was ist das Besondere am Diamantweg?

  • Engelbert:

    Für mich war das Besondere am Diamantweg, dass der Gründer selber sagt, dass er mit mehr als 500 Frauen geschlafen hat


    Offenbar kann man dort besonders leicht Frauen kennen lernen. Nichts besonderes, in der Yogagruppe am Ende unserer Strasse kann man das auch.

  • Ich finde es gut, dass schön friedlich diskutiert wird bei diesem Thema, das so vielen nahe geht.


    Die Sache, dass Sex im tibetischen Buddhismus auch religiös genutzt werden kann, wurde schon öfter herangezogen. Weil man sich in all den exotischen Angelegenheiten der Tibeter als Deutscher nicht so sicher ist, kann einem da schon mal ein X für ein U vorgemacht werden und plötzlich wird aus dem religiösen Tantra denn doch nur mittelmäßiges Poppen. Glücklicherweise hat der Dalai Lama genau dazu ausführlich Stellung genommen:


    Zitat

    According to the Dalai Lama, only a person who views all the phenomena of cyclic existence with complete impartiality is qualified to engage in tantric sexual practices:


    »Truthfully, you can only do such practice if there is no sexual desire whatsoever. The kind of realization that is required is like this: If someone gives you a goblet of wine and a glass of urine, or a plate of wonderful food and a piece of excrement, you must be in such a state that you can eat and drink from all four and it makes no difference to you what they are. Then maybe you can do this practice.«


    When asked to name any lamas who he thought were at this level, he admitted that he could not. He mentioned that there are well-known stories of great teachers like Tilopa who had transcended all attachment to conventional thinking and so were able to engage in sexual practices without harming themselves or their students, but he added that such exceptional individuals are very rare.«


    [(John Powers, »Introduction to Tibetan Buddhism«, Snow Lion Publications, 1995, p. 252. Deutsche Übersetzung: Religion und Kultur Tibets. Das geistige Erbe eines buddhistischen Landes, O.W. Barth Verlag, 2002]

    Einmal editiert, zuletzt von Calimero ()

  • Es gibt mehrere Ebenen.
    1. Tantrische Sexualität zwischen Partnern im gemeinsamen Retreat - hier stellen sich beide als Gottheiten vor und vereinigen sich wie diese, die sexuelle Energie wird zur gemeinsamen Transformation genutzt und umgewandelt. Dies wird i.d.R. in einem sehr langen geschlossenen Retreat gemacht und benötigt bestimmte Einweihungen und eine bestimmte Eignung. Hier sind beide gleichberechtigte Praktizierende.
    2. Tantrische Sexualität zwischen einem Meister und jemandem, der nicht auf dem gleichen Level von Verwirklichung ist. Das ist das, was der Dalai Lama beschreibt und wo eine Gefahr besteht, dass einem oder beiden (karmischer) oder psychischer Schaden zugefügt wird.
    3. Sexualität die im gegenseitigen Einvernehmen Erwachsener stattfindet und aufgrund der Umstände nicht der spirituellen Praxis schadet. Hier kann man davon ausgehen, dass Laienpraktizierende ohnehin Sex haben, und das muss der Praxis nicht schaden und kann sogar der Entwicklung dienen ähnlich wie bei 1. nur in einem geringeren Ausmaß; es ist jedenfalls besser wenn man seine sexuelle Aktivität irgendwie mit dem Dharma verbinden kann, sollte sich aber im Klaren sein, dass beide normale Praktizierende sind.
    4. Wenn jemand jemand anders vorspielt, durch Sexualität mit ihm/ihr einen spirituellen Vorteil zu haben, um jemanden ins Bett zu kriegen, und das sexuelle Fehlverhalten vielleicht auch noch vor anderen dadurch rechtfertigt, ist das ein Bruch der Gelübde und definitif missbräuchlich. Egal ob das von einem Lehrer ausgeht oder von einem einfachen Praktizierenden.


    Es gibt natürlich generell noch mehr Konstellationen, aber das sind wohl die wichtigsten, die im Zusammenhang mit Spiritualität stehen.


    kilaya

  • kilaya:

    . Tantrische Sexualität zwischen einem Meister und jemandem, der nicht auf dem gleichen Level von Verwirklichung ist


    Existiert eine Liste von attraktiven (!) Meisterinnen die solche tantrischen Sex-Retreats anbieten ? Ich hätte Interesse mich tantrisch-spirituell zu vertiefen. :grinsen:

  • Lieber, wunderbarer Kilaya,


    viele Westler meinen, mit großem Vertrauen, dass der Buddhismus insgesamt eine sehr ausdehnbare Religion ist, nicht wahr? Nette lachende Mönche, lächelnder Buddha, tolle Lamas, charismatische Nonnen. Der Pali-Kanon zwischen den vergilbten Fingern, denn der Buddhismus hat nichts gegen Nikotinsüchtigkeit, und sogar der Penis wird so oft eingesetzt, wie man möchte - oder kann, denn Buddhismus ist doch sexualfreundlich. Mit diesem Weltbild, dass sich die Regeln an meinem eigenen Weg zur Erleuchtung ausrichten, damit gehen viele Buddhisten durch ihr Leben. Das zieht die Menschen seit Jahrzehnten an. Man meint, dass der Buddhismus nicht so "trocken" sei, wie die hiesige Kirche, sondern in manchen Bereichen, nunja, sogar ein wenig feuchter.


    Die Regeln stelle ich mir, wenn, dann schon selber auf. Das ist provokant ausgedrückt, aber hierin liegt schon ein dickes Korn Wahrheit. Westliche "Buddhisten" kultivieren, so habe ich den Eindruck, recht häufig ihre Unreinheit und mögen nicht erkennen, dass der Hauptakt, die Herausforderung, nicht im Lesen irgendwelcher alter Schriften besteht, sondern im fordernden und andauernden Umstellen des Gehirns, oder auch des Geistes wie manche sagen, indem man unheilsame Taten langsam mit heilsamen Taten austauscht. In dem man anstatt "Verdammte Scheiße, Fuck!" zu brüllen plötzlich sanft "Oh, das war daneben" sagt, wenn man sich mit einem Hammer auf den Fingern haut ("wessen das Herz voll ist, dessen geht der Mund über") indem der Kettenrauch mit einer Gebetskette ersetzt wird, indem mein überaktiver Sexualtrieb, angefacht von Werbung und Film, besänftigt wird. Sodass ich nicht auch noch in einem Retreat darüber sinnen muss, wie ich mir Befriedigung schaffen kann. In toto: dass die unendlichen und leidvollen Prozesse des zyklischen Existierens langsam erkannt und gestoppt werden. Das ist mein Ziel.


    Zitat

    „Von allem Bösen abzustehen,
    das Heilsame zu mehren,
    auf Läuterung des Geistes zu sehn:
    Das ist's was Buddhas lehren.“ (Dhp 183)


    Wenn der Buddha einmal ein Verhalten unmittelbar einfordert, und das tut er durchaus, dann wird das als unangenehm erkannt - das will man nicht haben - und sofort aufgeweicht, wegverhandelt oder als "kulturell oder ethisch zu speziell auf Tibet gerichtet" empfunden, weil wir sind ja hier nicht in Tibet. Da poppen selbst die Götter auf dem Altar. In Tibet. Da geht alles. In Tibet. Anscheinend. Aber so ist das nicht. Wie ist es? Ein Lehrer, der sich 500 seiner Schülerinnen mit auf sein Zimmer nimmt und die Hosen herunterlässt, der kann hier wohl nicht als Maßstab dienen und mich lehren, nicht wahr? Also schaue ich mir an, was die Wissenschaft sagt und der Buddhismus kommt da plötzlich ziemlich kleinteilig her:



    Das einzig Positive: Mann darf fünf Orgasmen in der Nacht haben. (Wobei ich hier schon wieder kläglich scheitern werde. Ich kann es mit den kleinen, leichten Hochleistungstibetern, die sich aber auch im Höhentraining sowas von fit gemacht haben, einfach nicht aufnehmen. Ich hatte mal drei, und das war echt harte, harte Arbeit...).

  • Alexander:

    Ich habe den Eindruck gewonnen, als werde der Diamantweg von manchen icht ernst genommen.
    Was soll ich davon halten? Ist der Diamantweg eine Sonderform oder eigentlich kein "richtiger" Buddhismus?
    Meine Frage ist ernst gemeint und ich freue mich auf Eure Antworten,
    liebe Grüße Alexander


    Und, was ist denn jetzt das Besondere am Diamantweg?

  • Zitat

    viele Westler meinen, mit großem Vertrauen, dass der Buddhismus insgesamt eine sehr ausdehnbare Religion ist, nicht wahr?


    Wenn man sich die Vielfalt der verschiedenen Ausprägungen anschaut, dann wird jedenfalls deutlich, dass jeder seine Form finden kann. Glücklicherweise regt der Buddha ja zum selber Denken an und verlangt nicht die stupide Befolgung von Regeln.


    Zitat

    Sodass ich nicht auch noch in einem Retreat darüber sinnen muss, wie ich mir Befriedigung schaffen kann. In toto: dass die unendlichen und leidvollen Prozesse des zyklischen Existierens langsam erkannt und gestoppt werden. Das ist mein Ziel.


    Das ist ein Missverständnis deinerseits, denn genau darum geht es in einem Partner-Retreat nicht. Es geht vielmehr darum, gemeinsam diese Prozesse zu erkennen und zu stoppen. Damit ist aus tantrischer Sicht nicht eine Vermeidung der Energien verbunden, die gemeinhin zu Leid führen, sondern vielmehr ihr Durchdringen und Transformieren, bis nur noch die Essenz übrig ist. Und diese Essenz ist neutral, einfach nur Energie. Alles, was daran unheilsam ist, wird aufgelöst. Und an diesem Ziel ändert sich auch im Paarretreat nichts. Im Grund ist ein Paarretreat sogar sehr viel schwieriger als die Vermeidungsstrategie, dafür aber, wenn man es konsequent und nach Anleitung durchzieht sehr viel schneller als diese, um den eigenen unheilsamen Tendenzen auf die Schliche zu kommen.


    Deiner Analyse, dass viele sich auf bequeme Weise "ihren Buddhismus" zurechtzimmern widerspreche ich durchaus nicht. Ich rede davon, wie Tantra tatsächlich gemeint ist und hoffe, dass sich so einige Missverständnisse ausräumen lassen.


    Zitat

    Da poppen selbst die Götter auf dem Altar. In Tibet. Da geht alles. In Tibet. Anscheinend. Aber so ist das nicht.


    Wie auch solche Missverständnisse. Ich glaube nicht, dass irgendein ernsthafter Praktizierender des tibetischen Buddhismus das derart falsch versteht. Schliesslich gehört das zu den ersten Dingen die erklärt werden was mit der Symbolik der Vereinigung gemeint ist. Die Tibeter bevorzugen nur eine weniger abstrakte Darstellung, weil sie der Meinung sind dass als Wesen dargestellte Energie die unterbewussten Knöpfe besser drücken als zwei Fische in einem Kreis z.B. Die höchste Ebene des Annuttara Yogatantra zeigt die Vereinigung nur noch in einzelnen Formen z.B. durch Überkreuzen der Arme mit Glocke und Dorje wie Vajradhara. Die dualen Tantras sind untergeordnete Tantraklassen. Das lässt sich natürlich in einem stark monastisch geprägten Tibet auch besser vermitteln.


    Zitat

    Wie ist es? Ein Lehrer, der sich 500 seiner Schülerinnen mit auf sein Zimmer nimmt und die Hosen herunterlässt, der kann hier wohl nicht als Maßstab dienen und mich lehren, nicht wahr?


    Wenn Deine Sichtweise so ist wie Du sie darstellst und Du Dich auf die buddhistischen Belehrungen beziehst die Du für Dich richtig findest, dann ist das so, für Dich. (Jetzt mal unabhängig davon, ob das tatsächlich so war oder ist wie Du es darstellst oder ob sich das v.a. in Deiner Phantasie so abspielt.)


    Zitat

    Also schaue ich mir an, was die Wissenschaft sagt und der Buddhismus kommt da plötzlich ziemlich kleinteilig her:


    "Den" Buddhismus gibt es nicht ;)


    Zitat

    Wer bereit ist, die sexuellen Lehren der Tradition buchstabengetreu zu akzeptieren, legt sich fest, nach diesen Richtlinien zu leben.


    Wie gut, dass der Buddhismus keine fundamentalistische Religion ist, wo man sich buchstabengetreu an Regeln halten muss, die in irgendeiner Zeit und Kultur mal auf die Essenz aufgepfropft wurden. Regeln des äußeren Verhalten, vor allem in der Sexualität, müssen geradezu an die Zeit und Kultur angepasst werden, in der sich der Buddhismus integrieren will. Und dann sieht die Liste dazu, was akzeptabel ist und was nicht, gleich ganz anders aus. Wobei man dann noch unterscheiden muss: welches Verhalten ist für einen Laien gesellschaftlich akzeptabel und welches nicht, was führt definitif zu Leid (z.B. alles, was die andere beteiligte Person nicht will) und was kann in der Spiritualität zu Hindernissen führen usw. Das muss immer wieder neu austariert werden und genau für diese Anpassungsfähigkeit liebe ich den Buddhismus. Auch wenn das manchmal anstrengende Diskussionen notwendig macht.


    kilaya

  • Jojo:
    Alexander:

    Ich habe den Eindruck gewonnen, als werde der Diamantweg von manchen icht ernst genommen.
    Was soll ich davon halten? Ist der Diamantweg eine Sonderform oder eigentlich kein "richtiger" Buddhismus?
    Meine Frage ist ernst gemeint und ich freue mich auf Eure Antworten,
    liebe Grüße Alexander


    Und, was ist denn jetzt das Besondere am Diamantweg?


    Diamantweg ist keine Sonderform und ist richtiger Buddhismus. Aber sicherlich nicht für jeden richtig. So wie sich die Diskussion hier (wie so oft, wenn auch etwas weniger extrem) auf den Lehrstil eingeschossen hat, kann ich verstehen, wenn sich niemand traut, der sich im Diamantweg heimisch fühlt, aus der eigenen Sicht zu schreiben. Ich möchte der Ausgewogenheit der Diskussion halber dennoch dazu ermutigen.


    kilaya

  • Jojo:
    Alexander:

    Ich habe den Eindruck gewonnen, als werde der Diamantweg von manchen icht ernst genommen.
    Was soll ich davon halten? Ist der Diamantweg eine Sonderform oder eigentlich kein "richtiger" Buddhismus?
    Meine Frage ist ernst gemeint und ich freue mich auf Eure Antworten,
    liebe Grüße Alexander


    Und, was ist denn jetzt das Besondere am Diamantweg?




    Der Diamantweg als Gruppierung ist eine westliche Ausformung des Buddhismus, der sich mit dem tibetischen Buddhismus überschneidet, der sich zu allererst aber permanent mit sich selber beschäftigen und seine guten Absichten immerzu beweisen muss, da er - zurecht oder auch nicht, ich kann und mag das nicht beurteilen - sehr stark polarisiert und von führenden Religionswissenschaftlern als "Buddhismus light" bezeichnet wird:


    http://www.religionenlu.ch/pdf/2005-11-04.pdf

  • kilaya:

    So wie sich die Diskussion hier (wie so oft, wenn auch etwas weniger extrem) auf den Lehrstil eingeschossen hat, kann ich verstehen, wenn sich niemand traut, der sich im Diamantweg heimisch fühlt, aus der eigenen Sicht zu schreiben. Ich möchte der Ausgewogenheit der Diskussion halber dennoch dazu ermutigen.


    Jojo:

    Und, was ist denn jetzt das Besondere am Diamantweg?


    Engelbert:

    Der Diamantweg als Gruppierung ist eine westliche Ausformung des Buddhismus


    Redet Ihr jetzt vom Diamantweg, den Lama Ole geprägt hat oder ganz allgemein vom Vajrayana ?

  • Hallo,


    Mir sind da einige Fragen aufgestiegen:


    So wie ich den Buddhismus verstehe geht es dabei darum Triebe zu überwinden bzw. zu transzendieren. Offenbar ist ein Lama des Diamantweges nicht unbedingt ein Mönch und praktiziert zu diesem Zweck dieses Sexualtantra. Ich nehme mal an nur mit der Frau mit der er verheiratet ist, oder gibt es dazu keine Regel und der Lama kann das mit beliebigen Frauen machen?
    Und wie ist das im tibetischen Buddhismus, gibt es da auch Richtungen wo Lamas nur als Mönche leben können, ähnlich wie die Bikkhus im Theravada?

  • Ein entscheidender Punkt, was viele übersehen, ist dass im Diamantweg dem Kagyü-Buddhismus nichts Wesentliches hinzugefügt oder weggenommen wurde. Der Stil und die Sprache wurde angepasst, aber Lama Ole Nydahl ist nach allem was ich gesehen habe in Bezug auf die Lehre erstaunlich streng und traditionell, wenn man es mit einigen tibetischen Lamas vergleicht, die im Westen lehren oder gelehrt haben. Er - wie auch seine Frau Hannah - hat von vielen grossen tibetischen Lehrern sowohl die vollständige Kagyü- als auch die vollständige Nyingma-Übertragung erhalten. Er legt grossen Wert auf ein vollständiges Ngöndro, was eine mehrjährige schweisstreibende Angelegenheit ist und tief transformiert. Dass er die Begierden der Leute nutzt, um sie durch diese beschwerliche Arbeit zu puschen, sind aus meiner Sicht typische tantrische geschickte Mittel. Die meisten Lamas geben ihren Schülern im Westen nur "Ngöndro Light" und kürzen ihnen diesen vorbereitenden Weg ab. Ob das wirklich die bessere Alternative ist?


    Ich muss - persönliche Zwischenbemerkung - sagen dass ich mit den meisten Diamantwegs-Schülern so meine Schwierigkeiten habe. Viele plappern dem Lehrer nach, ohne dass man eine eigenständige Umsetzung von Erfahrungen in eigene Worte und Bilder spürt. Bei einigen habe ich den Eindruck, dass sie ihren eigenen Lehrer gründlicher missverstehen, als so mancher Aussenstehende. Ich bewerte das aber in meiner Einschätzung nicht über, weil ich denke dass nicht jeder gleich ein "Meisterschüler" sein kann und viele einfach auch so schon mehr in ihrer Entwicklung profitieren, als wenn sie ihre Energien ungehindert und ohne diesen "Schutz" auf die Welt loslassen würden.


    kilaya

  • Zitat

    Existiert eine Liste von attraktiven (!) Meisterinnen die solche tantrischen Sex-Retreats anbieten ? Ich hätte Interesse mich tantrisch-spirituell zu vertiefen.


    Attraktivität Mir ist schon klar, dass Deine Bemerkung nicht ganz ernst gemeint ist, aber trotzdem eine Antwort: wie der Dalai Lama schreibt, gibt es vermutlich derzeit nur sehr sehr wenige, die überhaupt auf dem Level sind. Da Frauen als Lamas leider ohnehin selten sind, und dann meistens Nonnen, reduziert sich das noch weiter. Und für die Variante unter 1. hat man normalerweise schon einen Partner, mit dem man gemeinsam in so ein Retreat geht. Das wird aber auch nur von sehr wenigen Linien angeboten, gerade im Westen. Im "Diamantweg" gibt es das nicht. Ich weiss aber, dass es z.B. eine kleine Nyingma-Schule gibt, die auch diese Tantraebene praktiziert. Man hält sich aber eher bedeckt damit, weil man genau solche Anfragen und Vorstellungen wie das, was Du gerade schreibst, dort nicht haben will.


    kilaya

  • mukti:

    Offenbar ist ein Lama des Diamantweges nicht unbedingt ein Mönch und praktiziert zu diesem Zweck dieses Sexualtantra. Ich nehme mal an nur mit der Frau mit der er verheiratet ist, oder gibt es dazu keine Regel und der Lama kann das mit beliebigen Frauen machen?


    "Diamantweg" ist die deutsche Bezeichnung für "Vajrayana", meint aber meist die von Ole Nydahl im Auftrag des 16. Karmapa gegründeten Zentren. Ein "Lama" ist nicht unbedingt ein Mönch, aber in Tibet wurde der Titel eigentlich nur nach mindestens einer Dreijahres-Zurückziehung vergeben und im Normalfall nur an Mönche. Ole Nydhal verwendet den Titel auf ausdrücklichen Wunsch des 16. Karmapa. Da er kein Mönch ist, gibt es auch kein Zölibat.


    Normalerweise hat diese Freiheit nur ein sog. Ngakpa, das ist ein Haushälter-Lama, und tatsächlich sind in den wenigen Schulen, die Vereinigungspraxis überhaupt lehren und praktizieren - das sind übrigens meist weibliche Übertragungslinien - Frauen und Männer die Lamas, die selbst im Rahmen ihrer tantrischen Gelübde ausschliesslich mit ihren eigenen Partnern praktizieren. Wechselnde Partner wären für diesen Prozess kontraproduktiv, weil sich eine tiefe energetische Verbindung etabliert.


    Tatsächlich wird aber Vereinigungspraxis im "Diamantweg" nicht gelehrt und nicht praktiziert. Ole Nydhal - so steht es in seinen autobiografischen Büchern - ist dem Buddhismus auf seiner Hochzeitsreise begegnet, war da also schon verheiratet. Seine Frau Hannah hat alle Ausbildungen 100% in gleicher Weise erhalten. Später haben sie die meiste Zeit getrennt verbracht - er auf Reisen um die Welt und sie als Übersetzerin mit tibetischen Lamas in Asien - und da gab es eine sehr kleine Zahl an Frauen, die an Lama Oles Seite feste Partnerinnen waren und gleichzeitig im Team mitgearbeitet haben. So viel ist sicher.


    Für alle anderen Aussagen gibt es zumindest keine schriftlichen Belege und ich habe sie immer im fast gleichen Wortlaut (und mit der gleichen Zahl) aus verschiedenen Richtungen gehört, aber niemand wusste genaueres und hatte es auch nur wieder von irgendjemand gehört. Das erste mal habe ich das Anfang der 90er gehört, da waren es auch schon diese "500". Damals war ich öfter mal in seinen Vorträgen und auch bei Kursen und habe das niemals von ihm selbst gehört.


    Zitat

    Und wie ist das im tibetischen Buddhismus, gibt es da auch Richtungen wo Lamas nur als Mönche leben können, ähnlich wie die Bikkhus im Theravada?


    Absolut, das ist sogar die Regel, seitdem damals das monastische System aufgebaut wurde. (Ich glaube v.a. durch Gampopa). Die grossen Zeiten der wilden Yogis und freien Ngakpas liegen auch in Tibet Jahrhunderte zurück. D.h. aber nicht, dass diese Linien komplett ausgestorben wären. Der 16. Karmapa hat gegen die zu der Zeit in Tibet üblichen Regeln Lama Ole ausdrücklich als nicht ordinierten Lama in den Westen geschickt, weil klar war, dass es nur so funktionieren würde, die Übertragung zu sichern.


    kilaya

  • Danke für die verständlichen Erklärungen kilaya. Was ich jetzt nicht ganz kapiert habe:


    kilaya:

    Der 16. Karmapa hat gegen die üblichen Regeln Lama Ole ausdrücklich als nicht ordinierten Lama in den Westen geschickt, weil klar war, dass es nur so funktionieren würde, die Übertragung zu sichern.


    Wennn er kein ordinierter Lama ist, wieso trägt er dann den Titel "Lama"?

  • mukti:

    Danke für die verständlichen Erklärungen kilaya. Was ich jetzt nicht ganz kapiert habe:


    kilaya:

    Der 16. Karmapa hat gegen die üblichen Regeln Lama Ole ausdrücklich als nicht ordinierten Lama in den Westen geschickt, weil klar war, dass es nur so funktionieren würde, die Übertragung zu sichern.


    Wennn er kein ordinierter Lama ist, wieso trägt er dann den Titel "Lama"?



    Lama bedeutet Lehrer.
    Es gibt ordinierte und nicht ordinierte Lehrer.

  • mukti:

    Wennn er kein ordinierter Lama ist, wieso trägt er dann den Titel "Lama"?


    Der Lama-Titel wurde zwar gewohnheitsmäßig in Tibet nach bestimmten Regeln vergeben (wobei übrigens nichtmal die tatsächliche Eignung des Mönchs geprüft wurde, wenn er die formalen Bedingungen erfüllte) aber das ist nicht zwingend vorgeschrieben. Der 16. Karmapa hat schriftlich verfügt und darum gebeten, dass Ole Nydahl den Lamatitel verwenden sollte, obwohl er die - eben nur gewohnheitsmäßigen - formalen Bedingungen dafür nicht erfüllt hat. Bei den Ngakpas ist es auch so, dass der Titel Lama verwendet werden kann, ohne diese Regeln der Klöster zu erfüllen. Da geht es wohl auch mehr um tatsächliche Eignung und Qualifikation, ich weiss aber nicht genau, wie da vorgegangen wird.


    Zitat

    Lama bedeutet Lehrer.
    Es gibt ordinierte und nicht ordinierte Lehrer.


    Das ist etwas vereinfacht dargestellt, ein Lama ist schon mehr als ein Lehrer. Nicht jeder der tibetischen Buddhimus lehrt, darf sich einfach so Lama nennen. Das wird schon deutlich, wenn man das sinngemäß in Sanskrit übersetzt, da wäre die gleiche Ebene nämlich ein "Guru". Man sollte also etwas verwirklicht haben, nicht einfach nur verstandesmäßig gelernt.


    kilaya

  • mukti:

    Danke für die verständlichen Erklärungen kilaya. Was ich jetzt nicht ganz kapiert habe:


    kilaya:

    Der 16. Karmapa hat gegen die üblichen Regeln Lama Ole ausdrücklich als nicht ordinierten Lama in den Westen geschickt, weil klar war, dass es nur so funktionieren würde, die Übertragung zu sichern.


    Wennn er kein ordinierter Lama ist, wieso trägt er dann den Titel "Lama"?



    Das ist nun das Problem mit dem Diamantweg (Gruppe). Permanent muss nach Erklärungen gesucht werden, für Verhaltensweisen oder Praktiken, die für den tibetischen Buddhisten nicht einfach nachvollziehbar sind.


    Auf Deine Frage hin kommt nun wieder ein Behelfskonstrukt zum Zuge, wieso es doch möglich ist, dass jemand Lama ist und wer das erlaubt hat und so weiter und so weiter. "...weil klar war, dass es nur so funktionieren würde, die Übertragung zu sichern". Alternativlos klar eben. Am Ende wird das dann mit der Besonderheit des "westlichen Buddhismus" erklärt.


    Und so sind viele Verhalten eben behelfsmäßig erklärbar. Aber es macht sie dadurch nicht zu traditionellem buddhistischen Verhalten und das, obwohl man sich im Diamantweg des Herrn Nydahl auf eine der traditionellsten Schulen des tibetischen Buddhismus beruft. Dieser Spagat bringt eben Spannungen mit sich.

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  • Engelbert:

    Das ist nun das Problem mit dem Diamantweg (Gruppe). Permanent muss nach Erklärungen gesucht werden, für Verhaltensweisen oder Praktiken, die für den tibetischen Buddhisten nicht auf den ersten Blick sofort nachvollziehbar sind.


    Auf Deine Frage hin kommt nun wieder ein Behelfskonstrukt, wieso es doch möglich ist, dass jemand Lama ist und wer das erlaubt hat und so weiter und so weiter. Am Ende wird das dann mit der Besonderheit des "westlichen Buddhismus" erklärt. Und so sind viele Verhalten eben behelfsmäßig erklärbar. Aber es macht sie dadurch nicht zu traditionellem buddhistischen Verhalten und das, obwohl man sich auf eine der traditionellsten Schulen des tibetischen Buddhismus beruft. Dieser Spagat bringt eben Spannungen mit sich.


    Nein, das stimmt so nicht, das ist eine falsche Wahrnehmung der Umstände. Es war in Tibet, vor allem vor der monastischen Zeit, völlig klar dass ein Lama kein Mönch sein muss. Willst Du also wirklich tief in die "Tradition" eintauchen, dann ist die "moderne monastische Regelungswut" darauf zurück zu führen, dass die Leute in den Klöstern einfach viel Zeit totzuschlagen hatten. Das kann sich ein Yogi selten und ein Haushälter so gut wie nie erlauben. Man braucht sich nur die Lebensgeschichten der grossen Yogis vor Gampopa anzusehen, über die die Übertragung in den monastischen Zweig gemündet ist, um zu sehen, dass "traditionell" gerade in den alten Linien was ganz anderes bedeutet hat als Klosterregeln. Eigentlich kann man sagen, dass gerade die neueste Schule, die Gelug-Schule, ganz besonders zur Vormachtstellung (vor allem ihrer eigenen) Klöster in Tibet beigetragen hat.


    Zitat

    Am Ende wird das dann mit der Besonderheit des "westlichen Buddhismus" erklärt. Und so sind viele Verhalten eben behelfsmäßig erklärbar.


    Das habe ich anders geschrieben und gemeint. Es geht darum, dass im Westen niemals so viele Menschen mit dem Buddhismus in Verbindung gebracht werden können, wenn Ordinierung oder auch nur jahrelange Zurückziehungen Pflicht wären. In Tibet war die Gesellschaft darauf ausgerichtet, hier ist das nicht so. Das hat der 16. Karmapa erkannt und daher die alten Traditionen der Yogis und Laien wieder in den Vordergrund gestellt.


    kilaya

  • Ich habe meinen Beitrag noch mal während Deines Beitrages ein wenig konkretisiert. Bitte dies zu entschuldigen.


    Fakt ist aber: erneut muss der Diamantweg (Gruppe) sich und seine Besonderheit erklären. Das passiert grundsätzlich nach wenigen Sekunden - weil eben viele Sachen fragwürdig sind werden Fragen gestellt.

    Einmal editiert, zuletzt von Calimero ()

  • Und ich hab grad auch noch einen Absatz ergänzt; sinngemäß ändert sich an meiner Antwort durch Deine Änderungen nichts.


    kilaya

  • Engelbert:


    Und so sind viele Verhalten eben behelfsmäßig erklärbar. Aber es macht sie dadurch nicht zu traditionellem buddhistischen Verhalten und das, obwohl man sich im Diamantweg des Herrn Nydahl auf eine der traditionellsten Schulen des tibetischen Buddhismus beruft. Dieser Spagat bringt eben Spannungen mit sich.


    Naja es hängt letztlich davon ab was ein Lehrer tatsächlich verwirklicht hat, und ob ein Interessent den Eindruck hat dass er von ihm das lernen kann was er sucht. Über Formalitäten und Traditionen gibt es immer allerhand Kontroversen.

  • kilaya:

    Nicht jeder der tibetischen Buddhimus lehrt, darf sich einfach so Lama nennen.


    Aber jeder Lama lehrt tibetischen Buddhismus, egal ob ordiniert und nicht ordiniert :)