Gedanken zum Herzsutra

  • Mir ist dazu (Herzgeist entwickeln) auch noch „Osho und der Ochse“ eingefallen:


    Man erfährt durch die Übung irgend wann immer mehr für Momente die tiefste oder höchste Wahrheit…


    Aber dann geht sie mit der Zeit wieder mehr oder weniger verloren, verflüchtigt sich…


    Durch Alltag oder man fängt wieder an Zuviel darüber nachzudenken, oder man meint, man müsste das was man erfahren hat irgendwie festhalten, es wäre ja doch nur flüchtig, zB.


    Und bis sich die tiefste und höchste Wahrheit allmählich immer mehr verfestigt, solange fängt man immer wieder von vorne an:


    Ego, trennender Geist, das wieder aufgekommen ist, erkennen und wieder loslassen…

  • Man erfährt durch die Übung irgend wann immer mehr für Momente die tiefste oder höchste Wahrheit…

    Durch die Zen-Übung wird nichts erfahren und nichts erreicht. Die Zen-Übung ist keine Methode.

    :zen:



  • Helmut


    Eine sehr gute Analyse des gesamten Herz-Sutras, wie es mir scheint:



    Zitat

    Wer nach Auslöschung oder Reinheit strebt, hat sich nicht von der Anhaftung an die Formen gelöst: Will man von den Formen weglaufen, hegt man die Vorstellung von Formen im Geiste. Diese dualistische Ansicht bringt einen von einem Extrem zum anderen. Die Befreiung kann nur gelingen, wenn man erkennt, dass die Form eben schon die Leerheit ist. In der Tiefe des Prajna Paramita, der vollkommenen Weisheit, erkennt der Bodhisattva unmittelbar das non-duale Wesen aller Phänomene. Dieser Zustand ist nicht einfach ein gedankliches Konzept.


    Zitat

    Unser Satz „Form, nicht verschieden von Leerheit – Leerheit, nicht verschieden von Form. Form ist Leerheit, Leerheit ist Form.“ sagt nun aus, diese beiden Begriffe seien dasselbe. Also eigentlich: Die Formen, die uns umgeben, seien leer ohne „etwas dahinter“ oder „etwas darin“, nämlich ausgeleert. Im Zustand der Prajna Paramita sind sie einfach, was sie sind. Unsere Anhaftungen und unsere karmischen Voraussetzungen verleiten uns dazu, dass wir etwas „für wahr nehmen“, also geistig etwas ausführen.

    Chan-Meister Hanshan Deqing (1546-1623) schreibt zu unserer Stelle:

    „Die Lehre von der Form, die sich nicht von der Leerheit unterscheidet, hatte das Ziel, den Glauben der Menschen zu zerstören, ihre Persönlichkeit sei von Dauer. Diese Menschen meinten, ihr physischer Körper sei wirklich und beständig, und sie planten für ein Jahrhundert im Voraus, ohne zu erkennen, dass der Körper unwirklich und nicht-existent ist, von Augenblick zu Augenblick ohne Unterbrechung bis zum Tod den vier Wandlungen (Geburt/Krankheit/Alter/Sterben) unterliegt und also unbeständig genannt werden muss. […]



    „Form ist Leerheit, Leerheit ist Form.“


    Viel Spaß _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zur Frage der Identität gibt es noch ein in philosophischen Kreisen bekanntes Beispiel von dem Logiker und Mathematiker Frege:

    Zitat

    Der Ausgangspunkt von Freges Überlegungen ist die Beobachtung, dass Aussagen der Form „a = b“ einen anderen „Erkenntniswert“ haben als Aussagen der Form „a = a“. Hierzu ein Beispiel: Der Morgenstern ist derselbe Himmelskörper wie der Abendstern (nämlich die Venus). Im Gegensatz zu der trivial wahren Aussage „Morgenstern = Morgenstern“ drückt die Aussage „Morgenstern = Abendstern“ eine Erkenntnis aus. Frege betont, im zweiten Fall sei derselbe Gegenstand (Venus) auf zwei unterschiedliche Arten „gegeben“ (einmal als Himmelskörper, der als erstes am Abend, einmal als Himmelskörper, der als letztes am Morgen am Himmel steht).

    Das Beispiel kann vielleicht auch nochmal zum Schärfen der begrifflichen Klarheit dienen um welche Art der Einheit es im Herzsutra geht wenn es heißt "Form ist Leerheit. Leerheit ist Form. Form ist nicht getrennt von Leerheit. Leerheit ist nicht getrennt von Form."


    Eine weitere Überlegung zur wechselseitigen Abhängigkeit von Leerheit und Form: Wenn Leerheit wirklich beständig ist - im Gegenteil zur unbeständigen Form - wie kann sie dann zugleich abhängig sein von Form. Da entsteht doch wieder eine Paradoxie. Wie kann etwas beständig, also dauerhaft existent - und zugleich abhängig von etwas Unbeständigem sein. Also mit klassischer Logik scheint mir das nicht aufzulösen zu sein.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Eine weitere Überlegung zur wechselseitigen Abhängigkeit von Leerheit und Form: Wenn Leerheit wirklich beständig ist - im Gegenteil zur unbeständigen Form - wie kann sie dann zugleich abhängig sein von Form. Da entsteht doch wieder eine Paradoxie. Wie kann etwas beständig, also dauerhaft existent - und zugleich abhängig von etwas Unbeständigem sein. Also mit klassischer Logik scheint mir das nicht aufzulösen zu sein.

    Logische Paradoxa sind oftmals ein Zeichen dafür, dass man es mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun hat


    Etwas konkretes sagen wir beim Schuh kann "leer von inhärenter Existenz sein" so wie er auch löchrig oder schwarz sein kann. "Löchrigkeit", "Schwärze" und "Leerheit" sind aber Abstraktionen.


    Und Abstraktionen sind abhängig von ihren konkreten Instanzen. Löchrigkeit von den konkreten Dingen mit Löchern und Leerheit von den konkreten Dingen und Konzepten die leer von inhärenter Existenz sind. An dieser Stelle hat man es nicht mit einer kausalen Abhängigkeit sondern von einer Abhängigkeit der Definition zu tun.


    Leerheit ist nur insofern beständig als es allgegenwärtig ist. So wie auch Vergänglichkeit allgegenwärtig ist. Es sind Daseinsfaktoren. Vergänglichkeit als beständig zu bezeichnen würd Uhr nicht so richtig gerecht. Und so ist es auch bei Leerheit.


    Anders ausgedrückt "Leerheit ist selbst leer von inhärenter Existenz".

  • Anders ausgedrückt "Leerheit ist selbst leer von inhärenter Existenz".

    Es ist nicht ausreichend, sorry.


    Egal, welcher Gegenstand betrachtet wird, er ist abhängig:

    1. von Ursachen und
    2. von Bedingungen,
    3. von seinen Teilen und
    4. von seiner Benennung.

    Das ist-4-( der subtilste Aspekt der Prasangika-Schule.

    Wie es der Dalai Lama in seinen Vorlesungen in Harvard ausdrückte:

    „Leerheit lässt sich nicht finden, ebenso wenig wie ein Buddha, und so weiter ad infinitum. Nichts lässt sich finden.“ (S. 263)

    Bei Shunryu Suzuki lese ich: „Unser Körper und Geist sind zugleich zwei und eins.“ Und weiter: „Jeder von uns ist abhängig und unabhängig zugleich.

    Das widerspricht dem gesunden Menschenverstand, also dem common sense. Aber das Leben ist keine Mathematik. Es ist ein Mysterium, das man nur erfahren( er-leb-en) kann. Tut mir leid( Ironie).

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Egal, welcher Gegenstand betrachtet wird, er ist abhängig:

    1. von Ursachen und
    2. von Bedingungen,
    3. von seinen Teilen und
    4. von seiner Benennung.

    Das ist vollkommen korrekt. Es geht hierbei um Körper, Form, Ding, Lebloses/Materie.

    Das ist Ursache, Bedingung, Zusammengesetztes für jedes Lebewesen. Die Benennung macht sie nicht lebendig, auch wenn sie noch so lebendig beschrieben werden.


    Es ist nie auf Lebewesen, Gedanken, Gedankengebäude, Systeme, Wissen, Wahrheiten anzuwenden. Denn Lebewesen haben Bewusstsein als Grundlage, egal ob man es erkennt, und das bewirkt immer ein, sich nicht als Form, Ding, Körper zu erkennen.


    Kaum ein Lebewesen erkennt, dass es aus Gegenständen besteht und nie unabhängig von den Ursachen, den Bedingungen der zusammengesetzten Gegenstände existieren kann.

    Dieses Erkennen, von Gegenständen abhängig zu sein, löst alle Leiden aus, wenn ein Geist versucht, sich davon zu befreien.


    Alles Geistige ist untrennbar von Form, Ding, Lebloses abhängig.

    Alles Geistige ist leer von Form, Ding, Lebloses.

    Form, Ding, Lebloses ist leer von Geistigem.

  • Wenn Leerheit wirklich beständig ist - im Gegenteil zur unbeständigen Form - wie kann sie dann zugleich abhängig sein von Form.

    Die Begriffe beständig und abhängig bilden ja keine Gegensätze. Das Gegenteil von beständig ist unbeständig. Das bedeutet, ein Phänomen als Ganzes kann nicht gleichzeitig beständig und unbeständig sein. Das Gegenteil von abhängig ist unabhängig. Ein Phänomen kann als Ganzes nicht gleichzeitig abhängig und unabhängig sein.


    Beständig bedeutet, dass sich ein Phänomen nicht von Moment zu Moment verändert, wandelt. Abhängig bedeutet, dass ein Phänomen nur dadurch existiert, dass es sich in seiner Existenz auf Objekte stützen muss, die nicht das Phänomen selbst sind.


    Da alle Phänomene abhängig existieren, existiert auch ein beständiges Phänomen in Abhängigkeit. Es existiert also nicht aus sich selbst heraus, hat kein Eigenwesen. Ein abhängiges Phänomen kann einen beständigen Aspekt besitzen. Diese Aspekt des Phänomens ändert sich nicht solange das abhängige Phänomen besteht. Die Selbstlosigkeit der Person ist ein beständiges Phänomen, das sich nicht ändert solange die Person lebt. aber die Selbstlosigkeit der Person ist eine grundlegende Eigenschaft der Person. Die Person kann nur aufgrund ihrer Selbstlosigkeit existieren und sich entwickeln und wandeln.


    Form ist Leerheit bedeutet ja, dass die Leerheit, also das Freisein von inhärenter Existenz, die grundlegende Bestehensweise des Körper-Skandhas ist. Wenn die Leerheit von inhärenter Existenz die grundlegende Bestehensweise des Körper-Skandhas ist, dann besteht ein enger Zusammenhang. Es ist ja nicht so, dass der Körper am Schreibtisch sitzt und die Leerheit des Körpers befindet sich ganz woanders. So getrennt sind eben Körper-Skandha und seine Leerheit nicht. Leerheit ist Form weist ja gerade darauf hin, dass die Leerheit immer die Eigenschaft eines bestimmten Phänomens ist.


    Die Schwierigkeit des Begriffes Leerheit (sunyata) besteht ja darin, dass die Leerheit eine reine Negation ist. Leerheit verneint die inhärente Existenz. Inhärente Existenz der Phänomene hat es nie gegeben und wird es auch niemals geben, weil alles immer nur in Abhängigkeit existiert. Uns erscheinen die Phänomene aber so als hätten sie eine inhärente Existenz und wir glauben, dass dies die Realität ist. Leerheit verneint diese Sichtweise. Das bedeutet aber nicht, dass die Leerheit jegliche Existenz verneint. Sie drückt nur aus wie die Phänomene nicht existieren.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • die Selbstlosigkeit der Person ist eine grundlegende Eigenschaft der Person.

    Meinst du damit Nicht-Selbst, wenn du von Selbstlosigkeit schreibst?

    Ich habe da Schwierigkeiten mit deinem Begriff "Eigenschaft" , denn es geht bei Nicht-Selbst und auch bei shunyata um Merkmallosigkeit, bzw. da gibt es keine Eigenschaft.

    Leerheit ist Form weist ja gerade darauf hin, dass die Leerheit immer die Eigenschaft eines bestimmten Phänomens ist.

    Sehe ich nicht so. Leere bzw. Leerheit IST keine Eigenschaft, kein Merkmal. Du verwechselst hier Begriff und Phänomen: die Eigenschaft ist das bedingte Entstehen der Phänomene, alle Dinge sind zusammengesetzt und dies wird Leerheit genannt, als Begriff. Leerheit und bedingte Entstehung sind zwei unterschiedliche Bezeichnungen einer Sache.

    Wenn das Sutra also sagt - Form ist Leerheit - dann ist das dasselbe wie bedingte Entstehung ist Leerheit. Und das findest du bei Nagarjuna.

    :zen:



  • Dinge sind ihre Eigenschaften, es kann ihnen keine weitere hinzugefügt werden.

    Körper/Form ist Eigenschaft.

    Empfinden, Wahrnehmen, Absicht, Bewusstseinsuchlauf sind Wirkungen der Eigenschaft, bedingte Entstehung der Eigenschaft Körper/Form.


    Körper/Form ist zusammengesetzt aus Dingen/Eigenschaften (Quarks), durch wechselseitige Abhängigkeit der Bedingungen/Eigenschaften der Dinge erscheinen Naturgesetze. Dinge und Naturgesetze sind ohne jedes Empfinden, Wahrnehmen, Absichten, Bewusstsein.


    Körper/Geist ist immer Leben.

    Körper ist nie lebend ohne Geist/Bewusstsein.

    Leere, Leerheit ist weder Körper noch Geist, hat also keine Bedingungen, keine Entstehung nur Erscheinung und keine Eigenschaft. In Leere, Leerheit verwehen alle Dinge. Leere/Leerheit ist also auch nicht Nirvana/Nibbana.

  • An dieser Stelle hat man es nicht mit einer kausalen Abhängigkeit sondern von einer Abhängigkeit der Definition zu tun.

    Das heißt Abhängigkeit ist hier eher eine logische Bedingtheit als ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis? Willst du das damit sagen?

    Da alle Phänomene abhängig existieren, existiert auch ein beständiges Phänomen in Abhängigkeit. Es existiert also nicht aus sich selbst heraus, hat kein Eigenwesen.

    Ich habe mal gelesen, dass zumindest einige buddhistische Schulen - z.B. die Sarvastivadins - Nirvana (pratisaṃkhyā-nirodha) als unbedingt aufgefasst haben. In späteren Schulen wurde dann die Einheit von Samsara und Nirvana und die Erkenntnis der Leerheit als wichtiger Schritt zum Erwachen postuliert.

    Die Begriffe beständig und abhängig bilden ja keine Gegensätze. Das Gegenteil von beständig ist unbeständig. Das bedeutet, ein Phänomen als Ganzes kann nicht gleichzeitig beständig und unbeständig sein. Das Gegenteil von abhängig ist unabhängig. Ein Phänomen kann als Ganzes nicht gleichzeitig abhängig und unabhängig sein.

    Für mich besteht der logische Widerspruch darin, dass etwas beständiges - also unveränderliches - abhängig ist von etwas unbeständigem. Wie soll das gehen? void hat darauf hingewiesen, dass es sich um eine logische Abhängigkeit handeln könnte bei der Entstehung von Begriffen / Abstraktionen, Jedenfalls kann es sich nicht um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung handeln.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • An dieser Stelle hat man es nicht mit einer kausalen Abhängigkeit sondern von einer Abhängigkeit der Definition zu tun.

    Das heißt Abhängigkeit ist hier eher eine logische Bedingtheit als ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis? Willst du das damit sagen?

    Ja genau, ich würde sagen Leerheit bedeutet ja "leer von inhärenter Existenz" dies bedeutet ja grob die Aussage "Wenn du dein Phänomen X untersuchst, wirst du kein Wesen finden".


    Leerheit ist also etwas was eher "gilt" als dass es existieren würde.Weil da ja das Phänomen X in der Definition drin vorkommt, stützt sich die Definition auf es. Eine Aussage wie "A hat kein Wesen" macht keinen Sinn, wenn ich nicht sagen, von welchem A ich rede - insofern hängt es davon ab.

  • der Körper ist ein unbeständiges Phänomen, die Leerheit dagegen ein beständiges Phänomen

    Woher stammt eigentlich die Feststellung, dass Leerheit beständig ist? Wie kann man von etwas, das selbst kein Wesen hat, frei von inhärenter Existenz ist - Leerheit ist ja selbst auch leer - sagen, dass es beständig sei?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Woher stammt eigentlich die Feststellung, dass Leerheit beständig ist? Wie kann man von etwas, das selbst kein Wesen hat, frei von inhärenter Existenz ist - Leerheit ist ja selbst auch leer - sagen, dass es beständig sei?

    Vielleicht wenn man vom Arhat aus denkt?


    Unsere normale Wahrnehmung ist ja verblendet. Wenn jemand seine Verblendungen ablegt, dann kommt er zu immer subtileren Wahrnehmungen bis er schließlich die Welt als Leerheit wahrnehmt und dort verweilt. Leerheit ist der wahre Zustand der Welt und er ist beständig.


    Leerheit ist hier keine Abstraktion - wie es mein Gedanke war - sondern die Sicht eines Befreiten. Aber ich Frage mich, ob "Beständigkeit" da wirklich das richtige ge Wort ist.

  • Leerheit ist beständig, auch wenn es nur noch Staub gibt, ist die Leerheit beständig, sie vergeht, wenn alle Dinge vergangen sind.

  • Unsere normale Wahrnehmung ist ja verblendet. Wenn jemand seine Verblendungen ablegt, dann kommt er zu immer subtileren Wahrnehmungen bis er schließlich die Welt als Leerheit wahrnehmt und dort verweilt. Leerheit ist der wahre Zustand der Welt und er ist beständig.

    Also Leere kann niemand wahrnehmen, sie ist eine Einsicht, die erscheint, wenn die kleshas verschwinden. Wenn alles wesenlos ist, einschließlich Ich und Mein, dann verschwinden Persönlichkeit und Welt gemeinsam. Und dies gehört zusammen und geschieht auch zusammen: wenn dieses, dann jenes.

    Im Herzsutra wird ja aufgezählt, was wahrgenommen wird -

    Zitat

    Sariputra! Alle Dinge sind in Wahrheit leer. Nichts entsteht und nichts vergeht. Nichts ist unrein, nichts ist rein. Nichts vermehrt sich und nichts verringert sich. Es gibt in der Leere keine Form, keine Empfindung, Wahrnehmung, geistige Formkraft und kein Bewußtsein, keine Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper oder Geist; es gibt nichts zu sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen oder denken, keine Unwissenheit und auch kein Ende der Unwissenheit, kein Altern und keinen Tod, noch deren Aufhebung, kein Leiden und keine Ursache des Leidens, kein Auslöschen und keinen Weg der Erlösung, keine Erkenntnis und auch kein Erreichen. Weil es nichts zu erreichen gibt, leben Bodhisattvas Prajna Paramita und ihr Geist ist unbeschwert und frei von Angst.

    Befreit von allen Verwirrungen, allen Träumen und Vorstellungen, verwirklichen sie

    vollständiges Nirvana.


    Wenn Wesen durch Unterscheidung bestehen, dann bedeutet Leere das Aufhören von Unterscheidungen. Und zwar nicht nur die Unterschiede von Form und Leere, sondern die EinSICHT, dass es eine vollständige DurchSICHT gibt. Das ist sicherlich auch wieder bedingt, denn solange man lebt, solange gibt es die Herausforderung die das Leben an einen stellt, da man nicht in der Leere verweilen kann. Man muss, wie das Mantra am Ende sagt, darüber hinaus gehen und diese Einsicht im Leben verwirklichen.


    Der wahre Zustand ist weder beständig noch unbeständig.

    :zen:



  • Hier noch zwei Absätze zum Thema von unserem schwäbischen Propheten, Bezugsebene ist natürlich wieder nur das menschliche Alltagsbewusstsein mit Verstand und Vernunft:


    "Auch die Logik beruht auf Voraussetzungen, denen nichts in der wirklichen Welt entspricht, z.B. auf der Voraussetzung der Gleichheit von Dingen, der Identität desselben Dings in verschiedenen Punkten der Zeit"

    "Die Erfindung der Gesetze der Zahlen ist auf Grund des ursprünglich schon herrschenden Irrtums gemacht, daß es mehrere gleiche Dinge gebe (aber tatsächlich gibt es nichts Gleiches), mindestens daß es Dinge gebe (aber es gibt kein "Ding")."


    (Nietzsche: Von den ersten und letzten Dingen )

  • Die Leerheit gilt auch für das Herz-Sutra selbst.

    Das Herz-Sutra ist selbst nur eine Form, wenn auch keine grobkörperliche, so doch eine gedanklich-geistige.


    In einem einfachen Praxis-Test setzen wir uns (z.b.) auf das Kissen vor die weisse Wand, mit dem Herz-Sutra im geistigen Fokus. Mehr oder weniger schnell, je nach Übung und Tagesform treten Verstand und Vernunft in den Hintergrund und machen einem höheren Bewusstsein Platz.

    Die innere Herz-Sutra-Diskussion löst sich auf wie ein Spuk, und es "erscheint" eine klare, wache, entspannte Präsenz, in der alle Geheimnisse des Sutras sich unmittelbar offenbaren, ohne begleitenden Text, begleitende Akustik oder Optik.

    Die Leerheit offenbart sich nicht als totes Nichts, sondern als die lebendige Existenz an sich.


    Diese Übung arbeitet gewissermassen mit dem "Koan-Prinzip".


    :angel:

  • Das Herz Sutra nur rein gedanklich verstehen zu wollen, wird immer fehl schlagen, oder zu Missverständnissen führen, weil wir mit einem unterscheidenden (trennenden) Geist anfangen über etwas nach zu denken, und irgendwie versuchen etwas in Worte zu fassen, das in Worten widersprüchlich erscheint.


    Die Lösung liegt darin, aufzuhören „verstehen zu wollen“, sondern sich dem Hier und Jetzt, jeden winzig kleinen immer wieder ganz neuen Augenblick (also dem Hier und Jetzt), völlig hinzugeben: „der Form und der Leere“ die gleichzeitig immer darin enthalten ist.


    Es ist also eine Praxis in der wir das Herz Sutra erfahren können!


    Soko Morinaga Roshi formuliert das so:


    Das Eine nicht zu durchdringen

    bedeutet, beides zu verfehlen.


    Die Erscheinungen verbannen bedeutet das Zunichtewerden der Erscheinungen;

    sich der Leere hingeben heißt der Leere widersprechen.


    Ursprünglich gibt es keine Unterschiede, nur Harmonie.

    All die verschiedenen Dinge in ihrer ganzen Vielgestalt befinden sich in Harmonie miteinander und sind »Wie-Eins«. Solange ihr euch nicht im Geisteszustand dieser Wirklichkeit befindet, ist es egal, ob ihr euch nach rechts oder links wendet, beides ist ohne Nutzen.

    Wenn ihr euch bemüht, nicht von den Dingen, denen ihr jeden Tag begegnet, gefesselt zu werden, dann ignoriert ihr sie letztlich nur. Aber alles, so wie es ist, in sich aufzunehmen, das ist etwas ganz anderes, als es zu ignorieren.


    Genauso wie es zwei verschiedene Dinge sind, alles in sich aufzunehmen oder sich davon fesseln zu lassen.

    Wenn ihr die euch umgebenden Erscheinungen nicht wahrnehmt und nicht anerkennt, dann fallt ihr lediglich in ein Loch der Leere, denn wenn ihr versucht, alles als Leere zu begreifen, um euch nicht in irgendetwas zu verfangen, dann wird genau dadurch die wahre Leere zunichte. Die Leere, der ihr euch willentlich hingeben wollt, ist nur eine willkürlich ausgedachte Vorstellung der Leere. Im Herz-Sütra (Skrt. Mahaprajnaparamità-Sutra) heißt es: »Form ist Leere, Leere ist Form.« Das, was existiert, indem es Form, Farbe und Funktion besitzt, ist gleichzeitig etwas, was diese Form, Farbe und Funktion transzendiert. In anderen Worten: Inmitten von Form, Farbe und Funktion wird es von keinem dieser Aspekte gefesselt. Das wird Leere genannt.

    Es ist deshalb nicht richtig, wenn ihr Wahrheit als Leere definiert, und es ist auch nicht korrekt, zu behaupten, dass sie Erscheinung sei. Form ist Leere, Leere ist Form - das bedeutet nicht einfach nur, dass beide einander entsprechen und gleich sind, sondern dass ES von Anfang an nicht in Begriffe wie Form oder Leere zu fassen ist; es ist das Leuchten eines kurzen Augenblicks. Deshalb ist die Wahrheit von „Hier und Jetzt“ eins, ohne Raum für irgendwelche Vernünfteleien - der Höchste Weg ist nicht schwierig!

  • Die Gesetze der Zahlen sind auf etwas gegründet, das nicht real erscheint: Unendlichkeit.

    Mit den Zahlen können alle endlichen Dinge berechnet werden.


    Das geht nur mit einer Technik, die auf Unendlichkeit beruht, nur muss jemand, der mit Logik arbeitet, sich immer bewusst sein, dass diese unendlich ist, die Welt immer endlich. Wer seine Logik auf scheinbar unendliche Dinge richtet, verliert den Boden der Realität, wenn er Unendliches (Geistiges) für real hält.


    Das ist der Grund, warum der Gottesbeweis von Schrödinger scheitert. Er baut in seine Formel Unendlichkeit als Beweismittel ein und damit bestätigt er nur den Glauben an einen Gott.

  • Man erkennt den wirklichen Gehalt im HerzSutra nur wenn die eigene „Birne“ weich genug geworden ist:


    ZB Meditation oder wie auch immer.

    Ansonsten bleibt es ein analysieren und verstehen, irgendwie logisch begreifen wollen.


    Wenn die eigene „Birne“ weich genug geworden ist:


    Kann man versuchen damit ein Koan zu lösen, oder man versucht sich das Ende des Universums vorzustellen, ein Universum das zwar existiert aber doch nicht ganz zu fassen ist:


    Man geht in der Vorstellung immer weiter hinaus ins Universum, man versucht „das Ende“ zu finden aber man kann es nie…


    Und in diesem Augenblick der Erkenntnis, erkennt man auch, da wo ich gerade bin, ist alles nur genauso wie in einem Traum…


    Und die eigene „Birne“ beginnt zu leuchten…

  • Wie kann man von etwas, das selbst kein Wesen hat, frei von inhärenter Existenz ist - Leerheit ist ja selbst auch leer - sagen, dass es beständig sei?

    Das frei sein von inhärenter Existenz der Phänomene ist ein beständiges Phänomen, weil sich dieses Freisein nicht von Moment zu Moment ändert, mal gegeben ist und mal nicht.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Wie kann man von etwas, das selbst kein Wesen hat, frei von inhärenter Existenz ist - Leerheit ist ja selbst auch leer - sagen, dass es beständig sei?

    Das frei sein von inhärenter Existenz der Phänomene ist ein beständiges Phänomen, weil sich dieses Freisein nicht von Moment zu Moment ändert, mal gegeben ist und mal nicht.

    Wenn die Leerheit leer von inhärenter Existenz ist, wie kann man sie dann als ein beständiges Phänomen bezeichnen? Dadurch würde man sie quasi „verdinglichen“.

    Man sollte sie vielmehr als ein Werkzeug verstehen, das dazu dient, die abhängige Entstehung der Phänomene zu erkennen.

    E. Conze verwendet hier die Analogie mit der Ziffer Null. Ohne sie wären mathematische Operationen nicht möglich, doch sie ist buchstäblich gesehen keineswegs ein „Nichts“.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Wie kann man von etwas, das selbst kein Wesen hat, frei von inhärenter Existenz ist - Leerheit ist ja selbst auch leer - sagen, dass es beständig sei?

    Das frei sein von inhärenter Existenz der Phänomene ist ein beständiges Phänomen, weil sich dieses Freisein nicht von Moment zu Moment ändert, mal gegeben ist und mal nicht.

    Ja sicher. Es ist auch niemand da, der Änderungen wahrnehmen könnte. Dort wo Dualität aufgehoben ist, in der Leere, gibt es auch nichts zu unterscheiden - beständig - unbeständig - das gibt es da nicht.

    :zen:



  • Wie kann man von etwas, das selbst kein Wesen hat, frei von inhärenter Existenz ist - Leerheit ist ja selbst auch leer - sagen, dass es beständig sei?

    Das frei sein von inhärenter Existenz der Phänomene ist ein beständiges Phänomen, weil sich dieses Freisein nicht von Moment zu Moment ändert, mal gegeben ist und mal nicht.

    Ich vermute Leerheit ist einer der missverständlichsten Begriffe der buddhistischen Lehre. Mit der Bezeichnung von Leerheit als beständiges Phänomen habe ich meine Bauchschmerzen. Leerheit ist ja kein Phänomen in dem Sinne , sondern eher eine Abwesenheit. Leonie hat darauf hingewiesen, dass man Leerheit nicht wahrnehmen kann. Ein Phänomen ist laut Duden:

    Daher ist es widersinnig Leerheit als ein Phänomen zu bezeichnen, ein beständiges dazu. Wobei beständig wohl in der buddhistischen Philosophie eine besondere Bedeutung hat.


    Das, was existiert, kann in zwei große Kategorien eingeteilt werden: statische und nicht statische Phänomene. Diese Begriffe werden für gewöhnlich als „beständig“ und „unbeständig“ übersetzt. Das ist jedoch irreführend. Der Unterschied besteht darin, ob ein Ding sich verändert, während es existiert, oder nicht. Es kann für eine kurze Zeitspanne existieren oder für immer. Ich möchte hier nicht ausführlicher auf Beispiele für statische Phänomene eingehen, aber kurz gesagt, geht es dabei um Dinge wie mathematische Eigenschaften, Faktoren, die sich nie ändern. Die mathematische Tatsache „Eins und eins ist zwei“ ändert sich nicht.

    Es können also auch zeitlich begrenzt existierende Dinge in diesem Sinne als beständig bezeichnet werden.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte