Fragen zum Selbst und Wiedergeburt

  • Hallo Silke,


    hm, ich bin ja erwiesenermaßen keine Buddhistin, aber mit Deiner Frage habe ich mich auch schon beschäftigt. Meine Antwort ist vielleicht nicht buddhistisch, aber vielleicht... Wenn wir die jetzige "Form" der Wesen mit den verschiedenen Niederschlagsformen (Regen, Schnee, Hagel, Nebel, Tau etc.) vergleichen, dann wissen wir, dass sie alle einem Kreislauf (Samsara? :grinsen: ) angehören, der grob gesagt aus Ozean, Verdunstung und Niederschlag besteht. Dabei symbolisiert für mich "Ozean" die Zeit zwischen Tod und Wiedergeburt, Verdunstung den Prozess des Wiedergeboren-Werdens und die verschiedenen Niederschlagsformen die Wesen, wie sie auf der Erde leben. Der Regentropfen, die Schneeflocke, das Hagelkorn empfinden sich in ihrer jeweiligen Form als "ich" - sind aber in Wahrheit alle nichts anderes als Wasser - H2O. Sobald sie in den Ozean (Tod) eingehen - die Form also zerfällt - verbinden sich alle Wasser-Moleküle. Wenn dann durch Verdunstung und Niederschlag neue Formen entstehen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass exakt die H2O-Moleküle, die zuvor einen Regentropfen gebildet haben, sich nun wieder zusammen finden, um wieder als Regentropfen oder vielleicht als Hagelkorn auf die Erde zu fallen...


    Ist jetzt sicher eine sehr naive, bildhafte Erklärung, aber für mich sehr gut verständlich, was die Erklärung der nicht "persönlichen" Wiedergeburt angeht. Außerdem macht es mir noch mal sehr deutlich, dass das "ich" an meine Form gebunden ist, ja sogar nur durch sie existiert - also quasi lediglich eine Begleiterscheinung, Nebenwirkung ist.


    Was Deine Frage nach Bemühen um gutes Karma angeht: Wie auch immer so eine Wiedergeburt aussehen kann, ich arbeite für bessere Bedingungen in der Zukunft, die "ich" in irgendeiner Form erleben werde - und sei es als millionenfach verstreute H2O-Moleküle... (Tatsächlich interessiert mich in meinen alltäglichen Handlungen der Karma-Gedanke kein bisschen, sondern ich versuche immer, so "gut" zu sein, wie es mir gerade möglich ist - das ist irgendwie ein Selbstläufer. Mich hat es in meiner aktiv buddhistischen Zeit sogar gestört, wenn karmische Gesichtspunkte ein allzu schweres Gewicht hatten. Das wurde mir dann als Logik - im Gegensatz zu Glauben - verkauft und hatte einen sehr egoistischen Anstrich: Ich soll nicht freundlich und hilfsbereit um der Sache willen sein, sondern weil ich mir damit Fleißpunkte für eine gute Wiedergeburt verdienen kann. Aber mag sein, dass das nur ein "geschicktes Mittel" war, um egoistische Menschen zu überzeugen...)


    Ich kann jedenfalls Deine provokanten Fragen sehr gut verstehen, ich bin auch auf so einige Unstimmigkeiten gestoßen, die mir im Umgang mit den Buddhismus praktizierenden Menschen untergekommen sind. Und ich finde es auch sehr wichtig, da am Ball zu bleiben. Denn nur, was Dich innerlich zutiefst überzeugt, kann Dich weiter bringen.


    Mich persönlich hat die Beschäftigung mit dem Buddhismus und ganz besonders die Auseinandersetzungen hier im Forum ein gutes Stück voran gebracht - nicht umsonst habe ich mich hier nach einem Dreivierteljahr Pause wieder angemeldet...


    Lieben Gruß
    namenlos

  • Lieben Dank, namenlos, für Deine schöne bildhafte Erklärung, genau sowas interessiert mich, persönliche Bilder und Vergleiche zu einer sehr komplexen Materie.


    namenlos:

    Mich hat es in meiner aktiv buddhistischen Zeit sogar gestört, wenn karmische Gesichtspunkte ein allzu schweres Gewicht hatten. Das wurde mir dann als Logik - im Gegensatz zu Glauben - verkauft und hatte einen sehr egoistischen Anstrich: Ich soll nicht freundlich und hilfsbereit um der Sache willen sein, sondern weil ich mir damit Fleißpunkte für eine gute Wiedergeburt verdienen kann. Aber mag sein, dass das nur ein "geschicktes Mittel" war, um egoistische Menschen zu überzeugen...)


    Was Du schreibst, spricht mir aus der Seele. Das meinte ich oben mit "Bonbon", der Karma-Gedanke als Köder von Religionsstiftern, um Menschen - wie Du schreibst- Fleißpunkte sammeln zu lassen, um möglichst auf höherer Ebene wieder aufzutauchen. Deshalb denke ich auch, daß man dem Karma nicht allzu große Aufmerksamkeit schenken sollte, weil es bei einigen Menschen sicherlich in Richtung Selbstgefälligkeit führen kann und sich der Buddhismus so selbst ein Bein stellt.

    namenlos:

    Ich kann jedenfalls Deine provokanten Fragen sehr gut verstehen, ich bin auch auf so einige Unstimmigkeiten gestoßen, die mir im Umgang mit den Buddhismus praktizierenden Menschen untergekommen sind. Und ich finde es auch sehr wichtig, da am Ball zu bleiben. Denn nur, was Dich innerlich zutiefst überzeugt, kann Dich weiter bringen.


    Ich denke auch, daß ich mich erst auf etwas einlassen kann, wenn ich mir nicht ständig den Kopf an elementaren Fragen anstoße. Deshalb hoffe ich, vielleicht hier ein bißchen weiter zu kommen.
    Liebe Grüße,
    Silke

  • Silke79:

    1. Deshalb denke ich auch, daß man dem Karma nicht allzu große Aufmerksamkeit schenken sollte, weil es bei einigen Menschen sicherlich in Richtung Selbstgefälligkeit führen kann und sich der Buddhismus so selbst ein Bein stellt.


    2. Ich denke auch, daß ich mich erst auf etwas einlassen kann, wenn ich mir nicht ständig den Kopf an elementaren Fragen anstoße.


    1. Dürfte ein Trugschluß sein- ob es bei einigen zur Selbstgefälligkeit führt, sind Spekulationen. Für Dich ist es sicher von Bedeutung, ob Du die Chance diesen Lebens nützst. ;)


    2. Da haste aber sicher recht... :D


    Lieber Gruß,
    crazy dragon

    Tag für Tag ein guter Tag

  • Silke79:

    Lieben Dank, namenlos, für Deine schöne bildhafte Erklärung, genau sowas interessiert mich, persönliche Bilder und Vergleiche zu einer sehr komplexen Materie.


    Ja, ist ganz wichtig, das als Metapher zu sehen und nicht als Konzept.


    Silke79:

    Was Du schreibst, spricht mir aus der Seele. Das meinte ich oben mit "Bonbon", der Karma-Gedanke als Köder von Religionsstiftern, um Menschen - wie Du schreibst- Fleißpunkte sammeln zu lassen, um möglichst auf höherer Ebene wieder aufzutauchen. Deshalb denke ich auch, daß man dem Karma nicht allzu große Aufmerksamkeit schenken sollte, weil es bei einigen Menschen sicherlich in Richtung Selbstgefälligkeit führen kann und sich der Buddhismus so selbst ein Bein stellt.


    Naja, sagen wir’s mal so: Bei wem’s zu Selbstgefälligkeit führt, der ist ohnehin dafür anfällig – und wer kann sich schon ganz davon frei machen? Ich klopfe mir schon auch immer wieder mal mental auf die Schulter, wenn ich meine, ich hätte etwas gut gemacht. Problematischer finde ich, dass der Egoismus genährt werden könnte – aber auch das nur bei denjenigen, die ohnehin egoistisch sind. Selbst der Dalai Lama sagt: „If you want to be selfish, be wisely selfish. Help!” Wer sich daran halt, richtet (so betrachtet) wenigstens weniger Schaden an, weil er auf sein gutes Karma bedacht ist. Mit Mitgefühl hat das natürlich nichts zu tun… Das kann nur der entwickeln, der dazu veranlagt ist.


    Silke79:

    Ich denke auch, daß ich mich erst auf etwas einlassen kann, wenn ich mir nicht ständig den Kopf an elementaren Fragen anstoße. Deshalb hoffe ich, vielleicht hier ein bißchen weiter zu kommen.


    Du brauchst ja nicht gleich eine ganze Einbauküche zu kaufen. Nimm erst mal ein Teil mit, das Dir gefällt. Der Rest ergibt sich dann. Von mir selbst kann ich sagen, dass mir der Buddhismus von allen „Lehren“ oder „Weisheiten“, die mir begegnet sind, am meisten weiter geholfen hat (naja, neben Advaita, da habe ich dann noch ein paar der fehlenden Puzzle-Teilchen gefunden, aber auch nicht alle…). Trotzdem habe ich nicht das ganze Paket genommen, weil mir manche Antworten dann doch nicht schlüssig waren. Vielleicht fehlt mir die Demut – vielleicht hat mir auch einfach nur der richtige Lehrer gefehlt. Und vielleicht wird es doch alles noch ganz anders, als ich es mir jetzt vorstelle. Mein Rat: Lege Dir keinen Zwang auf und setze Dich nicht unter Druck.


    Lieben Gruß
    namenlos

  • melong:

    Wiedergeburt ist eine Tatsache. Schau nach, was der Buddha gelehrt hat.


    Hallo melong,


    vielleicht magst Du mir es erklären:
    Was macht den religiösen Inhalt der Wiedergeburt für Dich zur Tatsache? Wieso weißt Du, wo andere glauben?


    Fühl Dich bitte nicht angegriffen, mich interessieren Deine Antworten auf einer ganz sachlichen Ebene.


    Gruß,
    Silke

  • Betreff: Fragen zum Selbst und Wiedergeburt


    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • Beiträge abgetrennt -> Wiedergeburt
    Isis

    _()_
    Das aber verkünde ich, o Freund: in eben diesem klafterhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.
    BUDDHA

  • Grüss Dich ganz recht herzlich Silke,


    Wenn's Dir recht ist dann lese doch bitte mal folgenden Artikel?
    Ich denke er ist recht schlicht und einfach gehalten und scheut auch nicht einen schwierigen verantwortungsvollen thematischen Umgang, insofern meine ich das sich die Frage nach Wiedergeburt im Sinne von Wer wird Wodurch wiedergeboren und eben Wodurch nicht, recht anschaulich nachvollziehen lässt.


    Zitat

    Karma und Wiedergeburt im Buddhismus
    Vortrag, bei verschiedenen Gelegenheiten vorgetragen


    http://www.payer.de/einzel/karma.htm


    Ich "hoffe" das dies Deiner Frage gerecht werden kann immerhin hast Du wohl offenbar in's Wespennest der verschiedenen Fraktionen und dem anhangen an Meinungen :lol: ...... na,ja wie auch immer. pfüt pfüüh
    Liebe Silke ich würde mich über Deine Antwort/Meinung freuen.


    Mit ganz lieben und herzlichen Grüssen
    Dorje Sema




  • Hallo Silke


    ich fühle mich in keinster Weise angegriffen. Deine Frage ist ganz normal. Ich war ja auch mal in einer solchen Lage wie du :)
    Ich kann dir das ganz einfach beantworten: Weil es ab einem bestimmten Punkt der Praxis keinen Unterschied mehr gibt zwischen "Glauben" und "Wissen". Dies hat mit der Erforschung dessen zu tun, was so schlicht "Wirklichkeit" oder "Wahrheit" genannt wird.
    Aber der Begriff von "Wiedergeburt" hat für mich nichts mit Re-Inkarnation zu tun oder mit dem Wandern einer "Seele". Wen du meinen andern Beitrag liest, dann bekommst du vielleicht eine Ahnung davon, was es beinhaltet:
    Betreff: Fragen zum Selbst und Wiedergeburt

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • Zitat

    von Silke79
    Denn wie schon oben geschrieben, wenn ich mich durch Schriften und Texte lese, tauchen für mich immer wieder Ungereimtheiten auf.


    Hallo Silke,


    kannst Du mal ein paar "Ungereimtheiten" schildern die Dir aufgefallen sind.



    Mit Metta
    Dhammika

  • Dorje Sema:


    http://www.payer.de/einzel/karma.htm
    Ich "hoffe" das dies Deiner Frage gerecht werden kann immerhin hast Du wohl offenbar in's Wespennest der verschiedenen Fraktionen und dem anhangen an Meinungen :lol: ...... na,ja wie auch immer. pfüt pfüüh
    Liebe Silke ich würde mich über Deine Antwort/Meinung freuen.


    So bald ich den Artikel gelesen habe, melde ich mich wieder! :)


    Dhammika:


    kannst Du mal ein paar "Ungereimtheiten" schildern die Dir aufgefallen sind.


    Mein Hauptproblem habe ich ja schon vorgetragen: Warum um gutes Karma bemühen, wenn es gar kein Selbst im individuellen Sinne gibt? Hier wurden ja viele Antworten vorgetragen, vielen Dank dafür. Außerdem hab ich letztens in einem Buch von Karl Jaspers ein Zitat aus einem Buddha-Text gelesen, in dem der Buddha "von seiner geliebten Heimatstadt" spricht. Diese Textstelle irritiert mich, sie spricht nicht gerade für das Nicht-Anhaften. Oft sind es solche Kleinigkeiten, bei denen ich immerwieder länger stehenbleiben muß.


    ---------
    Ich bin mir bewußt, daß mich keiner nach meiner Meinung gefragt hat, aber da ich hier neu bin, sticht es mir wahrscheinlich besonders ins Auge:
    Warum wird hier denn so häufig gegeneinander geredet anstatt miteinander? Teilweise auf ziemlich unsachliche Art und Weise. Produktiv ist das nicht. Hätte das in einem Buddhismus-Forum eher nicht erwartet. Ungereimtheiten über Ungereimtheiten... ;)

  • Silke79:
    Dhammika:

    kannst Du mal ein paar "Ungereimtheiten" schildern die Dir aufgefallen sind.


    Mein Hauptproblem habe ich ja schon vorgetragen: Warum um gutes Karma bemühen, wenn es gar kein Selbst im individuellen Sinne gibt?


    Hallo Silke,


    Individualität und "Selbst" sind nach meinem Verständnis nicht dasselbe. Wenn es darum geht zu klären, was der Buddha mit "Nicht-Selbst" gemeint hat, dann sollte man sich wohl auch an seiner Definition orientieren (z. B. M 35, S 22.59) und nicht an der eigenen oder der irgendeines Psychologen oder Philosophen.


    Das "Selbst", auf das sich das "Nicht" bezieht, ist letztlich die Vorstellung einer "Existenz nach Wunsch". Genau das wird aber durch das Anderswerden und Vergehen der Dinge immer wieder untergraben, weshalb es sich um eine Illusion handelt, einen Wahn, der immer wieder in Leiden endet. Der Buddha sagt eindeutig: Wäre ein Ding unser Selbst, müsste es sich unseren Wünschen gemäß verhalten, dürfte also nicht anders werden (als "ich" es will) und vergehen und damit Leiden bringen. Die Wirklichkeit lässt sich aber nicht in völlige Übereinstimmung mit unseren Wünschen bringen, schon gar nicht auf die Dauer. Wird das klar gesehen, wird unser leidbringendes Streben schließlich erlöschen, denn wer will schon (weiter) leiden?


    Bemühen um gutes Karma ist ein Schritt in Richtung weniger Leiden. Ich sehe nicht, dass es bei der Lehre des Buddha vom Nicht-Selbst um die Leugnung von Individualität in dem Sinne geht, dass "Silke" nicht mehr "Silke" ist. Leiden ist immer individuell, genau wie die Befreiung vom Leiden. Damit meine ich, dass es so viele Leidensgeschichten gibt wie es Lebewesen gibt, und auch so viele Befreiungsgeschichten vom Leiden wie es Lebewesen gibt, die den achtfachen Pfad gehen.


    Alles Gute

  • Hallo Silke79,


    Zitat

    Ich bin mir bewußt, daß mich keiner nach meiner Meinung gefragt hat, aber da ich hier neu bin, sticht es mir wahrscheinlich besonders ins Auge:
    Warum wird hier denn so häufig gegeneinander geredet anstatt miteinander? Teilweise auf ziemlich unsachliche Art und Weise. Produktiv ist das nicht. Hätte das in einem Buddhismus-Forum eher nicht erwartet. Ungereimtheiten über Ungereimtheiten...


    Bin auch noch nicht so lange in diesem Forum.


    Aber ich muß Dir recht geben.
    Hier gibt es eine gewisse Hackordnung.
    Ich glaube, die die schon länger dabei sind, sind ein wenig " Forumsblind", und da tut es mal gut, wenn das auch noch von anderen bemerkt wird.


    Grüsse Dich ganz herzlich.


    Anita


  • Hallo Legionär,


    das gefällt mir. ;)


    Alles Gute

  • Silke79:

    Mein Hauptproblem habe ich ja schon vorgetragen: Warum um gutes Karma bemühen, wenn es gar kein Selbst im individuellen Sinne gibt? Hier wurden ja viele Antworten vorgetragen, vielen Dank dafür.


    Hört sich aber nicht so an, als hätten die dich nun befriedigt ;) ?


    Na mal sehen:


    Also es gibt kein Selbst in dem Sinne, daß etwas in uns nicht abhängig, nicht bedingt, nicht zusammengesetzt, unverbunden wäre. Das was wir "Selbst" nennen, ist nicht aus sich selbst entstanden sondern aus vielen Dingen angeeignet. Stellen wir dies Abhängigkeit ist Rechnung, wird aus dem falsch unabhängig gedachten "Selbst", das sog. "wahre Selbst", meint, mit den oben angeführten Merkmalen charakterisieren wir die wahre Natur der Dinge: kein fester Kern, alles vollkommen vergänglich und im Klammern an den Irrtum "fester Kern" entsteht Leiden.


    Wenn es also keinen festen Kern gibt, ist die zwingende Folgerung, daß es Verbindung gibt, daß alle Trennungen, wie auch "Ich" hier, "Du" da und ganz anders als "Ich" ebenfalls Täuschungen sind.
    Oder anders herum, wenn es Verbindung gibt (was man ja beobachten kann, schon das ist wieder Verbindung), kann es keinen "festen Kern" geben, denn der müßte sich ja in Verbindung ändern.


    Also, was wir selbst sind, entsteht aus Verbindung, aus Handlungen, ebenso das, was andere sind.
    Unsere Handlungen (besser noch, die vorhergehenden Willensimpulse, genau das ist Karma) sind nun immer die Samen für die daraus folgenden Zusammensetzungen zuerst in einem selbst, aber im Ergreifen qualitativ völlig identisch von "anderen" Zusammensetzungen.
    Der Vorgang des Ergreifens und Anhangens folgt immer wieder dem selben Mechanismus (aber auch der Vorgang des Nicht-Ergreifens und Nicht-Anhangens) deshalb ist ein "anderer" eben nicht anders als wir selbst. "Ich" bin "Du", zwar eine andere "Kerze" aber der Vorgang des Entzünden und Brennen ist vollkommen identisch. Na klar, Protest, das kränkt natürlich das Ego, diese Denke ist vollkommen unvereinbar mit der Annahme eines festen Kerns, der nur mir gehört, nur meine Identität ausmacht und sich vollkommen vom Kern eines anderen unterscheidet.


    Eine Handlung (Karma) zu begehen oder zu unterlasssen hat also immer Wirkungen, ist immer Anlaß und Bedingung - völlig unabhängig davon, ob es mich in einer von mir eingebildeten Konstitution oder überhaupt (noch, nach dem Tode) gibt. Und die Wirkungen sind nicht ewa nur ein lineare Fortpflanzen sondern potenzieren sich in allen Wesen (durch Ergreifen).
    Hat man verstanden was Leiden ist, insbesondere, daß dukkha nicht ein individuelles vereinzeltes Phänom, sondern ein universelles Merkmal ist, ergibt sich daraus vollkommen natürlich die Antwort, wie und warum zu handeln ist. Das Handen der Buddhas ist bestimmt durch die Einsicht: "sich selbst in allem wiedererkennend".


    Nun ja, soweit die Theorie. Wenn mich jemand persönlich fragt, den der ich nicht erwacht bin, dann ist meine Antwort ganz dieselbe wie in diesem Dialog:


    Zitat


    Schmit: "Wieso, Mr. Anderson, wieso, wieso... Wieso tun Sie das? Wieso? Warum aufstehen? Warum weiterkämpfen? Glauben Sie wirklich, Sie kämpfen für etwas, für mehr als ihr Überleben? Können Sie mir sagen, was es ist, wissen Sie es überhaupt? Ist es Freiheit, vielleicht Wahrheit, vielleicht Frieden - könnt' es für die Liebe sein? Illusionen, Mr. Anderson, Launen der Wahrnehmung! Vorrübergehende Konstrukte eines schwächlichen menschlichen Intellekts, der verzweifelt versucht, eine Existenz zu rechtfertigen, die ohne Bedeutung oder Bestimmung ist!.... .. Es müsste Ihnen möglich sein, es zu sehen, Sie müssten es inzwischen wissen! Sie können nicht gewinnen, es ist zwecklos weiterzukämpfen! Wieso, Mr Anderson, wieso, wieso bestehen sie darauf??"


    Anderson: "Weil ich mich so entschieden habe."


    _()_

  • melong:


    Wenn Du Dich tatsächlich für die Quelle interessierst, dann guck mal in das Buch "Die massgebenden Menschen" von Karl Jaspers, auf S. 237 findest Du die Quellen von den zitierten Buddha-Texten. Da aber im Quellverzeichnis keine Seitenzahlen zu den Textstellen angegeben sind, müßtest Du direkt in den angegebenen Quellen suchen. Aber dort wirst Du fündig.
    Zu Deinen anderen Fragen, möchte ich Dir diesen Link geben: http://www.heim2.tu-clausthal.de/~kermit/wte/sokrates-sm.png
    Ich bin an einem sachlichen Austausch bzw. an sachlichen Diskussionen interessiert.


    bel:


    Hört sich aber nicht so an, als hätten die dich nun befriedigt ;) ?


    Oh doch, es waren einige hilfreiche und interessante Beiträge dabei, nochmals danke für die Mühe!

  • Silke79:

    Warum um gutes Karma bemühen, wenn es gar kein Selbst im individuellen Sinne gibt?


    Hallo Silke79. Nicht-Selbst bedeutet nicht, dass es kein Selbst gibt. Es bedeutet nur, dass nichts die Eigenschaften eines bestaendigen Selbst hat, und drum der Anhaftung nicht wert ist. Das Selbst, Ich, Du, Wir - ist einfach ein Kommunikationsmittel. Die Naturgesetze, Karma, Ursache und Wirkung gelten weiterhin. Das "sich um gutes Karma bemuehen" heisst lediglich die Innenwelt und Aussenwelt durch direkte Erkenntnis wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Es ist also das natuerlichste in der Welt. Es wird durch Missverstaendnisse rund um das Selbst verkompliziert. Der Buddha sah das Problem mit Klarblick und betonte deshalb das Nicht-Selbst. Er vertrat aber nicht den Nihilismus (kein Selbst, kein Vater, keine Mutter, keine Kinder, keine Erleuchteten, kein Garnichts), und er vertrat auch nicht die allseits beliebte Anhaftung (Selbst = Welt = Gott), sondern er lehrte den Achtfachen Mittelweg, mit dem jeder sein persoenliches Gleichgewicht zum Wohle aller wiederherstellen kann.

  • bel:
    Zitat


    Schmit: "Wieso, Mr. Anderson, wieso, wieso... Wieso tun Sie das? Wieso? Warum aufstehen? Warum weiterkämpfen? Glauben Sie wirklich, Sie kämpfen für etwas, für mehr als ihr Überleben? Können Sie mir sagen, was es ist, wissen Sie es überhaupt? Ist es Freiheit, vielleicht Wahrheit, vielleicht Frieden - könnt' es für die Liebe sein? Illusionen, Mr. Anderson, Launen der Wahrnehmung! Vorrübergehende Konstrukte eines schwächlichen menschlichen Intellekts, der verzweifelt versucht, eine Existenz zu rechtfertigen, die ohne Bedeutung oder Bestimmung ist!.... .. Es müsste Ihnen möglich sein, es zu sehen, Sie müssten es inzwischen wissen! Sie können nicht gewinnen, es ist zwecklos weiterzukämpfen! Wieso, Mr Anderson, wieso, wieso bestehen sie darauf??"


    Anderson: "Weil ich mich so entschieden habe."


    _()_


    Ist der Dialog aus Matrix?
    Kennst Du "What the BLEEP do we (k)now? Da würde dieser Dialog gut reinpassen! :)

  • Silke79:

    Ist der Dialog aus Matrix?


    Ja, wobei ich da weder dem Zusammenhang (also dem Film) noch der konkreten Situation (im Film) Bedeutung geben möchte.


    Der Dialog steht einfach für sich: Unser Handeln (die zugrunde liegenden Intentionen) ist bis zum Erwachen immer von Konzepten geprägt, ob das nun Freiheit, Liebe, Wahrheit, Friede ist - immer wollen wir irgendwas erlangen und begehren es. Das ist das Diktat, aus dem Dukkha erwächst.
    Denn je mehr wir es begehren, desto weiter schwindet es. Genau das ist das Argument von Schmith, vergebliche Mühe um die Existenz und das Tun zu rechtfertigen.
    Nur sieht er den Ausweg nicht.
    Es gibt nichts zu rechtfertigen. Es gibt keinen Sinn, der vom Sinn des Ganzen (falls es so einen Sinn gäbe) - als "mein" (nur "mein" - alo atta) zu unterscheiden wäre.
    Das reicht um eine Entscheidung zu treffen. Und mehr braucht es nicht.


    Zitat

    Kennst Du "What the BLEEP do we (k)now? Da würde dieser Dialog gut reinpassen! :)


    Nein, es interessiert mich auch nicht sonderlich :)


    _()_

  • thecap:

    Hallo Silke79. Nicht-Selbst bedeutet nicht, dass es kein Selbst gibt.


    Ach, klingt aber etwas bekloppt. Könnte man doch in natürlicher Weise
    auf die Idee verfallen, das es kein Selbst gibt wo es kein Selbst gibt.

  • accinca:
    thecap:

    Hallo Silke79. Nicht-Selbst bedeutet nicht, dass es kein Selbst gibt.


    Ach, klingt aber etwas bekloppt.


    Natuerlich klingt es "bekloppt", wenn du einen bedeutungsgeladenen Satz stumpf aus dem Kontext reisst. :lol:


    Zitat

    Könnte man doch in natürlicher Weise
    auf die Idee verfallen, das es kein Selbst gibt wo es kein Selbst gibt.


    Und wie genau saehe das deiner Meinung nach aus?

  • thecap:
    accinca:

    Könnte man doch in natürlicher Weise
    auf die Idee verfallen, das es kein Selbst gibt, wo es kein Selbst gibt.


    "Es gibt kein Selbst wo es kein Selbst gibt."


    Auf diese Idee bin ich jetzt auch schon gekommen. ;)

  • Hallo,


    möchte mich mal kurz zu diesem Thema äußern.


    Da wurde ein Beispiel von einer weißen Kerze, die dann eine rote Kerze wird, gebraucht.


    Der Stand von beiden Kerzen ist aber der Selbe, und die Kerzen habe eine Flamme, wer macht die eine Kerze aus und wer zündet die andere Kerze an?


    Da stimme ich mit dem Buddhismus nicht überein, denn ich meine, jeder hat eine Basis, wo er, wenn die eine Kerze erlischt, hingeht, und von da er wieder kommt, wenn die andere Kerze angezündet wird.


    (Ist meine ganz persönliche Meinung)


    Grüsse Anita