Warum töten wir?

  • Onda:

    Das kann man so pauschal nicht stehen lassen. Entscheidend für die karmische Relevanz einer Tat ist einzig und allein die Motivation.
    Und da gibt es im Falle des Tötens einige (auch karmisch unproblematische).


    Das halte ich für ein klassisches Beispiel von Verblendung. Aber wenn Du sagst, jedes Lebewesen muss andere Lebewesen töten, um selbst leben zu können, dann würde ich Dir insofern recht geben, da selbst Vegetarier mit jedem Gemüsegericht auch soundsoviel Millionen oder Milliarden Mikrorganismen vertilgen (müssen) und zwangsläufig töten (müssen), obwohl sie das vielleicht gar nicht wollen.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • huhu,


    also solche Gedankenspiele finde ich immer cool. Ich konstruier mal welche und überlege wie ich reagieren würde.


    Fall.1:
    Aus irgendeinem Grund habe ich eine Waffe (lag auf der Straße) und ein Mensch der mich umbringen will geht mit einem Messer auf mich zu.


    Reaktion1:
    Ich denke mir, dass es sinnvoller wäre zu überleben als mich vom Mörder umbringen zu lassen. Ich denke mir dies, da es einerseits blöd wäre zu sterben, da Angehörige leiden müssen und das viele Gute was ich noch tun kann, damit vermieden wird und andererseits läd der Mörder haufenweise schlechtes Karma auf sich wenn ich ihn gewähren lasse. Ich schieße mit der Waffe also zunächst in die Beine des Mörders, weil ich mir denke, dass dies ihn vermutlich stoppen wird und zerschossene Beine ja im Grunde nicht so schlimm sind.


    Fal1.2.:
    Aus irgendeinem Grund lässt sich der Mörder durch Beinschüsse nicht stoppen (vermutlich trägt er kugelsichere Hosen).


    Reaktion1.2:
    Nun wird es für mich schwierig. Eigentlich gibt es nur noch 2 Optionen: Ich lasse mich töten und nehme dadurch in Kauf das erstens ein wertvoller Mensch stirbt und zweitens der Angreifer jede Menge schlechtes Karma macht, oder ich schieße dem Angreifer in den Kopf und vermeide zumindest Letzteres. Da der Mörder eh ein fieser Typ ist, werden damit vermutlich auch seine zukünftigen Opfer verschont und da ich ihm den Kopfschuss mit weniger negativen Emotionen verpasse als dies beim Tötungsakt des Angreifers der Fall sein wird (niedere Beweggründe), wird wohl unterm Strich auch das schlechte Karma was ich dann ansammel, weniger schlecht sein als seines. Das Gesamtbudget schlechten Karmas, welches sich auf uns beide aufteilt wird somit vermutlich kleiner sein. Ich entschließe mich also für den Kopfschuss weil dies die logischste Entscheidung zu sein scheint, bei welcher unterm Strich am wenigsten Leid herauskommt. Ich ziele genau, damit der Angreifer nicht unter Schmerzen sterben muss.


    Fazit: Notwehr ist für mich eine sinnvolle Option und ich wäre bereit jemanden zu killen wenns sein muss. Das täte ich nicht aus Groll oder so. Mir täte der Angreifer leid und es ist auch schade das ich sowas tun muss, aber im Grunde liegt es ja auch in der Verantwortung des Angreifers. Er weiß, dass er mit Notwehr rechnen muss, daher geht er das Risiko zu sterben wissend ein und es liegt in seiner Verantwortung wenn er dann stirbt.


    ------------------------------------------------------------------------


    Fall.2:
    Ich sitze in einer Passagiermaschine und das Flugzeug stürzt ab. Es sitzen 10 Leute in der Maschine, aber es gibt nur 5 Fallschirme. Ich bin der Kapitän und habe die Befehlsgewalt welcher Mensch einen Fallschirm erhält. Indirekt töte ich durch mein Urteil Menschen (eben die Menschen die keinen Fallschirm bekommen)


    Reaktion.2:
    Ich gerate unter Stress, weil ich partout nicht weiß welchen Menschen ich "töten" (den Fallschirm verwehren) und welchen ich am leben lassen soll. Für eine Umfrage unter den Passagieren bleibt keine Zeit, also muss ich schnell entscheiden. Ich entscheide mich für eine Auswahl nach Alter. Die jüngsten Passagiere lasse ich leben und die älteren müssen abstürzen. Ich mache das so, weil ich mir denke, dass es unter dem Strich sinnvoller ist rein rechnerisch die Lösung mit der größten, statistisch verbleibenden Lebenszeit zu wählen.


    Fall2.1:
    Dummerweise rastet nun ein älterer Passagier aus und droht damit alle Fallschirme über Bord zu werfen, wenn er selber keinen Schirm bekommt.


    Reaktion2.1:
    Ich will das Risiko nicht eingehen, dass er das macht und gebe ihm einen Schirm. Dafür muss dann ein jüngerer Mensch leider abstürzen.
    Mich selber bewerte ich auch nach Alter, da auch meine Lebenszeit wertvoll ist. Gottseidank handelt es sich um einen Ausflug des Vereins "Senioren-aktiv-im-Alter" :badgrin:;)
    --------------------------------------------------------------------------

    4 Mal editiert, zuletzt von Erdmaus ()

  • Onda:

    (Kleiner Tipp: Auch als Kriegsdienstverweigerer durfte man in all diesen Fällen durchaus schießen und hat seine Anerkennung damit nicht riskiert.)


    Ja klar, das sind weltliche Rechtsnormen und sie billigen unter bestimmten Umständen das Töten sogar von Menschen. Aber es ist Deiner ganz persönlichen Entscheidung überlassen, ob Du an Deiner Familie oder einer Freundin festhältst und im Ernstfall ihr Leben gegen das Leben anderer verteidigst, oder ob Du sie verlässt und ein Leben führst, wo Du sie oder andere im Ernstfall nicht verteidigen kannst.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Onda:

    ...
    Das kann man so pauschal nicht stehen lassen.
    Entscheidend für die karmische Relevanz einer Tat ist einzig und allein die Motivation. Und da gibt es im Falle des Tötens einige (auch karmisch unproblematische). Keiner kann allen Ernstes von einem Buddhisten verlangen, dass er keine Notwehr leistet sich widerstandslos abschlachten lässt.
    Wer erwartet das denn?

    [/quote]


    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=5158#p94462[/quote]


    Was willst Du mir jetzt damit sagen?

  • pali:

    ... Und aus diesen Zeilen entnehme ich, das Sterbehilfe für dich Tabu ist und die die "meisten Buddhisten" ebenfalls ...


    Meine Frage an dich: Wieso ?


    Hi pali,
    ich verstehe nicht, wieso Du aus meinen Zeilen entnimmst, dass Sterbehilfe für mich tabu ist. Damit beschäftige ich mich schon seit 20 Jahren. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass ich da schon zu einer endgültigen Klärung gekommen bin.
    Es geht jedoch in diesem Thread um die Frage "warum töten wir?" Und es geht um die Sichtweise der Lehre und nicht darum, was ich persönlich für angemessen halte. Was immer ich für angemessen halte, werde ich auch tun oder lassen. Aber das habe ich ja schon geschrieben. Und das ist Theorie.
    Ich bin allerdings auf jeden Fall dafür, keine lebensverlängernden Maßnahmen zu ergreifen. Ich bin für einen natürlichen Tod, der gegeben wäre, hätten wir die heutigen Möglichkeiten wie künstliche Lunge etc. nicht. Ich werde aber niemandem eine letzte Pille verabreichen. Und das verstehe ich unter "töten".


    Aber jetzt die Frage an Dich. Was verstehst Du unter Sterbehilfe?


    _()_ Monika

  • Ich habe noch einen Fall :D


    Fall3:
    Ich finde mich in einer Abschussbasis für Atomraketen wieder (eigentlich wollte ich zum Supermarkt, habe mich aber verlaufen). Durch Zufall bekomme ich mit, dass ein gelangweilter, verrückt gewordener Techniker nun die Raketen abschießen will um einen 3 Weltkrieg auszulösen, der sämtliche Menschen töten wird. Da der Techniker sich an einem Ort befindet, den ich nicht erreichen kann, kann ich den Techniker nicht "schonend" stoppen. Selbst psychologisch kann ich nicht auf den Mann einwirken, da keine Kommunikation durch die dicke Eisentür möglich ist, hinter der sich der Techniker verschanzt hat. Ich suche nach einer Lösung den Techniker zu stoppen.In einem Schrank finde ich Sprengstoff, der aber den Techniker töten würde.


    Reaktion3:
    "Hätte ein Buddha die gesamte Menschheit sterben lassen?", geht mir noch durch den Kopf, aber ich verwerfe diesen Gedanken als unsinnig und zünde den Sprengsatz um den Raum in dem sich der Techniker aufhält zu zerstören. Dennoch bleibt ein flaues Gefühl zurück. Wie hätte ein Erleuchteter reagiert?

  • Verehrte, meine Aussage an dich war eine Frage, WARUM du folgenden Satz geschrieben hast.


    monikamarie:

    Tötung auf "Verlangen" (Sterbehilfe) ist sogar für die meisten Nicht-Buddhisten tabu


    ... wenn du mal die Wörter "sogar..... für die meisten Nicht-Buddhisten" verwendest, dann ergibt sich {mir}, das Sterbehilfe für alle Buddhisten ein Tabu wäre. Aber vielleicht sehe ich das auch etwas zu eng und interpretiere deine Aussage einfach nur unverhälltnismässig ...


    monikamarie:

    Aber jetzt die Frage an Dich. Was verstehst Du unter Sterbehilfe?


    Ganz einfach, wenn jemand unnötig grosse Schmerzen leidet, keine Hoffnung auf Heilung besteht und diese Person sterben möchte, dieser bei ihrem Wunsch zu sterben zu unterstützen.


    monikamarie:

    Es geht jedoch in diesem Thread um die Frage "warum töten wir?" Und es geht um die Sichtweise der Lehre und nicht darum, was ich persönlich für angemessen halte.


    Man kann eben das eine nicht immer so klar vom anderen Trennen und die "Sichtweise" der Lehre , diese Lehre ist eben nur ein Fingerzeig, ein Hinweisen. Und in diesem "Hinweisen" fragt sich in mir halt oft, wie ich , oder wie du, oder wie andere sich konkonkreten Fall Verhalten (würden). Die Sichtweise der Lehre ist ja auch nicht immer etwas Objektives, sondern bedingt durch Zeit und Raum, durch äussere Umstände entstanden.

  • monikamarie:
    Onda:

    ...
    Das kann man so pauschal nicht stehen lassen.
    Entscheidend für die karmische Relevanz einer Tat ist einzig und allein die Motivation. Und da gibt es im Falle des Tötens einige (auch karmisch unproblematische). Keiner kann allen Ernstes von einem Buddhisten verlangen, dass er keine Notwehr leistet sich widerstandslos abschlachten lässt.
    Wer erwartet das denn?


    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=5158#p94462[/quote]


    Was willst Du mir jetzt damit sagen?[/quote]


    Wie stehst du zur Selbstverteidigung (incl. Tötung)?
    Was sagt die Lehre in deinen Augen dazu?
    Onda

  • @ Onda,


    ich würde in jedem Fall nicht ideologisch agieren, sondern immer versuchen das eigene Gewissen und die Vernunft zu befragen. Es wäre in meinen Augen fragwürdig eine so wichtige Entscheidung mit der Begründung zu fällen, dass irgendwo dieses und jenes geschrieben steht. Die eigene Verantwortung und die Notwendigkeit des Denkens kann einem niemand abnehmen. Schlussendlich muss man selber entscheiden was zu tun ist (inklusive der Entscheidung sich nach dem Palikanon zu richten). Jedoch sollte man vermeiden etwas nur deshalb zu tun, weil es so irgendwo steht.

    Einmal editiert, zuletzt von Erdmaus ()

  • Zur Frage: "Warum töten wir?"


    Aus Angst und aus Faulheit.


    Angst etwas zu verlieren. Aber was?
    Zu faul um achtsam zu sein. Aber auf was?

  • pali:


    Ganz einfach, wenn jemand unnötig grosse Schmerzen leidet, keine Hoffnung auf Heilung besteht und diese Person sterben möchte, dieser bei ihrem Wunsch zu sterben zu unterstützen.


    Genau - weg mit den Silas, es gibt auch andere Pfade. Man könnte z. B. aus dem Töten eine Achtsamkeitsübung machen: Sich mit dem Töten als Handlung nicht identifizieren, sondern der Beobachter des eigenen Tötens sein. Es gibt bestimmt tolle geistige Bilder... nachher. :?:;)

  • 2dA:
    pali:


    Ganz einfach, wenn jemand unnötig grosse Schmerzen leidet, keine Hoffnung auf Heilung besteht und diese Person sterben möchte, dieser bei ihrem Wunsch zu sterben zu unterstützen.


    Genau - weg mit den Silas, es gibt auch andere Pfade. Man könnte z. B. aus dem Töten eine Achtsamkeitsübung machen: Sich mit dem Töten als Handlung nicht identifizieren, sondern der Beobachter des eigenen Tötens sein. Es gibt bestimmt tolle geistige Bilder... nachher. :?:;)


    Polemik entspricht keiner Argumentation.

  • 2dA:
    pali:


    Ganz einfach, wenn jemand unnötig grosse Schmerzen leidet, keine Hoffnung auf Heilung besteht und diese Person sterben möchte, dieser bei ihrem Wunsch zu sterben zu unterstützen.


    Genau - weg mit den Silas, es gibt auch andere Pfade. Man könnte z. B. aus dem Töten eine Achtsamkeitsübung machen: Sich mit dem Töten als Handlung nicht identifizieren, sondern der Beobachter des eigenen Tötens sein. Es gibt bestimmt tolle geistige Bilder... nachher. :?:;)


    Schon mal gemacht? Kann ja nicht, die Silas! Hatte ich doch fast vergessen. Geistige Bilder? Nach dem beobachten des eigenen Tötens? Wie sollen die entstehen?

  • 2dA:

    Genau - weg mit den Silas, es gibt auch andere Pfade. Man könnte z. B. aus dem Töten eine Achtsamkeitsübung machen: Sich mit dem Töten als Handlung nicht identifizieren, sondern der Beobachter des eigenen Tötens sein. Es gibt bestimmt tolle geistige Bilder... nachher. :?:;)


    Hast du Inhaltlich auch etwas zu sagen oder machst du einfach ein bischen auf Polemik ?


    _( )_

  • Erdmaus:

    Polemik entspricht keiner Argumentation.


    Nöö, kennst du den..?


    "Wie geht's, sagte ein Blinder zu einem Lahmen. Wie Sie sehen, antwortete der Lahme."


    (Georg Christoph Lichtenberg)


    8)

  • Helmut9:

    Geistige Bilder? Nach dem beobachten des eigenen Tötens? Wie sollen die entstehen?


    Sorry du. Ich nehme keine Schüler an.


    :lol:

  • Grüßt Euch ganz recht herzlich,


    Zitat

    pali: Man kann eben das eine nicht immer so klar vom anderen Trennen und die "Sichtweise" der Lehre , diese Lehre ist eben nur ein Fingerzeig, ein Hinweisen. Und in diesem "Hinweisen" fragt sich in mir halt oft, wie ich , oder wie du, oder wie andere sich konkonkreten Fall Verhalten (würden). Die Sichtweise der Lehre ist ja auch nicht immer etwas Objektives, sondern bedingt durch Zeit und Raum, durch äussere Umstände entstanden.


    Doch in dem Fall geht das, sogar ziemlich eindeutig wie ich gleich aufzeigen werde.
    Zudem schließe ich mich hier Deinem vermeinten nahtlos an.


    Zitat

    pali: Ganz einfach, wenn jemand unnötig grosse Schmerzen leidet, keine Hoffnung auf Heilung besteht und diese Person sterben möchte, dieser bei ihrem Wunsch zu sterben zu unterstützen.


    Unter solchem Aspekt, dessen was aufzuzeigen war/ist.



    *IMHO: festen Entschlusses in etwa müsste es nach dem pali txt. übersetzt werden dieses musische schön Geist Getue kann auch eine Menge an gutem prosaischem txt. einsauen bzw. versauen [siehe den Kokolores von wegen Seele] *


    Mit ganz freundlichen und herzlichen Grüßen
    Dorje Sema



  • Einmal editiert, zuletzt von 2dA ()

  • Das mit dem "nicht töten" da hab ich auch schon einiges darüber nachgedacht. Also bei Silas da bekommt man es ja ( mehr oder weniger ) mit wenn man dagegen verstößt, bzw hat in der Situation eine Wahl es zu tun oder zu lassen. Also ich kann wählen ob ich jemanden anlüge, jemanden die Wahrheit verschweige oder die volle "Wahrheit" sage. Und was davon ich dann gemacht habe kann ich mehr oder weniger abschätzen. Aber bei dem " nicht töten " ist das alles für mich nicht so klar. Es ist ja ganz allgemein formuliert, ohne Einschränkungen. Dabei ist es nur eine Frage der Definition und des Blickwinkels wie weit das mit dem "nicht töten" geht. Ok Menschen nicht töten klar, wird jeder zustimmen, Säugetiere nicht töten, nun da fängt es dann schon an, in Indien wird wohl keiner Kühe töten wollen, weil die heilig sind... und hier will man keine Hunde töten, in Spanien hingegen ist es normal die wilden Hunde einzufangen und zu töten. Ok sagen wir auch als Buddhist, keine Säugetiere töten. Wie ist es dann mit Insekten auch die nicht töten? Das wird dann schon schwehr sehr schwehr wenn man in seinem Alltag keine Insekten töten will. Aber es gibt ja noch kleinere Tiere, wie ist das mit kleinen Würmern, Milben etc, kaum hat man sich über das Gesicht gekratzt hat man schon viele davon zerquetscht. Darf man sich entlausen, wenn man verlauste Haare hat? Die Läuse werden dabei wohl sterben? Man kann auch noch kleiner gehen. Bakterien leben auch, und die darf man umbringen? Liegt es also an der größe des Lebewesens? Und überhaupt leben Pflanzen nicht auch? Und die tötet man beim verzehr oder bei der Ernte ja auch? In japan zB kennt man das Konzept des Kami, nicht nur Tiere, Pflanzen und Menschen haben oder sind kami, sondern sogar Plätze,Gebäude, Berge, und Flüße. Wenn ich die zerstöre dann töte ich quasi den Kami, also ich töte... Wer sagt mir dass die japanische Sichtweise falsch ist? Bestimmt also der kultrelle Hintergrund was ich als Töten anseh? Bei welcher größe des Lebewesens muss ich mit dem "nicht töten " anfangen? Wer legt diese Größe fest? Warum soll ich jetzt Pflanzen absprechen dass sie Lebwesen sind? Also die Merkmale der Biologie für Leben sind bei Pflanzen genau so vorhanden wie bei Tieren... Also wenn ich zB Gartenarbeit mache, oder Felder bestelle, dann kann ich es nicht verhindern dabei Insekten und Würmer zu töten. Es sei denn ich lasse wie vom Dalei Lama im Film " 7 Jahre Tibet" beim Bau des Gebäudes die Fundamentarbeiten von Hand machen damit ich jeden Wurm aus der Erde herauslesen kann, und ihn zur Seite setze. Aber nicht jeder ist der Dalai Lama und kann für ne Arbeit die auf " insektentötende " Art und Weise getan wird 30 mal mehr Männer anstellen, die dan 10 mal so lange dafür brauchen. Oder Autofahren. Wenn ich wirklich nicht töten will , darf man kein Auto mehr fahren. Die Insekten auf der Windschutzscheibe wurden im Thread ja schon aufgeführt, aber es kann hier immer auch passieren dass einem einmal eine Katze oder ein anders Tier "ins Auto läuft". Und wenn das Auto nicht mehr geht, dann kann man auch gleich das Fahrrad weglassen, auch damit wird man sonst mal nen Tierchen überfahren. Darf man noch gehen, laufen? Ok ner Ameise kann man wohl noch ausweichen, aber wenn ich renne dann nicht mehr, also nur Langsam? Irgendwie kommt es mir fast so vor, dass man sich der Frage mit dem nicht töten am leichtesten entzieht wenn man ein Mönch wird der sein ganzes Leben in der Meditationshaltung verbringt. Ich weiss aber dass ich so nicht den ganzen Rest meines Lebens verbringen werde. Ich werde also töten, es wird mir sicher passieren, dass ich töte, manchmal mit Absicht, manchmal aus Achtlosigkeit, manchmal aus Unwissenheit, manchmal aus Faulheit. Manchmal mit einer akzeptablen Motivation manchmal auch mit einer nicht akzeptablen. Da ich ja essen muss, ist es also dann ok wenn ich Nahrung für mich töten lasse? Kann ich so nur weil ich es nicht aktiv selber mache, mein Gelübde wahren, wenn ich praktisch mein ganzes Leben lang als der Auftrageber für all das Töten das ich für mein Leben brauche, fungiere? Nur weil ich nicht selbst Hand anlege, bewahrt mich das vor der Verantwortung?


    Sogar die Motivation des Tötens oder die Motivation der Vermeidung des Tötens kann man hinterfragen. Wenn ich den Falter in meinem Zimmer einfange und raussetze, weil ich ja ein "guter Buddhist" bin, anstatt ihn zu erschlagen, und dabei seine Flügel falsch berühre und er deswegen dann draussen nimmer richtig fliegen kann, er sich deswegen seine Nahrung nicht mehr richtig "erfliegen" kann, oder die Beute des nächst besten Falterjägers wird, habe ich dann diesen Falter getötet, obwohl ich eine "gute Motivation" hatte, ihn also nicht zu erschlagen? Wollte ich mich nur als "guter Budhist" fühlen, weil ich ihn ja nicht mit Absicht erschlagen habe, sondern darauf verzichtet habe. Ist das ganze " raus oder bei Seite " -setzen nur Eitelkeit? Habe ich im Grunde nicht den selben Urgedanken, : " das Viech muss weg da", nur mein Handeln ist um einen Grad weniger brutal'? Oder kommt es vielleicht doch darauf an seine Brutalität um diesen einen Grad zurückzuschrauben?


    Hier im Thread wird von manchen sogar diskutiert, unter welchen Umständen und ob das Töten von Menschen eventuell sein darf. Hierzu will ich nur mein Argument, dass ich bei meiner Verweigerung angeführt habe wiederhohlen:" Ich will keine Menschen töten. Deswegen will ich nicht systematisch erlernen wie man Menschen tötet. Deswegen will ich nicht zur Bundeswehr. Ob ich unter xy Umständen und um das Leben von xy zu retten nicht vielleicht doch dazu in der Lage sein werde, dazu kann ich nichts sagen, brauch ich auch nicht."


    Aber ich hoffe man kann meine obigen Gedankengänge eventuell verstehen. Ein so einfaches Versprechen wie : "nicht zu töten" wirft bei mir viele Fragen auf. Also eine klare Antwort habe ich noch nicht gefunden. Die Festlegung welche Grenzen das " nicht Töten " hat wirkt auf mich so willkürlich. Ich muss mir einfach vorstellen, dass die Folgen all meines Tötens oder Töten lassens lenztendlich geringer sind als die Folgen meines übrigen Handelns.


    Um nocheinmal direkter auf die Frage einzugehen : " Warum töten wir?"
    Weil wir Menschen sind. Mensch sein heist vieles, aber es heist auch zu töten. Der Mensch kann ohne den Tot anderer nicht existieren. Wenn ich um Mensch sein zu können, töten werde, ist dann die Antwort sich nicht mehr zu bewegen, also über den den Dingen zu schweben, nichts mehr zu Essen, also nur noch von Luft und Liebe zu leben, ist die Antwort ein Boddhisattva zu werden oder Nirwana zu erreichen, ist die Antwort ein Nicht-Mensch zu werden?

  • Grüß Dich ganz recht herzlich 2dA,


    zu: Milindapañha, Teil 2 2. Kapitel Mil. 2.2.1. Wiedergeburt

      'versus'


    Majjhima Nikāya,144. Channas Unterweisung – Channovāda Sutta


    Zitat

    Channa antwortete: «Ich habe unerträgliche Schmerzen, die immer schlimmer werden. Ich will zum Messer greifen, ich wünsche nicht mehr zu leben.» Sāriputta erwiderte: «Der ehrwürdige Channa sollte nicht zum Messer greifen, er sollte am Leben bleiben! Ich wünsche, daß der ehrwürdige Channa am Leben bleibe. ff.


    ....
    Nachdem Sāriputta und Mahacunda den ehrwürdigen Channa so unterwiesen hatten, standen sie auf und gingen fort. Bald danach griff Channa zum Messer (und öffnete sich die Pulsadern). Sāriputta aber ging zum Erhabenen, berichtete ihm, daß Channa zum Messer gegriffen habe und fragte, welchen Gang Channa nun gehe, welches Schicksal ihm bevorstehe. Der Erhabene erwiderte: «Hat dir Channa nicht erklärt, daß er nicht zu tadeln sei?» – «Es gibt aber», sagte darauf Sāriputta, «in dem Dorf Pūbbajira im Lande der Vajji Familien, die mit Channa befreundet sind und die ihn tadeln.» – «Das mag sein», sprach der Erhabene, «ich aber sage nicht, daß er deswegen zu tadeln sei. Wenn jemand, der den gegenwärtigen Leib ablegt, einen andern Leib ergreift, dann sage ich, daß er zu tadeln ist. *Das trifft aber bei dem Bhikkhu Channa nicht zu. Daß er zum Messer gegriffen hat, ist nicht zu tadeln.» So sprach der Erhabene. Mit Freude und Dank nahm Sāriputta die Erklärung des Erhabenen an.


    *siehe ceto vimutti


    oder hier


    Ud.VIII.4. NIRVANA (4)



    Mit ganz freundlichen und herzlichen Grüßen
    Dorje Sema



  • Onda:


    ...
    Wie stehst du zur Selbstverteidigung (incl. Tötung)?
    Was sagt die Lehre in deinen Augen dazu?
    Onda


    Guten Morgen Onda,
    das habe ich doch bereits zuvor geschrieben!


    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=5158#p94462


    Und ich persönlich stehe auch dazu. Ich kann aber nicht verhindern, dass auch für mich in diesen Breitengraden getötet wird, damit ich genauso wie Du überleben kann. Ganz konsequent betrachtet müsste ich dieses Leben verlassen und warten bis ich sterbe, um nichts und niemanden zu Tode zu bringen. Das wurde schon in anderen Beiträgen geschrieben. Das muss ich jetzt nicht alles wiederholen, oder?
    _()_ Monika


  • Guten Morgen Monikamarie,
    du musst nicht alles wiederholen, was hier geschrieben wurde. Du verweist in dem oben genannten Posting auf Elliot, der wiederum lediglich den Kanon zitiert hat. Da könnten Missverständnisse entstehen. Ich würde daher gerne - in aller Kürze - von dir persönlich wissen, wie du reagieren würdest, wenn dir jmd. nach dem Leben trachtet und du den Angriff nur durch Tötung abwehren könntest.
    Onda

  • Hallo,


    ich gehe mittlerweile anders als das Thema heran.
    Das Töten an und für sich lehne ich nicht mehr ab, denn es ist Grundbedingung für das Leben. Allein mein Körper tötet jeden Moment unzählige Wesen um als Gesamtorganismus erhalten zu bleiben. Töten scheint also unvermeidlich für Leben zu sein: Leben ist Töten.
    Ich betrachte es unter dem Aspekt "Werden und Vergehen" oder "Wandlung". Denn eigentlich gibt es keinen Tod.


    Wie kann ich dann einen Ethos aufrecht erhalten? Wie kann ich einem Nihilismus entgehen?
    Indem ich den Aspekt von Heilsam und Unheilsam berücksichtigte, die Beruhigung des Geistes und das Wissen um den Wunsch aller Wesen nach Glück.
    Mit einer gehörigen Portion Achtsamkeit, Mitgefühl und der Offenlegung der Buddhanatur müsste es eigentlich funktionieren, das Abstehen vom Töten. Ich denke auch, dass man noch das Attribut "unnötig" hinzufügen sollte.


    Aber eine einfache Antwort wie ein Kochrezept wird nicht zu finden sein. In diesem Dilemma befinden wir uns, da beisst die Maus keinen Faden ab.
    Suchen wir nach einfachen Regeln, so sind wir dabei uns einem Fundamentalismus hinzugeben. Es ist nicht einfach und wird es nie werden, nicht, so lange wir in den Kategorien von Regeln hängenbleiben. Das bedeutet nicht, dass man Regeln über den Haufen werfen soll, im Gegenteil. Sie sind Maßstab und Orientierung, aber wir müssen sie dennoch transzendieren. So wie kürzlich jemand den Dalai Lama zitiert hat: "Wir müssen die Regeln kennen, um sie durchbrechen zu können."


    Das ist für mich aber auch der Ausdruck menschlicher Freiheit. Wir funktionieren eben nicht nach Schema oder nach Programm, sondern sind in der Lage uns Fragen zu stellen und selbst von Instinkthandlungen bewusst abzuweichen.


    Knochensack


  • Hi Onda,
    ich verweise keineswegs auf Elliot, sondern habe meine Sicht dazu beschrieben. Ich habe auch an anderer Stelle geschrieben wie ich das sehe. Nämlich, dass ich nicht weiß, wie ich mich verhalten würde. Generell bin ich sehr wehrhaft und stark, z. B. vor 33 Jahren habe ich mich gegen meinen damaligen gewalttätigen Mann mit enormer Kraft zur Wehr gesetzt. Seither habe ich überhaupt keine Angst mehr vor Gewalt - das war ein Schlüsselerlebnis, denn ich erlebte, dass ich bereit war, ihn umzubringen. Aber ich wünsche mir, ich würde z. B. bei einem Angriff in der U-Bahn von Skinheads so agieren können, dass niemand zu schaden kommt. Beispiele davon gibt es genug. Und die sind meine Vorbilder. Der Schlüssel ist Angstfreiheit.
    _()_ Monika