Ergänzung zum Titel: mit "Selbstlosigkeit" meine ich sowohl den liebenden Altruismus als auch das Selbst-Lossein im wörtlichen Sinne (also, das Verhalten, wenn man erkannt hat, dass das "Ich" bzw. "Selbst" nicht unabhängig existent ist).
Nun zur eigentlichen Fragestellung:
Ich habe etwas über das vermeiden von Leid und vollkommener Selbstlosigkeit nachgesonnen. Wenn man in ein Extrem gehen würde, dann würde man doch eigentlich zugeben müssen, dass man im Leben notwendigerweise Leid erzeugt. Klar kann ich ein sehr guter Mensch sein, ich könnte auch Vegetarier werden, am Ende werde ich zumindest Pflanzen Leid zufügen müssen, um zu überleben (bitte korrigiert mich hier: ich bin nicht sicher was im Buddhismus genau mit "Leid zufügen" gemeint ist, also ob da Pflanzen mit eingeschlossen sind. Biologisch gesehen sind sie ja Lebewesen und streben nach der Fortpflanzung, ich weiß aber nicht, ob das im buddh. Sinne als "nach Glück strebendem Lebewesen" gilt). Wenn man vollkommen vom Selbst befreit ist und folglich auch den Tod, den Sinn des Lebens und jegliche sonstige Anhaftung verloren hat (zur Erinnerung: dies ist ein Extrembeispiel), wäre es dann nicht der Weg, sich hinzusetzen, zu meditieren und zu warten, bis man stirbt (also nichts mehr essen, trinken, etc, sondern einfach zwei drei Tage sitzen, bis man umkippt)?
Dies war mein Gedankengang.
Jetzt werde ich alltagsgetreuer
Wie viel muss ich mir von unguten Menschen bieten lassen oder verkraften? Beispiel Arbeit und Vorgesetzte: Beschwert man sich überhaupt noch über Missverhalten eines Vorgesetzten, wenn die Ich-Existenz keine Bedeutung mehr für einen hat? Vielleicht macht es einem im Geiste nichts mehr aus. Aber körperlich oder Arbeitstechnisch? Muss man sich gefallen lassen, die "Drecksarbeit" zu erledigen, in völlig unangemessenem Ton mit sich reden lassen usw. weil man sich selbst ja nicht mehr dadurch berührt fühlt?
Kleiner Exkurs zu mir: Ich bin meistens sehr freundlich zu allen möglichen Menschen, selbst wenn diese mir gegenüber aus der Rolle fallen. Oft hat dies einen guten Effekt, weil meine Gegenüber dann häufig auf Dauer auch nett zu mir werden. Manche nutzen einen aber vollkommen aus, (ich arbeite in der Pflege), was ich dann immer "gerne tue" und "kein Problem", und ich tue es wirklich gerne, weil ich auch Glück für andere will und ihr Leben leichter machen will. Aber muss ich Menschen, die sich mir gegenüber fehl verhalten in dem Maße Glück bringen, dass es mir selbst schadet, bzw., dass ich ausgenutzt werde (auf gut Deutsch: mich ausnutzen lassen).
Noch ein Beispiel (wieder etwas extremerer Natur) zum Schluss:
Wenn ich erkannt habe, dass es das "Ich" nicht gibt und mir steht ein Bankräuber gegenüber, der im Begriff ist, mich zu erschießen, wehrt sich das erleuchtete Wesen (ich wechsele hier mal die Person, da ICH mit Sicherheit nicht Erleuchtet bin) dann oder lässt es sich erschießen, da es ja sowieso kein "Ich" gibt?
Ich versuche oft nach dem Motto des Annehmens, des Akzeptierens in Alltagssituationen zu leben. Passiert mir etwas blödes, ist es halt passiert, ok, auch wenn es äußerst ungünstig ist, ok ich kann sowieso nichts mehr ändern, also akzeptiere ich es und rege mich nicht auf. Aber wie viel Akzeptanz ist gesund? Wo sind die Grenzen? Und um wieder in den Bezug auf ein erleuchtetes Wesen zu kommen: akzeptiert dieses alles? Weil diese Vorstellung ist für mich merkwürdig, denn dann würde das "Ichkonzept aufgeben" bedeuten "sich alles gefallen zu lassen".
Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine und meine Gedankengänge sind nicht zu konfus.......
ich hoffe auf einen interessanten Austausch