• Die aus dem Theravada bekannten Kasina-Scheiben stammen ursprünglich aus dem Yoga. Behauptet zumindest Lama Anagarika Govinda („Die Dynamik des Geistes“, Seite 236).


    Ferner äußerte er an gleicher Stelle, Buddha selbst hätte die Yoga-Kenntnis und Ausübung mehrfach bezeugt.

    >>> Habe ich selbst bis jetzt noch nicht gefunden. Kennt sie jemand?


    Govinda betont allerdings, daß der heutige Gebrauch der Kassina im Theravada lediglich auf die Praxis der Selbsthypnose herabgesunken sei. Somit widerspreche sie den buddhistischen Prinzipien der Geisteskultur, welche auf Erweckung, Geistesklarheit und Bewußtwerdung abzielen statt auf eine Rückkehr ins Unbewußte oder Unterbewußte.


    Der Lama äußerte daher, die Kassina-Scheiben müssen ursprünglich eine tiefere Bedeutung gehabt haben, als dem simplen Einschläfern der Sinne.


    Kennt sich jemand mit dem Thema etwas näher aus?

  • Ich nicht. Ich weiß nicht mal was das für Scheiben sind. Aber interessiert mich.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).





  • Ich nicht. Ich weiß nicht mal was das für Scheiben sind. Aber interessiert mich.

    Das sind Scheiben oder runde Behälter (je nachdem was drinnen ist- Wasser, Erde, buntes Papier, brennende Kohle etc.) von ca. 30 bis 40 cm Durchmesser aus verschiedenen Materialien. Z.B. Erd-Kassina: Eine gefertigte Scheibe aus Erde oder Lehm.


    Von den Kasinas gibt es insgesamt zehn verschiedene. Kurz gesagt: Es handelt sich hierbei um "Werkzeuge" der Meditation, um hohe Konzentration und den Zustand von Null-Sinntätigkeit (Null- Sehen, Null-Hören, Null-Spüren etc.) zu erreichen. Dies führt zum 1. Jhana.

  • Neben dem Buddhismus beschäftige ich mich auch mit dem traditionellen vedischen Yoga und Ayurveda und erkenne dort viele Gemeinsamkeiten zum Buddhismus inklusive auch mit den Meditationstechniken, weshalb es durchaus sein könnte, dass Buddha Sidharta Gautama diese Technik nicht erfunden hat, sondern von seinen vedischen Lehrern Alara Kalama oder Uddaka Rāmaputta übernommen hat. Im vedischen Yoga gibt es zB. die Traktak-Meditation, wo man die Konzentration auf eine Kerzenflamme oder ein Feuer ausrichtet. Dies ist vergleichbar mit der Übung des Feuer Kasina.


    In der buddhistischen Literatur findet man Hinweise zur Kasina Meditation zB. im Digha Nikaya, 33. Sangīti Sutta,

    https://palikanon.com/digha/d33_10.htm#kasina_10


    Genaue Anleitung zur Ausübung aber erst im Visuddhi Magga von Buddhaghosa (5. Jhd in Sri Lanka) und im früheren Vimutti Magga von Arahant Upatissa. Dieser Text soll aus dem 1. Jhd aus Indien stammen, liegt aber im Original nur in chinesischer Übersetzung aus dem 6. Jhd vor, weshalb er im Theravada keine große Bedeutung bekam, vermutlich aber eine der Quellen von Buddhaghosa war.

    https://palikanon.com/visuddhi/vis04.html

    https://palikanon.com/visuddhi/vis05.html


    The Visuddhimagga and Vimuttimagga in PDF / Free Download


    Auch der indische Gelehrte Asanga (4. Jhd) erwähnt die Technik in Samāhitabhūmi Kapitel seiner berühmten Yogācārabhūmi-Śāstra


    Die Nonne Uppalavanna, eine der Hauptschülerinnen des Buddha, soll mit Hilfe der Feuer Kasina Technik (Traktak Meditation) Arahantschaft erreicht haben.


    Einzellne Kasina tauchen auch im Dhammasangani, Dhammapada, usw. auf


    mehr Infos

    https://palikanon.com/wtb/kasina.html

    Kammaṭṭhāna - Wikipedia

    Kasina, Kasiṇa, Kaśina: 5 definitions

  • Danke verrückter-narr


    Aber Stellen, in denen Buddha speziell auf irgendwelche Yoga-Praxis hingewiesen hätte. So etwas existiert in der Pali-Literatur nicht, oder?

    Ich denke das hängt etwas von der Definition des Yogabegriffs ab. Der Buddhismus entspringt ja einem nordindischen Kontext. Siddhatto Gotamo verbrachte einige Jahre als wandernder Asket vor dem bodhi-erlebnis. In diese Zeit in der er noch garnicht die buddhistischen Einsichten gewonnen hatte praktizierte er schon Meditation (und erreichte auch einige Jhanas). Ich glaube soweit ist das durchaus im Pali Kanon enthalten.


    Man kann sich jetzt kulturgeschichtlich hinstellen und fragen, inwieweit der Buddhismus nicht einfach eine spezifische Yoga-Tradition ist. Ich denke das liegt eigentlich fast auf der Hand. Der Buddha meditierte schon vor dem erwachen. er lernte bei mehreren Lehreren Meditationstechniken und Praktiken der Übung. Er wählte für sich aus was funktionierte, ließ anderes links liegen (etwa das sich fast zu tode hungern), und gewann dann eigene Einsichten, innovierte, sodass er seine eigene Schule mit eigenem Dhamma gründete. in verschiedenen Suttas grenzt sich der Buddha dediziert von anderen Lehrern ab und verdeutlicht die Unterschiede der Lehre, das heißt aber auch im Umkehrschluss: Man war Teil eines gemeinsamen Diskursraumes.


    Letztlich ist es dann nur noch eine Frage wie eng oder wie weit man den Yoga-Begriff schnüren möchte. Und wenn man den Yoga-Begriff so weit fassen möchte dass er sowohl zeitgenössische als auch das Yoga der Antike einschließt, so kommt man nicht umhin den Begriff weit zu fassen, denn auch die hinduistischen Yogas haben sich gewandelt.


    Anagarika Govinda geht also denke ich von einer falschen Prämisse aus, oder er argumentiert etwas "salopp" um seinen eigentlichen Punkt (er sieht andere Anwendungen von Kasina) klar zu machen.


    Ich kenne Kasinas hauptsächlich aus dem Theravāda aus Diskussionen bzgl. der Historizität der Theravada-Meditationspraxis mit Referenz auf das Visudhimagga. Spaßeshalber habe ich mal gesucht nach Erwähnungen im Pali-Kanon und siehe da, es gibt Kasinas dort. Wenn ich aber die zwei Übersetzungen nebeneinander Lege der Passage, dann gibt es da gravierende Unterschiede.

    10. Die zehn Kasiṇas „Wiederum, Udāyin, habe ich meinen Schülern den Weg zur Entfaltung der zehn Kasiṇa-Grundlagen verkündet. Der eine nimmt das Erd-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Wasser-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Feuer-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Wind-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Blau-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Gelb-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Rot-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Weiß-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Raum-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Ein anderer nimmt das Bewußtsein-Kasiṇa wahr, über sich, unter sich und überall, ungeteilt und unbegrenzt. Und dadurch verweilen viele meiner Schüler, nachdem sie die Krönung und Vervollkommnung der höheren Geisteskraft erreicht haben.“


    MN 77 dt. Übersetzung Sabamitta:

    Dann habe ich da meinen Schülern eine Übung erklärt, die sie benutzen, um die zehn allumfassenden Dimensionen der Meditation zu entwickeln:

    Jemand nimmt die Meditation über allumfassende Erde wahr, nach oben, nach unten, dazwischen, ungeteilt und grenzenlos.

    Jemand nimmt die Meditation über allumfassendes Wasser wahr … die Meditation über allumfassendes Feuer … die Meditation über allumfassenden Wind … die Meditation über allumfassendes Blau … die Meditation über allumfassendes Gelb … die Meditation über allumfassendes Rot … die Meditation über allumfassendes Weiß … die Meditation über allumfassenden Raum … Jemand nimmt die Meditation über allumfassendes Bewusstsein wahr, nach oben, nach unten, dazwischen, ungeteilt und grenzenlos.

    Mettiko Bhikkhu (bürgerlich Kay Zumwinkel) folgt der Übersetzung von Bhikkhu Bodhi (evt. ist das sogar eine direkte Übersetzung aus dem englischen, weiß das hier jemand?), Sabamitta orientiert sich glaube ich an Bhikkhu Bodhi.

  • Wenn ich mich richtig erinnere, schreibt Kurt Schmidt in den Fussnoten zu seiner Übersetzung der Mittleren Sammlung, dass Buddha bei seinem ersten Lehrer die Versenkung bis zum dritten Jhana lernte, bei seinem zweiten Lehrer bis zum vierten Jhana.


    Beides verwarf er als Werkzeug, Dukkha nachhaltig zu überwinden. Seine Innovation ist dann die Technik, die im Sattipathana-Sutta beschrieben ist. Die nennen wir heute Vipassana.


    Die Meditation zur Erreichung der Jhanas scheint aber weiterhin von Bedeutung gewesen zu sein, weil Berichte darüber oft im Pali-Kanon vorkommen.


    Nach Kurz Schmidt ist die Unterscheidung in acht Versenkungsstufen, die uns im Pali-Kanon auch begegnet, eine spätere Schöpfung. Das gilt erst recht für andere Techniken, wie etwa Visualisierungen.


    Von Kasina-Scheiben habe ich nie zuvor gehört.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Ich habe tatsächlich noch nicht mal ein Bild einer Kasina-Scheibe gesehen, und die google bildersuche hilft da auch nicht so recht weiter..

  • Ich habe tatsächlich noch nicht mal ein Bild einer Kasina-Scheibe gesehen, und die google bildersuche hilft da auch nicht so recht weiter..

    Darstellung der Kasina Scheiben finden sich unter Kasina Meditation disc, zB

    3 Ways to Practice Kasina Meditation - wikiHow
    Out of the 40 meditation subjects the Buddha taught and encouraged, Kasina meditations take up 10 of them. These are known simply as earth, water, fire, wind,…
    www.wikihow.com

    Wie man Kasina Meditation praktiziert
    Von den 40 Meditationsfächern, die der Buddha lehrte und ermutigte, nehmen Kasina-Meditationen 10 ein. Diese sind einfach als Erde, Wasser, Feuer, Wind, Blau,…
    de.wukihow.com

    https://guide.buddhistgeeks.org/meditation/ways/concentration/guided/kasina-meditation


    Eine Anleitung in englischer Sprache

    PUBLICATIONS — Eesti Theravaada Sangha

  • Der Lama äußerte daher, die Kassina-Scheiben müssen ursprünglich eine tiefere Bedeutung gehabt haben, als dem simplen Einschläfern der Sinne.

    Gerade die Sache mit den vier Elementen ( Erde , Wasser , Feuer , Wind )

    und den vier Farben (Blau, Gelb, Rot , Weiß) wirken so, als würden sie eine ältere Systematisierung aufgreifen.


    Ich würde da nicht direkt im Yoga suchen, sondern z.B im Vastu - der indischen Geomatik. Diese gab es schon vor Buddha im Brahmanismus und war bei der Errichtung von Altären für die Rituale sehr wichtig. Allerdings gibt es hier 5 Elemente:


    Jeder Mensch besteht aus den fünf Elementen

    1. Erde = Knochen; durch unseren massiven Knochenbau tragen wir das Element Erde in uns.
    2. Feuer = 37 Grad Körpertemperatur; die Wärmeregulierung des Körpers ist nur mit der Kraft des Feuerelementes möglich.
    3. Himmel = unser Körper nimmt einen bestimmten Raum ein; unsere Begrenzung eines bestimmten Körperraumes entspricht dem Element Himmel.
    4. Wasser = der menschliche Körper besteht zu einem Großteil aus Wasser.
    5. Luft = unsere Atmung ist sehr wichtig für den menschlichen Organismus, da wir keine acht Minuten ohne Luft überleben können.

    Jedes Element kann sowohl positiv als auch negativ Wirken. Das Geheimnis des Vastus liegt darin, die positiven Eigenschaften eines jeden Elementes zu fördern, sowie die negativen Eigenschaften der Elemente zu unterbinden, um daraus die unterstützenden Energien für unser tägliches Leben zu erhalten.

  • Die Elemente spielen sowohl im Vastu, als auch in den verschiedenen klassischen Yoga-Richtungen Raja, Jnana, Hatha, Kundalini, Bhakti, Karma als auch im medizinsystem Ayurveda und auch in den anderen Philosophie-Systemen wie Samkhya, Vedanta, Tantra, usw, eine wichtige Rolle und beeinflussten sich gegenseitig. Manchmal gibt es aber auch unterschiede in der Bedeutung und Bewertung einzelner Elemente.

    Das Luft-Element wird manchmal auch mit dem Raum-oder Äther-Element gleichgesetzt oder mit dem Geist oder Bewusstsein. So auch im Visuddhimagga, wo sich dann Lichtkasina (āloka-kasina) und Raumbegrenzungskasina (paricchinnākāsa-kasina) finden lassen. In anderen Texten wie "Anguttara Nikaya X.25 Die zehn Kasina Übungen - 5. Kasiṇa Sutta" und "Anguttara Nikaya X.29 Allvergänglichkeit - 9. Paṭhama-kosala Sutta"

    aber stattdessen den Raum oder das Bewußtsein

    https://palikanon.com/angutt/a10_021_030.html#a_x25

    und in Anguttara Nikaya I. p.71f wird sogar zwischen Lichtkasina, Raumkasina und das Bewußtseinkasina unterschieden.



    weitere Infos

    Fünf Elemente – Yogawiki

    5 Elemente im Ayurveda: Die Lehre der Pancha Maha Bhutas | Ayurveda Online University
    Wer die 5 Elemente versteht, findet leichter Zugang zu den Prinzipien des Ayurveda. Hier erfährst du, was sie bedeuten und wie du das Wissen anwendest.
    www.ayurveda-online-university.com