Karma im säkularen Buddhismus

  • Vielleicht gehöre ich zu den am meisten hardcore säkularen Buddhisten im Forum, auf jeden Fall zu den ersten, die sich hier selbst so bezeichnet haben 8)


    Also ganz zuerst säkular und 'glauben an' schließen sich ziemlich aus, oder?


    Ganz konkret zu Deiner Frage (die mich selbst umgetrieben hat, weil ich sie bei den ersten Protagonisten eines säkularen Buddhismus nicht gefunden habe. Leute wie Batchelor möchten das Thema am liebsten ausblenden!).


    Als ein entschiedener säkularer Buddhist - Karma ist so fest in den zentralen buddhistischen Texten/Ideen verankert, daß jeder Versuch der Ablehnung zu einer problematischen Situation führen würde (für mich).


    Am Ende laufen die meisten Diskussionen hier im Forum auf ein Wortgeplänkel hinaus - mal tiefer gehend, mal weniger. Lass uns ehrlich bleiben :angel:


    Was meinst Du, wenn Du die 5 Buchstaben Karma in die Tastatur tippst?


    Ich hoffe, Du hattest keine Karma Idee im Hinterkopf, die eher vehdischen Ursprungs ist.


    Für mich ist es inzwischen vollkommen klar - Karma bedeutet: Handlungen haben Konsequenzen! Es gibt keine 100% Relation, weil Menschen verschieden sind, weil die Umstände verschieden sind


    Ich möchte hier einen Abschnitt eines Buches einfügen, an dem ich arbeite


    Auf der elementarsten Stufe bedeutet Karma ganz einfach Wirkung. Taten haben Wirkungen, Gedanken sind die Voraussetzung für Taten, Gedanken haben Wirkungen. Grundhaltungen, grundsätzliche Einstellungen, Ideologien beeinflussen unsere Gedanken. Grundhaltungen, grundsätzliche Einstellungen, Ideologien haben Wirkungen.


    Die einfachen, direkten Wirkungen kann ich sehen, wahrnehmen. Je weiter die Wirkung zeitlich und räumlich von der Tat entfernt ist, desto problematischer wird dieser Zusammenhang. Man könnte hier an moderne Gedanken dazu, wie etwa den Schmetterlingseffekt1 denken. Noch weiter entfernt kommen dann Ideen wie etwa zur Chaostheorie2 auf. Das vielleicht am besten bekannte Beispiel hier ist das Doppelpendel3. Alle Rahmenbedingungen sind bekannt, die Anfangsbedingung lässt sich beinahe perfekt bestimmen, die Entwicklung des Systems bleibt trotzdem unvorhersehbar, verlaufen aber innerhalb der Rahmenbedingungen.

    1https://de.wikipedia.org/wiki/Schmetterlingseffekt

    2https://de.wikipedia.org/wiki/Chaosforschung

    3https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelpendel


    Mit dieser einfachen Betrachtungsweise von Karma lässt sich dieses PK Zitat gut vereinbaren. Es bringt nichts, sich über alle irgendwie denkbaren Ergebnisse jeder Tat unendliche Gedanken zu machen.

    • Vier unerfaßbare Dinge gibt es, ihr Mönche, über die man nicht nachdenken sollte, über welche nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte. Welches sind diese vier Dinge?
    • Der Machtbereich der Buddhas, ihr Mönche, ist etwas Unerfaßbares, über das man nicht nachdenken sollte und über das nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.
    • Der Machtbereich der Vertiefungen
    • die Wirkung der Taten (kamma-vipāka)
    • das Grübeln über die Welt ist etwas Unerfaßbares, worüber man nicht nachdenken sollte, und worüber nachdenkend, man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.

    A.IV.77 Die vier unerfaßbaren Dinge - 7. Acinteyya Sutta1


    Nun, damit würde es sich beim Karmagedanken um eine Trivialität handeln. Dies würde weder Buddha noch dem säkularen Buddhismus gerecht werden.


    Ich möchte den obigen Ansatz an einem Beispiel etwas ausbauen. Handlungen/Taten haben Folgen. Nehmen wir einen Bauern, der Getreide aussäht. Er handelt bewußt und er hofft auf eine ganz bestimmte Folge seiner Handlung, eine reiche Ernte.

    Was mit dem einzelnen Saatkorn geschieht, das auf den Acker fällt, kann er nicht 100% kontrollieren. Einige Saatkörner werden nicht aufgehen, sie werden Futter für Würmer oder Vögel. Die meisten Saatkörner werden aufgehen, aber die Pflanzen, die sich entwickeln sind von vielen Faktoren abhängig. Einige wie Dünger oder Bewässerung kann der Bauer beeinflussen, andere wie das Wetter nicht.

    Der Bauer hat die weitgehend vollständige Kontrolle über seine Planung und seine Handlungen, er kann aber das Endergebnis nicht allein festlegen. Er kann nur mit auf die Saat folgenden Handlungen (Unkraut jäten, Krähen verscheuchen) die Ereignisse im Sinne seiner ursprünglichen Planung beeinflussen.


    Der Einwand, daß dieses Denkschema auch für jemanden gilt, der einen Banküberfall plant ist absolut richtig. Andererseits werden die meisten zustimmen, Produktion von Nahrungsmitteln ist meist gesellschaftlich wünschenswert/zielführend, Gewalttaten sind es meist nicht.


    An dieser Stelle würde dann der Karmagedanke Handlung → Folge plötzlich verknüpft mit einem sozialen Gedanken. Ich lebe in einer Gesellschaft, meine Taten haben Folgen auch für andere. Dies gilt sogar über das eigene individuelle Leben hinaus. Am Ende geht es dann darum Verantwortung zu übernehmen, auch da, wo die Handlung/Folge Wirkung keine unmittelbar sichtbare, sondern eine nur wahrscheinliche ist (Klimaschutz, Umweltzerstörung, sozial ungünstiges Handeln etwa).


    Um auf das Beispiel mit dem Bauern zurückzukommen – er kann nicht alles bestimmen. Was aber vollkommen klar sein sollte, wenn er nicht aussäht, bleiben viele Teller leer, eventuell auch die Bettelschale eines vorbeiziehenden Mönchs.

    1A.IV.77 Die vier unerfaßbaren Dinge (acinteyya) - 7. Acinteyya Sutta


    Entschuldige den langen Sermon, bleib neugierig

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe das Thema hierhin verschoben, weil die Gruppen, die zu einer Tradition oder Strömung gehören, zum Austausch zwischen den Anhängern dieser Tradition oder Strömung dienen soll.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Naja, ich finde, da gibt es nicht viel zu glauben, sondern nur zu beobachten. Jeder Gedanke, jede Tat hat Einfluss auf unsere zukünftigen Gedanken und Taten (und die anderer Menschen). Jede alte Geschichte hat Einfluss auf unser jetziges Handeln, solange sie nicht bearbeitet ist.


    Mehr Unheilsames führt zu mehr Unheilsamen. Mehr Heilsames führt zu mehr Heilsamen.


    Liebe Grüße,


    Aravind.

    PS: Ich bin sicher kein Sekulärer Buddhist (amerikanischer Prägung), praktiziere aber in einer sekulären burmesischen Schule.

  • fotost Danke für deine klaren Worte.


    Das sind auch für mich wichtige Aspekte. Was für mich ebenfalls wichtig ist ist die Unterscheidung zwischen gut und schlecht. Aber ich merke gerade wie gut es ist, dass du die vier Dinge geschrieben hast über die man nicht nachdenken soll. Weil ich merke wie viele Teilaspekte es haben kann wenn man über einen Banküberfall aus karmischer Sicht nachdenkt.

  • Exkurs: Wiedergeburt und Karma aus säkularer Sicht

    Die säkulare Sicht auf Wiedergeburt destilliert sich in dem Begriff „Wiederwerden“, Pali: „punabbhava“: „punabbhava“ wird landläufig mit „Wiedergeburt“ übersetzt. Diese Übersetzung führt dann aber zu dem bekannten Missverständnis, dass ein Bewusstseinskern von einem Subjekt auf das andere über die Grenze des Todes hinaus hinübergehen kann.

    Buddhismus weiß, alle Erscheinungen sind bedingt, das heißt, sie sind durch unzählige Voraussetzungen prädisponiert. Diese sind die Basis von allem, was wieder und wieder auf materieller sowie auf geistiger Ebene wird. Endet die Existenz von etwas Bestehendem, löst es sich auf und aus seinen Bestandteilen entsteht Neues. Wir alle sind Resultate vorheriger Existenzen und Verhältnisse. Wir sind auf diese Weise mit allem, was je existiert hat, was jetzt existiert und je existieren wird, verbunden. Auf materieller Ebene sind wir aus den Molekülen, aus denen vor uns andere Dinge bestanden, Felsen, Bäume, Tiere, andere Menschen, was auch immer, gemacht. „Wir alle sind Sternenstaub“, heißt es oft poetisch. Und das ist richtig.

    Geistig sind wir unter anderem durch die Erfahrungen unserer Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Ururgroßeltern usw. geprägt. Wir wissen nicht erst seit heute, dass Traumata aber auch positive Eigenschaften, die sich unsere Vorfahren angeeignet haben, über Generationen hinweg weitergegeben werden. Das ist uraltes Menschheitswissen. Neurologen und Psychologen bestätigen dies heute. Wenn wir durch die liebevolle, zärtliche Aufmerksamkeit der Urgroßmutter für ihre Kinder, die deshalb selbst zu empathischen Wesen heranreifen konnten und dies wiederum an ihre Kinder weitergaben, ebenfalls die Gelegenheit haben, aus psychologischer Sicht zu gesunden Persönlichkeiten werden, sind wir deshalb aber nicht die reinkarnierte Großmutter. Die Großmutter hat durch ihr Handeln lediglich einen Teil der Voraussetzungen für das geschaffen, was die Enkel heute sind. So pflanzen sich einzelne Bewusstseinsinhalte, wie etwa Verhaltensmuster, über Generationen hinweg fort. Aber das Bewusstsein eines Einzelnen inkarniert nie als Ganzes in eine andere Person. Herr Müller wird nicht zu Frau Maier, nie. Kann er gar nicht, wie ich noch zeigen werde.

    Aus Sicht der Neurologie und Psychologie ist Bewusstsein in seiner engsten Definition die Wahrnehmung des eigenen Ich-Konstrukts. Wir können sagen: „Ich bin!“ Ein Ich-Konstrukt entsteht durch die Verarbeitung von Sinneseindrücken und ihrer Interpretation auf der Basis unserer Hirnfunktionen. Hören Verarbeitung und Interpretationsarbeit auf, erlischt das Bewusstsein. Das passiert, wenn wir sterben. Buddhismus beschreibt dies ebenso: Bewusstsein ist die Summe der sogenannten Skandhas, der Empfindungen, der Gefühle, der Wahrnehmung, der eigenen Interessen und Sehnsüchte und so weiter. Das, was wir für unser Ich, unser Selbst, halten, ist einzig und allein eine Ausdeutung der genannten Eindrücke. Diese befinden sich jederzeit im fluss.

    Die empirische Zeitwahrnehmungsforschung geht davon aus, dass das, was wir als Gegenwart empfinden, unser gegenwärtiges Sein, jeweils eine Einheit von 2,7 Sekunden umfasst. Wenn man so will, stirbt unser Ich in diesem Intervall und wird aus den Voraussetzungen des Vorangegangenen immer wieder neu. Da ist nichts Festes, kein Kern, der weitergegeben werden könnte. Das ist mit dem buddhistischen „anatta“ gemeint. Die Voraussetzungen oder Bedingungen für die jeweilige neue Ich-Konstruktion sind das Karma. Pali „kamma“, bedeutet übersetzt „Wirken“ oder „Tat“. Karma sind also jene Voraussetzungen, die zum gegenwärtigen Sein geführt haben und gegenwärtiges Sein wiederum erzeugt Karma für künftiges Sein.


    Aus:

    Was ist säkularer Buddhismus?
    Säkularer Buddhismus ist immer wieder Gegenstand von Kontroversen. Doch, was ist säkularer Buddhismus eigentlich und ist die Kritik an ihm berechtigt? Ein…
    www.ursachewirkung.com


    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Also ganz zuerst säkular und 'glauben an' schließen sich ziemlich aus, oder?


    Überhaupt nicht. Jeder Mensch glaubt an etc. Und wenn es nur das ist, dass man daran glaubt, dass jemand mit einer bestimmten Erklärung Recht hat.

  • Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht sicher wie anatta mit Vorleben zusammenhängen. Ich hatte schon den Eindruck, dass es manche bedingten Sachen gibt die sich von Leben zu Leben erst ändern wenn man sie auflöst durch die Praxis. Ich bin schon der Meinung das gutes Karma wichtig ist für eine persönliche Entfaltung. Ich habe mal gehört das Buddha die Frage nach der Seele unterschiedlich beantwortet hatte je nachdem wie dienlich es gerade war. Aber nur weil die Seele leer ist heißt das ja nicht das sie nicht existiert in Samsara. Ein Tisch existiert ja auch in Samsara, ist aber leer. Aber das ist für manche dann glaube ich doch zu kontrovers.

  • Ich hatte schon den Eindruck, dass es manche bedingten Sachen gibt die sich von Leben zu Leben erst ändern wenn man sie auflöst durch die Praxis.


    Nenne bitte ein Beispiel.

  • Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht sicher wie anatta mit Vorleben zusammenhängen. Ich hatte schon den Eindruck, dass es manche bedingten Sachen gibt die sich von Leben zu Leben erst ändern wenn man sie auflöst durch die Praxis.

    Wenn Du mit Karma Karma meinst, das von Leben zu Leben in einer persönlichen wörtlichen Reinkarnation weitergegeben wird, dann solltest Du das zu Deiner Frage ergänzen. Einfach um nicht über völlig verschiedene Begriffe zu reden.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Ich hatte schon den Eindruck, dass es manche bedingten Sachen gibt die sich von Leben zu Leben erst ändern wenn man sie auflöst durch die Praxis.


    Nenne bitte ein Beispiel.

    Zum Beispiel können Traumata aus einem Vorleben nachwirken. Ich hatte während meiner Praxis, in der sogenannten fließenden Meditation, plötzlich Gedanken im Kopf dass mich jemand vergewaltigen würde in einem Wald bei Lagerfeuer. Ich war danach so erleichtert. Und da das nicht in diesem Leben passiert ist schätze ich war es aus einem Vorleben.

  • Ich hatte schon den Eindruck, dass es manche bedingten Sachen gibt die sich von Leben zu Leben erst ändern wenn man sie auflöst durch die Praxis.


    Nenne bitte ein Beispiel.

    Zum Beispiel können Traumata aus einem Vorleben nachwirken.


    Ich kann diesen Gedanken nachempfinden. Inwiefern hilft dir die Ahnung oder die gefestigte Einschätzung über ein traumatisierendes vorgeburtliches Ereignis für den Umgang mit deinen Empfindungen jetzt?

  • Nenne bitte ein Beispiel.

    Zum Beispiel können Traumata aus einem Vorleben nachwirken.


    Ich kann diesen Gedanken nachempfinden. Inwiefern hilft dir die Ahnung oder die gefestigte Einschätzung über ein traumatisierendes vorgeburtliches Ereignis für den Umgang mit deinen Empfindungen jetzt?

    Sehr gute Frage. Ich bemühe mich gutes Karma zu entwickeln und mich geistig weiterzuentwickeln. Aber es macht mich auch entspannter weil keine Vernichtung droht.

  • Zum Beispiel können Traumata aus einem Vorleben nachwirken.


    Ich kann diesen Gedanken nachempfinden. Inwiefern hilft dir die Ahnung oder die gefestigte Einschätzung über ein traumatisierendes vorgeburtliches Ereignis für den Umgang mit deinen Empfindungen jetzt?

    Aber es macht mich auch entspannter weil keine Vernichtung droht.


    Frei ist das Herz das Gutes will und tutet.

  • Also ganz zuerst säkular und 'glauben an' schließen sich ziemlich aus, oder?


    Überhaupt nicht. Jeder Mensch glaubt an etc. Und wenn es nur das ist, dass man daran glaubt, dass jemand mit einer bestimmten Erklärung Recht hat.

    Es kommt auf die Definition an. Ohne eine Menge von verschwommenen Grundannahmen wäre ein normales Leben fast unmöglich.


    Ich 'glaube', daß die Bauarbeiter, die die schwere Betonplatte über meinem Kopf gegossen haben, das irgendwie ganz gut gemacht haben und daß ich hier sicher sitze, obwohl wir alle Bilder von eingestürzten Häusern mit Baupfusch kennen.


    Allein die direkte Gegenüberstellung der Begriffe säkular und glauben an sollte deutlich machen, daß diese Art von Alltagsglauben nicht gemeint ist. Ich meinte ganz spezifisch glauben an übernatürliche Erklärungen oder Hoffnungsträger und dann ist es geradezu Definition von säkular, diese Art von glauben abzulehnen.


    Oder ganz konkret - die Betondecke hält wegen der Physik von Beton, Architekturregeln und der Handwerkskunst von Bauarbeitern und nicht, weil da an den Ecken kleine Trolle sitzen, die mich bewachen und dafür die Decke für mich festhalten :grinsen:


    Und für mich als Buddhisten über Jahrzehnte ist es Tatsache, daß Buddha mit seinen Erklärungen fast immer ein gutes Erklärungsmodell geliefert hat. Ich glaube nicht an Buddha, aus langer Erfahrung vertraue ich ihm.

  • Es kommt auf die Definition an. Ohne eine Menge von verschwommenen Grundannahmen wäre ein normales Leben fast unmöglich [...]

    Und für mich als Buddhisten über Jahrzehnte ist es Tatsache, daß Buddha mit seinen Erklärungen fast immer ein gutes Erklärungsmodell geliefert hat. Ich glaube nicht an Buddha, aus langer Erfahrung vertraue ich ihm.

    Was sind „verschwommene Grundannahmen?“


    > Fast immer ein gutes Erklärungsmodell geliefert < trifft demnach nicht auf Karma zu?


    Karma ist ja im Grunde nichts anderes als ein Erklärungsmodell für Ursache und Wirkung im Dasein. Um das zu erfahren, braucht man an gar nichts glauben, dazu genügt der logische Verstand, weil es täglich offensichtlich ist, wenn man aufmerksam schaut.

    Und wenn ich akzeptiere, daß unser Welterleben ein sinnlich begrenztes Erleben ist, es also auch eine darüber hinaus reichende Wirklichkeit geben muß, so liegt es doch nahe anzunehmen, daß auch in jenem uns nicht zugänglichen Bereich der Wirklichkeit (jenseits), das Wechselspiel von Ursache und Wirkung vor sich geht und ich lediglich durch meine sinnlichen Begrenzungen den ganzen Umfang dieses Wirkens nicht überblicken kann.


    Ich sehe es übrigens auch so: Aus langer Erfahrung vertraue ich dem Weg, den Buddha gewiesen hat. Ich glaube daran, daß es die Wahrheit ist, denn in der Praxis haben sich seine Wegweisungen stets als zutreffend erwiesen. Auf Grund dessen glaube ich auch (oder vertraue darauf), daß sich auch alle künftigen Wegweisungen als richtig erweisen werden. In diesem Sinne kann ich keinen Unterschied zwischen Glauben und Vertrauen erkennen. Gewiß kann man auch blind glauben aber das trifft in diesem Fall ja nicht zu.

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)



  • Wir alle sind Resultate vorheriger Existenzen und Verhältnisse.


    Es gibt ja in der Tat Bedingungen für die Existenz des Körpers aufzuzeigen. Die buddhistische Frage ist dann: bin ich mein Körper? Und wie gehe ich demzufolge mit der Tatsache um, dass die Entstehung dieses Körpers aufzeigbare Bedingungen in der Vergangenheit hat.


    Wie es die weiteren Zeilen von dir implizieren: es lässt sich keine Seele erkennen, die zu etwas anderem transformiert werden kann, die eigentlichen Vorgänge wären objektiver zu beschreiben als so: 'ich/wir sind alle aus vorherigem entstanden'.

  • Wir können sagen: „Ich bin!“ Ein Ich-Konstrukt entsteht durch die Verarbeitung von Sinneseindrücken und ihrer Interpretation auf der Basis unserer Hirnfunktionen. Hören Verarbeitung und Interpretationsarbeit auf, erlischt das Bewusstsein. Das passiert, wenn wir sterben.


    Das kann man analog zu buddhistischen Quellen sehen, in denen die 'Sinnesverarbeitung' die man hier so nennt, um damit das einem normalerweise unbewusste (was ebenso wirkt) zu kennzeichen ja anwendbarer erklärt wird, insofern beispielsweise erkennbar gemacht wird, dass auch das Bilden von Vorstellungen an den Willen gebunden ist, bzw dass das Bilden und Aufrechterhalten von Vorstellungen auch eine Verbindung zu dem jeweiligen bedingt entstandenem Gefühl hat.


    Diese buddhistischen Erklärungen dienen ja auch dazu, dass der Wille dahinter erkennbar wird, Vorstellungen über ein Ich also eine eigene Identität zu bilden, bzw zu erkennen, dass diese 'Sinnesverarbeitung' ja Realität ist, dass es also objektive Bedingungen sind, die zu entsprechenden Sinensreizverarbeitungen führen. Etwa auch zu jener Verarbeitung die dazu führt ein Ich (oder eine eigene Person) erklären zu wollen, was/welche aus früheren Bedingungen hervorgegangen ist, statt sachlicher von den Bedingungen zu sprechen, die für das Entstehen von Bewusstsein oder dem Gefühl, oder dem Körper notwendig sind - ohne die es ausgeprägtere oder weniger ausgeprägte 'Ich Illusion' (das zeigt sich im Handeln wozu auch das Denken gehört) ja auch gar nicht geben kann.



    Zum Todeszeitpunkt erlischt ja nur das letzte Bewusstsein welches in Abhängigkeit zu diesem Körper und Geist (das neuronale Netzwerk?) zu diesem Zeitpunkt noch entstanden ist. Man kann sich vorstellen, dass das Bewusstsein wie ein Feuer ist, in jedem Moment schon wieder anders, es verlischt gewissermassen jeden Moment und ein anderes Bewusstsein flackert auf. Das lässt sich über diesen Körper und das Bewusstsein in diesem Moment sagen: dieses ist es erlöscht, dieser verzehrte, aufgebrauchte Körper ist keine Bedingung mehr für das Entstehen eines Bewusstseinsmomentes.



    Die vorliegenden Fakten so interpretierend dass man von einem (selbstidentischen) Wesen in Form der Namen Person oder 'eigene Identität' oder einfach 'Ich' in der Art denkt spricht, dass nicht Körper und Sinnesverarbeitung usw entstehen, sondern ein 'man selbst', wird man wohl geneigt sein, in dem blossen Erlöschen eines einzelnen letzten Bewusstseinsflackerns von wohl Milliarden vorangegangener Bewusstseinsmomenten den letzten Moment einer solchen Person denken (wollen). Und das wäre ja, legt man zB auch buddhistisches Wissen zugrunde, eine falsche (unzureichend vereinfachte) Schlussfolgerung bzw sprachliche Abbildung dessen was eigentlich nur verloschen ist.

  • Zum Todeszeitpunkt erlischt ja nur das letzte Bewusstsein welches in Abhängigkeit zu diesem Körper und Geist (das neuronale Netzwerk?) zu diesem Zeitpunkt noch entstanden ist. Man kann sich vorstellen, dass das Bewusstsein wie ein Feuer ist, in jedem Moment schon wieder anders, es verlischt gewissermassen jeden Moment und ein anderes Bewusstsein flackert auf. Das lässt sich über diesen Körper und das Bewusstsein in diesem Moment sagen: dieses ist es erlöscht, dieser verzehrte, aufgebrauchte Körper ist keine Bedingung mehr für das Entstehen eines Bewusstseinsmomentes.

    Dieser Gedanke, scheint mir, man kann auch im Kanon finden:


    Zitat

    21. 'Durch Bewusstsein bedingt ist Name und Materie (ein Individuum)', wenn das so gesagt wird, soll man, Ānanda, das in dieser Weise verstehen, wie Name und Materie (ein Individuum) durch Bewusstsein bedingt ist: Wenn aber, Ānanda, das Bewusstsein nicht in den Mutterschoß eintreten würde, würde dann Name und Materie im Mutterschoß heranreifen?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger." - "Wenn, Ānanda, das Bewusstsein, nachdem es in den Mutterschoß eingetreten ist, sich wieder zurückziehen würde, würde dann hier Name und Materie (ein Individuum) geboren?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger." - "Wenn das Bewusstsein von einem kleinen Kind, einem Jungen oder Mädchen sich abtrennen würde, könnte dann Name und Materie (ein Individuum) zu Fortschritt, Wachstum und Fülle kommen?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger." - "Daher, Ānanda, ist dies der Grund, ist dies die Ursache, ist dies die Entstehung, ist dies die Bedingung für Name und Materie (ein Individuum), nämlich das Bewusstsein."


    DN 15,21


    Das neue Individuum ist bedingt, aber es ist nichts identsich mit dem frührem, aber abhängig entstanden. Man braucht sogar nichts ausgeklügelte Logik von Abhidhamma zu rate ziehen, das "Bewusstsein", das so im neuem "Individuum " weiter bestehen wird, auch bedingt.

    Hier ist sehr interesanter Zugang zum Karma, denn was ist bedingt, dann nur durch karma, als die "Ursache-Wirkung", also das "Leben" geht weiter, wenn der Körper stirbt.

    Apropo, sogar sehr angesehende amer. Neurowisssenschaftler David Eagleman nimmt an, dass das Beusstsein nur als der Ver-Mitt-ler dient.. Ich erinnere , er drückt es sehr bildhaft aus. Wenn man alle Radioempfänger auf der Welt zerstören würde, dann diese Energie man kann nichts austilgen. Wenn der Körper stirbt, die "karmische Energie", oder der "Karmische Knoten" ( das sind alles nur die Allegorien!) geht nichts verloren.

    Und wie ich es verstanden hatte, der säkulere Buddhimus akzeptiert "Wieder-Geburt " nach dem physischem Tod ( des Körpers) nichts.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Die vorliegenden Fakten so interpretierend dass man von einem (selbstidentischen) Wesen in Form der Namen Person oder 'eigene Identität' oder einfach 'Ich' in der Art denkt spricht, dass nicht Körper und Sinnesverarbeitung usw entstehen, sondern ein 'man selbst', wird man wohl geneigt sein, in dem blossen Erlöschen eines einzelnen letzten Bewusstseinsflackerns von wohl Milliarden vorangegangener Bewusstseinsmomenten den letzten Moment einer solchen Person denken (wollen). Und das wäre ja, legt man zB auch buddhistisches Wissen zugrunde, eine falsche (unzureichend vereinfachte) Schlussfolgerung bzw sprachliche Abbildung dessen was eigentlich nur verloschen ist.


    Meine Gedanken waren aber anders :) Igor07

    Klar, lieber eitelpfuetze , ich versuchte so veranschaulichen: also aufzuzeigen.

    Denn :


    Zitat

    nd das wäre ja, legt man zB auch buddhistisches Wissen zugrunde, eine falsche (unzureichend vereinfachte) Schlussfolgerung bzw sprachliche Abbildung dessen was eigentlich nur verloschen ist.


    "Das " ( Bewusstsein) geht weiter, aber in der anderen "Verkleidung".

    Ich meinte damit, mit den anderen Wörtern, dass "das Bewusstsein " , obwohl es von dem Individuum zu Individuum verschieden ist, es trägt immer in sich wie die andere karmische "Samen, Knoten, Energie..usw", ...das ist der Prozess , die vor und danach weitere Exietenzen erklären kann.

    P.S. Was ich bei dem Vortrag über den SB nichts vorfinden kann.


    Zitat

    Wir können sagen: „Ich bin!“ Ein Ich-Konstrukt entsteht durch die Verarbeitung von Sinneseindrücken und ihrer Interpretation auf der Basis unserer Hirnfunktionen. Hören Verarbeitung und Interpretationsarbeit auf, erlischt das Bewusstsein. Das passiert, wenn wir sterben.



    das wird aber nichts "erlischt", wenigstens ich hatte es so verstanden. Wenn ich eine Kerze entzünde, aber die andere , die die Flamme der anderen übertragen hatte, dann "ausblase", dann diese "Energie" kann nichts verloren gehen.

    So war meine Gedanken. Denn im Thread es geht um Karma ,oder? ( im Zusammenhang mit dem Bewusstsein).

    LG. :kaffee:  :wrose: :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Meine Gedanken waren aber anders :) Igor07

    Klar, lieber eitelpfuetze , ich versuchte so veranschaulichen: also aufzuzeigen.

    Denn :


    Ich habe es schon gemerkt, in welche Richtung. Aber ich wollte nur das vorstellen was man und auch ich selbst beobachten und nachvollziehen kann.


    Das sind deine Gedanken jetzt dazu die du äussern wolltest. Einen schönen Tag :sunny:

  • Zum Todeszeitpunkt erlischt ja nur das letzte Bewusstsein welches in Abhängigkeit zu diesem Körper und Geist (das neuronale Netzwerk?) zu diesem Zeitpunkt noch entstanden ist. Man kann sich vorstellen, dass das Bewusstsein wie ein Feuer ist, in jedem Moment schon wieder anders, es verlischt gewissermassen jeden Moment und ein anderes Bewusstsein flackert auf. Das lässt sich über diesen Körper und das Bewusstsein in diesem Moment sagen: dieses ist es erlöscht, dieser verzehrte, aufgebrauchte Körper ist keine Bedingung mehr für das Entstehen eines Bewusstseinsmomentes.

    Verfolgen wir mal den Gedanken weiter:

    1. Was erhält eine Flamme beim Brennen?

    2. Was ist überhaupt diese Flamme
    3. Was veranlasst eine andere Flamme zu entstehen?

    Einmal editiert, zuletzt von bel ()

  • Zum Todeszeitpunkt erlischt ja nur das letzte Bewusstsein welches in Abhängigkeit zu diesem Körper und Geist (das neuronale Netzwerk?) zu diesem Zeitpunkt noch entstanden ist. Man kann sich vorstellen, dass das Bewusstsein wie ein Feuer ist, in jedem Moment schon wieder anders, es verlischt gewissermassen jeden Moment und ein anderes Bewusstsein flackert auf. Das lässt sich über diesen Körper und das Bewusstsein in diesem Moment sagen: dieses ist es erlöscht, dieser verzehrte, aufgebrauchte Körper ist keine Bedingung mehr für das Entstehen eines Bewusstseinsmomentes.

    Verfolgen wir mal den Gedanken weiter:

    1. Was erhält eine Flamme beim Brennen?

    2. Was ist überhaupt diese Flamme
    3. Was veranlasst eine andere Flamme zu entstehen?


    Und was (...) ist dein Ergebnis?