Ursache der Wahrnehmung

  • Hallo, hab mich eben hier registriert und im Profil vorgestellt, ich hätte bitte eine Frage:


    Der Buddha verneint die Existenz von etwas ursachlosem, etwa Seele, Gott usw., weil so etwas ja auf keine Weise wahrnehmbar ist. Wahrnehmbar sind nur Erscheinungen wie Körper, Gefühl, Wahrnehmung, Geistfunktionen, Bewusstsein (kkhandha).


    Dagegen wird von Anderen folgendes Argument vorgebracht: wenn die Erscheinungen wahrnehmbar sind, muß es einen Wahrnehmenden geben, der nicht zu den Erscheinungen gehört, das sei das wahre Selbst.


    Meine Frage ist nun, was nimmt tatsächlich die Erscheinungen wahr? die Wahrnehmung ist eine Erscheinung, sie kann sich ja nicht selber wahrnehmen?

  • Der Mensch als Indivivduum der Gattung homo sapiens sapiens verfügt über die artspezifische Fähigkeit über das, was es er so in und um sich wahrnimmt, auch unabhängig von der akuten Situation Begriffe zu bilden. So z.B. auch über seine Fähigkeit wahr zu nehmen. Die Wahnehmung ist also nur ein abstrakter Begriff, der als solcher ohne Wirklichkeit ist. Diese Fähigkeit der Begriffsbildung und die Fähigkeit diese Begriffe bzw. Vorstellungen nach wahr, falsch, gut, schlecht, richtig, heilsam oder unheilsam zu unterscheiden verführt mensch in seinem Denken allzugern dazu, diese Begriffe, Gedankenbilder, insbes. die, die er für wahr hält, mit der Wirklichkeit zu verwechseln.
    Tatsächlich wahr nimmt immer nur ein lebendes menschliches Einzelwesen, nie ein Abstaktum, das Wahrnehmung, Denken, Geist, Atman, Selbst, oder wie auch sonst immer genannt wird.
    (Meine Meinung, die mir weniger Begriffsverwirrung verursacht als dir deine.)

    Traue keiner Erleuchtung, als deiner eigenen.

  • danke für deine Antwort. Ich nehme mal an du meinst die Wahrnehmung der Wahrnehmung ist logisch nicht begründbar - das wäre sie nur mit einem unabhängigen Wahrnehmenden, und der ist eine Annahme (mit verschiedenen Begriffen und Bezeichnungen), die nicht auf Wahrnehmung beruht. Ja das ist möglich.


    Vielleicht ist es aber ein Phänomen der Reflexion, etwa das Bewusstsein ist sich der Wahrnehmung bewusst, und die nimmt das Bewusstsein wahr. Ich habe darüber im Buddhismus noch nichts gefunden, aber auch nicht alles gelesen und vieles nicht verstanden.


    Tja ich weiß nicht ob das jetzt zu kopflastig erscheint, aber ich meine es ist nicht falsch, verschiedene Systeme auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen, oder das jedenfalls zu versuchen.
    Durch den Buddhismus ist mir dabei einiges klar geworden - die Lehre (Religion) die am wenigsten Glauben fordert, so vieles ist nachvollziehbar. Darum möchte ich mich dem mehr zuwenden.


  • Hallo mukti,
    Die buddhistische Leere ist eine Heilslehre.
    Für die Verwirklichung des Heilsziels (Befreiuung vom Leiden) ist die Existenz oder NIchtexistenz eines Gottes nicht relevant.
    Gott wird gleichsam nicht benötigt - und das nicht, weil er nicht wahrnehmbar wäre. Auch ein nichtwahrnehmbarer Gott kann notwendig sein.


    Der Begriff der "Erscheinungen" spielt im Buddhismus keine Rolle. Dafür aber der der Wahrnehmung.
    Wahrnehmung ist immer Wahrnehmung von etwas und daher ist auch Bewusstsein immer Bewusstsein von etwas.
    Die anatta-Lehre (NIcht-Selbst) besagt, dass es keinen autonomen und dauerhaften Ich-Kern gibt, der quasi "Zeuge" des Wahrgenommenen sei. "Seele" ist ein anderes Wort für Ich-Kern. Im Hinduismus gab (und gibt) es so etwas und es war das Bindeglied, der "Faden", zwischen den Existenzen. Einen solchen Faden gibt es im Buddhismus nicht mehr.


    LG
    Lena

  • Hallo Lena,


    danke für die Antwort.


    Ja die Wahrnehmung selber ist aber ein "etwas". Was ist es das die Wahrnehmung als etwas wahrnimmt? Die Hinduisten sagen es sei ein ursachloses Sein. Was sagen die Buddhisten?

  • mukti:

    Was ist es das die Wahrnehmung als etwas wahrnimmt? Die Hinduisten sagen es sei ein ursachloses Sein. Was sagen die Buddhisten?


    Hi & willkommen mukti!


    Das Bewusstsein ist es, das Namen und Formen in und als die Sechs Sinne & Sinnesobjekte für-wahr-nimmt.


    Aber das Bewusstsein - entgegen der Ansicht von Ewigkeitsgläubigen - hat keinen ewigen Seelenkörper, hat einen Ursprung, ist nicht ursachelos, ist bedingt durch Ursachen entstanden.


    Aber es kann sich von unheilsamen Ursachen loslösen.


  • Danke thecap,


    ein interressanter Hinweis. Immerhin dürfte das also nicht zu den unbeantwortbaren Fragen gehören, die nur Theorien hervorbringen.


    Ja Bewusstsein existiert auch nur in Abhängigkeit von was anderem, das ist nachvollziehbar, es bedeutet ja geradezu: sich über etwas bewusst sein. Bewusstsein ohne Inhalt ist unmöglich, kann nur eine Glaubensvorstellung sein, ebenso gibt es keine Wahrnehmumg ohne Objekt, sonst wäre es ja gar keine Wahrnehmung.
    Vermutlich geht das alles auch umgekehrt, also ohne Subjekt kein Objekt.


    Da muß ich erst mal mehr über Wesen und Unterschied von Bewusstsein und Wahrnehmung lernen. Etwas wahrnehmen und sich über etwas bewusst sein, das ist nicht dasselbe.


    Das ist wohl eine recht komplexe und subtile Angelegenheit die man in einem Forum nicht ausdiskutieren kann, überhaupt bei meinem geringen Erkenntnisstand. Aber wie das alles zusammenhängt und voneinander abhängt, und warum und wie dann ein ich erscheint , und vor allem wie es wieder verschwindet, das zu ergründen wäre doch die eigentliche Lebensaufgabe.

  • Hi mukti


    Das ist nicht schwer.


    Ein 'Ich' wird geboren und gestorben aus wiederholten Neigungen und Ansichten auf der Sinnesebene.


    Die Sinnesebene geht aus dem Vorgang des Bewusstwerdens und Kontakt hervor.


    Der Vorgang des Bewusstwerdens und Kontakt geht wiederum aus Unterscheidungen - oder Inhalt, wie du richtig erkannt hast - hervor, die mit Unwissenheit und ohne das Wissen um Entstehen-und-Vergehen aller Erscheinungen (dhammas) karmisch angesammelt wird.


    Dieses Wissen zu ergründen ist die Lebensaufgabe der Unwissenden.


    Die ergründete Weisheit anzuwenden ist die Lebensaufgabe der Weisen.


  • mukti:

    Aber wie das alles zusammenhängt und voneinander abhängt, und warum und wie dann ein ich erscheint , und vor allem wie es wieder verschwindet, das zu ergründen wäre doch die eigentliche Lebensaufgabe.


    An diesem Thema beißt sich die Menschheit schon seit ewigen Zeiten die Zähne aus.


    Bedenkenswert in diesem Zusammenhang ist auch der bei Buddhisten häufig anzutreffende Satz: "Das Ich ist eine Illusion"
    Dieser Satz läßt sich logisch ganz schnell an die Wand fahren. Denn: Mag das Ich auch eine Illusion sein, wer ist es, der diese Illusion hat? Wenn das Ich eine Illusion ist, dann muss es eine "Meta-Instanz" geben, die dieser Illusion erliegt (oder sich von ihr befreien kann).


    LG
    Lena

  • thecap:

    Das ist nicht schwer.


    Für mich schon!


    thecap:

    Ein 'Ich' wird geboren und gestorben aus wiederholten Neigungen und Ansichten auf der Sinnesebene.


    Schon das erste Glied dieser Kausalitätskette verstehe ich nicht. "Wiederholte Neigungen" bedeutet es existieren Neigung die dann mindestens ein weiteres Mal aufgetreten sind. Also nicht ihr erstes Auftreten ist die Ursache des "Ich", sondern frühestens das Zweite, dasselbe gilt für die Ansichten?


    Wiederholt bedeutet dasselbe entsteht, verschwindet, und entsteht wieder. Was ist die Ursache des ersten Erscheinens von Neigungen und Ansichten?
    Daß sie ohne Anfang wiederholt entstehen und vergehen wäre eine Annahme, die durch nichts begründet werden kann, ein Glaube, eine Theorie.


    Was auch immer die Ursache der auftretenden Neigungen und Ansichten ist, z.b. Unwissenheit, die Sinnesebene, oder sonstwas, es muß auch eine Ursache haben, sonst wäre diese erste Ursache etwas das sich selbst zur Ursache hat, und das ist weder durch Wahrnehmung noch durch Logik begründbar, also immer ein Glaube, eine Theorie.


    Nun sagt der Buddha: die Frage nach der ersten Ursache ist falsch gestellt, weil eine erkennbare, nachvollziehbare Antwort nicht möglich ist - und das ist die höchstmögliche Wahrheit in dieser Sache.


    Ich habe mit diesem Thread die Frage gestellt: Was ist die Ursache der Wahrnehmung?
    Man kann alles letztlich auf die Wahrnehmung zurückführen, denn etwas das nicht wahrgenommen wird, existiert nicht - wenn etwas nicht wahrgenommen wird, wie kann man sagen daß es existiert? Durch Logik kann man vestehen daß z.b. Berlin existiert, auch wenn man nicht dort war. Aber wenn nie irgendjemand eine Wahrnehmung von Berlin gehabt hätte, wie wäre festzustellen daß es existiert?


    Zwei mögliche Antworten gibt es auf meine Frage:
    Die Wahrnehmung ist unergründlich, eine falsch gestellte Frage.
    Die Wahrnehmung hat etwas zur Ursache. Was? Sie hängt ab von Wahrgenommenen, das ist alles, was man erkennen kann. Alles ist gegenseitig bedingt, nichts existiert aus sich selbst heraus. Was ist es dann das uns die Wahrnehmung erkennen lässt? Da hast du gesagt, das Bewusstsein. Was ist die Ursache des Bewusstseins? Die Wahrnehmung, sie hängen voneinander ab.


    Wenn also das Bewusstsein die Ursache der Wahrnehmung ist, dann besteht ein Unterschied zwischen den beiden, und das habe ich zuerst nicht verstanden, ich dachte sich über etwas bewusst sein ist dasselbe wie etwas wahrnehmen.
    Das Wesen des Bewusstsein, seine Funktionen oder Bestandteile - inwieweit man sie mittels Wahrnehmung und Logik erkennen kann - das ist eine andere Frage, deren Beantwortung ein weiteres Licht darauf wirft, wie alles zusammenhängt, miteinander verwoben ist, voneinander abhängt.


    Das alles führt letztlich zu der Frage des "Ich", was ist es, seine Funktionen, seine Ursachen - was bin ich? Es gibt dazu psychologische, wissenschaftliche und philosophische Erklärungen, Bibliotheken, Schulen, Lehren, und wenn der Buddha von allen Träumen aufgewacht ist, müsste dort die höchste Erkenntnis zu finden sein. Und wenn man sich das alles so anschaut finden sich immer mehr Gründe daran zu glauben, daß es so ist.


    mukti:

    Dieses Wissen zu ergründen ist die Lebensaufgabe der Unwissenden.
    Die ergründete Weisheit anzuwenden ist die Lebensaufgabe der Weisen.


    Betrachtung ist Bestandteil der Praxis, so sehe ich das halt.


    Lena:

    Bedenkenswert in diesem Zusammenhang ist auch der bei Buddhisten häufig anzutreffende Satz: "Das Ich ist eine Illusion"
    Dieser Satz läßt sich logisch ganz schnell an die Wand fahren. Denn: Mag das Ich auch eine Illusion sein, wer ist es, der diese Illusion hat? Wenn das Ich eine Illusion ist, dann muss es eine "Meta-Instanz" geben, die dieser Illusion erliegt (oder sich von ihr befreien kann).


    Soviel ich weiß (das ist recht wenig) hat der Buddha nur gesagt daß das Ich bedingt entstanden ist.


    Sorry wenn ich jemanden durch lange Ausführungen gelangweilt habe.


    Gruß mukti

  • Lena:

    Eine Wahrnehmung setzt immer einen Wahrnehmenden voraus.


    Lena


    Das ist eine weitläufige Ansicht.

    Zeig mal mit dem Finger auf den Wahrnehmenden.


    Du wirst nur Elemente und unpersönliche Vorgänge finden.


    Wenn aber sogar ein Universum sich auflöst, zersetzt, implodiert, und nicht wert ist daran anzuhaften.


    Um wieviel alberner ist es, von einem kurzlebigen Körper-Geist anzunehmen, es wäre 'Ich', 'mein', Selbst?


    :)

  • Herzlich Willkommen !


    mukti:

    Hallo, hab mich eben hier registriert und im Profil vorgestellt, ich hätte bitte eine Frage: Der Buddha verneint die Existenz von etwas ursachlosem, etwa Seele, Gott usw., weil so etwas ja auf keine Weise wahrnehmbar ist. Wahrnehmbar sind nur Erscheinungen wie Körper, Gefühl, Wahrnehmung, Geistfunktionen, Bewusstsein (kkhandha). Dagegen wird von Anderen folgendes Argument vorgebracht: wenn die Erscheinungen wahrnehmbar sind, muß es einen Wahrnehmenden geben, der nicht zu den Erscheinungen gehört, das sei das wahre Selbst. Meine Frage ist nun, was nimmt tatsächlich die Erscheinungen wahr? die Wahrnehmung ist eine Erscheinung, sie kann sich ja nicht selber wahrnehmen?


    Hallo mukti,


    es gibt den begierde- und anhaftungsfreien 'Beobachter'. Wenn der Geist frei von Anhaftung ist, gibt es nur noch klares Erkennen.


    Der Buddha bezeichnete den anhaftungsfreien Beobachter als "Das Auge der Weisheit":



    Allein durch den Geist erkennbar
    10. "Freund, was kann mit geläutertem Geist-Bewußtsein, das von den fünf Sinnesfähigkeiten entbunden ist, erschlossen werden?"
    "Freund, mit geläutertem Geist-Bewußtsein, das von den fünf Sinnesfähigkeiten entbunden ist, kann das Gebiet der Raumunendlichkeit so erschlossen werden: 'Raum ist unendlich'; das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit kann so erschlossen werden: 'Bewußtsein ist unendlich'; das Nichtsheit-Gebiet kann so erschlossen werden: 'Da ist nichts'."


    11. "Freund, womit versteht man einen erschließbaren Zustand?"
    "Freund, man versteht einen erschließbaren Zustand mit dem Auge der Weisheit."

    • Kommentar: "Das bedeutet, das im klaren Geist kein Verlangen/Begehren vorhanden ist. Der reine Geist. So nimmt man diese Zustände wirklich war, wie sie sind. Über sie Nachdenken ist Mutmaßen: "Vielleicht bin ich in diesem Zustand, vielleicht nicht." Wenn man in dem Zustand ist und es wahrnimmt, in dem Moment, braucht es nicht benannt zu werden ...; man weiß es und sieht es mit dem reinen Geist."

    12. "Freund, was ist der Zweck der Weisheit?"
    "Der Zweck der Weisheit, Freund, ist unmittelbares Erkennen mit höherer Geisteskraft, ihr Zweck ist vollständiges
    Durchschauen, ihr Zweck ist das Überwinden."

    Das stammt aus dem Majjhima Nikāya 43



    Aber auch hier gilt: Probieren geht über studieren. Kein Gedanke oder Konzept wird Dir eine befriedigende Antwort auf diese Frage geben können. Nur durch eigenes Erfahren kannst Du die Antwort finden.


    Alles Gute,
    Mirco

  • Hallo mirco,


    Ich weiß nicht wer hier ordiniert ist und wie die Anrede ist.


    danke für die Zitate, Links und Erklärungen.


    mirco:

    "Der Zweck der Weisheit, Freund, ist unmittelbares Erkennen mit höherer Geisteskraft, ihr Zweck ist vollständiges
    Durchschauen, ihr Zweck ist das Überwinden."


    Diese Weisheit entsteht nur, wenn "im klaren Geist kein Verlangen/Begehren vorhanden ist".
    Das ist nachvollziehbar. Begehren, Verlangen, Anhaften steht dem Erkennen oder vollständigem Durchschauen im Wege.


    "Unmittelbares Erkennen" bedeutet: nicht durch Nachdenken und Überlegen oder Erwägen gewonnen, sondern mit dem reinen, geläuterten Geist sehen wie es ist, das ist verständlich.


    Die Erschlliessung von Raumunendlichkeit, Bewusstseinsunendlichkeit oder des Nichtsheit-Gebiets ist hohe Schule, davon kann ich nicht einmal träumen.


    mirco:

    Aber auch hier gilt: Probieren geht über studieren. Kein Gedanke oder Konzept wird Dir eine befriedigende Antwort auf diese Frage geben können.


    Also ich versuche es mit Betrachtung, nicht durch ein Konzept, ein Konzept beruht auf einer Annahme. Denken ist schon daran beteiligt. Aber hauptsächlich soll es Kontemplation sein - Konzentration auf geistige Inhalte. Logisches Denken und Formulieren hilft die Konzentration aufrechtzuerhalten und nicht abzuschweifen. Diskussionen sind bei dem Ganzen sehr hilfreich, austauschen, sowie studieren.


    Kann Kontemplation nicht zur Entwicklung der Weisheit und eigener Erfahrung führen? Es ist doch auch Teil der buddhistischen Praxis? Was mache ich deiner Meinung nach falsch?


    Ja es ist enorm viel zu verbessern in Lebensführung, Betrachtungszeiten, Sangha, usw. Ich bin oft viel zu nachlässig. Ich meditiere nicht nach bestimmten Anleitungen in einer Gruppe, das fällt mir sehr schwer.


    Schöner Gruß,
    mukti

  • mukti:

    die Wahrnehmung ist eine Erscheinung, sie kann sich ja nicht selber wahrnehmen?


    Aber genau so ist es bzw so kannst du dir das vorstellen. Eine Art "Spiegel" (Metapher), der zum einen die Erscheinungen anlässlich sekundärer Ursachen "hervorbringt" (metaphorisch "spiegelt") und dabei (d.h. simultan) seine eigene Reflexion "sieht".


    mukti:

    Meine Frage ist nun, was nimmt tatsächlich die Erscheinungen wahr?


    Diese Frage taucht erst dann auf, wenn sich "Denken" zwischen "Sehen" (der Reflexion) und die hervorgebrachte "Erscheinung" "schiebt", d.h. das Denken "kristallisiert" ein vermeintliches "Phänomen" aus dem "Raum", in dem sich simultan Reflexion und "Sehen" abspielt, aus. Das Denken teilt das gesamte "Universum" (d.h. den ("Wahrnehmungs"-)"Raum") in "Phänomen" und "Nicht-Phänomen" durch aktive "Objektivierung".


    LG

    Alle fühlenden Wesen wollen Glück und kein Leid.
    "Es gibt nichts 'Absolutes' im Buddhismus. Wenn es etwas 'Absolutes' geben würde, dann wäre es 'Mitgefühl'." (HHDL)
    oṃ vajrapāṇi hūṃ phaṭ

    2 Mal editiert, zuletzt von Dudjom ()

  • mukti:


    Was auch immer die Ursache der auftretenden Neigungen und Ansichten ist, z.b. Unwissenheit, die Sinnesebene, oder sonst was, es muß auch eine Ursache haben, sonst wäre ....


    Der Buddha lehrte nicht, das es eine erste Ursache gab. Aber er lehrte
    die Ursachen die es jetzt gibt und die zu Leiden führen und wie diese
    aufzuheben sind. Das ist die Lehre, welche all diese Fragen klärt indem
    sie die Übungen zeigt welche zur Erlöschung von Unwissen und Begehren
    führen.
    Er versuchte aber nicht den Menschen welche von Unwissen und Begehren
    bewegt sind eine Welt zu erklären ob so eine Welt endlich oder unendlich
    ist usw. Das wäre nun aber auch wirklich zuviel verlangt und würde auch
    gar nicht funktionieren können.
    Zu den großen Illusionen dieser Welt gehören nämlich auch Raum und Zeit
    in denen sich der Mensch die Welt vorstellt wie in einem Gefäß und daher
    die Frage nach einem Superanfang.
    Zwar ist der Mensch grundsätzlich dazu in der Lage alle diese Fragen zu
    verstehen, aber nicht in seinem dem Leiden ausgesetzten Zustand in dem
    er sich befindet: Das ist unmöglich - lehrte der Buddha. Ebenso wie ein
    Kranker der von einem tödlichen Giftpfeil getroffen wurde und sich im
    Delirium befindet nicht seine Fragen zu seiner Welt erklärt werden können.

  • thecap:
    Lena:

    Eine Wahrnehmung setzt immer einen Wahrnehmenden voraus.


    Lena


    Das ist eine weitläufige Ansicht.


    (Cap, Du meinst sicherlich: "weit verbreitet".)


    Es handelt sich hierbei nicht um eine Ansicht, sondern um eine sprachliche Konvention.
    Wahrnehmung findet immer im Kontext einer Subjekt-Objekt-Relation statt (Wahrnehmendes Subjekt trifft auf wahrgenommenes Objekt).


    Bsp. "Cap sieht einen Apfel." Cap (wahrnehmendes Subjekt) sieht (mittels seines Sinesorgans Auge) einen Apfel (Sehobjekt).
    Das ist das konventionelle Setting für Wahrnehmung. Eine sinnvolle sprachliche Verständigung ist nur dort möglich, wo dieses Setting akzeptiert wird. Andernfalls begeben wir uns auf ein sprachliches Terrain, wo lediglich verbale Nebelkerzen gezündet werden.


    Eine ganz andere Frage ist es nun, worum es sich bei diesem wahrnehmenden Subjekt handelt (und diese Frage wurde eingangs gestellt). Es ist also in diesem Zusammenhang völlig unerheblich, ob das "wahrnehmende Subjekt" eine Fiktion, ein Konstrukt, eine Illusion oder sonstwas ist. Seine "Existenz" kann nicht in Frage gestellt werden. Und sei es nur die Existenz einer Fiktion.


    Lena

  • accinca:


    Deine falsche Logik bzw. dein Unlogik, ist es zu behaupten eine
    Wahrnehmung setze ein Ich bzw. einen "Wahrnehmenden" voraus.


    Bitte erzähl mir nichts von Logik...
    Was du da beschreibst, ist eine Prämisse und noch keine Schlußfolgerung...


    Es wäre hilfreich, wenn du dir die Bedeutung des Begriffes "Wahrnehmung" nochmal klarmachen würdest.
    Damit wir wissen, über was wir reden. (Siehe Replik auf Cap)


    Lena
    (Achtung: diesen Beitrag wird nur ein wahrnehmungsfähigiges Subjekt - mittels seiner Sinnesorgane - rezipieren können)

  • Lena:

    Bitte erzähl mir nichts von Logik...
    Was du da beschreibst, ist eine Prämisse und noch keine Schlußfolgerung...


    Es ist beides es ist erstens eine Lehraussage des Buddha ergibt und zweitens
    ist es eine Logische Konsequenz die sich aus der Unbeständigkeit aller Erscheinungen
    logisch konsequent ergibt.


    Lena:


    Es wäre hilfreich, wenn du dir die Bedeutung des Begriffes "Wahrnehmung" nochmal
    klarmachen würdest. Damit wir wissen, über was wir reden. (Siehe Replik auf Cap)
    (Achtung: diesen Beitrag wird nur ein wahrnehmungsfähigiges Subjekt - mittels seiner
    Sinnesorgane - rezipieren können)


    Eine Wahrnehmungsfähigkeit setzt eben noch kein unveränderlich beharrendes Ich voraus
    welches mit sich selbst identisch wäre. Die Vorstellung und der Eindruck von einem Ich
    und einem Mein ist das Produkt der durch Triebe bedingten Betroffenheit. Letztendlich
    eine Anmaßung und Behauptung. In Wahrheit haben die Wesen keinen Einfluß auf die
    vergängliche Natur der Erscheinungen. Worauf keinen Einfluß besteht, daß gehört ihnen
    nicht. Was niemanden gehört kann man davon Ich-bin sagen?

    2 Mal editiert, zuletzt von accinca ()

  • accinca:


    Eine Wahrnehmungsfähigkeit setzt eben noch unveränderlich beharrendes Ich voraus
    welches mit sich selbst identisch wäre.


    Was zu beweisen wäre. Auch ohne unveränderliches beharrendes Ich kommt Wahrnehmung zustande. Das wirst du spätestens dann merken, wenn ich dir kräftig auf den Fuß trete (was mir mein hochentwickeltes Mitgefühl verbietet).


    Zitat

    Die Vostellung und der Eindruck von einem Ich
    und einem Mein ist das Produkt der durch Triebe bedingten Betroffenheit.


    Das ICH als Produkt der Betroffenheit...
    Sag mir, das ICH ist ein Konstrukt des Gehirns und ich kann dich verstehen.
    Aber Betroffenheitsprodukte lösen bei mir nur Betroffenheit aus.
    Lena

  • Also nochmal danke für all die hilfreichen Antworten, ich bin zu einer befriedigenden Lösung gekommen.


    Was ist die Ursache der Wahrnehmung? Die Identifikation damit, diese entsteht aus Begehren und Unwissenheit, die sich gegenseitig bedingen.


    Das Denken sagt: Ich das Denken existiere, weil es wahrgenommen wird von einer höheren Instanz, daher muß das Ich in dieser Instanz liegen - Ich bin die Wahrnehmung, die das Denken und auch alles andere wahrnimmt. Ich bin nicht der Körper und nicht der Geist mit allen seinen Funktionen, denn ich kann Körper und Geist wahrnehmen, also bin ich die Wahrnehmung.
    Das suchende Denken wird also aufgegeben und die Wahrnehmung als "Ich" angenommen. Sie ist ausschliesslich der wunschlose Beobachter, der einfach da ist und wahrnimmt, keine andere Eigenschaft hat als wahrnehmen.
    Nun weiß der Beobachter aber daß er existiert. Was ist die Instanz die das weiß? Das war mir unklar: Eine Instanz ohne Ursache ausserhalb ist zwangsläufig nur ein Glaube, vielleicht ist es das Bewusstein, das sich von der Wahrnehmung unterscheidet, über der Wahrnehmung steht und sich ihrer bewusst ist, vielleicht bedingen Bewusstsein und Wahrnehmung einander. Das ist aber auch ungenügend, ich konnte das nicht durchschauen, es endete entweder immer in einem Konzept oder war einfach zu komplex um es überschauen zu können, weil alles andere auch damit zusammenhängt. Es war höchstens ein kleiner Teil erkennbar, nie der letzte Grund der auf nichts mehr zurückgeführt werden kann.


    Dann ist mir klar geworden: Die Wurzel des Problems ist ein fälschlich angenommenes Ich, nämlich die Identifikation - Ich bin der Wahrnehmende. Die Identifikation kann auf jeder Ebene zustandekommen: ich bin der Körper, der Geist, die Wahrnehmung, das Bewusstsein. Ich bin immer an ein Phänomen gebunden, durch Identifikation. Nirvana ist das Ende jeglicher Identifikation.
    Woher kommt die Identifikation? Von Anhaftung, Begehren. Woher kommt das Begehren? Von Unwissenheit. Woher kommt die Unwissenheit? von Begehren. Begehren entsteht aufgrund von Unwissenheit, Unwissenheit entsteht aufgrund von Begehren. Weiter lässt sich das nicht zurückführen, ausser durch einen Glauben.


    Gruß mukti

  • mukti:

    Woher kommt die Identifikation? Von Anhaftung, Begehren.


    Hallo Mukti,
    erstmal Achtung: Anhaften und Begehren sind zwei verschiedene Vorgänge.


    • Begehren (tanhaa) : Das Verlangen nach Sein, nach Werden, nach Identifikation; der Ich-will- oder Ich-will-nicht-Geist. Aufgrund von Begehren entsteht
    • Anhaften (upaadaana) : Die Geschichte des Warum des Begehrens, des ausprägenden Bewusstseins von Ich und Mein, sämtlichen Gedanken, Ideen, Konzepten und Vorstellungen.



    mukti:

    Woher kommt das Begehren? Von Unwissenheit. Woher kommt die Unwissenheit? von Begehren. Begehren entsteht aufgrund von Unwissenheit, Unwissenheit entsteht aufgrund von Begehren. Weiter lässt sich das nicht zurückführen, ausser durch einen Glauben.


    das ist nicht falsch, aber da liegt noch was dazwischen ;).


    • Durch die restlose Auflösung und Vernichtung der Unwissenheit lösen sich die Formationen auf,
    • durch Auflösung der Formationen löst sich das Bewußtsein auf,
    • durch Auflösung des Bewußtseins lösen sich Körperlichkeit und Geistigkeit auf,
    • durch Auflösung von Körperlichkeit und Geistigkeit löst sich der sechsfache Sinnesbereich auf,
    • durch Auflösung des sechsfache Sinnesbereichs löst sich Kontakt auf,
    • durch Auflösung des Kontakts löst sich Empfindung auf,
    • durch Auflösung der Empfindung löst sich Begehren auf,
    • durch Auflösung des Begehrens löst sich Identifikation auf,
    • durch Auflösung der Identifikation lösen die gewohnheitsmässigen Tendenzen auf,
    • durch Auflösung der gewohnheitsmässigen Tendenzen löst sich Geburt auf,
    • durch Auflösung der Geburt lösen sich Alter, Tod, Kummer, Jammer, Schmerz, Leid und Verzweiflung auf.


    In dieser Weise vergeht die ganze Masse von Leid. > Mahāvagga I. 02



    Alles Gute,
    Mirco

  • Thomas Metzinger:
    "Das Ich ist eine Illusion, die niemandes Illusion ist"
    Man beachte den Relativ-Satz!


    LG
    Lena

  • Ganz genau thecap, ein Personalpronom um sich zu verständigen.


    Liebe Grüße :)
    Kusala