Klagen und BEklagen ...

  • Was mir glaube ich gefühlsmässig nicht so klar ist ist der Unterschied zwischen Selbstmitleid und eben Geduld und Mitgefühl mit sich selbst.

    Da sage ich mir, wenn man für alle Wesen Güte, Geduld und Mitgefühl haben soll, dann in gleicher Weise auch für das Wesen, das man selber ist.

  • Was mir glaube ich gefühlsmässig nicht so klar ist ist der Unterschied zwischen Selbstmitleid und eben Geduld und Mitgefühl mit sich selbst.

    Da sage ich mir, wenn man für alle Wesen Güte, Geduld und Mitgefühl haben soll, dann in gleicher Weise auch für das Wesen, das man selber ist.

    Für alle Wesen Güte, Geduld und Mitgefühl zu haben ist doch nur dann möglich, wenn ich die Wesenlosigkeit aller erkenne. Und dieses "Alle Wesen" meint natürlich auch mich mit.

    :zen:



  • Das kannte ich auch mal. Heute laufen Tränen ganz ohne Mitleiden mit meinem verherrlichten Vergangenen, ohne Überschwang, ganz einfach, weil das Reale mich zu Tränen bringt.

    Das ist wirklich ehrlich in meinem Gefühl, ungebunden zu sein an Vergangenem. Frei mein Empfinden, so lassen und bestaunen, wie es ist.

  • Für alle Wesen Güte, Geduld und Mitgefühl zu haben ist doch nur dann möglich, wenn ich die Wesenlosigkeit aller erkenne. Und dieses "Alle Wesen" meint natürlich auch mich mit.

    Das Beste was ich mir und allen Wesen wünschen kann ist jedenfalls, dass wir diese Erkenntnis erreichen.

  • Die Paramitas erscheinen nur im Denkenden als mehrere, im Handeln sind sie immer Eins.

  • Hallo Leonie :) ,

    vielen Dank für deinen interessanten Beitrag! _()_

    Hätte da noch ein paar Anmerkungen, bzw. Fragen....

    Die Klage erfordert eine übergeordnete Instanz an die sich die Klage richtet und die dort auf ein gerechtes Urteil hofft.

    Meintest du hier die Klage, die sich an einen "Gott" richtet?


    Allerdings bräuchte es m.E. zum (Weh-) Klagen ja nicht unbedingt etwas Übergeordnetes, Zuhörer auf Augenhöhe reichen völlig aus, sofern sie empathisch und mitfühlend/hilfsbereit sind -

    Klagen verlangt nach irgendeiner Form der Resonanz, sonst macht es keinen Sinn.

    Der Buddhismus hat keine übergeordnete Instanz, so dass eine Klage ins Leere läuft.

    So betrachtet, ja, aber in Asien wird der Buddha teilweise wie eine Gottheit verehrt und dort, im Rahmen einer "Volksfrömmigkeit", sicherlich als übergeordnete Instanz aufgefasst, der man huldigt und auch sein Leid klagen kann...


    Ansonsten wären da noch "spirituelle Freunde" als mitfühlende Tröster von Klagenden zu erwähnen, die dem Leidenden - durch Zuhören, Zuspruch und Rat erleichtern können, ins seelische Gleichgewicht zurückzufinden (so dass er anschließend, günstigenfalls, wieder imstande ist, sich - durch die buddhistische Praxis - selbstverantwortlich zu helfen).


    Buddha Shakyamuni hat es selbst mehrfach vorgemacht, z.B., als er - kurz vor seinem Tod - den klagenden, weinenden Ananda tröstete:

    Aus des Buddhas Worten spricht echtes Mitgefühl, Wohlwollen, Wertschätzung und Trost, in Form eines aufbauenden Zuspruchs, der Ananda die baldige Befreiung in Aussicht stellt...


    (Letzteres zu sagen, vermochte natürlich nur der Buddha selbst, "spirituellen Freunden" stünde es nicht zu...)

    Und tatsächlich ist es auch meine Erfahrung, dass ein sich beklagen über Umstände die Lage eher verfestigt. Besser ist es sich selbst zu betrachten und die Situation in der man sich befindet.

    Inwiefern "verfestigt" das BEklagen über "Umstände" die Lage?

    Kommt halt sehr auf die Umstände an... :?

    - Geht es um körperliches oder geistiges Leid?

    - Besteht die Möglichkeit, dass BEklagen irgendetwas zum Besseren ändern könnte?

    - Geht es um äußere Umstände, die, ev. durch Gewinnung von Mitstreitern, abzustellen wären?


    Davon abgesehen, ist es sicher grundsätzlich empfehlenswert, zunächst eine Selbstbetrachtung und Analyse der Lage vorzunehmen, bevor man Andere einbezieht. Wenn man dazu gerade fähig ist.... :shrug:

    Das Buch Hiob ist insofern ganz interessant, als es dort die Thematik der "unverdienten" Glücks und Unglücks aufzeigt und es da nicht um dukkha geht.

    Es sind Beispiele für die acht Winde und Hiob gelingt es sich zu Gleichmut durch zu ringen, nachdem er erkannt hat, dass es nicht möglich ist, Gott zu verstehen.

    Danke für diese interessante Interpretation, ja, die Bezeichnung "Gleichmut" charakterisiert Hiobs Verfassung am Ende, sehr treffend. :)


    Habe übrigens eine Predigt zum Thema "Klage" im Netz entdeckt, deren Verfasser zu dem Ergebnis kommt, dass "im Buddhismus" Klagen "unerwünscht" sei, während man im Christentum, bei Gott,

    "Mensch sein" und sich beklagen dürfe.

    (Pfarrer Dr. Jehle unterstellt damit offensichtlich, dass man "im Buddhismus" als Mensch in seinem Menschsein eingeschränkt wird, denn Klagen, bei entsprechenden Anlässen, gehört - nach seiner Ansicht - zum" echten Menschsein" dazu... Allerdings nur "vor Gott"! )


    Auszüge aus der Predigt:

    * Ist das so? Geben sich Buddhisten gefasster, als sie wirklich sind??




    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    "...Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..." (AN.VI.63)


    "In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist, mit dem Fluss des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig." (H.Hesse)

    Einmal editiert, zuletzt von Anna Panna-Sati ()

  • Meintest du hier die Klage, die sich an einen "Gott" richtet?


    Allerdings bräuchte es m.E. zum (Weh-) Klagen ja nicht unbedingt etwas Übergeordnetes, Zuhörer auf Augenhöhe reichen völlig aus, sofern sie empathisch und mitfühlend/hilfsbereit sind -

    Klagen verlangt nach irgendeiner Form der Resonanz, sonst macht es keinen Sinn.

    Eine Klage hat einen Kläger, einen Beklagten und eine Instanz, an die sie sich richtet - und sie erfordert ein Rechtssystem, das das Vertragsrecht zwischen den Beteiligten kennt.

    Der jüdische Gott hatte ja einen Bund/Vertrag mit seinem Volk und deshalb machte es Sinn, wenn sich das Volk oder auch der Gott auf die Einhaltung der Rechte stützten und wenn das nicht der Fall war, dann klagte man eben.

    Später ergab sich ein Neuer Bund - der sich nur noch auf den Glauben und das Jenseits richtete - da kann man nicht mehr klagen.

    Aber beklagen kann man sich über die Zustände der Kirche bzw. das Verhalten der Pfarrer etc.

    Beklagen kann man sich, wenn es kein Recht gibt, dass eingefordert werden kann.


    Worüber soll man sich im Buddhismus beklagen?

    Wer sich beklagt, sieht offensichtlich keine Möglichkeit an den beklagten Zuständen etwas zu ändern - oder will die nicht änderbare Lage so annehmen wie sie ist.

    Alter, Krankheit und Sterben sind solche Dinge. Schwer zu akzeptieren. Das Beklagen würde das nicht ändern - und eher daran hindern, diese Leiden anzunehmen.


    Das Buch Hiob ist ja ein spezieller Fall, in dem es einen Gott gibt, der Respekt einfordert. Man hatte ja so die Ansicht, dass der Gerechte, der ja Hiob war, durch seine Gerechtigkeit von Gott belohnt wird. Im Sinne von gute Taten bringen gutes Karma oder ein guter Baum bringt gute Früchte - wie Jesus das mal sagte. An einem schlechten Baum können keine guten Früchte wachsen.

    Und auf diesen Zusammenhang zielt das Buch Hiob ab - nicht die Taten machen einen Gerechten, sondern der Glaube.

    :zen: