was ist das Besondere am Diamantweg?

  • kilaya:

    Es geht darum, dass im Westen niemals so viele Menschen mit dem Buddhismus in Verbindung gebracht werden können, wenn Ordinierung oder auch nur jahrelange Zurückziehungen Pflicht wären. In Tibet war die Gesellschaft darauf ausgerichtet, hier ist das nicht so. Das hat der 16. Karmapa erkannt und daher die alten Traditionen der Yogis und Laien wieder in den Vordergrund gestellt. kilaya


    Ich kenne Lamas, die in den 60ern, also noch bevor Ole Nydahl ein Thema war, vom Karmapa vom Zölibat, dem Mönchsleben und dem Einhalten der monastischen Regeln entbunden wurden, weil das Leben nach diesen Regeln im westlichen Umfeld nahezu unmöglich ist. Ich denke da an:
    man darf nicht mit einer Frau alleine in einem Raum sein, (zB keine Putzfrau möglich, auch im Krankenhaus wenn Ärtztinnen oder Krankenschwestern ...)
    ein Mönch darf nicht von einer Frau berührt werden oder eine Frau berühren,
    kein Umgang mit Geld
    etc


    Ich kenne inzwischen Lamas in Deutschland die verheiratet sind, bei der Frau wohnen und Dharma lehren. Ich kenne Lamas, die nie im Kloster waren, die also als Laie gelebt haben und dann einen 3 Jahres-Retreat gemacht haben und inzwischen Dhrama lehren, sowohl Tibeter als auch nicht-Tibeter.


    Ich denke man muss sich einfach klar machen, dass die Vorstellung ein Lama = "Mönch mit Zölibat" genau das ist, eine Vorstellung wie manche glauben wie ein Lama oder Lehrer zu leben hat. Die Realität hat sich zu etwas anderem entwickelt. Und ich denke, dass sich der 16. Karmapa dessen bewust war. Tibet ging ins Exil, und der tibetische Buddhismus musste auf diese Situation reagieren. Überleben in Buthan, Nepal und Indien mit Öffnung in den Westen. Und das viel in die 60er wo Flower-Power bei vielen Westlern die sich für Buddhismus interssierten der normale Lebensstil war. "Wer 2 mal mit der Selben pennt gehöhrt schon zum Establishment" das wurde von vielen Westlern in der Zeit gelebt. Ich möchte Ole jetzt nichts unterstellen, aber wenn er damals promisk gelebt hat, dann war das nichts besonderes oder anrüchiges, sonder es war in den Flower-Power-Kreisen normal.

  • Na, ich finde es erstmal eher positiv, wenn ein Lehrer selbst gelebt hat und direkt unmittelbar erfahren hat, wovon er spricht. Er sollte in der Welt in der er unterrichtet nicht Weltfremd sein. Sonst wird nur bloße Theorie gelehrt. Eigene Erfahrung kann da nur hilfreich sein meine ich. Das kann man sogar schon als Schüler in der Schule so erleben.
    Was zählt ist doch das hier und jetzt ( da weiß ich aber nix zum Lama Ole) und nicht Irgendjemand der Irgendwann mal war.... Es ist aber immer gut, wenn man aus einem Erfahrungsschatz schöpfen kann.
    Mein Rat ist gerade deshalb ...Mach einfach wenns dich interessiert und finde selber raus, ob da was besonderes ist oder nicht. Bleib nur immer Achtsam und hör nicht auf zu hinterfragen und klammere dich an nichts und niemanden!

  • Selbst der Sharmapa hatte Ole Nydahl im Jahr 2010 in einer Veröffentlichung auf seiner Webseite kritisiert und seine Qualifikation als Lehrer in Frage gestellt. Nachdem Ole Nydahl und etliche seiner Schüler dies kritisierten, verschwand die Kritik von der Webseite und wurde durch eine neutrale Form ersetzt.
    Die ursprüngliche Text und weitere finden sich hier:
    http://tantrismuskritik.blogsp…d-lama-ole-nydahl-by.html
    http://www.tilogaard.dk/englis…h_and_Lama_Ole_Nydahl.pdf
    http://www.tilogaard.dk/englis…july_-_september_2010.pdf
    http://www.tilogaard.dk/shamar…a_ole_nydah_28-6-2012.pdf

  • Ich habe den Originaltext von Shamarpa auch mal gelesen und habe mich wirklich sehr gewundert über das, was da drin stand. Da standen einige Sachen drin, die schlicht und ergreifend faktisch falsch waren. Das waren auch nicht Dinge, die man als Meinung oder Sichtweise ansehen könnte. Dabei habe ich Shamarpa immer als sehr klar und durchdringend (in einem positiven Sinne) empfunden. Obwohl Shamarpa sich in seiner Organisation auf eine ganz andere Ebene fokussiert hat, man könnte sagen mehr Mahayana als Vajrayana, hat er durchaus auch Vorträge und Einweihungen innerhalb des Diamantwegs gegeben.


    Die Art, wie die verschiedenen tibetischen Schulen und Lehrer mit einander umgehen, werde ich glaube ich nie ganz begreifen...


    kilaya

  • Es wird im Diamantweg keine Vereinigungspraxis gelehrt und auch nicht praktiziert.


    Shamar Rinpoche:

    Der einzige Unterschied zwischen Lama Ole und vielen anderen westlichen Vajrayana-Praktizierenden ist, daß Lama Ole alles öffentlich sagt und auch seine Anhänger ermutigt, in der gleichen Weise wie er zu denken. Eine Konsequenz davon, daß tibetische Lamas die Westler Vajrayana gelehrt haben, ist in erster Linie die Ansicht, das Sex das Herz der Vajrayana-Praxis ist. Mein Verständnis davon kann wie folgt beschrieben werden: es scheint, daß viele westliche Vajrayana-Anhänger sexuelles Tantra als ihren Weg gewählt haben. Dieser Weg besteht aus vorbereitendem Sex, Sex für Fortgeschrittene, ausgezeichnetem Sex und schließlich höchstem Sex. Ich will nicht sagen, daß Lama Ole ausschließlich Sex lehrt. Natürlich lehrt er nützliche Praktiken wie Chenrezik, Phowa usw. Wenn er Phowa lehrt, gibt es klare Anzeichen, daß die Praxis erfolgreich ist.


    Dieser Abschnitt liest sich so, als würde Lama Ole "Sex als Weg" lehren; das ist nicht der Fall. Verwunderlich ist für mich, dass Shamarpa hier Chenrezig und Phowa so hervorhebt. Die tägliche Kernpraxis in den Diamantweg-Zentren ist eigentlich Guru Yoga und Ngöndro. Phowa ist Bestandteil längerer grosser Kurse, bei denen immer auch ein Ngöndro-Retreat angeschlossen ist. Chenrezig machen nur wenige Zentren, wenn sie das ausdrücklich selbst so entscheiden.


    Meine Vermutung, als ich das gelesen hatte, war dass er - dafür dass er neben Karmapa auch ein spirituelles Oberhaupt im Diamantweg ist - relativ wenig wirklich Einblick hat in die Abläufe bei den Diamantwegs-Praktizierenden. Ausserdem hat er offenbar - wie das eigentlich jeder Lama macht, den ich kenne - gleichzeitig auch seine eigene Organisation im Blick: ich denke es geht auch darum, sich abzugrenzen und genügend Leute für Bodhipath zu interessieren, die Kagyü-Karma haben und sich vielleicht wegen der grossen Popularität des Diamantwegs eher dorthin orientieren würden. usw.


    Da ist jetzt viel Spekulation enthalten, wo es um die mögliche Motivation von Shamar Rinpoche geht, sich so zu äußern. Im Grunde sagt er in dem Text viele Dinge, ohne sie wirklich konkret zu sagen. Man kann viel herauslesen oder hineininterpretieren, ja nach Standpunkt. Der Grund warum er gebeten wurde, den Text aus dem Netz zu nehmen liegt für mich darin, dass sich eben völlig irreführende Dinge herauslesen lassen, wenn man es denn will.


    kilaya


    Spätere Ergänzung: ich lese den Text jetzt anders, als vor etwas über einem Jahr, als ich ihn das erste Mal gelesen und kommentiert habe. In meiner Erinnerung war es - wie ich hier auch zuerst schrieb - faktisch falsch. Nun lese ich es so wie in diesem Beitrag dargestellt: potentiell missverständlich.

  • Hallo allerseits,
    ich weiß, dass dieser Diskussionsfaden schon älter ist, wollte aber nicht noch einen neuen eröffnen. bezüglich der Diamondway-Zentren stellen sich mir, auch nach stundenlanger Lektüre hier im Forum, immer noch einige Fragen, auf die ich bislang keine Antwort gefunden habe und die sich anderen Newcomern im Buddhismus möglicherweise auch stellen:


    1. Gibt es einen oder zwei 17. Karmapa und wie ist die Tatsache zu bewerten, dass einer der beiden zwischenzeitlich geheiratet hat? Wie ich das verstehe müsste sich das doch erheblich auswirken, verheiratete Mönche dürften im Buddhismus ja vermutlich auch ein Ding der Unmöglichkeit sein. Bezüglich der Anerkennung muss ich auch sagen, dass mir die Meinung des Dalai Lama da schon wichtig ist.Jedenfalls weiß ich immer noch nicht, was ich davon zu halten habe, dass zwei Personen für sich beanspruchen, der 17. Karmapa zu sein.


    2. Mal völlig losgelöst von der Person Lama Ole und seiner Ansichten stellt sich mir die Frage, ob in den Zentren authentischer tibetischer Buddhismus des Karma Kagyü gelehrt und praktiziert wird oder nicht.


    Vielleicht könnten wirklich kompetente Leute mal deutliche Antworten auf diese Fragen geben. Bislang habe ich immer nur Antworten gelesen, wo über den "heißen Brei" herumgeredet wurde.

  • Athos:

    ich weiß, dass dieser Diskussionsfaden schon älter ist,


    Der hat schon eine langen weissen Bart ;)


    Mich wundert ein wenig, dass Du die Antworten zu den Fragen nicht gefunden hast bzw. als "um den heissen Brei herum" empfindest. Ich finde da sind einige sehr klare Aussagen, nur halt sehr verschiedene Meinungen. Und eine einzige "richtige" Antwort wirst Du da auch nicht finden.


    Zitat

    1. Gibt es einen oder zwei 17. Karmapa


    Das ist der Knackpunkt der ganzen Kontroverse. Historisch gab es immer nur einen. Im Prinzip könnten es aber auch beide sein. Also gibt es mehrere Antworten auf die Frage.


    Zitat

    und wie ist die Tatsache zu bewerten, dass einer der beiden zwischenzeitlich geheiratet hat? Wie ich das verstehe müsste sich das doch erheblich auswirken, verheiratete Mönche dürften im Buddhismus ja vermutlich auch ein Ding der Unmöglichkeit sein.


    Ein Karmapa muss kein Mönch sein. Und im Buddhismus ist der Zölibat nie zwingend für ewig - man kann die entsprechenden Gelübde jederzeit wieder zurückgeben. Auch frühere Karmapas waren verheiratet und habe auf sehr verschiedene Art gelebt.


    Zitat

    Bezüglich der Anerkennung muss ich auch sagen, dass mir die Meinung des Dalai Lama da schon wichtig ist.Jedenfalls weiß ich immer noch nicht, was ich davon zu halten habe, dass zwei Personen für sich beanspruchen, der 17. Karmapa zu sein.


    Für die Karma Kagyü Schule ist die Meinung des Dalai Lama in Bezug auf den Karmapa komplett unerheblich, er gehört zu einer anderen Schule.


    Beide 17. Karmapas "beanspruchen" nicht "für sich" der Karmapa zu sein. Beide wurden von Lamas gefunden und anerkannt, und so weit ich weiss hat bis heute keiner der beiden selbst den anderen grundsätzlich abgelehnt.


    Zitat

    2. Mal völlig losgelöst von der Person Lama Ole und seiner Ansichten stellt sich mir die Frage, ob in den Zentren authentischer tibetischer Buddhismus des Karma Kagyü gelehrt und praktiziert wird oder nicht.


    Insofern authentisch, als dass das was gelehrt wird, nicht verfälscht ist. Insofern nicht typisch, als dass das Spektrum der Übertragungen und Methoden sehr vereinfacht wurde und viele Sachen dort nicht verfügbar sind. Auch wird sozusagen eigentlich fast nur ein "Standardweg" für alle vorgegeben, während es normalerweise so ist, dass Wege und Methoden sehr individuell zwischen Lehrer und Schüler vereinbart werden.


    Zitat

    Vielleicht könnten wirklich kompetente Leute mal deutliche Antworten auf diese Fragen geben. Bislang habe ich immer nur Antworten gelesen, wo über den "heißen Brei" herumgeredet wurde.


    Wer ist denn Deiner Meinung nach "kompetent" und wie willst Du entscheiden, was die richtige Antwort ist, wenn Du selbst kein Experte bist?


    Meine Empfehlung ist: halte einen offenen Geist für alles, was nicht für Deine Praxis relevant ist und für Deine Praxis suche Dir die Anbindung, wo Du am meisten Vertrauen hast.

  • Zunächst Danke für die offene Antwort.
    Gerade als Anfänger hat man es ja hierzulande nicht leicht, eine Anbindung an eine Gemeinschaft zu finden, die als seriös anerkannt ist. Die Diamantweg-Zentren bieten sich einfach an, da sie in jeder größeren Stadt zu finden sind. In einem buddhistischen Land braucht man dazu nur an die Pforte des nächsten Klosters zu klopfen.

    Mit Vertrauen ist das so eine Sache. Im Laufe der vielen Jahre habe ich schon zu viel Zeit mit Scharlatanen und Sektierern verschwendet. Als Anfänger kann ich nicht beurteilen, ob eine Gemeinschaft authentischen Buddhismus vermittelt. Da ist man auf die Einschätzung erfahrener Menschen angewiesen.


    Dass der Dalai Lama einer anderen Schule angehört, weiß ich mittlerweile. Aber er ist ja auch nicht irgendwer und wenn er Zweifel an der Person des Nachfolgers hat und stattdessen jemand Anderen als 17. Karmapa anerkennt, dürfte er seine guten Gründe dafür haben. Es gibt mir einfach zu denken...


    Man findet sehr viel hier im Forum zu den Statements von Lama Ole bezüglich Islam, sexueller Aktivität, Bungee-Jumping und Motorradfahren. Gerade diese Dinge sind für mich überhaupt nicht maßgeblich, seine Meinungen zu diesen Themenfeldern interessieren mich genausowenig wie seine Meinung zur Fußball-Bundesliga. Ausschlaggebend ist für mich, ob authentischer Buddhismus in seiner Organisation gelehrt und praktiziert wird.

  • Athos:

    Mit Vertrauen ist das so eine Sache. Im Laufe der vielen Jahre habe ich schon zu viel Zeit mit Scharlatanen und Sektierern verschwendet. Als Anfänger kann ich nicht beurteilen, ob eine Gemeinschaft authentischen Buddhismus vermittelt. Da ist man auf die Einschätzung erfahrener Menschen angewiesen.


    Verständlich, aber schon wenn Du die Diskussionen hier im Forum verfolgst, dann zeigt sich, dass "authentischer Buddhismus" leider keine feste Größe ist. Vielleicht hilft es Dir eher, wenn Du Dir ein paar Sachen anschaust, die in die Richtung gehen, die Dir vorschwebt, ohne Dich gleich irgendwo festzulegen. Dann kannst Du vergleichen und auch nochmal dazu nachlesen.


    Zitat

    Dass der Dalai Lama einer anderen Schule angehört, weiß ich mittlerweile. Aber er ist ja auch nicht irgendwer und wenn er Zweifel an der Person des Nachfolgers hat und stattdessen jemand Anderen als 17. Karmapa anerkennt, dürfte er seine guten Gründe dafür haben. Es gibt mir einfach zu denken...


    Wenn Du Dir die Abläufe und Sichtweisen der jeweiligen Unterstützer anschaust, dann wirst Du sehen, dass die Anerkennung durch den Dalai Lama nichts mit "Zweifel an der Person des Nachfolgers" zu tun hatte. Als er den Kandidaten anerkannt hat, wusste er wie es aussieht gar nicht, dass es überhaupt einen anderen Kandidaten gab und es andere Kagyü-Linienhalter gab (Shamarpa) die diesen Kandidaten nicht unterstützt haben.


    Zitat

    Ausschlaggebend ist für mich, ob authentischer Buddhismus in seiner Organisation gelehrt und praktiziert wird.


    Ich bin der Meinung: ja. s.o. Und Du muss ja nicht zwingend da, wo Du mit der Praxis anfängst, auch dauerhaft weitermachen. Aber wenn Du Alternativen hast, wie gesagt, dann schau sie Dir an und vergleiche. Es ist zwar bequem, ein Zentrum nahe bei zu haben, aber nicht zwingend notwendig. Man kann auch seltener Kontakt zur Sangha haben und dafür etwas weiter fahren. Für die eigene Praxis muss das kein Nachteil sein.

  • kilaya:

    Als er den Kandidaten anerkannt hat, wusste er wie es aussieht gar nicht, dass es überhaupt einen anderen Kandidaten gab und es andere Kagyü-Linienhalter gab (Shamarpa) die diesen Kandidaten nicht unterstützt haben.


    Also, ich habe mal gehört, dass der Dalai Lama gar nicht das Recht hatte, einen Karmapa anzuerkennen. Unabhängig davon, ob er wusste, dass es einen anderen Kandidaten gab oder nicht.
    Der Dalai Lama ist ja nicht spirituelles Oberhaupt aller Tibeter, sondern nur das der Gelug Linie. Etwas anders ist (war) es mit seinem politischen Einfluss und seiner linienübergreifenden Verehrung.

  • Es scheint, dass einer der Linienhalter den Dalai Lama gebeten hat, die Anerkennung zu bestätigen. Da gab es schon den internen Konflikt, der ihm nicht bekannt gewesen sein soll. Man könnte vermuten, dass der interne Konflikt der Linienhalter über den richtigen Kandidaten so durch das Gewicht, das die Meinung des Dalai Lama für alle Tibeter hat, für diese Seite positiv beeinflusst werden sollte. Dass der Dalai Lama überhaupt involviert wurde in der Anerkennung eines Karmapa ist vorher wohl nur einmal geschehen, unter dem 13. Dalai Lama. Dass die Anerkennung von Tulkus von politischen Konflikten beeinflusst wird, ist allerdings generell keine Seltenheit im Laufe der Geschichte. Von einer unlauteren Absicht des Dalai Lama würde ich im aktuellen Fall allerdings nicht ausgehen.

  • Sherab Yönten:
    kilaya:

    Als er den Kandidaten anerkannt hat, wusste er wie es aussieht gar nicht, dass es überhaupt einen anderen Kandidaten gab und es andere Kagyü-Linienhalter gab (Shamarpa) die diesen Kandidaten nicht unterstützt haben.


    Also, ich habe mal gehört, dass der Dalai Lama gar nicht das Recht hatte, einen Karmapa anzuerkennen. Unabhängig davon, ob er wusste, dass es einen anderen Kandidaten gab oder nicht.
    Der Dalai Lama ist ja nicht spirituelles Oberhaupt aller Tibeter, sondern nur das der Gelug Linie. Etwas anders ist (war) es mit seinem politischen Einfluss und seiner linienübergreifenden Verehrung.


    Das spirituelle Oberhaupt der Gelug-Schule ist meines Wissens nach der Abt des Klosters Ganden, der ganden tripa.


    Der Dalai Lama ist nach meiner Kenntnis schon das Oberhaupt aller Schulen, er wird auch im Laufe seiner Ausbildung in allen Traditionen unterwiesen.


    Edit: Nochmal kurz nachgeschaut: Der Dalai Lama wurde von 2 Linienhaltern der Karma-Kagyü-Schule um Anerkennung (des Karmapa) gebeten. Dazu brauchte er den Prophezeiungsbrief und die Anerkennung der Mehrheit der (Karma)Kagyü-Lamas. Ohne das hätte er den Karmapa wohl nicht anerkennen können.

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  • Dass die Gelug-Schule sich mit den Lehren aller Schulen befasst, heisst nicht dass der Dalai Lama irgendeine Funktion in den anderen Schulen hätte. Die Schulen sind spirituell autark, da gibt es kein gemeinsames "Oberhaupt"...

  • kilaya:

    Dass die Gelug-Schule sich mit den Lehren aller Schulen befasst, heisst nicht dass der Dalai Lama irgendeine Funktion in den anderen Schulen hätte. Die Schulen sind spirituell autark, da gibt es kein gemeinsames "Oberhaupt"...


    Nein. Der Dalai Lama gibt/gab auch Dzogchen-Belehrungen. Um das zu tun, reicht es nicht, "sich mit anderen Lehren zu befassen".


    Und der Dalai Lama wurde und wird immer wieder von allen Schulen zu Rate gezogen. Ich müsste mal suchen gehen, ob ich dazu etwas finde, denn ob er wirklich diese Funktion hat, da bin ich mir unsicher.
    Wo du aber natürlich recht hast, ist, dass die Schulen alle autark sind und natürlich kein gemeinsames Oberhaupt "brauchen". Dennoch scheint er eine Instanz zu sein, die in allen Schulen großes Gewicht hat.


    Wo ich mir sicher bin: Er ist nicht das Oberhaupt der Gelug-Schule.

  • Mit "befassen" meinte ich durchaus nicht nur "intellektuelles Lernen" - das gilt ja generell dass sie Übertragungen (Übertragung heisst ja volle Vermittlung aller Ebenen) aus allen Schulen verwenden. In der Hinsicht gebe ich Dir völlig recht.


    Die besondere Stellung des Dalai Lama für die Tibeter ist auch offensichtlich, aber eine offizielle spirituelle Funktion in den anderen Schulen - davon habe ich noch nie gehört.

  • kilaya:

    Mit "befassen" meinte ich durchaus nicht nur "intellektuelles Lernen" - das gilt ja generell dass sie Übertragungen (Übertragung heisst ja volle Vermittlung aller Ebenen) aus allen Schulen verwenden. In der Hinsicht gebe ich Dir völlig recht.


    Die besondere Stellung des Dalai Lama für die Tibeter ist auch offensichtlich, aber eine offizielle spirituelle Funktion in den anderen Schulen - davon habe ich noch nie gehört.


    Ich habe jetzt mal versucht, herauszufinden, was das mit diesem "Oberhaupt aller" auf sich hat und bin nicht wirklich zufriedenstellend fündig geworden. Die "besondere Stellung", die er hat, scheine ich mit einer Oberhaupt-Funktion verknüpft zu haben, wahrscheinlich, weil er früher oft als "weltliches und geistliches Oberhaupt" bezeichnet wurde - was aber dann wohl tatsächlich eher der politischen Lage Tibets als einer spirituellen Funktion geschuldet war.

  • svea:

    Das spirituelle Oberhaupt der Gelug-Schule ist meines Wissens nach der Abt des Klosters Ganden, der ganden tripa.


    Davon habe ich noch nie gehört, ich hatte angenommen, es wäre der Dalai Lama.
    Und der zweithöchste Würdenträger sei der Panchen Lama.


    kilaya:

    Von einer unlauteren Absicht des Dalai Lama würde ich im aktuellen Fall allerdings nicht ausgehen.


    Unlauter sicher nicht. Allerdings denkt der Dalai Lama auch politisch/strategisch (langfristig).
    Z.B. wenn er sich dafür ausspricht, zukünftig keinen 15. Dalai Lama zu installieren.
    Dann hat das m.E. auch etwas mit der China Politik zu tun.

  • Auf Wikipedia ist vom Ganden Thripa als "nominellem Oberhaupt" die Rede, er wird nicht nach Tulku-Art bestimmt sondern gewählt. Man könnte argumentieren, dass er damit nicht zwingend auch "spirituelles Oberhaupt" ist.


    Zitat

    "Das Oberhaupt der Gelug-Schule ist der „Ganden Thripa“, der von den Klöstern gewählt wird und als „Thronhalter von Ganden“ die Nachfolge Tsongkhapas symbolisiert. Das Amt des Ganden Thripa ist nicht an das Trlku-System gebunden, die Amtszeit beträgt sieben Jahre. Der gegenwärtige 102. Ganden Thripa ist Thubten Nyima Lungtog Tendzin Norbu (Rizong Rinpoche).


    Zu den höchsten Tulkus der Gelug-Schule gehören die Dalai Lamas – der Titel wurde erstmals 1578 von Altan Khan verliehen – und die Panchen Lamas, sowie der Khalkha Jetsün Dampa im Buddhismus in der Mongolei."


    https://de.wikipedia.org/wiki/Gelug

  • Vielen Dank für die Antworten.
    Die Antworten haben mir sehr geholfen. Ich denke, es nicht ganz so wichtig, in welcher Gruppe ich meine ersten Kontakte zur Sangha knüpfe. Die Grundlagen wird mir sicher jede in der DBU vertretene Gemeinschaft vermitteln und wenn das Diamantweg-Zentrum quasi vor der Tür liegt, warum nicht? Grundsätzlich finde ich den tibetischen Buddhismus mit seiner Vielzahl an Ritualen für mich interessant, das schlägt einfach einige Saiten bei mir an. Ich werd's jetzt einfach mal in Angriff nehmen :)

  • Sherab Yönten:
    svea:

    Das spirituelle Oberhaupt der Gelug-Schule ist meines Wissens nach der Abt des Klosters Ganden, der ganden tripa.


    Davon habe ich noch nie gehört, ich hatte angenommen, es wäre der Dalai Lama.
    Und der zweithöchste Würdenträger sei der Panchen Lama.


    Das ist auch weitverbreitet. Man findet die korrekten Verhältnisse an unterschiedlichen Stellen, z.B. hier:


    Zitat

    ...Er ist nicht einmal, wie vielfach fälschlicherweise angenommen wird, das Oberhaupt der Gelugpa-Schule – das ist der Ganden Tripa. ...


    Quelle: http://www.tibethaus.com/shugd…schaftliche-analysen.html

  • svea:

    Edit: Nochmal kurz nachgeschaut: Der Dalai Lama wurde von 2 Linienhaltern der Karma-Kagyü-Schule um Anerkennung (des Karmapa) gebeten. Dazu brauchte er den Prophezeiungsbrief und die Anerkennung der Mehrheit der (Karma)Kagyü-Lamas. Ohne das hätte er den Karmapa wohl nicht anerkennen können.


    Um ein bischen zum Thema zurück zu kommen: den später ergänzten Absatz hatte ich übersehen.


    Ich bin nicht sicher, ob es um die "Mehrheit der Karma Kagyü Lamas" geht, eher um eine Mehrheit der 4 Linienhalter. Ich glaube auch nicht, dass es da feste Regeln gibt, für etwas, das eigentlich nicht vorgesehen ist. Mir scheint, dass die beiden Seiten da Dinge betonen, die ihre Position legitimieren. Einmal dass es die Aufgabe des Sharmapa sei, dann wieder solche "Mehrheitsregeln" usw. Erschwerend kam ja im Konflikt hinzu, dass der damalige Jamgön Kongtrul gestorben war. Es gab also nur noch 3 Linienhalter.


    Der Prophezeiungsbrief ist auch nochmal so eine Sache.


    Zitat

    "Tai Situ Rinpoche präsentierte 1992 den angeblichen Prophezeiungsbrief des 16. Karmapa, nachdem er im Jahr zuvor Ogyen Trinle, der damals als Karlek Tulku bekannt war, getroffen hatte. Shamar Rinpoche äußerte umgehend Zweifel an der Echtheit des Briefes, er behauptete, die Handschrift gleiche nicht der des 16. Karmapa. Er forderte, dass der Brief forensisch untersucht werden sollte. Situpa lehnte dies ab." https://materialien-karmapa-ko…y.com/prophezeiungen.html


    "Nachdem Shamarpa diese Zweifel bereits deutlich gemacht hatte, suchten Situpa und Gyaltsabpa ohne Einverständnis des Rothut-Karmapas nach dem im Brief genannten Kind. Sie fanden es (es war ein Kind, das Situpa bereits im Jahr 1991 getroffen hatte), inthronisierten es und teilten SH dem Dalai Lama mit, dass man in der Karma-Kagyü-Schule einhellig der Meinung sei, dass es sich dabei um den 17. Karmapa handele, was ja eindeutig eine Fehlinformation war. Der Dalai Lama sprach angesichts dieses angeblichen Konsenses eine vorläufige Anerkennung des Jungen aus." https://materialien-karmapa-kontroverse.weebly.com/


    Nach kurzen Überfliegen scheint mir diese Seite (aus der diese Zitate stammmen) ein recht ausgewogenes Bild zu zeichnen, damit man sich eine eigene Meinung bilden kann: https://materialien-karmapa-kontroverse.weebly.com/


    Edit: bei näherer Betrachtung würde ich von "ausgewogen" auf "ausgleichend" wechseln. Es wird gegen eine empfundene mediale Übermacht der Anerkennung eines Kandidaten die Position der anderen Seite hervorgehoben.