Ursprüngliches Bewusstsein im Theravada

  • Guten Abend an die hier Mitlesenden



    Ich habe heute hier im Forum gelesen, dass im Palikanon stünde, dass das Bewusstsein ursprünglich rein wäre.


    Dazu habe ich zwei Fragen. Die erste Frage lautet:

    welches Bewusstsein von den sechs (oder 18) verschiedenen die man dieser Tradition nach erklärt ist damit genau gemeint?


    Die zweite Frage ist eine Bitte für einen Internetlink zu dieser Textstelle.


    Dazu ergänzend möchte ich erwähnen: dazu im Widerspruch stünde dann ja eine andere Erklärung die ebenfalls im Palikanon steht, und die lautet sinngemäss dass kein ursprüngliches Bewusstsein erkennbar ist (etwas Derartiges ist nur Spekulation).

  • Honin

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Guten Abend,


    Das ist die Textstelle über das reine Bewusstsein:


    Zitat

    Lauter, ihr Mönche, ist dieses Bewusstsein; doch es wird verunreinigt von hinzukommenden Befleckungen. (*1)

    Lauter, ihr Mönche, ist dieses Bewusstsein; und ist es frei von hinzukommenden Befleckungen.

    A.1.10.


    Nach dieser Textstelle ist das Bewusstsein bedingt entstanden:


    Zitat

    Denn in vielen Lehrreden habe ich dargelegt, daß Bewußtsein bedingt entsteht, weil es ohne Bedingung keine Entstehung von Bewußtsein gibt.

    M.38


    Gleich danach steht etwas über die sechs Arten des Bewusstseins:


    Zitat

    8. "Ihr Bhikkhus, Bewußtsein wird nach den jeweiligen Bedingungen, in deren Abhängigkeit es entsteht, klassifiziert. Wenn Bewußtsein in Abhängigkeit von Auge und Form entsteht, gilt es als Sehbewußtsein; wenn Bewußtsein in Abhängigkeit von Ohr und Klang entsteht, gilt es als Hörbewußtsein; wenn Bewußtsein in Abhängigkeit von Nase und Geruch entsteht, gilt es als Riechbewußtsein; wenn Bewußtsein in Abhängigkeit von Zunge und Geschmack entsteht, gilt es als Schmeckbewußtsein; wenn Bewußtsein in Abhängigkeit von Körper und Berührungsobjekt entsteht, gilt es als Körperbewußtsein; wenn Bewußtsein in Abhängigkeit von Geist und Geistesobjekt entsteht, gilt es als Geistbewußtsein.

    M.38

    Zur Frage welches Bewusstsein von den sechs ursprünglich rein ist, kann man vielleicht sagen das Geistbewusstsein, denn die fünf Sinnesobjekte wie Form usw. werden ja auch alle im Geist wahrgenommen. Was wäre z.B. ein unreines Sehbewusstsein? Wenn das Auge nicht richtig funktioniert oder die Wahrnehmung irgendwie gestört ist sieht man nicht klar.


    Der Widerspruch zwischen einem ursprünglich reinen und einem bedingt entstandenen Bewusstsein entsteht wohl durch das Wort "ursprünglich". Tatsache ist dass Bewusstsein entweder getrübt ist durch Gier, Hass und Verblendung oder davon frei ist, ungetrübt. Damit ist meines Erachtens nicht gemeint dass das ungetrübte Bewusstsein nicht bedingt entstanden ist.

  • Danke für die ausgiebige Antwort mukti , aber wo ist hier die Rede von einem ursprünglichen Bewusstsein?

    Gern geschehen. Du hast recht, da steht nicht dass Bewusstsein ursprünglich rein ist sondern nur dass es rein bzw. lauter ist und dass es von hinzukommenden Befleckungen verunreinigt wird.

  • Danke für die ausgiebige Antwort mukti , aber wo ist hier die Rede von einem ursprünglichen Bewusstsein?

    Gern geschehen. Du hast recht, da steht nicht dass Bewusstsein ursprünglich rein ist sondern nur dass es rein bzw. lauter ist und dass es von hinzukommenden Befleckungen verunreinigt wird.


    Schön dass du zustimmst :)

    Ich habe nachgefragt, weil ich eine ähnliche Missinterpretationsmöglichkeit vermutete, wie sie in dem Fussnotenkommentar *1 von der entsprechenden Sutta (was heisst Sutta eigentlich auf Deutsch?) dargelegt wird.


    Ein Anfangspunkt, eine erste oder letzte Ursache zu glauben hiesse ja (auch) Attaglauben/Ansicht. Hierauf gestütze weitere Ansichten können ja (wenigstens für Anhänger des Theravada) nicht richtig sein.


    Ich sehe es so wie im Kommentar von A.1.10: das erwähnte lautere (reine) Bewusstsein müsste man in einem Zusammenhang zu A.1.9 sehen, wo erklärt wird, wie schnell der Wechsel von Bewusstsein geschieht. Besonders ergiebig oder aufschlussreich finde ich diese Aussage in A.1.10 (eine abgeschlossene Erklärung ist es ja nicht) aber nicht, eher im Gegenteil: verwirrend. Es entstand bei mir der Eindruck eines fehlenden Stücks weiterer Erklärung.

  • Ich habe nachgefragt, weil ich eine ähnliche Missinterpretationsmöglichkeit vermutete, wie sie in dem Fussnotenkommentar *1 von der entsprechenden Sutta (was heisst Sutta eigentlich auf Deutsch?) dargelegt wird.


    Ein Anfangspunkt, eine erste oder letzte Ursache zu glauben hiesse ja (auch) Attaglauben/Ansicht. Hierauf gestütze weitere Ansichten können ja (wenigstens für Anhänger des Theravada) nicht richtig sein.

    Ja dass Bewusstsein durch die Objekte bedingt ist über die es bewusst ist, ist erkennbar, aber ein erster Anfang nicht. Sutta bedeutet Lehrrede.

  • Was wäre z.B. ein unreines Sehbewusstsein? Wenn das Auge nicht richtig funktioniert oder die Wahrnehmung irgendwie gestört ist sieht man nicht klar.


    Wenn man einer Person ins Gesicht schaut, die in diesem Moment unerhört attraktiv findet, und der Blick unbewusst wandert. Zum Beispiel auf die Lippen dieser Person.


    Unrein bezieht sich mehr auf die sinnliche Anlage desjenigen Bewusstseins. Nicht so sehr auf die Qualität des entsprechenden Sinnesorgans.


    Insofern ist hier auch ein begleitendes oder das entstehende Sehbewusstsein bedingende unreine Begehren oder eine tiefere 'seelische Veranlagung' - als unrein erkennbar oder theoretisch wenigstens nachvollziehbar.

  • Ein anderes Beispiel. Man geht allein in einem dunklen Wald spazieren. Die Äste riesiger Bäume sind entweder nur das oder unheimliche Formen, die Unruhe oder bedrückende Empfindungen hervorrufen.

  • Das Wort

    Pabhassara

    hat viele Bedeutungen die dazu mit westlichen Übersetzungen nicht sofort erfasst werden können bzw. in wenigen Worten erfasst werden könnten.


    Hinzu kommt das es in denBuddhistisch geprägten Ländern unterschiedlich angewendet und auch in Traditionen unterschiedlich geübt wird.


    Pali Wörter sind nicht immer so einfach eins/ zu eins übersetzt wie es sich wohl vorgestellt werden würde.


    Wozu auch☺️wenn es doch ums erleben ginge.


    In Metta🙏

  • Das Wort

    Pabhassara

    hat viele Bedeutungen die dazu mit westlichen Übersetzungen nicht sofort erfasst werden können bzw. in wenigen Worten erfasst werden könnten.


    Hinzu kommt das es in denBuddhistisch geprägten Ländern unterschiedlich angewendet und auch in Traditionen unterschiedlich geübt wird.



    Meinst du das Wort wird unterschiedlich geübt, oder dieses Bewusstsein 🤓?


    Spass ... und Guten Morgen :)

  • Die sinnliche Veranlagung ist im Geistbewusstsein, weil Begehren im Geist ist wird man vom Gesicht dieser Person angezogen. Der Blick wandert auf dem Gesicht herum weil der Anblick ein angenehmes Gefühl hervorruft. Das ergreift man und will mehr davon haben.


    In einem reinen, unverblendeten Geist ist Gleichmut, man weiß dass Leid entsteht wenn man sich an angenehme Gefühle hängt. Man erkennt nur mit Achtsamkeit: ein angenehmes Gefühl ist da, entstanden durch Sinneswahrnehmung. Man macht nichts weiter draus und lässt es wieder vergehen. Man sieht die Dinge wie sie sind und weil der innere Frieden größer ist als alle Sinnesfreuden, hat man kein Interesse daran.

    So stelle ich mir das jedenfalls vor.

  • Ṭhānissaro Bhikkhu übersetzt "citta" auch mit "Geist" (Phabassara Sutta), Nyanatiloka übersetzt es mit "Bewusstsein" (A.1.10). Nach dem Wörterbuch von Klaus Mylius ist beides möglich.


    Pabhassara bedeutet nach Klaus Mylius "hell leuchtend", Nyanatiloka hat es mit "lauter" übersetzt. Ich denke dass lauter nicht grundsätzlich falsch ist, denn ohne die "hinzukommenden Trübungen" ist es eben lauter oder rein.


    Ṭhānissaro Bhikkhu schreibt in der Fußnote zum Phabassara Sutta:


    Zitat

    Seine Helligkeit wahrzunehmen heisst also, zu verstehen, dass Verunreinigungen wie Gier, Abneigung oder Verblendung seiner eigentlichen Natur nicht inhärent und kein notwendiger Bestandteil des Bewusstseins sind.

    Die Trübungen sind ja Gier, Hass bzw. Abneigung und Verblendung. Ohne die Trübungen ist das Bewusstsein oder der Geist rein, dann mag er auch irgendwie sichtbar leuchten.


    In der von dir angeführten Abhandlung zum leuchtenden Geist schreibt Anālayo Bhikkhu über das hinzukommen der Trübungen:


    Zitat

    Auf dem Hintergrund dieses Wortgebrauchs könnte es sogar so scheinen, als wäre der leuchtende Geist irgendwie präexistent und die Verunreinigungen wären eine Art Besucher, der später hinzukam. Die Vorstellung, dass eine geistige Verunreinigung vom Geist, in dem sie auftritt, irgendwie getrennt werden könnte, kommt meines Wissens nirgendwo in den frühbuddhistischen Lehrreden vor.

    Das läuft in unserer Diskussion letztlich auf dasselbe hinaus finde ich, einen präexistenten leuchtenden Geist gibt es ebensowenig wie ein präexistentes reines Bewusstsein.

  • Zunächst einmal Danke für den entscheidenden Hinweis, dass A.1.10.I (V,9-10) (gerne als "Das lautere Bewusstsein" tituliert) nicht von Bewusstsein, vinnana spricht, sondern von citta. Die Stelle wurde ja auch dankenswerterweise im Original zitiert, was im Zweifelsfall immer hilfreich ist.


    Der hierzulande hauptsächlich bekannten Übersetzung von Nyanaponika / Nyanatiloka ziehe ich persönlich jedenfalls die von Peter Gäng vor:

    Zitat

    Klares Licht ist dieser Geist. Er ist durch hinzukommende Befleckungen bedeckt.

    Klares Licht ist dieser Geist. Er wird von hinzukommenden Befleckungen befreit.

    Man kann die Frage, wovon hier die Rede ist, durchaus auch über den Begriff 'Bewusstsein' angehen. Dann handelt es sich nach Brahmanimantaṇika Sutta (MN 49), Abschnitt 25 (ich zitiere nach Zumwinkel) um Viññāṇam anidassanam, "nicht-indikatives Bewusstsein" - das Bewusstsein eines Arhats. Es determiniert nichts als Grundlage für die Ich-Illusion, es ist "durchsichtig", "nicht auffindbar":

    Zitat

    Bewußtsein, das nicht irgendetwas zuweist

    Unendlich ist, Getrennt von Allem leuchtet


    daran hat die Erdhaftigkeit des Erdelements nicht Anteil, daran hat die Wasserhaftigkeit des Wasserelements nicht Anteil, daran hat die Feuerhaftigkeit des Feuerelements nicht Anteil, daran hat die Windhaftigkeit des Windelements nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Lebewesen nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen nicht Anteil, daran hat die Eigenart von Pajāpati nicht Anteil, daran hat die Eigenart von Brahmā nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen des Überströmenden Glanzes nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen der Großen Erfolge nicht Anteil, daran hat die Eigenart des Überwinders nicht Anteil, daran hat die Allhaftigkeit von Allem nicht Anteil.

    Ansonsten ist es mE plausibel anzunehmen, dass in den (wohl recht alten) Bruchstücken Ud.VIII.1. und Ud.VIII.3. vom selben die Rede ist (zitiert nach Fritz Schäfer):

    Zitat

    Ud.VIII.1.


    So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī im Kloster Anāthapindikos. Da klärte der Erhabene die Mönche durch eine Lehrdarlegung über das Nirvāna auf, spornte sie an, begeisterte sie, beseligte sie. Und diese Mönche, aufnahmebereit, aufmerksam, hörten mit ganzem Gemüt hingegeben, offenen Ohres die Lehre.

    Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:


    "Es besteht ein Reich, ihr Mönche,

    wo es keine Erdenart gibt,

    Wasserart nicht, Feuerart nicht,

    Luftart nicht, wo kein Bereich ist

    eines unbegrenzten Raumes,

    oder endlosen Erfahrens,

    oder 'Nicht-Etwas', und auch nicht

    'Weder-Wahrnehmung noch keine',

    'Diese Welt' und 'jene' – beides

    gibt's dort nicht, auch 'Sonne', 'Mond' nicht.


    Kommen gibt's dort nicht, so sag ich,

    Gehen nicht und kein Sichstützen,

    Schwinden nicht und Wiederkommen:

    Frei von Stützen, frei von Fort-Gang:

    So ist es ganz unabhängig.

    Wahrlich: Das ist Leidens Ende."


    Ud.VIII.3.


    (Einleitung wie Ud.VIII.1)


    "Es besteht, Mönche,

    das Ungeborene, Ungewordene,

    Ungeschaffene, Unzusammengesetzte.

    Wenn dieses Ungeborene, Ungeschaffene,

    Unzusammengesetzte nicht bestünde,

    - nicht wäre dann ein Entrinnen

    aus dem Geborenen, Gewordenen,

    Geschaffenen, Zusammengesetzten

    zu erkennen.


    Weil aber dieses Ungeborene,

    Ungewordene, Ungeschaffene,

    Unzusammengesetzte besteht, Mönche,

    deshalb ist ein Entrinnen für das

    Geborene, Gewordene, Geschaffene,

    Zusammengesetzte zu erkennen."

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  • Guten Abend Sudhana.



    Danke für die ziemlich bereichernde Teilnahme an diesem Thread. Ursprünglich wollte ich nur sicherstellen, dass die Lehre des Theravada keinen Anfang eines Bewusstseins erklärt. Der Begriff citta und seine weitere Bedeutung, desweiteren etwas Lehrredenkenntnis darf in diesem Teilforum meines Erachtens nach vorausgesetzt werden. Letztlich geht es ja aber um etwas was man selber erkennen kann - da erscheint mir der Begriff Bewusstsein überhaupt nicht falsch. Dass dieses (in den meisten Fällen wenigstens) immer in einem Bezug zu einer inneren Veranlagung oder auch einer momentanen Gefühlshaltung steht (wie man eben sprechen möchte, die Begriffe der Lehren des Theravada sind zum Teil der möglichen Feinheit der Wahrnehmung angemessen fein ausdifferenziert) wird mit dem umfassenderen Begriff citta deutlich. An anderer Stelle liesst man im Palikanon Sätze, die auf den Zusammenhang von Bewusstsein und Gefühl verweisen - und bei dem Begriff Gefühl ist es nicht mehr so schwer an die Erfahrung und die Begriffe Triebe oder ein unbewussteres aber auch schon bewussteres Wollen und Wirken erinnert zu werden.


    Dieser kurze Versuch zu dem Namen 'citta' eines anscheinend spirituell fortgeschrittenen Volkes aus der Vergangenheit, in welchem auch das Wissen um das Streben nach Sinnlichkeit offenbar mehr integriert ist als in dem deutschen Begriff Bewusstsein, der allerdings auch umso facettenreicher und auch tiefergehend (in einem Zusammenhang mit den Trieben) verstanden werden kann, je mehr man sich mit beispielsweise mit psychologischen Erklärungen zum Wahrnehmen, Fühlen und Handeln beschäftigt. Kognitionspsychologie wäre vielleicht ein Start für Fortgeschrittene, ein passendes Standardwerk fällt mir gerade nicht ein. Die Erinnerung an die veränderte Wahrnehmung des Hundes von einem Herrn Pawlow erscheint mir in diesem Zusammenhang auch hilfreich. Die Dressur der Wahrnehmung dieses armen Wesens war ja nur möglich, weil Gefühl beim Bewusstsein dabei ist ...


    Zurück zum eigentlich nicht so sehr Thema, aber ich selbst fand die Frage 'was ist unreines Bewusstsein' ja auch spannend, und versuchte zwei anschauliche Beispiele. Hierzu finde ich die Vorstellung von MN49 spannend. In dieser wird nun nicht das Gesetz des bedingten Entstehens erklärt, also es ist keine Lehrrede über die Vernichtung des Leides und das Ende des Leidens. Das wäre Nibbana - worüber in dem vorgebrachten Zitat auz Ud.VIII.1 die Rede ist - ich habe die Stellenangabe nicht nachgeprüft, kenne aber den Text). Hier in MN49 ist es einseitig betont gesprochen eine Belehrung Brahmas über die Erhabenheit Buddha Gotamos Perspektive auf Alles (an welchem Begriff sich ebenfalls die Geister/das Verständnis scheidet). Insofern finde ich Zumwinkels Hinweis auf das Bewusstsein eines Arahants nicht so wichtig (eher irreführend). Wichtiger erscheint mir die Formulierung 'nicht zuweisendes Bewusstsein' (das finde ich gelungen) - wenn Gotamo Buddho ja hier 'eigenes' Erkennen und Verstehen illustriert. Und dieses geht ja (Lehrredenkenntnis also vorausgesetzt) bekanntermassen über das eines Arahants hinaus. Ich müsste hierüber aber nicht diskutieren, auch dasjenige Bewusstsein welches Arahants erfahren -wenn man sich auf diese Sprach- und Verständnisebene (da sind 2: Bewusstein und jemand der es erfährt) wirklich einlassen mag - ist stützenlos, es steht nicht gestützt auf Begehren oder Hass.


    Was jetzt A.1.9 - 10 angeht. Der Kommentar auf palikanon.de (?) dazu macht mir Sinn. Es fehlt eine Teilerklärung, damit der Text aussagekräftiger wird. Mir wären damit verschiedene Erklärungen möglich. Die wichtigste zu sagen scheint mir dagegen auchndas zu sein: auch ein nicht zuweisendes oder Zuweisung unbewusst suchendes Bewusstsein, so ein stehendes oder stilles Bewusstsein ist vergänglich und nicht Nibbana. Das wäre vielleicht eher eine mahayanalastige Interpretation, aber dazu kann ich kaum etwas sagen.




    Einen schönen Abend wünsche ich allen hier.

  • Also ich weiß nicht, mir ist das schlicht zu hoch. Gibt es nun doch ein unabhängiges Bewusstsein, ein anderes als das sechsfach bedingte viññāna-kkhandha? Es sind das wohl nur Hinweise und man kommt durch nachdenken nicht dahinter. Wenn der Geist einmal von den Trübungen ganz gereinigt ist wird alles klar sein.

  • Also ich weiß nicht, mir ist das schlicht zu hoch. Gibt es nun doch ein unabhängiges Bewusstsein, ein anderes als das sechsfach bedingte viññāna-kkhandha? Es sind das wohl nur Hinweise und man kommt durch nachdenken nicht dahinter. Wenn der Geist einmal von den Trübungen ganz gereinigt ist wird alles klar sein.


    Jedenfalls innerhalb der Theravadaschaft die mir bekannt ist, wird jede mögliche Ansicht über ein unvergängliches Fühlen und Wahrnehmen oder sonstwie Erfahren als falsche Ansicht erklärt. Wenigstens subtil wird das doch auch in MN49 abgelehnt, vielleicht mag ich da aber auch zuviel hineinsehen. Nicht zuletzt wird dieses Denken (ein unabhängiges und dswg ewiges Bewusstsein) im Palikanon weiterhin als Hinderniss illustriert.


    Wenn man 'darüber' nachdenken möchte oder muss, kann man sich aber währenddessen bewusst darüber sein, dass man denkt, desweiteren ist auch das Gefühl sowie der Wille (oder der Durst) dazu erkennbar, und das wiederum kann einem eine nicht unwichtige Antwort wenigstens geben.

  • Ich habe mich mit dieser speziellen Überlieferung im Zusammenhang mit 'Anknüpfungspunkten' der sog. Buddhanatur - Lehre in älteren Überlieferungsschichten befasst, sehe das also etwas von einer Außenperspektive. Nun gibt es da (d.h. im Palikanon) wohl auch nicht viel mehr als die von mir genannten Stellen - dieser 'leuchtende Geist' spielt nach meinem Eindruck im Theravada-Kontext eine sehr marginale Rolle. Falls überhaupt eine. Wofür möglicherweise die Gefahr von Missverständnissen in Richtung eines 'atta durch die Hintertür' der Grund ist. Ich habe da ein wenig den Eindruck, dass redaktionelle Eingriffe in die Überlieferung nur Bruchstücke für die Kanonisierung übrig ließen, die möglicherweise durch ihr Alter und / oder ihren Bekanntheitsgrad geschützt waren. Was jetzt natürlich alles hochspekulativ klingt und auch ist. Jedenfalls - so mein persönliches Fazit - die erwähnten 'Anknüpfungspunkte' sind da; sie wurden nur im Theravada-Kontext nicht weiter entwickelt bzw. doktrinär ausgeformt.

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  • Ich habe mich mit dieser speziellen Überlieferung im Zusammenhang mit 'Anknüpfungspunkten' der sog. Buddhanatur - Lehre in älteren Überlieferungsschichten befasst, sehe das also etwas von einer Außenperspektive. Nun gibt es da (d.h. im Palikanon) wohl auch nicht viel mehr als die von mir genannten Stellen - dieser 'leuchtende Geist' spielt nach meinem Eindruck im Theravada-Kontext eine sehr marginale Rolle. Falls überhaupt eine. Wofür möglicherweise die Gefahr von Missverständnissen in Richtung eines 'atta durch die Hintertür' der Grund ist. Ich habe da ein wenig den Eindruck, dass redaktionelle Eingriffe in die Überlieferung nur Bruchstücke für die Kanonisierung übrig ließen, die möglicherweise durch ihr Alter und / oder ihren Bekanntheitsgrad geschützt waren. Was jetzt natürlich alles hochspekulativ klingt und auch ist. Jedenfalls - so mein persönliches Fazit - die erwähnten 'Anknüpfungspunkte' sind da; sie wurden nur im Theravada-Kontext nicht weiter entwickelt bzw. doktrinär ausgeformt.

    Das Problem das ich dabei sehe ist dass man sich etwas vorstellt was man in Wirklichkeit wäre, wie Buddhanatur oder leuchtender Geist. Wenn man das sein will hat man den Durst nach Dasein und der steht ja dem vollkommenen Loslassen im Wege. Meines Erachtens wird deshalb im Theravada weitgehend darauf verzichtet sich etwas unvorstellbares vorzustellen.


    Wesentlich sind dabei Lehrreden wie diese, wo es um die Frage geht was nach dem Erlöschen übrig bliebe:


    Zitat

    'Der Vollendete besteht nach dem Tode', 'Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode', 'Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode', 'Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem, Tode': das ist, Vaccho, eine Gasse der Ansichten, Höhle der Ansichten, Schlucht der Ansichten, ein Dorn der Ansichten, Hang der Ansichten, Garn der Ansichten, voll von Leid und Qual, Verzweiflung und Jammer, führt nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung. Das find' ich, Vaccho, für arg daran, um mich also dieser Anschauungen gänzlich zu begeben.

    M.72.


    Den Satz von Wittgenstein finde ich hier einleuchtend: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Oder Schopenhauer: "Was sind nicht alles für Bücher geschrieben worden über das, worüber man nichts wissen kann."


    Im Palikanon gibt es auch positive Bezeichnungen für Nibbana, z.B. "die Stätte höchsten Friedens". Im Wesentlichen bedeutet Nibbana aber "verlöschen" und darum geht es wohl vorwiegend bei der Lehre, das Verlöschen von Gier, Hass und Verblendung - was danach ist, ist unergründlich.

    Damit will ich natürlich nicht sagen dass der Theravada der einzig richtige Weg wäre, für mich passt es halt so.

  • Wenn Nibbana vorbei ist, wird wieder ein Fuß vor den anderen gesetzt. Aber das Gedanken machen, sich Stress machen ist erheblich weniger. Und sucht man wieder Nibbana auf. Nibbana erreichen beendet nicht das Leben nur das wie leben.

  • Ich habe mich mit dieser speziellen Überlieferung im Zusammenhang mit 'Anknüpfungspunkten' der sog. Buddhanatur - Lehre in älteren Überlieferungsschichten befasst, sehe das also etwas von einer Außenperspektive. Nun gibt es da (d.h. im Palikanon) wohl auch nicht viel mehr als die von mir genannten Stellen - dieser 'leuchtende Geist' spielt nach meinem Eindruck im Theravada-Kontext eine sehr marginale Rolle. Falls überhaupt eine. Wofür möglicherweise die Gefahr von Missverständnissen in Richtung eines 'atta durch die Hintertür' der Grund ist. Ich habe da ein wenig den Eindruck, dass redaktionelle Eingriffe in die Überlieferung nur Bruchstücke für die Kanonisierung übrig ließen, die möglicherweise durch ihr Alter und / oder ihren Bekanntheitsgrad geschützt waren. Was jetzt natürlich alles hochspekulativ klingt und auch ist. Jedenfalls - so mein persönliches Fazit - die erwähnten 'Anknüpfungspunkte' sind da; sie wurden nur im Theravada-Kontext nicht weiter entwickelt bzw. doktrinär ausgeformt.


    Ich fühle mich nicht in der Lage, nachvollziehbare Anknüpfungspunkte an Aussagen von MN49 für diverse (buddhistische etc.) Denkrichtungen geordnet darzustellen. Dazu fehlt mir der detaillierte Überblick über andere buddhistische Richtungen und ihre Lehren.


    In MN49 wird jedenfalls keine Praxisform besprochen, die weiterentwickelt werden könnte. Über eine Weiterentwicklung im Sinne eine Verbesserung der im Theravadabuddhismus vorgeschlagenenen Techniken dieses Heilspfades kann ich auch nichts sagen, ausser dass mir der hier vorgestellte Weg einleuchtet. Beispielsweise sehe ich keine Weiterentwicklungsmöglichkeit der buddhistischen Gebote, worunter ich auch den Versuch, möglichst permanent Achtsamkeit auf die jeweiligen Willensregungen und Gefühle auszuüben und zu entwickeln, verstehe. Und da ist dann ja schon die zentrale buddhistische Praxis.


    Die Befassung mit der 'Möglichkeit der Person Buddha', auch die gedankliche Befassung mit den Vorzügen eines bereinigteren Bewusstseins ist eine Möglichkeit, Motivation auf dem eigenem Weg zu erlangen und auch festigen. Dazu fände ich MN49 aber etwas happig. Immerhin wird hier auch eine kosmologische Hiearchie (oder ein Eingebundensein darin) des Wirkens und Wirkenkönnens der Wesen vorgestellt. Um dieses aber angemessen, also vor allem nüchtern betrachten und schliesslich beruhigt wieder ablegen zu können, bräuchte es vertiefteres (paradoxe Metaphorik der Sprache, eigentlich ist es ja ebenso ein distanzierteres -) Verständnis über das bedingte Entstehen der Erscheinungen, ansonsten könnte man sich ja nach der Lektüre von MN49 überlegen, man konvertiert einfach zum Christentum und damit wäre das eigene Heil halbwegs gesichert.


    Für die mögliche Selbstpraxis helfen aus meiner Sicht anschauliche Beschreibungen und Erklärungen über 'das Normalbewusstsein des Menschendaseins'. Also zum Beispiel Beschreibungen über selbst- und andere schädigende Willensregungen aus (ebenso schädlicher) Gewohnheit. Als Unterstützung für den eigenen Fortschritt des besseren Erkennens eigener Motive und Willensregungen. Das schreibe ich allerdings mehr vor dem Hintergrund meiner Person (und Praxiserfahrung).




    noch nen schönen Samstag allen hier :klee:

  • Das Problem einer Diskussion der Tathāgatagarbha-Doktrin mit Theravadin ist häufig, dass ihnen diese nicht näher bekannt ist und Vermutungen und Missverständnisse diese Bekanntschaft ersetzen. Jedenfalls - der Ansatz von M 49 ist eine schöne Parallele zur negativen Theologie bzw. zum 'neti neti' der Upanischaden. Ein Ansatz, der dann im Mahāyāna nondual ausgebaut wurde*. Die Funktion solcher Ansätze ist gerade nicht, Sichtweisen zu begründen, sondern sie im Gegenteil aufzulösen.


    * das Mahāyāna Mahāparinirvāṇa Sūtra ist mit seinem dualistischen Ansatz, der dem Tathāgatagarbha explizit eine atman-Qualität zuweist (und konsequenterweise auch die Merkmale sukha und nitya/nicca) eine - natürlich heterodoxe - Ausnahme.

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  • . Jedenfalls - der Ansatz von M 49 ist eine schöne Parallele zur negativen Theologie bzw. zum 'neti neti' der Upanischaden. Ein Ansatz, der dann im Mahāyāna nondual ausgebaut wurde*.


    Parallellen erkennt man ja bedingt und bedingt will man von ihnen berichten. Desöfteren konzentriert man sich auch auf Einzelheiten und vernachlässigt den Kontext innerhalb dem ein Textabschnitt steht.


    Könntest du diese Parallelen, die dir im Angesicht von MN49 zu anderen Quellen erscheinen, verstehbar machen? Das hiesse aus meiner Sicht beispielsweise, konkret eine Textverlinkung zu den 'Upanishadischen Text' den du erwähnt hattest, in denen Gotamo Buddho (oder eine ähnlich überlieferte historische Figur) über seine Unterredung mit Brahma was dessen falsche Ansicht betrifft, berichtet.


    Ich möchte nach dieser weiteren Kommentierung, mit einem entsprechenden Gedanken im Hinterkopf (...) gerne auf den Beginn der Unterredung mit Brahma in MN49 verweisen, in der dieser folgende (offenbar falsche) Ansicht erfrischend freimütig einräumt:


    "Lange schon hab' ich die Hoffnung gehegt, der Würdige werde hierher kommen. Denn hier, Würdiger, ist das Ewige, hier das Beharrende, Immerwährende, hier ist Unauflösbarkeit und Unvergänglichkeit: hier herrscht kein Geborenwerden und Altern, kein Sterben und Vergehn und Wiedererscheinen; und eine andere, höhere Freiheit als diese gibt es nicht.'

  • Ich habe den Eindruck, mein Verweis auf Parallelen wurde missverstanden; womöglich war ich da unklar. Es ging nicht um inhaltliche (semantische) Parallelen, sondern um formale. Da wären jetzt Zitate von Scotus Eriugena oder Meister Eckhart nicht unbedingt hilfreich und auch nicht ein Zitat etwa aus der Bṛhadāraṇyaka Upaniṣad. Das neti-neti (nicht dies, nicht dies - i.S.v. weder-noch) ist ja auch kein Zitat, sondern im Vedanta die Beschreibung einer Aussageform.


    Konkret geht es um eine indirekte Aussage über einen Gegenstand, zu dem keine direkte Aussage möglich ist. Das ist zunächst eine negative Aussage, wie wir sie auch in den beiden Udāna-Zitaten finden. Also eine Aussage, was der Gegenstand der Aussage nicht ist. Diese Form lässt sich noch weiterentwickeln: es werden z.B. binäre Aussagen gemacht, die sich jeweils gegenseitig ausschließen, jedoch beide verneint werden. Vielleicht wird ja deutlich, dass es da nicht um eine Sichtweise geht, sondern um das Zurückweisen von Sichtweisen.


    Eine ganz andere Geschichte ist dann allerdings die Lichtmetaphorik in A.I.10 - wie bei den Udānas scheint es sich mir da um Bruchstücke zu handeln, die einer Aussortierung bei der Kanonisierung entgingen. Kanonisierung ist ja immer auch Festlegung orthodoxer (und damit notwendig auch heterodoxer) Sichtweisen; letztlich ist sie Zensur der Überlieferung. Wobei ich nun nicht - um auch da kein Missverständnis hervorzurufen - unterstellen möchte, im Palikanon fänden sich Reste einer Tathāgathagarbha-Lehre; das wäre völlig anachronistisch. Ich hatte da lediglich von möglichen "Anknüpfungspunkten" einer historisch späteren Entwicklung gesprochen - deren Stadien sich übrigens recht gut nachverfolgen lassen.


    Die von Dir zitierte "(offenbar falsche) Ansicht" wird übrigens in der Śāstra-Literatur zur Tathāgathagarbha - Lehre ausdrücklich zurückgewiesen. Und Buddhas Aussage würde ich - wenn ich schon einen direkten Kontext zu Brahmas Ansicht herstellen will - so lesen dass das, was Brahma da beschreibt, Verdeckung durch hinzukommende Befleckungen ist.

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