Leiden und Karma (ImNebel durch den Gedankenurwald 1)

  • Hallo zusammen,


    kurz mal vorweg: Ich habe recht viele Fragen, die mir durch den Kopf schießen. Sicher werde ich im Laufe der Zeit Antworten finden. Aber für mein anfängliches Verständnis würde ich mich sehr freuen, wenn ihr mir hier und da helft, mein wuseliges Durcheinander zu sortieren und eventuell einordnen zu können :)

    Ich würde für meine Fragen auch immer wieder fiesen Thread nutzen, um kein Spam zu verursachen ;)


    Folgendes "zerdenke" ich seit ein paar Tagen:

    Ich probiere die Frage einfach kurz runterzubrechen.

    Ein Beispiel - Wenn eine Frau beispielsweise über mehrere Tage furchtbar bestialisch gequält, vergewaltigt und misshandelt wird, dann könnte man ja überweise sinngemäß sagen:

    Tja, Pech gehabt, da hat dein Geist im letzten Leben ziemlich Bockmist gebaut.

    (Ich wünsche so etwas niemals einem Wesen und ws wäre zu schön, wenn solch eine Qual niemals stattfinden würde)

    Aber wenn man das Gesetz von besagter Ursache und Wirkung (Karma) darauf reduziert, dann bleibt eben genau diese Tatsache am Ende stehen, oder?


    Aber kann das denn wirklich sein?

    Kann denn ein solches Leiden tatsächlich so begründet werden?


    Ich bin sicher, ich übersehe da was Entscheidendes, oder?

    Ich hoffe, die Frage erscheint euch nicht zu barbarisch, aber sowas geht mir manchmal durch den Kopf, wenn ich versuche Leid zu beleuchten.


    Liebe Grüße

  • Bei der Erklärung der Zusammenhänge hat der Buddha niemals von Schuld geredet. In der Aussenbetrachtung sollte ohnehin immer Mitgefühl im Vordergrund stehen, Hilfsbereitschaft inklusive wenn Hilfe möglich ist. Wo die Ursache ist, ist dafür belanglos. Für die Person selbst kann es hilfreich sein, die eigene Verantwortung für die eigenen Erfahrungen zu erkennen, wenn diese Erkenntnis das Gefühl der Ohnmacht auflösen kann. Denn wenn man alle Verantwortung immer bei anderen sieht, dann ist man immer allem ausgeliefert. Während man etwas in der Hand hat und verändern kann, wenn man Verantwortung für die eigene Erfahrung übernimmt. Das Verhalten der Täter bleibt damit ungemindert schädlich und verursacht für sie entsprechende Eindrücke und muss natürlich auch weltlich angemessen sanktioniert werden.

  • Nein, liebe ImNebel, so finde ich die Auslegung nicht in Ordnung. Wer so denkt, ist sehr herzlos und ohne Mit-Gefühl. Dann hat wohl Jesus ganz besonders viel Bockmist verzapft, dass er dafür gekreuzigt wurde - oder Gandhi, der erschossen wurde, selbst der Buddha, der ja an einer vergifteten Speise gestorben sein soll.


    Ursache und Wirkung sind nicht unbedingt persönlich. Zum Beispiel beim sogenannten durch Menschen verursachten Klimawandel, den haben wir alle zu "ertragen". Oder auch der 1. und 2. Weltkrieg und all die folgenden.

    Die Ursachen sind hier klar. Und die Folgen auch. Es ist immer Gier, Hass und Verblendung.

    Selbst bei einem behinderten Kind ist die Ursache sicherlich medizinisch erklärbar - z.B. Contergan - und nicht auf eine Schuld im früheren Leben des Kindes zurückzuführen.


    Eine Wiedergeburt ist unpersönlich. Es gibt kein Selbst, das wiedergeboren wird, also hat auch derjenige, der/die solch Ungemach zu erleiden hat, gar keine Verbindung zum vorherigen Leben. D.h. es ist ziemlich sinnlos, die "Strafe" auf später zu verschieben. Karma ist nicht als Strafe zu verstehen. Karma ist lediglich ein Gesetz von Ursache und Wirkung. Es ist zwar überall um uns herum zu erkennen, und wir können möglicherweise selbst sehen, warum uns dieses oder jenes geschieht, aber wir wissen nicht, warum dieses oder jenes einem anderen geschieht.


    So jedenfalls sehe ich das.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Bei der Erklärung der Zusammenhänge hat der Buddha niemals von Schuld geredet.


    Zitat

    Unterdessen ging der Erhabene am Geierkulm auf und ab. Da stieg Devadatto auf den Geierkulm hinauf und rollte einen mächtigen Stein hinunter und meinte: "Damit werde ich den Asketen Gotamo ums Leben bringen." Aber zwei Bergspitzen stießen zusammen und zermalmten diesen Stein, zwei Splitter sprangen ab und schlugen dem Erhabenen den Fuß blutig. Der Erhabene blickte nach oben und rief Devadatto zu: "Du Wahnsinniger hast eine gewaltige Schuld auf dich geladen, da du aus bösem Willen, in mörderischer Absicht Blut des Vollendeten vergossen hast."

    Culla Vagga 7


    Ich erinnere mich an eine andere Lehrrede in der einem Konvertiten auf dessen Frage, warum die Leute so gemein so zu ihm sind durch den Buddha geantwortet wird, dass das die Folge früheren Wirkens wäre, die er zu ertragen hätte.


    Das Problem ist, dass die Menschen andere aufgrund ihrer Taten verurteilen um damit eine Person zu begründen und nicht einen Weg oder eine Hilfestellung.


    Das Verhalten der Täter bleibt damit ungemindert schädlich und verursacht für sie entsprechende Eindrücke und muss natürlich auch weltlich angemessen sanktioniert werden.


    Es gibt die Legitimation von Gewalt gegen Straftäter einmal in ihrem Sinne (dass sie sich bessern mögen. Hierzu auch Kant ab 1786). Andererseits dadurch, dass Menschen Verhalten nachahmen. Die Idee ist, das man bestraft um auch abzuschrecken (es wurde glaube ich mehrfach gezeigt, dass die Abschreckungswirkung nicht so funktioniert, wie man das denkt). Dann ist es so, dass mit konsequent durchgesetztem Recht, Vertrauen in das Recht (und den Staat) gebildet/erhalten wird. Eine andere Legitimation ist, dass man die anderen Bürger vor weiteren Straftaten durch den Täter schützen möchte. Strafzwecktheorie – Wikipedia



    Die letzte Ursache des Leides ist das Nichtwissen. Und so wird das auch in der Buddhalehre begründet. Ohne das ist Leidentstehung nicht möglich.

  • Es wurden ja schon tolle Antworten geschrieben.


    Ich kann mich nicht mit dem Wort Gesetz anfreunden.

    Jemand der vergewaltigt wurde, oder damals vergast wurde, hat das nicht verdient.


    Man darf Samsara niemals als einen sicheren Ort ansehen. Wir wissen nicht, was wir schon alles angestellt haben. Diese Spekulationen bringen auch nichts.

    Ich war als Jugendlicher ein sehr böser Mensch. Ich habe vielen Menschen schaden zugefügt.

    Und trotzdem geht es mir seit 10 Jahren extrem gut.

    Ich kann meine Taten nicht ungeschehen machen, aber ich kann dafür sorgen dass ich das Böse in mir nicht fördere.

    Ich kann die guten Dinge in mir nähren und vermehren, und was noch wichtiger ist, ich kann alles loslassen und nichts neues mehr ergreifen. Und wenn dieser Körper in Flammen aufgeht, wird nur noch Frieden und Freiheit übrig bleiben


    Ohne Buddhismus und Reisen, wäre ich heute vermutlich im Gefängnis oder tot.

    Kein Mensch ist nur böse, oder nur gut.

    Warum hat jemand wie der Buddha, sein Leben im Luxus aufgegeben?

    Weil Samsara ein gefährlicher Platz voller Leiden ist.


    Was aber wichtiger ist, ist die Tatsache dass wir jetzt Zugang zum Buddhismus haben. Auch das ist nicht nur ein Zufall.

    Wir können nicht verhindern dass wir vergewaltigt oder ermordet werden, aber wir können es verhindern das wir (absichtlich) zu Mördern werden.

    Alles Leid der Welt trifft nur jene, die gefangen sind im Samsara.

    Ich hoffe Du findest in der buddhistischen Lehre, den Weg zum Frieden und zur Freiheit.

  • Vielen Dank erst einmal :)


    Ich kann euren Worten durchaus folgen und aus verschiedenen Blickwinkel sind für mich auch verschiedene Argumente einleuchtend.

    Wie gesagt, ist mein "Wissen" (wahrscheinlich eher als ansatzweise eine Ahnung zu sehen) noch sehr beschränkt und ich kann mich nur auf das stützen was ich höre oder lese.


    Ob der Buddha das Wort "Schuld" verwendet hat, vermag ich nicht zu sagen, da mir die Schriften noch überhaupt nicht bekannt sind. Rein aus (meiner) Logik heraus finde ich jedoch den Begriff nicht wirklich abwägig.

    Man sammelt Karma aus eigenes verursachten "Tatbeständen" an. Dies doch jedoch nur, wenn es sich um einen vollständigen Prozess gehandelt hat, oder? Sprich, man hegt eine bewusste Absicht, führt diese aus und löst eine entsprechende Reaktion aus. Dann erst ist der Vorgang vollständig und führt im Weiteren zu einer entsprechenden (Aus-) Wirkung.

    Wenn ich etwas bewußt verursache, dann ist es meine "Schuld" (mal vom Klimawandel abgesehen). Ich habe mir etwas bewusst vorgenommen, es ausgeführt und eine Reaktion verursacht, quasi ein Leid erzeugt.

    In meinem Empfinden ist das meine "Schuld". Kann man natürlich poetischer ausdrücken, aber am Ende des Tages bleibt es meine verursachte Aktivität.


    Ich finde es nur sehr schwer greifbar, solche Greultaten anzunehmen, die unter Umständen keinerlei Bezug erkennen lassen. Sagen wir, ich war als Teenager unausstehlich, habe Lehrer getriezt und Katzen gejagt. Mit 30 Jahren verbummel ich meinen Jackpot-Millionen-Lotterieschein, die Frau sucht sich einen attraktiveren Mann und meine in größtem Selbstmitleid angezündete Kerze verursacht einen Wohnungsbrand. Dann kann ich zumindest einen Bezug erkennen und mir sagen: Wärst du mitfühlender auf Erden gewandelt, hättest du Unheil wahrscheinlich in dem Ausmaß vermeiden können.

    Ich habe aber in einem Video (eines Berliner Lehrers) gehört, dass eben diese Ansammlung von Karma (in diesem Fall die schlechtere Variante) auch erst seine Wirkung im nächsten Dasein aufzeigen kann.

    Dann hat man aber überhaupt keinen Bezug mehr dazu, weil man ja nicht als "Ich" in dem Sinne wieder-geboren wird.

    Das macht es für mich so schwierig zu verstehen. Ich muss also eine Wirkung erfahren, deren ursprüngliche Ursache ich nicht kenne und nachvollziehen kann.

    Geht es aber nicht bei der buddhistischen Lehre darum zu prüfen, nicht blind hinzunehmen?


    Das diverse Straftaten natürlich in unserem Rechtssystem bestraft werden müssen, sollen usw., das setze ich selbstverständlich voraus.


    Ich hoffe, das klingt jetzt nicht furchtbar pessimistisch. Ich bin nur ein Mensch, der verstehen will. :)

  • Mit dem Thema "Schuld" verbinden wir oft christliche Konzepte. Wenn wir dazu neigen zu denken "ich bin schuld" dann neigen wir oft dazu, uns darin einzumauern und nichts zu verbessern. Anders herum wer immer nur die Schuld bei anderen sieht, der ist ohnmächtig und verändert erst recht nichts am eigenen Verhalten. Auch sollte man nicht mit dem Gedanken "selbst schuld" gefühlskalt werden und Hilfe verweigern, wo sie heilsam wäre.


    Deswegen würde ich den Begriff "schuld" im Zusammenhang mit dem Buddhismus und v.a. im Zusammenhang mit Karma-Diskussionen vermeiden. Man kann es auch so formulieren, dass direkt deutlich wird, was der Buddha gemeint hat.

  • Ich hatte "Schuld" als Wort gewählt, weil mir, was den inhaltlichen Wert angeht, einfach kein anderes Vokabular eingefallen ist.

    Im Grunde meine ich schlicht den Vorgang: Ich beabsichtige etwas, tue dies aus meiner bewussten Absicht heraus und löse damit etwas aus - es entspringt also etwas aus meinem Handeln. Das Endergebnis ist also meine "schuld", völlig ohne positive oder negative Wertung.

    Wahrscheinlich kann man es wie du sagst auch anders ausdrücken.


    Wie gesagt, es sind meine anfänglichen Gedanken und der Versuch ein Verständnis für unbekannte Dinge zu entwickeln, die ich trotz meines doch analytischen Wesens immens inspirierend und interessant finde.

    Vielen Dank für die Denkansätze :)

  • In der deutschen Sprache ist die Herkunft des Wortes "skuld" eigentlich auch neutral die Wirkung, die einer Ursache folgt. Die schwierigen Aspekte, die dem Wort heute anhaften, sind wohl v.a. auf das Christentum zurückzuführen, wo Schuld u.a. auch Mittel der Unterdrückung oder Kontrolle ist.

  • ImNebel


    Es ist das Wort "Schuld" allein weniger das Problem. Auch ist der Begriff in unserer Sprache nicht besonders stark durch den christlichen Glauben geprägt (Mit der "Sünde" ist das was anderes). Es ist ein allgemeines, auf die vagen Ansichten über die Menschen/Personen bezogenes Denken das Problem, was sich sprachlich auch in einer entsprechenden Verwendung des Begriffs Schuld (lediglich verurteilend und definierend) äussern kann. Ebenso kann man das aber auch mit dem Begriff der Verantwortung und Verantwortlichkeit und natürlich weiteren Begriffen falsch und unheilsam denken.


    Zitat

    Mit dem Thema "Schuld" verbinden wir oft christliche Konzepte. Wenn wir dazu neigen zu denken "ich bin schuld" dann neigen wir oft dazu, uns darin einzumauern und nichts zu verbessern.


    Nichts verbessern tut man gerade dann, wenn man nicht weiß, dass man für sich selber Verantwortung hat. Wenn man nicht weiß, dass es die eigenen Handlungen sind & waren, die bestimmtes (auch dass man sich schuldig wie auch verantwortlich fühlt) bewirken.


    Eben das Wissen um die Folgen der Handlungen (und dass man so oder so folgenbewirkend gehandelt hat) kann dazu führen, dass man ein schlechtes Gewissen bekommt und für eine Zukunft Handlungen anstrebt, die anderes bewirken.


    Verantwortung für das eigene Handeln (in der Anerkennung dessen, dass es Wirkungen/Folgen gibt) gibt es klar und vor allem auch im Buddhismus. Da sind es aber eben die Handlungen die man als Bedingung und Ursache erkennen könnte, und nicht Personen an sich, die die Ursache für bestimmtes Verhalten oder Entwicklungen sein sollen.


    Darüber zu spekulieren (welche Handlungen in früherer Zeit wozu geführt haben) kann man richtig tun (indem man ein praktisches Fazit für zukünftiges, besseres/richtigeres Handeln zieht, womit dann die Spekulation auch vorbei sein sollte) aber auch auf "ungesunde", selbstzerfleischende und dabei Ansichten über ein Selbst konstruierende Art. Über konkrete Wirkungen, also über Karma zu spekulieren, davon rät der Buddha ab. Das wird im tibetischen Buddhismus nicht so eng gesehen zB. Da spricht und denkt man, so wie ich es hier im Forum erlebt habe, viel und unvorsichtig über Karma (also die Wirkungen).


    Zitat

    Die schwierigen Aspekte, die dem Wort heute anhaften, sind wohl v.a. auf das Christentum zurückzuführen, wo Schuld u.a. auch Mittel der Unterdrückung oder Kontrolle ist.


    Ich weiß nicht, wo kilaya das her hat. Der "schwierige Aspekt" ist grundsätzlich atta-Glaube und dass man unnötig spekuliert, anstatt in entsprechenden Fällen, die man wirklich beurteilen könnte (die eigenen Handlungen) ruhig und vorsichtig das Gefühl dabei betrachtet. Das sagt einem zumeist, ob mans hätte besser machen können, oder nicht.


    Die Wesen sind Erben ihrer Handlungen (so sagt das der Buddha).

    Einmal editiert, zuletzt von Alephant ()

  • Ich hatte "Schuld" als Wort gewählt, weil mir, was den inhaltlichen Wert angeht, einfach kein anderes Vokabular eingefallen ist.

    Im Grunde meine ich schlicht den Vorgang: Ich beabsichtige etwas, tue dies aus meiner bewussten Absicht heraus und löse damit etwas aus - es entspringt also etwas aus meinem Handeln. Das Endergebnis ist also meine "schuld", völlig ohne positive oder negative Wertung.

    Ich bevorzuge den Begriff: Verantwortung übernehmen für mein Handeln.

    Und "schuld" ist kein wertfreier Begriff, er ist immer negativ.


    Schuld ist eine Bürde, die eher neue Schuld auf sich lädt. Aus diesem Schuldgefühl heraus werde ich handlungsunfähig und mache noch mehr Fehler, weil es mich niederdrückt - weil es mich demütigt. Das ist einer der Gründe für Kriege.


    Wenn ich Verantwortung übernehme, dann akzeptiere ich auch die Konsequenzen. Deshalb kann ich mich gerade halten, habe ich Rückgrat. Was bedeutet, dass ich mich eben nicht gedemütigt fühle, sondern stark meinem Fehlverhalten "in die Augen blicke".

    Deshalb ist auch der Weg Buddhas so hilfreich, er macht stark und erdrückt nicht wie z.B. in der monotheistischen Religion, in der mit Schuld gearbeitet wird - "Ihr seid allzumal Sünder" ...


    Und dieser Weg zeigt, wie heilsames Handeln "schlechtes Karma" abbaut. Und das ist zu erleben, so wie Martin schreibt. Deshalb sprach der Buddha vom Nachprüfen. Probieren geht über Studieren. Hier hilft nur Meditation, Reflektieren, Beobachten, heilsam handeln - dann wirst Du, liebe Im Nebel, die Früchte Deiner Handlungen spüren.

    Und Du wirst vielleicht intuitiv erfassen, was wirklich mit Karma u.ä. schwierigen Themen gemeint ist. Denn Vieles ist einfach mit Worten nicht zu erklären bzw. zu verstehen, da nützen auch 84000 Lehrreden des Buddha nichts.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Die Wesen sind Erben ihrer Handlungen (so sagt das der Buddha).

    Ja, wir sind Erben unserer Handlungen, aber dafür brauchen wir nicht aufs nächste Leben zu warten. Jede/r der/die wach durchs Leben geht, sieht die Ursachen und ihre Folgen.

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  • Das was passiert, passiert im Moment. Auf ein nächstes Leben oder einen nächsten Moment zu warten ist nicht so weise, denke ich.

  • Nichts verbessern tut man gerade dann, wenn man nicht weiß, dass man für sich selber Verantwortung hat. Wenn man nicht weiß, dass es die eigenen Handlungen sind & waren, die bestimmtes (auch dass man sich schuldig wie auch verantwortlich fühlt) bewirken.

    Richtig, für sich Verantwortung haben - in der Bedeutung ist die Karmalehre zu verstehen, und wenn man das so sieht, hat man eine Basis etwas zu verbessern und verbessern zu wollen. Wenn man sich aber schuldig fühlt, und ich rede nicht von einem kurzen Anflug von Reue, der einen dazu motiviert, etwas zu tun, sondern von tiefsitzender, unbewusster Schuld die auf noch mehr Schuld geschaufelt wird und in der man regelrecht versinken kann, bis nichts mehr geht. Und das passiert um uns herum mehr, als wir denken, und vor allem bei Menschen, denen wir an der Oberfläche nichts davon ansehen. Wenn man die Psychologie dahinter versteht, wird klar, warum man mit dem Wort "Schuld" sehr vorsichtig umgehen sollte, und warum man es ganz sicher nicht so einfach als Synonym für "Verantwortung" verwenden kann.


    Welche Rolle das Christentum bei dieser Belegung des Begriffs spielt, können wir gerne offen diskutieren. Ich sehe die Rolle wie gesagt als sehr bedeutend an, und das hat natürlich auch mit dem Begriff der Sünde zu tun. Das Christentum (ich meine die grossen Kirchen) hat Menschen systematisch dazu gebracht, sich schuldig zu fühlen, denn wer sich schuldig fühlt, ist eben leichter zu kontrollieren. Und wenn man gleich die Sünde als angeboren formuliert, bietet das eine Steilvorlage, die Menschen glauben zu lassen, dass sie ihre Schuld nie loswerden können. Das hat sich sicherlich zu einem grossen Teil geändert, aber die Sprache ist seit man zuletzt wusste, was "Skuld" ist, sehr sehr sehr lange Zeit vor einem christlichen Hintergrund gewachsen.

  • Das was passiert, passiert im Moment. Auf ein nächstes Leben oder einen nächsten Moment zu warten ist nicht so weise, denke ich.

    Guten Morgen erst einmal :tee::sunny:


    ihr habt so viele wunderbare und mir gänzlich verständliche Denkansätze, dafür natürlich herzlichen Dank.


    @ Vedana - Ganz genau das ist auch der Aspekt, den ich für mich quasi schon seit langer Zeit verinnerlicht habe.

    Natürlich wirken sich Dinge auch weitläufiger und zeitversetzter aus, gar keine Frage.

    Aber was mir gegenwärtig ist, das kann ich für mich annehmen, es verstehen und begreifen.

    Was in aller Ferne liegt, womöglich in einem anderen Leben und mir unbekannt ist, jedoch nicht.

    Einzig dieser Punkt ist schwer zu erfassen für mein Verständnis.

    Allerdings habe ich durch eure Anstöße ein anderes Herangehen an meine Fragestellung gewählt und somit

    erfahre ich auch eine andere, für mich zufriedenstellende Sichtweise.


    @ Monika - Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen - Das habe ich in meinen Lebensjahren für mich angenommen, völlig unabhängig vom buddhistischen Gedanken. Ich bin schon immer der Ansicht, dass alles ein Aktion-Reaktion-Geschehen ist.

    Von daher bin ich mir sicher, dass die Sympathie zum Buddhismus dort auch seinen Ursprung für mich findet.

    Dass das Wort "Schuld" nicht günstig gewählt ist und negativ behaftet, war mir klar. Daher auch die "".


    Ich wünsche allen einen schönen Tag, auch wenn er hier bei uns grau und verregnet ist ^^

  • Ein Beispiel - Wenn eine Frau beispielsweise über mehrere Tage furchtbar bestialisch gequält, vergewaltigt und misshandelt wird, dann könnte man ja überweise sinngemäß sagen:

    Tja, Pech gehabt, da hat dein Geist im letzten Leben ziemlich Bockmist gebaut.

    (Ich wünsche so etwas niemals einem Wesen und ws wäre zu schön, wenn solch eine Qual niemals stattfinden würde)

    Aber wenn man das Gesetz von besagter Ursache und Wirkung (Karma) darauf reduziert, dann bleibt eben genau diese Tatsache am Ende stehen, oder?

    Ob Leid durch vorige Leben verursacht wurde oder nicht - das hat überhaupt keinen Einfluss auf das Mitgefühl, das man angesichts der Leiden voll entwickeln sollte.

  • Ein Beispiel - Wenn eine Frau beispielsweise über mehrere Tage furchtbar bestialisch gequält, vergewaltigt und misshandelt wird, dann könnte man ja überweise sinngemäß sagen:

    Tja, Pech gehabt, da hat dein Geist im letzten Leben ziemlich Bockmist gebaut.

    (Ich wünsche so etwas niemals einem Wesen und ws wäre zu schön, wenn solch eine Qual niemals stattfinden würde)

    Aber wenn man das Gesetz von besagter Ursache und Wirkung (Karma) darauf reduziert, dann bleibt eben genau diese Tatsache am Ende stehen, oder?

    Ob Leid durch vorige Leben verursacht wurde oder nicht - das hat überhaupt keinen Einfluss auf das Mitgefühl, das man angesichts der Leiden voll entwickeln sollte.

    Wahrscheinlich habe ich mich etwas verquer ausgedrückt.

    Seinem Gegenüber Mitgefühl und ein offenes, verständnisvolles Herz entgegen zubringen, insbesondere in solch dramatischen Phasen des Lebens steht für mich gänzlich außer Frage.

    Eigentlich zielte meine Frage eher darauf ab, wie ich es für mich annehmen könnte, wenn mir selbst so etwas zustösse.

    Wie kann ich solche Wirkungen für mich selbst einsortieren?

    Wenn ich, solange mein Gedächtnis zurück reicht, immer ein weitreichend guter Mensch war, wie "rechtfertigt" sich eine solche heftige Wirkung?


    Ich habe Menschen kennengelernt, christlichen Glaubens, die aufgrund solcher heftigsten Lebensereignisse Abstand von ihrem Glauben nahmen, weil sie sich einfach nicht erklären konnten, womit sie solch ein einschneidendes Leiden "verdient" haben.

    Wo ihr Gott war als sie um ihr Leben gebangt haben, wieso er dies zugelassen hat.


    Es ist für mich schwer einzuordnen, wie ich mir selbst ein solches dramatisches Leiden sinnvoll und zufriedenstellend erklären könnte.

    Ich denke, das ist nicht so einfach darzustellen, wenn man selbst nie derartiges erleben musste.

  • Es ist für mich schwer einzuordnen, wie ich mir selbst ein solches dramatisches Leiden sinnvoll und zufriedenstellend erklären könnte.

    Ich fand gerade bei eigenen Leiden, und die waren mitunter recht stark, in der Lehre von Wiedergeburt und Karma die einzig sinnvolle Antwort. Weil ich mich da nicht den Launen eines Gottes oder dem Zufall ausgeliefert fühle, sondern selber in der Verantwortung stehe und auch auf das zukünftige Schicksal Einfluss nehmen kann.

  • Das seh ich genauso.

    Aber Verantwortung für das kommende Dasein zu übernehmen erklärt mir letztlich nicht, wieso ich das Geschehene erleben musste.

  • Das seh ich genauso.

    Aber Verantwortung für das kommende Dasein zu übernehmen erklärt mir letztlich nicht, wieso ich das Geschehene erleben musste.

    Also ich weiß das leider auch nicht, es bedarf wohl einer sehr hohen Geistesentwicklung um das in Wirklichkeit erkennen zu können, vielleicht vollkommenenes Erwachtsein.

    Nach der überlieferten Lehre des Buddha hängt die Situation in der man sich befindet jedenfalls mit Handlungen im vorigen Leben zusammen. Es ist aber nicht so, dass eine Handlung genau dieselbe Reaktion nach sich zieht, es ist viel komplexer.


    Es werden vier unfassbare Dinge genannt:

    Zitat

    Der Machtbereich der Buddhas, der Machtbereich der Vertiefungen, die Wirkung der Taten (kamma-vipāka), und das Grübeln über die

    Welt ist etwas Unerfassbares, worüber man nicht nachdenken sollte, und worüber nachdenkend, man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.

    A.IV.77 Die vier unerfaßbaren Dinge


    Das Wesentliche der Lehre ist wie man mit Leiden umgeht und wie man sie beenden kann, es ist ein Pfad zum Ende des Leids.

  • Das seh ich genauso.

    Aber Verantwortung für das kommende Dasein zu übernehmen erklärt mir letztlich nicht, wieso ich das Geschehene erleben musste.

    Ich denke, hier sind drei Schritte notwendig:

    1. Man macht sich klar, die eigenen Leiden entstehen aus den eigenen unheilsamen Handlungen.
    2. Die Leiden, die ich jetzt erlebe, sind die Wirkungen von unheilsamen Handlungen, die ich in der Vergangenheit durchgeführt habe.
    3. Wenn ich in Zukunft nicht leiden will, muss ich die noch vorhandenen negativen Potenziale vergangener Handlungen, die noch in meinem Bewusstsein vorhanden sind, bereinigen und jetzt unheilsame Handlungen vermeiden und unterlassen.

    Das ist meines Erachtens der generelle Zusammenhang zwischen den eigenen Handlungen und unserer eigenen Leiderfahrung. Diesen Zusammenhang hat der Buddha ja in den ersten beiden edlen Wahrheiten aufgezeigt. Mit den letzten beiden Wahrheiten hat der Buddha uns aber auch aufgezeigt, dass wir uns von den Leiden und ihren Ursachen befreien und so einen Zustand völliger Leidfreiheit erreichen können.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Liebe ImNebel,

    ich schrieb es schon weiter oben. Glaubst Du Jesus hat etwas in seinem Leben verbrochen, das seine Kreuzigung rechtfertigte, oder Gandhi oder all die vielen Frauen, die als Hexen verbrannt wurden, all die Vergewaltigungen und Zerstümmelungen in Kriegen ...?

    Alle Menschen werden alt und sterben, viele werden sogar vorher krank und leiden lange, bevor sie erlöst sind.


    Wozu brauchst Du eine zufriedenstellende Erklärung? Reicht es nicht, dass das Leben hier auf der Erde katastrophal sein kann und für viele die Hölle bedeutet. Aus diesem Grund, weil das schon immer so war, hat der Buddha sich um Klarheit bemüht, wie aus diesem Dilemma rauszukommen ist. Es ging ihm nur, wirklich nur darum, Leiden zu beenden.


    Und wir können viel dazu beitragen, unsere Zukunft durch das, was wir heute tun und lassen, friedvoll und angenehmer zu gestalten. Das nenne ich Karma.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Aus eigener Erfahrung wird die unangenehme Erfahrung zusätzlich unangenehmer (dukkha), wenn ich mich frage "Wieso grade ich?". Das ist imho Identifikation. Auch wenn das jetzt vllt hart klingt, aber die meisten Menschen erleben irgendwas unangenehmes, das ist kein Privileg von mir, sondern universell, weil man als Lebewesen eben empfindet (angenehm, unangenehm, neutral). Dass ich mich damit identifiziere, also das mit einer Identität verbinde, die ausgerechnet solch ungerechten Sachen erleben muss, das wäre für mich "Karma". Ohne Identifikation gibt es (soviel ich weiss) kein Karma mehr.

    Genau so sehe ich das auch. Ohne Selbstempfinden "das bin ICH, das ist MEIN" gibt es kein "warum ich?", also auch kein "MEIN Karma". Aber natürlich gibt es immer Ursache und Wirkung, also bedingtes Entstehen.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Aber Verantwortung für das kommende Dasein zu übernehmen erklärt mir letztlich nicht, wieso ich das Geschehene erleben musste.

    Du rührst an Fragen, die Du nur für Dich allein über eine gute und beharrliche Praxis wirst klären können. Dafür wünsche ich Dir gut' Gelingen.

  • Wenn man die Psychologie dahinter versteht, wird klar, warum man mit dem Wort "Schuld" sehr vorsichtig umgehen sollte, und warum man es ganz sicher nicht so einfach als Synonym für "Verantwortung" verwenden kann.


    Ich stimme dir zu.