Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ im Theravāda-Buddhismus?

  • Was mir noch zum Thema einfällt: Bhikkhu Kaṭukurunde Ñāṇananda kritisiert in seinen drei Bänden über Nibbāna dieses Drei-Leben-Modell. Sind denn alle – ich entschuldige mich – „Spinner“, nur weil sie es anders sehen? Ich verlinke das Werk mal:


    Zitat

    Es ist der ausdrückliche Wunsch des Ehrwürdigen Bhikkhu Kaṭukurunde Ñāṇananda, dass alle seine Dhamma-Bücher völlig kostenfrei für jene zugänglich gemacht werden, die sich nach der Lehre des Buddha sehnen. Nachdem über die Sati-Stiftung Spenden für den Buchdruck gesammelt wurden, können jetzt Dank der freundlichen Unterstützung des Verlags Beyerlein & Steinschulte, der für die Realisierung des Drucks sorgte, hier nun auch die gedruckten Exemplare kostenfrei bezogen werden.

    „Nibbāna – Der vollkommene Friede“ ist ein anspruchsvoller Text, der bei gründlicher Lektüre ungemein bereichernd und klärend ist. Bhikkhu Kaṭukurunde Ñāṇananda, der sowohl für sein philosophisches Verständnis, seine umfassenden Kenntnisse der Lehrreden und Kommentare als auch für seine tiefe Meditationspraxis bekannt war, führt das Thema Nibbāna aus, um Fragen und Zweifel der fortgeschrittenen praktizierenden Mönche zu klären. Seine Erklärungen bewegen sich nicht in einem trockenen, rein akademischen Rahmen, vielmehr wird ein praxisorientierter, nachvollziehbarer Blickwinkel eingenommen, der von zahlreichen und lebensnahen Beispielen und Gleichnissen unterstützt wird.

    Nibbāna gilt als schwieriges Thema, weil es sich der direkten Beschreibung durch Sprache entzieht. Die wörtliche Übersetzung aus dem Pali lautet: Verlöschen. Dieses „Verlöschen“ wird manchmal als fernes, unerreichbares Ideal aufgefasst, über das sich nicht viel sagen lässt. Der Ehrwürdige Kaṭukurunde Ñāṇananda schließt sich dieser Auffassung nicht an. Er belegt stattdessen anhand sehr vieler Textstellen aus den Lehrreden, dass der Buddha Nibbāna als ein in diesem Leben verwirklichbares Ziel ansah. Um diesem Ziel näher zu kommen, verbindet er Textstellen aus den Lehrreden mit den daraus ableitbaren Meditationsanleitungen. Ein wirklich inspirierender Text!

    Hedwig Kren und Susann Poppenberg


    Nibbāna – Der Vollkommene Friede

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Und das ist nicht alles:


    Zitat

    Die Argumente, die vorgebracht werden, um eine solche Interpretation

    zu unterstützen, sind zahlreich. Zum Beispiel sind die

    Unmittelbarkeit des Endes des Leidens und das kummerfreie

    Leben des Arahant Zustände, die im gegenwärtigen Leben eintreten

    können. Es ist nicht nötig zu sterben, um das Ende von Geburt,

    Altern und Tod und damit auch das Ende von Kummer,

    Wehklagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung zu verwirklichen.

    Diese Dinge können innerhalb eben dieser Lebensspanne überwunden

    werden. Der gesamte Zyklus der Bedingten Entstehung

    mit dem Entstehen von Leid und dessen Ende betrifft dieses gegenwärtige

    Leben. Wenn klar verstanden wird, wie der Zyklus in

    der Gegenwart funktioniert, so folgt daraus, dass auch die Vergangenheit

    und die Zukunft klar verstanden werden, weil sie alle

    Teil des einen Zyklus sind.


    Bedingte Entstehung - Das Buddhistische Gesetz der Bedingtheit

    von P. A . Payutto

    Englischer Orginaltitel:

    “Dependent Origination – The Buddhist Law of Conditionality”

    Buddhadhamma Foundation, Bangkok

    Übersetzung ins Deutsche: K. Jungbehrens

    Überarbeitung: Viriya

    © Buddhistische Gesellschaft München e.V., - 2015

    Alle Rechte vorbehalten

    NUR ZUR FREIEN VERTEILUNG

    Kontakt/Bestellungen: bgm@buddhismus-muenchen.de

    Druck: digital business and printing GmbH Berlin

  • Da die "Drei-Leben-Theorie" die Standarderklärung im Theravada ist, ist sie natürlich vollumfänglich zulässig und zuverlässig.


    Wer sich gegen die "Drei-Leben-Theorie" stellt, stellt sich gegen den Theravada.

    Da ich mich ganz zu der Kette des bedingten Entstehens des Leidens bekenne und sie als zuverlässig und leiderlösend angewendet habe, kann ich der Drei-Leben-Theorie nicht zustimmen. Das ist eine Erfindung, die den Theravada-Dogmatikern die Macht gibt, den Weg zur Leidfreiheit zu verunmöglichen. Im Theravada ist es unmöglich, die Befreiung zu erreichen, darum ist sie unzureichend.


    Die Drei-Leben-Theorie widerspricht der Lehre des Buddha, denn so ist es keine Kette mehr, sondern ein geschlossenes System, und das hat Buddha immer wieder abgelehnt.

    Vom ersten Glied zum zwölften und rückwärts vom zwölften zum ersten, niemals vom zwölften sofort weiter mit dem ersten anfangen, einen Ring schließen.


    Ich stelle mich gerne gegen Theravada-Dogmatiker, denn ich habe die Lehre des Buddha. Was ist da schon eine Schule, die sich einbildet, mit Buddha persönlich gesprochen zu haben?


    Zitat

    Da die "Drei-Leben-Theorie" die Standarderklärung im Theravada ist, ist sie natürlich vollumfänglich zulässig und zuverlässig.

    Genau so wie jede andere Standarderklärung, von der man sich jederzeit trennen können muss, wenn man Buddha folgt und nicht irgendwelchen seiner Schüler.


  • Was ist da schon eine Schule, die sich einbildet, mit Buddha persönlich gesprochen zu haben?

    Na ja, niemand war dabei -aus der heutigen Zeit-, als der Buddha sprach.


    Es kommt immer auf die Deutung an. Zur Zeit, als der historische Buddha lebte, gab es die Upanishaden, Yoga und auch den Materialismus. Er konnte noch nicht das Modell des kollektiven Unbewussten oder der Archetypen nach C. G. Jung verwenden. Damals war es selbstverständlich, dass das Leben nach dem Tod des Körpers weitergeht – heute dagegen sind berechtigte Zweifel angebracht. Der Buddha war ein Kind seiner Zeit und konnte seine unmittelbare innere Erfahrung nur in den Begriffen dieser Zeit erklären.


    Sollten wir es genauso machen? Diese Frage halte ich für berechtigt.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Wenn du über das individuelle Ich-Bewusstsein sprichst und gleichzeitig davon ausgehst, dass es aus sich selbst heraus wäre, dann ist das schon ein Widerspruch.

    Du missverstehst mich schon wieder.


    Ich behaupte eben gerade NICHT, dass das individuelle Ich-Bewusstsein aus sich selbst heraus wäre.


    :cry:

  • Was ist da schon eine Schule, die sich einbildet, mit Buddha persönlich gesprochen zu haben?

    Na ja, niemand war dabei -aus der heutigen Zeit-, als der Buddha sprach.


    Es kommt immer auf die Deutung an. Zur Zeit, als der historische Buddha lebte, gab es die Upanishaden, Yoga und auch den Materialismus. Er konnte noch nicht das Modell des kollektiven Unbewussten oder der Archetypen nach C. G. Jung verwenden. Damals war es selbstverständlich, dass das Leben nach dem Tod des Körpers weitergeht – heute dagegen sind berechtigte Zweifel angebracht. Der Buddha war ein Kind seiner Zeit und konnte seine unmittelbare innere Erfahrung nur in den Begriffen dieser Zeit erklären.


    Sollten wir es genauso machen? Diese Frage halte ich für berechtigt.

    Was ist da schon eine Schule, die sich einbildet, fest überzeugt ist, durch nur Lesen und Interpretieren der Sutras, mit Buddha persönlich gesprochen zu haben?

  • Ist gut, nicht zu weinen. OT. :hug:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • „Spinner“, nur weil sie es anders sehen?


    Wie kommst du nun wieder zu diesem Begriff? Es ist doch so, das nicht alles, was im Theravada ordinierte sagen, auch Theravada ist. Kannst du das anerkennen? Manche haben ihr "eigenes "Verständnis - was mich manchmal amüsiert, wenn Zugehörige einer Nichtselbst-Lehre ständig ihre "eigene" Meinung überhöhen - und dies kundtun. Eine Aussage wird aber nicht theravadisch durch den Sprecher, sondern durch den Inhalt.


    Dieser Diskussion "Was Theravada ist" scheinst du dich jedoch grundsätzlich zu entziehen, wenn du schreibst "wie man das Ganze definiert, ist mir egal" oder "Weil es alles Theravāda ist". Wenn alles Theravada ist und dir sowieso egal ist, wie man das Ganze definiert, wie willst du dann überhaupt an deine Frage ob der "Zuverlässigkeit" im Theravada herangehen - durch eigene Erfahrung?


    Basierend auf deinen Zitaten von Ñāṇananda und Payutto erweckst du bei mir auch den Eindruck, dass du die Drei-Leben-Theorie nicht wirklich studiert/verstanden hast:


    Der Ehrwürdige Kaṭukurunde Ñāṇananda schließt sich dieser Auffassung nicht an. Er belegt stattdessen anhand sehr vieler Textstellen aus den Lehrreden, dass der Buddha Nibbāna als ein in diesem Leben verwirklichbares Ziel ansah.

    Der gesamte Zyklus der Bedingten Entstehung mit dem Entstehen von Leid und dessen Ende betrifft dieses gegenwärtige Leben. Wenn klar verstanden wird, wie der Zyklus in der Gegenwart funktioniert, so folgt daraus, dass auch die Vergangenheit und die Zukunft klar verstanden werden, weil sie alle Teil des einen Zyklus sind.


    Nichts davon widerspricht dem Erklärungsansatz.


    Und dass sich Santikaro nicht mehr als Theravada-Anhänger betrachtet sagt mir eine ganze Menge und sollte dir vielleicht zu denken geben.

  • Dieser Diskussion "Was Theravada ist" scheinst du dich jedoch grundsätzlich zu entziehen, wenn du schreibst "wie man das Ganze definiert, ist mir egal" oder "Weil es alles Theravāda ist". Wenn alles Theravada ist und dir sowieso egal ist, wie man das Ganze definiert, wie willst du dann überhaupt an deine Frage ob der "Zuverlässigkeit" im Theravada herangehen - durch eigene Erfahrung?


    Basierend auf deinen Zitaten von Ñāṇananda und Payutto erweckst du bei mir auch den Eindruck, dass du die Drei-Leben-Theorie nicht wirklich studiert/verstanden hast:

    Mahasi .


    Ich brauche nicht viel zu studieren, denn die ganze Kette läuft ununterbrochen in meinem eigenen "Geist" ab.


    Wenn ich aufmerksam bin und gut aufpasse, ist es möglich, diese automatischen Reaktionen zu durchbrechen und bewusst zu handeln, also a-gieren – statt blind aus Trieben oder Unwissenheit heraus zu re-agieren.


    All das steht in dem von mir verlinkten Vortrag von Buddhadāsa Bhikkhu.


    Ich beziehe mich dabei auf diesen Theravāda-Lehrer – und es handelt sich hier ausschließlich um Theravāda. _()_


    P.S. Siehe hier:


    Zitat

    Buddhadāsa Bhikkhu
    Unter dem Bodhibaum
    Kategorie(n): Bedingte Zusammenentstehung veröffentlicht Juli 2024

    UNTER DEM BODHI BAUM ist eine leicht verständliche, klare und praktische Erklärung der natürlichen Gesetzmäßigkeit des Bedingten Zusammenentstehens (paṭiccasamuppāda).


    Buddhadāsa Bhikkhu gab diese Belehrung für die Teilnehmer eines Meditationskurses in Suan Mokkh, die keine oder nur geringe Vorkenntnisse der buddhistischen Lehren besaßen. In seinen Vorträgen legt er die Verständnisgrundlage für das zentrale Anliegen des Buddha: „Freunde, sowohl früher wie auch jetzt verkünde ich nur dukkha und das rückstandslose Erlöschen von dukkha.“


    Betrachtet wird dieses Kernanliegen durch das Prisma des tiefgründigen Verstehens der Konditionalität, dass alles, was immer auch entstehen, sich verändern und vergehen mag, das nur in Abhängigkeit von anderen, gleichermaßen essenzlosen Dingen tun kann.


    Wenn wir uns selbst und unsere Welt auf diese Weise betrachten, als Prozesse, die entsprechend der natürlichen Gesetzmäßigkeit ablaufen statt als Entitäten, dann sehen wir den Dhamma, dann sehen wir den Buddha.


    Das könnte ich meiner Enkelin leicht erklären – sie würde es bestimmt verstehen.



    Zitat

    Buddhadasa Bhikkhu (Thai: พุทธทาสภิกขุ, RTGS: Phutthathat Phikkhu, Aussprache: [pʰúttʰətʰâːt pʰíkkʰùʔ] Geburtsname: Ngueam Phanit (เงื่อม พานิช); * 27. Mai 1906 in Phumriang (พุมเรียง), Amphoe Chaiya, Südthailand; † 25. Mai 1993 in Chaiya) war einer der einflussreichsten buddhistischen Theravada-Mönche des 20. Jahrhunderts.


    Wikipedia.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    2 Mal editiert, zuletzt von Igor07 () aus folgendem Grund: editiert

  • Ich beziehe mich dabei auf diesen Theravāda-Lehrer – und es handelt sich hier ausschließlich um Theravāda.


    Aber wie begründest du das? Eigene Erfahrung und nicht der Inhalt, sondern der Sprecher macht die Aussage theravadisch?


    Mal anders gefragt: Ist die Aussage 'Die Drei-Leben-Theorie ist die Standarderklärung im Theravada' für dich wahr oder falsch?

  • Ich beziehe mich dabei auf diesen Theravāda-Lehrer – und es handelt sich hier ausschließlich um Theravāda.


    Aber wie begründest du das? Eigene Erfahrung und nicht der Inhalt, sondern der Sprecher macht die Aussage theravadisch?


    Mal anders gefragt: Ist die Aussage 'Die Drei-Leben-Theorie ist die Standarderklärung im Theravada' für dich wahr oder falsch?

    Für mich persönlich ist sie falsch und irreführend, denn ich kann sie nicht überprüfen, und dieser Ansatz hat für mich keinen praktischen Nutzen.


    Durch Kontakt entsteht das Gefühl; was man fühlt, so nimmt man wahr – immer im Jetzt. Das kann ich nutzen. Mehr kann ich nicht hinzufügen.


    Jāti bedeutet keine Wiedergeburt – das war eine Wortschöpfung von Nyanatiloka. Auch Mettiko Bhikkhu erklärt das Ganze sehr gut.


    Damit wollte ich wenigstens in dieser Diskussion nicht „wiedergeboren“ werden – entschuldige bitte meinen Bonmot.


    Alles Gute! :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Für mich persönlich ist sie falsch und irreführend, denn ich kann sie nicht überprüfen, und dieser Ansatz hat für mich keinen praktischen Nutzen.

    Um auf deine Eingangsfrage zurückzukommen:


    I. Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ im Theravāda-Buddhismus?

    Antwort: Für den Theravada sehr zuverlässig.


    II. Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ für Igor?

    Antwort: Nicht zuverlässig.


    Können wir dies so auseinander halten?

  • Mahasi .


    Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass wir hier unterschiedliche Sichtweisen haben.


    Für mich gehören Mettiko Bhikkhu, Buddhadasa Bhikkhu und auch Ñāṇavīra Thera zum Theravada, für dich vermutlich nicht.


    Da wir in dieser Frage wohl nicht übereinstimmen, wäre es vielleicht besser, die Diskussion hier zu beenden – solche Haarspaltereien bringen uns beide nicht weiter.



    Es ist nur das Forum, und ich bin nur ein praktizierender Laie, kein Mönch. Punkt.



    Schaue mal, es ist für dich persönlich:



    Zitat

    Den Buddhismus gibt es gar nicht! Man muss immer konkret sein, über welche Zeit und über welche geografische Region man sprechen will.


    Zitat

    Ich bin sehr skeptisch, ob man wirklich herausfinden kann, was der Buddha, wer auch immer er war, gesagt hat. Hat er überhaupt existiert? Wir wissen es nicht. Ich hörte einmal einen Mönch in Sri Lanka sagen: „This comes from the golden lips of our Lord Buddha“, „Dies kommt aus dem goldenen Mund unseres Herrn Buddha“. Da dachte ich mir: ‚Na ja, jetzt sage ich lieber nichts, weil ich seine religiösen Gefühle nicht verletzen will.‘ An den Buddha kommen wir nicht mehr heran und auch nicht an die früheste Gemeinde.



    Den Buddhismus gibt es gar nicht!



    Zitat

    Damit haben wir schon zu Zeiten des Buddhas den Ansatz zu unterschiedlichen Ideen im Buddhismus. Ich würde sagen, wahrscheinlich war in der Frühzeit des Buddhismus nicht eine einzige Interpretation der Lehre maßgeblich. Es gab unterschiedliche Interpretationen. Der eine Lehrer war der Auffassung, dass es Wiedergeburt gibt, diese aber nicht so wichtig sei. Für den anderen spielte Wiedergeburt keine Rolle, während ein weiterer vielleicht genau darin das Wichtigste sah.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    Einmal editiert, zuletzt von Igor07 () aus folgendem Grund: editiert

  • Ich brauche nicht viel zu studieren, denn die ganze Kette läuft ununterbrochen in meinem eigenen "Geist" ab.

    So ist es.


    Das war eine meiner ersten Erfahrungen auf dem Mediationskissen.

    Und da ich kein Deva war, war das Erleben der Kette meist äusserst frustrierend.

    Weshalb ich keine Lust hatte, das Ganze auch noch detailliert intellektuell zu analysieren.

    Da wäre ich in der Psychiatrie gelandet.

    Ich wollte erstmal nur einen Weg raus ...


    :zen:

  • Nur kurz mein Senf zum Thema: Das Paticcasamuppāda ist ein Kreislauf. Am Anfang steht die Unwissenheit und am Ende die Geburt. Man wird geboren in Unwissenheit, damit beginnt diese Kette wieder von vorne.

    Stimmt, aber immer im Hier und Jetzt – nicht im Leben danach. Ich weiß jedoch, dass es für viele nicht ins Modell passt. Tausendmal pro Tag entstehen und vergehen alle Glieder der Kette gemeinsam im JETZT!


    mukti


    Ich würde darüber nicht streiten und auch nichts zu beweisen versuchen.


    Ich gehe davon aus, dass du – wie viele andere – den gesamten Vortrag von Buddhadasa Bhikkhu gelesen hast; das war meine Bedingung.


    Wenn ich einen Stein vom Domino anstoße, fallen alle anderen zusammen.


    Dominoeffekt

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates


  • mukti


    Ich würde darüber nicht streiten und auch nichts zu beweisen versuchen.


    Ich gehe davon aus, dass du – wie viele andere – den gesamten Vortrag von Buddhadasa Bhikkhu gelesen hast; das war meine Bedingung.


    Wenn ich einen Stein vom Domino anstoße, fallen alle anderen zusammen.

    Habe ich nicht gelesen, aber es würde genügen, wenn du mir eine Stelle irgendwo in den Büchern oder Vorträgen von Buddhadasa Bikkhu zeigen könntest, wo er klar und deutlich sagt, dass die leibliche Geburt nicht durch Unwissenheit und Begehren bedingt und keine Auswirkung von Karma ist.


  • mukti


    Ich würde darüber nicht streiten und auch nichts zu beweisen versuchen.


    Ich gehe davon aus, dass du – wie viele andere – den gesamten Vortrag von Buddhadasa Bhikkhu gelesen hast; das war meine Bedingung.


    Wenn ich einen Stein vom Domino anstoße, fallen alle anderen zusammen.

    Habe ich nicht gelesen, aber es würde genügen, wenn du mir eine Stelle irgendwo in den Büchern oder Vorträgen von Buddhadasa Bikkhu zeigen könntest, wo er klar und deutlich sagt, dass die leibliche Geburt nicht durch Unwissenheit und Begehren bedingt und keine Auswirkung von Karma ist.

    Bitte schön, mein Lieber:


    Zitat

    Soweit es kamma betrifft, ist das Prinzip „tue Gutes, erhalte Gutes, tue Schlechtes und erhalte Schlechtes" ein Prinzip, das nicht nur vor der Zeit des Buddha existierte, sondern auch von praktisch jeder großen Religion akzeptiert wird. Es ist daher absurd zu behaupten, dass dieses Prinzip in dieser vereinfachten Form ein buddhistisches Prinzip sei. Zwar spricht der Buddhismus in der Tat von kamma, aber sein Zweck ist es, über diese Lehre hinauszugehen; zu zeigen, dass die Früchte von kamma maya - substanzlos - sind und weiter, dass es eine dritte Kategorie von Handlungen gibt, welche die Schubkraft der guten und schlechten Taten neutralisieren können, so dass man über oder jenseits von kamma leben kann. Diese dritte Art von Handlungen ist die Praxis, die zu Nibbāna führt. Dies also ist die wahre buddhistische Lehre von kamma, weil das Ziel des Buddhismus darin besteht, die Menschen aus der Knechtschaft von kamma zu befreien. Was die Lehre der Reinkarnation anbelangt, so gibt es sie in der buddhistischen Lehre nicht, oder genauer, es handelt sich dabei nicht um eine echte buddhis-tische Lehre, weil sie mit der vorupanishadischen kamma-Lehre verbunden ist. Zu dieser Zeit lehrte man, dass Lebewesen ständig sterben und wiedergeboren werden, dass es eine ewige Seele gibt, die fortwährend in Samsara, dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, kreist und dass sie dabei eine Vielzahl von Bestimmungsorten (unterschiedlich, je nach Lehrmeinung), entsprechend der guten und schlechten Taten des Individuums durchwandert. Es ist absurd zu behaupten, dass es sich dabei um eine buddhistische Lehre handelt. Das Erwachen des Buddha bestand in der Entdeckung, dass es in Wahrheit so etwas wie eine Person oder ein Selbst nicht gibt; dass es einfach nur Unwissen-heit und Anhaften sind, die im Geist aufsteigen und zu der falschen Annahme führen, dass da ein Selbst wäre. Diese Annahme erzeugt enorme Probleme und führt zu Leiden.


    Ich zitiere mal meinen lieben Bhikkhu Anālayo aus Der direkte Weg – Satipaṭṭhāna, und zwar ein sehr kleines Zitat:


    Zitat

    Nach Buddhadâsa (1992, S. 98) „geht der gesamte Ablauf des Entstehens

    in Abhängigkeit … blitzschnell in einem Augenblick vor sich … die … zwölf

    Bedingungen … können alle entstehen, ihre Funktion erfüllen und vergehen, [und

    zwar] so schnell, dass wir dessen überhaupt nicht gewahr werden“.


    Und weiter:


    Zitat

    ---/Folglich/

    kann das klare Erkennen des Entstehens in Abhängigkeit einfach dadurch

    stattfinden, dass der Ablauf der Bedingtheit im gegenwärtigen Augenblick

    innerhalb der eigenen subjektiven Erfahrung beobachtet wird.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Habe ich nicht gelesen, aber es würde genügen, wenn du mir eine Stelle irgendwo in den Büchern oder Vorträgen von Buddhadasa Bikkhu zeigen könntest, wo er klar und deutlich sagt, dass die leibliche Geburt nicht durch Unwissenheit und Begehren bedingt und keine Auswirkung von Karma ist.

    Bitte schön, mein Lieber:


    Zitat

    Soweit es kamma betrifft, ist das Prinzip „tue Gutes, erhalte Gutes, tue Schlechtes und erhalte Schlechtes" ein Prinzip, das nicht nur vor der Zeit des Buddha existierte, sondern auch von praktisch jeder großen Religion akzeptiert wird. Es ist daher absurd zu behaupten, dass dieses Prinzip in dieser vereinfachten Form ein buddhistisches Prinzip sei. Zwar spricht der Buddhismus in der Tat von kamma, aber sein Zweck ist es, über diese Lehre hinauszugehen; zu zeigen, dass die Früchte von kamma maya - substanzlos - sind und weiter, dass es eine dritte Kategorie von Handlungen gibt, welche die Schubkraft der guten und schlechten Taten neutralisieren können, so dass man über oder jenseits von kamma leben kann. Diese dritte Art von Handlungen ist die Praxis, die zu Nibbāna führt. Dies also ist die wahre buddhistische Lehre von kamma, weil das Ziel des Buddhismus darin besteht, die Menschen aus der Knechtschaft von kamma zu befreien. Was die Lehre der Reinkarnation anbelangt, so gibt es sie in der buddhistischen Lehre nicht, oder genauer, es handelt sich dabei nicht um eine echte buddhis-tische Lehre, weil sie mit der vorupanishadischen kamma-Lehre verbunden ist. Zu dieser Zeit lehrte man, dass Lebewesen ständig sterben und wiedergeboren werden, dass es eine ewige Seele gibt, die fortwährend in Samsara, dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, kreist und dass sie dabei eine Vielzahl von Bestimmungsorten (unterschiedlich, je nach Lehrmeinung), entsprechend der guten und schlechten Taten des Individuums durchwandert. Es ist absurd zu behaupten, dass es sich dabei um eine buddhistische Lehre handelt. Das Erwachen des Buddha bestand in der Entdeckung, dass es in Wahrheit so etwas wie eine Person oder ein Selbst nicht gibt; dass es einfach nur Unwissen-heit und Anhaften sind, die im Geist aufsteigen und zu der falschen Annahme führen, dass da ein Selbst wäre. Diese Annahme erzeugt enorme Probleme und führt zu Leiden.

    Also ich kann da nirgends die Aussage entdecken, dass die leibliche Geburt nicht durch Unwissenheit und Begehren bedingt und keine Auswirkung von Karma ist.

    Da steht nur, dass es die Karmalehre in praktisch jeder großen Religion gibt, auch im Buddhismus, aber der geht noch darüber hinaus, bis zu Nibanna. Weiters steht da, dass es im Buddhismus keine ewige Seele gibt die im Samsara kreist, sondern nur Unwissenheit und Anhaftung, die zur falschen Annahme führen, dass da ein Selbst wäre. Sicher, das weiß wohl jeder Buddhist.


  • Ñāṇavīra Thera wäre dann der erste Schritt.

    Und Mettiko Bhikkhu betrachtet ihn als den besten Lehrer, was den Dhamma betrifft.

    Dort gibt es übrigens keine Mystik, nur nebenbei bemerkt.

    Dem würde ich nicht zustimmen.


    Wenn man Ñāṇavīra´s Gedanken liest, war für ihn die Erkenntnis der unpersönlichen Konstituierung von Wesen zusammen mit der Gleichsetzung von Dukkha der Auslöser für seinen Stromeintritt. Auch wenn er selbst die Worte nicht nannte (und womöglich gar nicht kannte), würde ich sein Verständniss umschreiben mit einer Erkenntnis in die "unpersönliche Gesetzmäßigkeit der Autopoiese von Wesen".


    Sein Verständnis nach war der Weg zur Arahantschaft einer, der diese Konstituierung in Verbindung mit einer Selbsterfahrung als Wesen durch meditative Praxis in einem isolierten Leben als Patimokkha-Asket beendet. Also den Prozess der Autopoiese zu beenden und trotzdem weiterzuleben - und genau das würde ich schon als Mystik bezeichnen.

  • Sein Verständnis nach war der Weg zur Arahantschaft einer, der diese Konstituierung in Verbindung mit einer Selbsterfahrung als Wesen durch meditative Praxis in einem isolierten Leben als Patimokkha-Asket beendet. Also den Prozess der Autopoiese zu beenden und trotzdem weiterzuleben - und genau das würde ich schon als Mystik bezeichnen.

    Hier hast du bestimmt recht, Bosluk .


    Es kommt immer darauf an, wie ich den Begriff „Mystik“ definiere. Bei sehr tiefen Jhānas ist es möglich, all diese himmlischen Wesen zu sehen oder Zugang zu anderen Bereichen zu bekommen.

    Aber wie sollte ich das deuten? Entweder in den Begriffen, die vor 2500 Jahren galten, oder in den heutigen – etwa wie das sogenannte kollektive Unbewusste usw.

    Er(N.) verneint die Wiedergeburt nicht per se, das stimmt. Aber es kann auch sein, dass für die alltägliche Praxis in der modernen Zeit die ganze Hypothese überflüssig erscheint. Wenigstens Buddhadasa Bhikkhu verspottet das Ganze sogar.


    Am Rande bemerkt: Wir haben es immer mit Deutungen oder Interpretationen zu tun – so Michael Zimmermann. Man kann den Buddha durchaus als einen gesunden Pragmatiker betrachten.


    Und wer sollte Karma ernten, wenn es keine Person gibt? Das kann ich einem Kind erklären, ohne viele komplizierte Begriffe zu verwenden.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • - und genau das würde ich schon als Mystik bezeichnen.

    Bosluk


    Na gut, was soll’s… Ich zitiere einfach den Autor:


    Zitat

    du nicht an das Selbst denkst, transzendiere das Selbst.“ – Augustinus). Aber ein Paradox wird nicht gelöst, indem man es in ein noch größeres einwickelt; im Gegenteil, es geht darum, es auszupacken. Mahāyāna und Zen haben einen starken mystischen Beigeschmack, aber in den Pāli-Suttattaas finndet sich nichts davon. Zum Mystischen neigende Leser werden feststellen, dass diese Notizen nicht sehr nach ihrem Geschmack sind.


    Das ist mir einfach eingefallen.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Da ich „Notizen zu Dhamma“ zusammen mit „Die Lehre des Buddha und ihre wesentliche Bedeutung“ notgedrungen mit den gezeigten Stellen im Palikanon gelesen, eher studiert habe, konnte mir jeder Mystizismus im Buddhismus nichts anhaben. Nibbana erscheint vornehmlich durch die radikale Beseitigung von Glauben. Beide Bücher und die Stellen im Palikanon befassen sich ausgiebig mit der Kette des bedingten Entstehens des Leidens.

    Einmal editiert, zuletzt von Qualia ()


  • Inwieweit unterscheidet sich diese Interpretation jetzt genau von der im Abhidhamma?


    Genau dort bindet Analayo das Verständnis von Buddhadasa zurück an den Vibhanga: "kommt auch im Vibhanga vor, wo das Entstehen in Abhängigkeit auf einzelne Bewusstseinsmomente bezogen wird." (S. 126-127). Dort und im Sammohavinodanī von Buddhaghosa wird diese Erklärung explizit der Abhidhamma-Erklärung zugeschrieben und nicht der Sutta-Erklärung.