der Dinge zu gelangen; aber diese Erkenntnis ist keine erschöpfende, adäquate. Denn, obgleich die Selbsterkenntnis eine unmittelbarere ist, als die der Außendinge, so ist sie doch keine ganz unmittelbare (Shunyata), da auch sie noch an die Form der Vorstellung gebundene Wahrnehmung ist und als solche in Subjekt und Objekt, in ein Erkennendes und Erkanntes zerfällt. Also auch in der inneren Erkenntnis findet noch ein Unterschied statt zwischen dem Sein an sich ihres Objekts und der Wahrnehmung desselben im erkennenden Subjekt. Jedoch ist die innere Erkenntnis (Shunyata) von zwei Formen frei, welche der äußeren anhängen, nämlich von der des Raumes und der Kausalität. Hingegen bleibt noch die Form der Zeit, wie auch die des Erkanntwerdens und Erkennens überhaupt. Demnach hat in dieser inneren Erkenntnis das Ding an sich seine Schleier zwar großen Teils abgeworfen, tritt aber doch noch nicht ganz nackt auf. (W. II, 220. 563 fg.)

    Die vollkommenste Erkennbarkeit, d. h. die größte Klarheit, Deutlichkeit und erschöpfende Ergründlichkeit kommt nur Dem zu, was der Erkenntnis als solcher eigen ist, also der apriorischen Form der Erkenntnis, nicht aber Dem, was, an sich nicht Vorstellung, nicht Objekt, erst durch das Eingehen in diese Formen erkennbar, d. h. Vorstellung, Objekt geworden ist. Jeder Inhalt, den die Formen bekommen, enthält schon etwas nicht mehr vollständig seinem ganzen Wesen nach Erkennbares, also etwas Grundloses, wodurch sogleich die Erkenntnis an Evidenz verliert und die vollkommene Durchsichtigkeit einbüßt. Dieses der Ergründung sich Entziehende ist eben das Ding an sich, ist dasjenige, was wesentlich nicht Vorstellung, nicht Objekt der Erkenntnis ist, sondern erst indem es in jene Form einging, erkennbar geworden ist. (W. I, 144.)

    Die Erkenntnis und die Vielheit, oder Individuation, stehen und fallen mit einander, indem sie sich gegenseitig bedingen (Anmerkung: Kausalität der Wandlungen). Hieraus ist zu schließen, dass jenseits der Erscheinung, im Wesen an sich aller Dinge, welchem Zeit und Raum, und deshalb auch die Vielheit fremd sein muss (!), auch keine Erkenntnis vorhanden sein kann. Ein Erkennen der Dinge an sich im strengsten Sinne des Worts, wäre demnach schon darum unmöglich, weil, wo das Wesen an sich der Dinge anfängt, das Erkennen wegfällt, und alle Erkenntnis schon grundwesentlich bloß auf Erscheinungen geht. (W. II, 311.)


    Da haben wir es wieder, wie schon im Dao wie im Chan.


    Wir haben im Dao, Chan und bei Schopenhauer also die selbe Wurzel, woraus sich eine vergleichbare Philosophie entwickelt.


    Und schon haben wir das nächste, wo sich Dao, Chan und Schopenhauer gleichen:


    Es geht um Erscheinung, dann Vorstellung und sonst nichts:


    … an die Form der Vorstellung gebundene Wahrnehmung ist und als solche in Subjekt und Objekt, in ein Erkennendes und Erkanntes zerfällt.

    … welche der äußeren Erkenntnis anhängen, nämlich von der des Raumes und der Kausalität. Die Kausalität kommt vom Verstand, der kausal ist und sonst nichts, so ergibt sich die Vorstellung.

    … Hieraus ist zu schließen, dass jenseits der Erscheinung, im Wesen an sich aller Dinge, welchem Zeit und Raum, und deshalb auch die Vielheit fremd sein muss, auch keine Erkenntnis vorhanden sein kann. Ein Erkennen der Dinge an sich im strengsten Sinne des Worts, wäre demnach schon darum unmöglich, weil, wo das Wesen an sich der Dinge anfängt, das Erkennen wegfällt, und alle Erkenntnis schon grundwesentlich bloß auf Erscheinungen geht.


    Man könnte das Werk Schopenhauers auch nennen:

    „Die Welt als Wille=Dao und Vorstellung“


    Es soll auch (nur mal) ein Chan-Beispiel nicht fehlen:

    Cong Rong Lu:

    57. Yan-yangs

    “Kein einziges Ding“

    > Ankündigung

    Wer mit Spiegelbildern spielt, um so der Erscheinungen

    habhaft zu werden,

    Der weiß nicht, dass die Erscheinungen der Ursprung der

    Spiegelbilder sind.

    Wer die Stimme erhebt, um dem Echo Einhalt zu gebieten,

    Der weiß nicht, dass die Stimme der Ursprung des Echos ist.

    Wenn das nicht heißt, auf einem Ochsen reitend nach dem

    Ochsen zu suchen, dann bedeutet es, mittels eines Keils einen Keil zu entfemen.

    Wie kannst du diese Fehler vermeiden?

    > Beispiel

    Der Ehrenwerte Yan-yang fragte Zhao-zhou: “Wenn einer nicht

    ein einziges Ding mitbringt, was dann?"

    Zhao-zhou sagte: “Legt es ab, ein für alle Mal!"

    Yan-yang sagte: “Wenn er nicht ein einziges Ding mitbringt,

    was soll er dann ablegen?"

    Zhao-zhou sagte: “Wenn das so ist, dann tragt die Last mit

    Euch fort!" → Es geht um das „Leben“ !!!!!!!!


    Dazu: Die Erscheinungen detektieren wir mit den 5 Sinnen plus dem kausalen Verstand, das ergibt die 6 Sinne des Chan, das ergibt die Spiegelbilder aus den 6 Sinnen und wie das Wort Spiegelbilder schon besagt: Es ist Erscheinung dann Vorstellung und sonst nichts.


    Und nochmals Laozi, Dao De Jing, 1:

    ...

    Keinen-Namen-habend

    ist der Beginn der zehntausend Dinge.

    Namen-habend

    ist die Mutter der zehntausend Dinge.

    Denn man kann nur Erscheinung benamen.


    Und so schließt sich der Kreis von Dao, Chan und Schopenhauer … und auch Nietzsche … und somit auch der Kreis von Chan und Philosophie.




    Man braucht schon auch den Kopf dazu, was sollten ansonsten die ganzen Koan Sammlungen und Studien?


    Vor allem die Rinzai-Schule zeichnet sich durch die Koan-Arbeit aus, was aber andere Wege nicht abwertet!


    Natürlich ist Dao, Chan und entsprechende Philosophie für des Individuum, hat aber auch Wirkung auf die Gesellschaft. Das geht bis zu einer ökonomischen Philosophie.


    Ich hab dazu 2 Anhänge drangehängt.


    Das „da ist nichts“ des Mahayana und vor allem des Chan endet nicht im Nihilismus … im Gegenteil: Es geht darum mit Hilfe des Chan als immer wiederkehrende Herberge im Lauf des Lebens „zu leben“.



    Und wenn der Kopf sich nicht mehr sträubt, dann steht dem Chan nichts mehr im Weg.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

  • Wenn man schaut wie sich die unterschiedlichen buddhistischen Schulen der Befreiung annähern, dann ist doch Chan - obwohl er so unglaublich viele Texte produziert hat - eher für eine Herangehnsweise bekannt , die nicht so sehr von den Worten als von der Praxis ausgeht.


    Der Mythos ist ja der, dass Buddha eine Blume hochhält und so den Grundstein für eine direkte Übertragung des Dharma jenseits von Texten legt. Und zum fünften Patriarch wird ja Huineng, der ungebildete, analphabetische Holzsammler aus dem verachteten Süden, während die wahrscheinlich aus besseren Familien stammenden und besser gebildeten Konkurrenten das Nachsehen hatten. Natürlich ist das ein Mythos und in der Zen Geschichte gab es sehr gelehrte Lehrer aber man kann da bestimmte Werte ablesen.


    Wenn es also darum geht mit einem unverfälschten Anfängergeist an die Sache heranzugehen, dann kann ja eine breite Bildung genau dazu führen, dass man in seinem Kopf Kategorien hat, in die man das einordnen kann, und einem so das unmittelbare Staunen und die Verduztheit verwehrt bleibt. Statt dass man vor den Kopf geschlagen ist wie der Dümmste der Dummen, denkt man sich "Oh, ein Diogenes-Move" oder "Eine Prarphrase von Laozi in Vers wasnochmal" und versäumt seinen Einsatz.

  • Wenn es also darum geht mit einem unverfälschten Anfängergeist an die Sache heranzugehen, dann kann ja eine breite Bildung genau dazu führen, dass man in seinem Kopf Kategorien hat, in die man das einordnen kann, und einem so das unmittelbare Staunen und die Verduztheit verwehrt bleibt.

    Ich denke der Kopf ist auch so ohnehin immer voller Konzepte und die Herausforderung beim Zazen besteht darin, trotzdem und immer wieder zu einem Anfängergeist zu kommen. Insofern sehe ich ein Studium der Philosophie, westliche oder östliche nicht als Hindernis sondern als Ergänzung. Sich das Studium der Philosophie zu versagen, weil man dem Zen folgen will, wäre für mich der falsche Ansatz.

    :)

  • Ja, sehe da ganz genau dieselben Gefahren und Herausforderungen.

    Helfen, um diesen "Fallen" nicht zu erliegen, könnte bei mir persönlich eine Art Unabhängigkeit, langsames Studieren und Distanz sein.
    Damit meine ich, dass ich eigentlich für den "Broterwerb" Informatik studiert habe und in der Softwareentwicklung arbeite, was mir auch Spaß macht und ein cooler Job ist.

    Falls ich mich wirklich dazu entschließen würde, Philosophie zu studieren, dann würde das an der Fernuni Hagen (M.A. Philosophie – Philosophie im europäischen Kontext) in sehr langsamer Teilzeit als Hobby geschehen (gibt keine Höchststudiendauer und kostet quasi fast nichts, da einzige staatliche Fernuniversität in Deutschland).
    Das heißt auch, dass ich damit keine externen Ziele verfolge, also jetzt nicht plane da irgendwas beruflich in die Richtung zu machen.
    Das heißt, dass wenn ich merke, dass ich da quasi zu viel Anhaftung entwickle, mich reinsteigere, o.ä., dann kann ich es auch jederzeit wieder sein lassen.

    Generell sehe ich aber dieselben Gefahren und potenziell Probleme wie du, als auch die potenziellen Chancen, die Sudhana und auch du genannt haben - wichtig wird auf jeden Fall sein, ehrlich zu beobachten, ob ich mich dann da reinsteigere, etc... und ggf. dann eben es wieder sein zu lassen...

  • Wenn es also darum geht mit einem unverfälschten Anfängergeist an die Sache heranzugehen, dann kann ja eine breite Bildung genau dazu führen, dass man in seinem Kopf Kategorien hat, in die man das einordnen kann, und einem so das unmittelbare Staunen und die Verduztheit verwehrt bleibt.

    Ich denke der Kopf ist auch so ohnehin immer voller Konzepte und die Herausforderung beim Zazen besteht darin, trotzdem und immer wieder zu einem Anfängergeist zu kommen. Insofern sehe ich ein Studium der Philosophie, westliche oder östliche nicht als Hindernis sondern als Ergänzung. Sich das Studium der Philosophie zu versagen, weil man dem Zen folgen will, wäre für mich der falsche Ansatz.

    Das habe ich mir auch gedacht, als ich deinen Post void gelesen habe.

    Da ist zwar viel dran keine Frage. Aber als Mensch entkommt man im Laufe seines Lebens dem sechsten Sinn, also dem Kopf eben nicht.
    Intuitiv habe ich mir dann gedacht, dass wenn man eh schon quasi an Vorstellungen und Konzepten nicht drum herumkommt, dann doch lieber das "kleinere Übel" an Vorstellungen und Konzepten. Und hier scheinen mir die Vorstellungen, Ideen und Konzepte klassischer Philosophie auf jeden Fall im Schnitt "das kleinere Übel" zu sein, im Vergleich zum Beispiel zu unseren heutigen Medien (incl. digitaler und sozialer Medien) mit deren "Meinungsmache".
    Erinnert mich an diese Stelle von Suddhana's obigem Post:
    Es gibt schädlichere Arten, die verbleibenden Stunden des Tages zu füllen.


    Hier könnte man dann im Weiterem eben genau dies als Herausforderung begreifen und annehmen. Also zu üben auch sicher teils interessante Vorstellungen der Philosophie immer wieder (ein Stück weit) loszulassen, wenn man merkt, dass man sich hineinsteigert oder die Anhaftung groß wird.


    Wie aber schon vorher gesagt, ich teile deine ( void) Befürchtungen zu 100%, denn sonst hätte ich ja den Thread nicht gestartet. Ich glaube aber intuitiv, dass Zen und Philosophie sich trotzdem gut ergänzen könnten, solange man eben der Philosophie keine große Bedeutung beimisst und das eher distanziert betrachtet.
    Außerdem erscheint es mir halt, dass es zumindest vergleichsweise ein förderlicherer Zeitvertreib (auch auf dem persönlichen Zen-Weg) ist, als so viele Alternativen.
    Klar, das Beste wäre wohl, die extra Zeit in formale Zen-Praxis oder z.B. auch in achtsam ausgeübten Sport (nochmal zusätzlich zu dem täglichen Pensum der Zen-Praxis, die man eh schon täglich absolviert) zu stecken.
    Aber der Mensch ist schwach... :grinsen:

  • Ich kann es nachvollziehen, dass Ludwig Wittgenstein vor der Philosophie floh und zunächst als Volksschullehrer arbeitete und dann sogar als Gärtner der im Schuppen schlief:

    Die Arbeit als Gärtner rahmte nicht nur chronologisch, sondern auch psychologisch gesehen Wittgensteins Zeit als Volksschullehrer ein. Von der einfachen körperlichen Arbeit erhoffte er sich eine therapeutische Wirkung – was er vor und nach seiner Lehrtätigkeit bitter nötig hatte. Nach Abschluss der Lehrerbildungsanstalt ging er daher im Sommer 1920 als Gärtner ins Stift Klosterneuburg bei Wien. Im August schrieb er von dort an seinen Freund Paul Engelmann: „Die Gartenarbeit war gewiß das Vernünftigste, was ich in den Ferien habe machen können. Wenn die Arbeit am Abend getan ist, so bin ich müde und fühle mich dann nicht unglücklich

    Ich glaube es ist ein Unterschied, ob man den ganzen Tag denkt, oder ob man gärtnert.

  • Ich kann es nachvollziehen, dass Ludwig Wittgenstein vor der Philosophie floh und zunächst als Volksschullehrer arbeitete und dann sogar als Gärtner der im Schuppen schlief:

    Die Arbeit als Gärtner rahmte nicht nur chronologisch, sondern auch psychologisch gesehen Wittgensteins Zeit als Volksschullehrer ein. Von der einfachen körperlichen Arbeit erhoffte er sich eine therapeutische Wirkung – was er vor und nach seiner Lehrtätigkeit bitter nötig hatte. Nach Abschluss der Lehrerbildungsanstalt ging er daher im Sommer 1920 als Gärtner ins Stift Klosterneuburg bei Wien. Im August schrieb er von dort an seinen Freund Paul Engelmann: „Die Gartenarbeit war gewiß das Vernünftigste, was ich in den Ferien habe machen können. Wenn die Arbeit am Abend getan ist, so bin ich müde und fühle mich dann nicht unglücklich

    Ich glaube es ist ein Unterschied, ob man den ganzen Tag denkt, oder ob man gärtnert.

    Das kann ich auch gut nachvollziehen. Hesse hat ja auch mal gesagt:


    Zitat
    Die meisten Menschen wollen nicht eher schwimmen, als bis sie es können. Ist das nicht witzig? Natürlich wollen sie nicht schwimmen! Sie sind ja für den Boden geboren, nicht für´s Wasser. Und natürlich wollen sie nicht denken; sie sind ja für´s Leben geschaffen, nicht für´s Denken! Ja, und wer denkt, wer das Denken zur Hauptsache macht, der kann es darin zwar weit bringen, aber er hat doch eben den Boden mit dem Wasser vertauscht, und einmal wird er ersaufen.

    Jedoch glaube ich, dass es eben schon einen gewaltigen Unterschied gibt das intellektuelle Denken exzessiv zu betreiben, wie es sicher bei Wittgenstein der Fall gewesen ist, oder eben in Maßen so ein bisschen nebenbei.

    Im Exzess wird aber Vieles, z.b. auch das Körperliche zum "Raub".
    Etwas Sport nebenbei oder leichte körperliche Tätigkeiten sind in mancher Hinsicht förderlich, dagegen stellen langfristig Leistungssport und schwere körperliche Berufe "Raub" am Körper dar und werden zu Problemen führen.

    Ich glaube, allmählich, dass die Eingangsfragestellung des Threads ("verträgt sich Philosophie mit Zen") am Ende wohl auch auf eine Frage des Maßes und der Dosis hinauslaufen könnte.

  • Der wichtigste Punkt bei Philososophie ist, ob man mit ihr Wolkenschlösser erbaut oder einreisst. Was da besser zu Zen passt, dürfte klar sein ... :)

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Ich glaube, allmählich, dass die Eingangsfragestellung des Threads ("verträgt sich Philosophie mit Zen") am Ende wohl auch auf eine Frage des Maßes und der Dosis hinauslaufen könnte.

    Du stellst "Zen" wohl mit deinem Gemütszustand gleich. Ob Philosophie mit deiner Geistesruhe disharmoniert kommt da wohl wirklich auf Maß und Dosis an. Im Philosophieunterricht hat mich immer gestört, dass man Themen behandelt hat, die mich überhaupt nicht interessierten, oder ich für falsch/diskutierbar hielt. Es gab trotzdem immer wieder Themen, die mich interessierten und die vielleicht sogar eine Bereicherung waren. Das ist einfach das Problem an Schulen, man kann sich den Unterricht meist nicht wirklich aussuchen. Zumindest an der Uni kann man sich ein wenig spezifizieren auf bestimmte Teilbereiche. Die Abschlussarbeit in Philosophie kann man bestimmt auch zu irgendwelchen Zen-Themen schreiben.

  • Ich denke, es ist auch eine längerfristige Sache die sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten anders beantwortet. Auch wenn man z.B ein Instrument lernt, kann es ja sein, dass man zunächst überfordert und verwirrt ist, aber man sich, wenn man das Medium erstmal gemeistert hat, man sich darin anstrengungsfrei und ruhig bewegt wie ein Fisch im Wasser.


    Von daher kann es ja sein, dass ein Studium zunächst mal etwas sowohl Anregendes als auch Verwirrendes ist, langfristig aber sogar eine Stütze ist. Ich finde es schön, wie Leute die eine Geisteswissenschaft beherrschen strukturiert denken und argumentieren. Tiefgründigkeit kann je bewirken, dass das Wasser klarer wird.

  • Mir noch nicht klar ersichtlich, wo sich Philosophie mit Zen widerspricht. Man studiert ja nur Philosophie und muss keine Konzepte übernehmen. Wenn es unheilsame Konzepte sind, die gelehrt werden, sollte man aber schon davon Abstand nehmen, von sowas habe ich aber noch nicht gehört, vielleicht gibt es die in der Philosophie. Im Studium kann man sich aber glaube ich schon freier auswählen, welche Themen man nimmt. Zumindest in der Abschlussarbeit, da kann man ja dann auch eventuell über Zen-Philosophie schreiben.


    Am besten probierst du es einfach mal aus, kann man ja immer noch abbrechen.

  • Es gibt ja auch Schüler, die daran verzweifeln weil es ein so grosses Studienfeld ist und manche Philosophen wirklich nicht leicht zu verstehen sind. Doch kann grade auch die Zen Schulung sehr dabei helfen, sich nicht zu verzetteln und Knoten im Kopf zu verhindern.

    :)

  • Mir noch nicht klar ersichtlich, wo sich Philosophie mit Zen widerspricht. Man studiert ja nur Philosophie und muss keine Konzepte übernehmen. Wenn es unheilsame Konzepte sind, die gelehrt werden, sollte man aber schon davon Abstand nehmen, von sowas habe ich aber noch nicht gehört, vielleicht gibt es die in der Philosophie. Im Studium kann man sich aber glaube ich schon freier auswählen, welche Themen man nimmt. Zumindest in der Abschlussarbeit, da kann man ja dann auch eventuell über Zen-Philosophie schreiben.


    Am besten probierst du es einfach mal aus, kann man ja immer noch abbrechen.

    Genau, also es muss sich ja nicht widersprechen und könnte einander bereichern - aber gewisse "Fallstricke" und Herausforderungen gibt es meiner Meinung nach schon. Gerade weil man eben mit einer Fülle von Konzepten und Vorstellungen konfrontiert wird, will man sich in diesen nicht verlieren und eben Maß halten.
    Das gesagt, ich denke auch, dass es ein Philosophiestudium eine gute Ergänzung sein kann, sofern man die, in dem Thread aufgeführten, Herausforderungen meistert.

  • Ein sehr schöner Text:


    Als Linji Kiefern pflanzte, fragte Huangbo: »Warum pflanzt du hier tief in den Bergen so viele Kiefern?«

    Linji sagte: »Erstens wegen der Landschaft um den Tempel. Zweitens, um den Menschen danach ein Zeichen zu setzen« und stieß dann mit seiner Hacke dreimal auf den Boden.

    Dann schwang er wieder seine Hacke und grub weiter.

    Huangbo sagte: »Wie dem auch sei, auf jeden Fall hast du dir dreißig Schläge mit dem Stock verdient.«

    Linji schwang weiter seine Hacke und schnob bei jedem Hieb hörbar den Atem aus.

    Huangbo sagte: »Du hast bereits dreißig Schläge von meinem Stock gekostet.«

    Linji nahm nochmals die Hacke, stieß damit dreimal auf den Boden und machte einen tiefen Atemzug.

    Huangbo sagte: »Mit dir wird meine Lehre in der Welt gedeihen!«


    Man muss auch Kiefern pflanzen … und mit Kiefern ist vieles gemeint.