Kombi: Zen + Theravada


  • Daher der gute Rat: "Lass sie vorbeiziehen..." Was sonst ?
    Wusheng

  • wusheng:

    Daher der gute Rat: "Lass sie vorbeiziehen..." Was sonst ? Wusheng


    Wenn es keinen Buddha gegeben hätte und keine Lehre
    dieses Buddhas dann wäre das eine naheliegende Frage.
    Der hat jedenfalls eine ganz konkrete Lehre der Tat gelehrt.
    In M2 für Mönche jedenfalls. Dinge die zu lassen sind, Dinge
    die zu fliehen sind, heilsame Dinge die zu machen sind, unheilsame
    Dinge (auch Gedanbken) die zu überwinden sind und je nach der Art
    der jeweiligen Eigenschaften und Gedankenkräften auch entsprechende
    Übungen. Und warum? weil es nämlich mit dem "nur vorbeiziehen"
    nicht getan ist. Da kannst lange "nur vorbeiziehen" lasen. Jahrein und
    Jahraus und irgendwann denkste noch du bist "Meister" und hängst
    dich auch noch an diesen Gedanken ran. Also der ganze achtfache
    edle Pfad ist zu gehen und nicht nur Bruchstücke.


  • Für mich ist das kein Widerspruch zum edlen Pfad. Wir liegen nicht weit auseinander, glaub ich. Natürlich kann man nicht nur Bruchstücke aus dem edlen Pfad nehmen.
    Aber du sprichst davon, dass die Gedanken irgendwo angehängt werden, ich vom Ziehen-lassen. Konkret meine ich z. B. die Meditation. Wenn Gedanken kommen, lasse ich sie kommen...und ich lasse sie gehen...(hoffentlich, gelingt nicht immer :? ). Nach wie vor ein guter Rat.
    Und nun, Accinca, muss ich das Forum ziehen lassen, denn ich habe Früschicht, und das ist nicht mehr lange hin.
    Ich wünsche Dir eine ruhige Nacht.
    Wusheng

  • Hallo,


    also ich sehe das Vorbeiziehen-lassen der Gedanken als Grundlage. Zuerst muß ich die Dinge doch erstmal beobachten und kennenlernen. Oder überhaupt die Fähigkeit haben, die Dinge zu beobachten und so sein lassen zu können wie sie sind, ohne ständig eingreifen und manipulieren zu müssen.
    Nur dann kann ich weitergehen und sie zum Beispiel auf die 3 Daseinsmerkmale untersuchen.
    So jedenfalls mein derzeitiges Verständnis.
    Auf der anderen Seite mache ich die Erfahrung, dass allein das Beobachten der Gedanken schon eine gewisse De-Identifizierung mit dem Verstand und den Gedanken mit sich bringt. Es fällt mir leichter sie loszulassen. Meine eigenen Gedanken, Meinungen und Ansichten nicht mehr so wichtig zu nehmen. Mehr in den Moment, ins Hier und Jetzt zu kommen. Mehr zu fühlen. Und damit fällt mir dann auch wieder die Samathapraxis leichter. Was dann auch wieder das Loslassen der Gedanken unterstützt, weil ich einfach sehe wie viel angehmer, leichter und echter das Leben ist, ohne Denken zu müssen oder sich damit zu identifizieren. Also nur Vorteile. :)


    Liebe Grüße

  • Raphy:

    Hallo,


    also ich sehe das Vorbeiziehen-lassen der Gedanken als Grundlage. Zuerst muß ich die Dinge doch erstmal beobachten und kennenlernen.


    Was ist es denn, das du kennenlernen willst?


    Raphy:


    Oder überhaupt die Fähigkeit haben, die Dinge zu beobachten und so sein lassen zu können wie sie sind, ohne ständig eingreifen und manipulieren zu müssen.
    Nur dann kann ich weitergehen und sie zum Beispiel auf die 3 Daseinsmerkmale untersuchen.
    So jedenfalls mein derzeitiges Verständnis.


    Wenn du nichts ergreifst, warum solltest du dann irgendwelche "3 Daseinsmerkmale" darin finden wollen?



    Grüße
    TM

    • Offizieller Beitrag
    Onda:

    Manche Menschen fühlen sich sowohl vom Zen als auch vom Theravada angesprochen.
    Sie bemühen sich in ihrer Praxis um einen "Weg der Mitte" zwischen diesen Schulen.
    Wie könnte so ein Weg aussehen? Wo sind die Schnittmengen dieser Schulen?
    Ein Weg der Mitte vermeidet Extreme, welche Extreme gilt es bei Zen und Theravada zu meiden?


    Für mich sind Zen und Theravada wie zwei verschiedenen Stühle. Ein" Weg der Mitte" ist also ein sich zwischen die Stühle setzten. Und bei einer Schnittmenge kommt ja nur genau das heraus, was in beiden gemeinsam ist und das fragt sich doch ob das sinnvoll ist.


    Aber man kann natürlich auch mit den zwei Stühlen umgehen:


    Vom Theravada-Stuhl aus gesehen ist Zen ein wenig seltsam und viele Konzepte des Zen sind nicht unmittelbar eingängig. Weil sie ja auf einer weitergehenden Mahayana Entwicklung (z.B Nagaarjuna) aufbauen. Ich wüsste nicht wie genau ein Theravadin am besten von einer Zen-Theorie oder Zen-Praxis profitiert.


    Vom Zen-Stuhl aus gesehen ist es leichter zum Theravada hinüber zu sehen. Der Reichtum des Theravada, seine deatilierte Kenntnis des Palikanons und des historischen Buddhas ist etwas, was auch eine Zen-Praxis bereichern und ergänzen kann ohne einen abzubringen oder zu irritieren. Die Konfrontation mit den Aussagen Buddhas kann helfen einiges Abgehobens gerade zu rücken.


    Ich wäre versucht zu sagen, dass Zen zum Theravada eher abwärtskompatibel, während Theravada schwerlich aufwärtskompatibel zu späteren Versionen ist. Aber die Begriffe "abwärts" und "aufwärts" könnten da leicht missverstanden werden und dem Theravada die unrühmliche Rolle eines "Hinayana" - eines minderen quasi veralteten Buddhismus - zuweisen. Passender wäre es den Thervada als Bewahrer des ganzen ursprüglichen, vielfältigen Reichtum von Buddhas Wort sehen, während im Mahayana versucht wurde, da die Essenz herauszuarbeiten. Ein Versuch der notwenigerweise reduziert und abstrahiert. In diesen Abstraktionen kann man dann natürlich Wahrheiten der Sutras wiederfinden. Auf dem Boden des Palikanon wirken diese Abstraktionen dagegen nicht unbedingt zwingend. Ja sogar ein wenig beliebig, weil man bestimmt auch anders abstrahieren,systematisieren und gewichten hätte können als das historisch passiert ist.

  • natürlich ist es mit dem nur vorbeiziehenlassen nicht getan, es braucht die analytische einsicht in das wesen der dinge (vipassana). es hat mich interessiert ob das aus den ersten schriften stammt, also etwa hat der buddha zb. vor 2500 jahren einem suchenden gesagt :" lass die gedanken wie wolken vorbeiziehen".


    lg zenbo

  • Wie sieht die Verbindung praktisch bei dir aus? 1 Stunde Zazen, danach eine Stunde Vipassana-, Kasina- oder Metta-Meditation? Eine Woche Zen-Sesshin, und eine Woche Vipassana-Retreat?
    TNH wird ja manchmal diese Verbindung Zen (Thien) und Theravada nachgesagt, aber ich hab den Eindruck, das da nicht mehr viel Zen drinsteckt (und wieviel Theravada, mögen die Theravadis beurteilen).

  • Ryonin:

    Wie sieht die Verbindung praktisch bei dir aus? 1 Stunde Zazen, danach eine Stunde Vipassana-,


    Nur kurz:
    Ich kenne die Meditationsanleitungen beider Schulen und sehe da kaum Unterschiede (shikantaza, zazen einerseits - Vipassana andererseits). Ich meine hier was das Theravada anbelangt allerdings die reine Vipassana (Klarblicks-) Meditation (wie sie von Nyanaponika, M. Sayadaw oder D. Ingram gelehrt wird) und NICHT die auf Vertiefungen zielende Samadhi-Meditation oder die zu den Kontemplationen zählende metta-Mediation.


    LG
    Onda

  • TMingyur:
    Raphy:

    Hallo,


    also ich sehe das Vorbeiziehen-lassen der Gedanken als Grundlage. Zuerst muß ich die Dinge doch erstmal beobachten und kennenlernen.


    Was ist es denn, das du kennenlernen willst?


    Letztendlich wohl das was hinter den Gedanken ist oder jenseits davon oder davon verdeckt wird. So erscheint es mir jedenfalls zur Zeit. Aber dazu kann das Beobachten oder Erkennen der Gedanken, die da sind, ein erster Schritt sein. Jedenfalls für mich. Muß aber nicht für alle Menschen hilfreich sein.



    Aber ich ergreife doch. Ständig.
    Nach meinem Verständnis soll ja gerade die Betrachtung der 3 Daseinsmerkmale dazu führen, nichts mehr zu ergreifen. Und dann braucht man diese Praxis auch nicht mehr, klar.
    Aber das wäre ja das Ziel und ist für die allermeisten, so wie auch für mich, nicht Realität.
    Es gibt ja auch noch andere Methoden. War nur ein Beispiel mit den 3 Merkmalen. Ist jetzt auch nicht meine Hauptpraxis.
    Wie gesagt zur Zeit fahre ich, nur mit beobachten und fühlen was da ist, ganz gut.


    Liebe Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Ich gehe davon aus, dass es sich sowohl beim Theravada als auch beim Zen um Buddha-Dharma handelt. Insofern muss es da Schnittmengen geben. Die Beschäftigung mit BEIDEN Schulen kann helfen, zur Essenz des Buddha-Dharma vorzudringen, die eben gerade in den Schnittmengen zu finden ist. Natürlich gibt es auch Differenzen (etwa die vollkommen unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf Zielorientierung der Praxis. So leugnen Zenschüler bisweilen, dass Zazen Meditation sei, weil Meditation in ihren Augen ein Mittel zum Zweck darstellt, und die Zen-Praxis zweckfrei sei).


    LG
    Onda

  • wusheng:


    Aber du sprichst davon, dass die Gedanken irgendwo angehängt werden, ich vom Ziehen-lassen. Konkret meine ich z. B. die Meditation. Wenn Gedanken kommen, lasse ich sie kommen...und ich lasse sie gehen...(hoffentlich, gelingt nicht immer :? ).


    Ich sagte mit ziehenlassen (wenn es denn überhaupt klappt) alleine
    ist u.U. noch nicht viel erreicht. Es gibt ja auch noch sehr unterschiedliche
    Gedanken. Sie können z.B. heilsam sein oder unheilsam. Der Buddha
    lehrte in der vollständigen Lehre des Buddha fünf prinzipielle Methoden
    wie es aus M 20 und M 19 hervor geht. http://palikanon.de/majjhima/m020n.htm

  • Onda:
    Ryonin:

    Wie sieht die Verbindung praktisch bei dir aus? 1 Stunde Zazen, danach eine Stunde Vipassana-,


    Nur kurz:
    Ich kenne die Meditationsanleitungen beider Schulen und sehe da kaum Unterschiede (shikantaza, zazen einerseits - Vipassana andererseits). Ich meine hier was das Theravada anbelangt allerdings die reine Vipassana (Klarblicks-) Meditation (wie sie von Nyanaponika, M. Sayadaw oder D. Ingram gelehrt wird) und NICHT die auf Vertiefungen zielende Samadhi-Meditation oder die zu den Kontemplationen zählende metta-Mediation.


    LG
    Onda


    Ich hatte immer so den Eindruck, bei Vipassana (obwohl ich den Eindruck hab, das es da verschiedene gibt) geht es um eine Praxis des Geistes (um "Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung", wie es auf einer Goenka-Seite heisst), im Zazen um Praxis des Körpers.


    _()_

  • Onda:

    Ich meine hier was das Theravada anbelangt allerdings die reine Vipassana (Klarblicks-) Meditation (wie sie von Nyanaponika, M. Sayadaw oder D. Ingram gelehrt wird) und NICHT die auf Vertiefungen zielende Samadhi-Meditation


    Hast Du das nur gelesen oder auch praktiziert?
    Wie möchtest Du Vipassana machen ohne ruhigen gesammelten Geist?


    Samādhi bedeutet "Versenkung, Konzentration, Andacht, Meditation" und ist einhergehend mit samatha ("Gemütsruhe"), die durch Achtsamkeit entsteht.


    Wenn in den Lehrreden von Sammlung (samādhi) die Rede ist, dann ist meistens "Rechte Sammlung" (sammā-samādhi) gemeint. Rechte Sammlung bedeutet, dass diese Sammlung mit einem karmisch heilsamen Bewusstsein verbunden ist. Verkehrte Sammlung (micchā-samādhi) dagegen bedeutet, dass diese Sammlung mit unheilsamem Bewusstsein verbunden ist.


    Zitat

    Saṃyutta-Nikāya 46.51:


    Was aber ist, ihr Mönche, die Nahrung, um das noch nicht erschienene Erwachungsglied Sammlung erscheinen und das noch nicht erschienene sich weiter entfalten und reif werden zu lassen? Man kann sich, ihr Mönche, Ruhe vorstellen, man kann sich Sammlung vorstellen: was dabei an gründlicher Aufmerksamkeit sich ausbreitet, das ist die Nahrung, um das noch nicht erschienene Erwachungsglied Sammlung erscheinen und das erschienene sich weiter entfalten und reif werden zu lassen. Was aber ist, ihr Mönche, der Nahrungsentzug für das Erscheinen des noch nicht entschiedenen Erwachungsgliedes Sammlung und für Entfaltung und Reifwerden des erschienenen? Man kann sich, ihr Mönche, Ruhe vorstellen, man kann sich Sammlung vorstellen: dazu keine Aufmerksamkeit ausbilden, das ist jener Nahrungsentzug für das Erwachungsglied Sammlung.


    Ryonin:

    TNH wird ja manchmal diese Verbindung Zen (Thien) und Theravada nachgesagt, aber ich hab den Eindruck, das da nicht mehr viel Zen drinsteckt (und wieviel Theravada, mögen die Theravadis beurteilen).


    Vielleicht eine homöopathische Dosis. Mehr aber auch nicht!!


    zenbo:

    also etwa hat der buddha zb. vor 2500 jahren einem suchenden gesagt :" lass die gedanken wie wolken vorbeiziehen".


    Mir ist keine solche Textstelle bekannt. Würde auch nicht zum Lehrstil des historischen Buddha passen.


    Liebe Grüße
    Kusala

  • Ryonin:

    Ich hatte immer so den Eindruck, bei Vipassana (obwohl ich den Eindruck hab, das es da verschiedene gibt) geht es um eine Praxis des Geistes (um "Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung", wie es auf einer Goenka-Seite heisst), im Zazen um Praxis des Körpers.


    _()_


    Ich halte das Operieren mit kontrastierenden Schlagwörtern dieser Art nicht für hilfreich. Buddha-Dharma ist in jedem Fall Schulung des Geistes - im Zen wie im Theravada.


    LG
    Onda

  • Was sagt der Buddha dazu? Da ja alle Schulen den Edlen Achtfachen Pfad zugrunde legen, kann man ja da mal hinschauen und sehen ob es in den einzelnen Schulen wieder zufinden ist, gerade was die Medi angeht.


    Aus DER EDLE ACHTFACHE PFAD


    Samādhi


    Rechte Anstrengung, Rechte Achtsamkeit und Rechte Geistessammlung


    Zusammenfassen kann man diese 3 Glieder unter dem Oberbegriff; Sammlung (samādhi).
    Samādhi bedeutet "Versenkung, Konzentration, Andacht, Meditation" und sollte einhergehen mit samatha(Gemütsruhe), die durch Achtsamkeit entsteht. Um Gemütsruhe, beziehungsweise innere Beruhigung (samatha) zu erlangen, ist es hilfreich sich in den Sīlas zu üben. Denn durch eine ethisch korekkte Lebensweise reduziert man störende Einflüsse und Ablenkungen des Geistes und macht so eine Meditation erst möglich. Dies erfordert aber unter Anderem Rechte Anstrengung.


    Rechte Anstrengung bedeutet: Mit aller Kraft seinen Geist konditionieren, um in sich den Willen zu erzeugen, keine bösen, unheilsamen Gedanken mehr aufkommen zu lassen, vorhandene böse, unheilsame Gedanken zu vertreiben, rechte Gedanken zu erwecken und, wenn sie da sind, zu stärken und zu mehren.


    Rechte Anstrengung beinhaltet Die Vier Rechten Anstrengungen (sammā-padhāna), die auch ein Teil der 37 erforderlichen Dinge zur Erleuchtung sind.
    Die Vier Rechten Anstrengungen sind:


    - Die Anstrengung zwecks Zügelung (saṃvāra-padhāna).


    Diese Anstrengung dient der Zügelung oder Vermeidung aller unheilsamen Dinge wie zum Beispiel böse Gesinnung, üble Nachrede, lügen usw.


    - Die Anstrengung zwecks Überwindung (pahāna-padhāna).


    Diese Anstrengung dient der Überwindung aller unheilsamen Dinge.


    - Die Anstrengung zwecks Entfaltung (bhāvanā-padhāna).


    Sie dient der Entfaltung aller heilsamen Dinge, der Entfaltung der 7 Erleuchtungsglieder. (bojjhaṅga).


    - Die Anstrengung zwecks Erhaltung (anurakkhana-padhāna).


    Diese Anstrengung dient der Erhaltung aller heilsamen Dinge.



    Diese Anstrengungen setzen Willenskraft und Energie (viriya) voraus. Wie viel Anstrengung und Willenskraft auf dem edlen achtfachen Pfad vonnöten ist wird in dem Buch "Buddhistische Evangelien" von Karl Seidenstücker, wo er aus dem Pālikanon zitiert deutlich:
    "Kämpfer, Kämpfer, so nennt man uns, o Herr. Inwiefern denn sind wir Kämpfer? Wir kämpfen um hohe Tugend, um hohe Erkenntnis, um hohe Geisteszucht - deshalb heißen wir Kämpfer. Die welche den Pfad beschreiten, sind Kriegern gleich, die mit zahlreichen Feinden hart kämpfen. Wohl gehen alle aus der Festung in voller Bewaffnung, aber unter ihnen sind einige zaghaft, einige treten auf halbem Wege den Rückzug an, einige werden in dem Handgemenge überwältigt, einige kehren heim als Sieger. Wenn ihr Erleuchtung erlangen wollt. müsst ihr standhaft eures Weges ziehen, entschlossenen Herzens, mutig, ohne Furcht, in welcher Umgebung ihr euch auch immer befindet und jeden üblen Einfluss, der euch begegnet müsst ihr (in euch) zerstören, denn nur so werdet ihr das Ziel erreichen."


    Dieses Zitat sagt eigentlich alles aus und zeigt mit welcher Energie, Willenskraft, Mut und Tapferkeit rechte Anstrengung einhergeht. Willenskraft benötigt man auch für das nächste Glied des achtfachen Pfades, Rechte Achtsamkeit.


    Rechte Achtsamkeit bedeutet: Eifrig, mit klarem Geist und besonnen den Körper, die Gefühle, die Gedanken und die Eigenschaften des Geistes achtsam zu betrachten.
    Jemand, der achtsam ist, achtet stets wachsam auf die Absichten, die hinter seinen Gedanken stehen, und auf alle Aktivitäten seines Körpers. Achtsamkeit ist einer der essentiellen Ausgangspunkte der Meditation. Besser ausgedrückt, jederzeit und immerzu sollte man sich die Achtsamkeit vergegenwärtigen (sati + upaṭṭhāna). Man soll sich besinnen und sich die Besinnung vergegenwärtigen.
    Was aber bedeutet "Achtsamkeit", bzw. "Besinnung", "sich auf etwas besinnen"? Es bedeutet, sich etwas ins Gedächtnis zurückzurufen, sich zu erinnern, im Gedächtnis zu behalten, Nicht-Vergesslichkeit, Nachsinnen. Dabei helfen die vier Grundlagen/Säulen der Achtsamkeit (sati = "Fähigkeit" und paṭṭhāna = "Errichten"). Sie beinhalten folgende Betrachtungen:


    - Die Betrachtung des Körperlichen (kāyānupassanā).


    Bei der Betrachtung des Körperlichen erkennt man die Unvollkommenheit und Vergänglichkeit des Körpers und damit schwindet das An-Haften sowohl an der eigenen Körperlichkeit, das eigene Selbst bzw. Ich, als auch an anderen körperlichen Formen. Dadurch kann man frei von Angst und Furcht, einsichtiger, geduldiger und frei von Verblendungen werden.


    - Die Betrachtung der Gefühle (vedanānupassanā).


    Beim Betrachten der Gefühle, wie sie entstehen und vergehen, wie sie sich, manchmal auch aus verschiedenen Teilen, aufbauen und sich dann wieder auflösen, kann man erkennen, dass alle Gefühle unbeständig sind. Auch in ihnen kann man kein eigenes bleibendes Selbst beziehungsweise Ich finden. Das Resultat ist, dass jegliche Anhaftung an Gefühle schwinden kann und man frei werden kann von Begierde, Zorn, ruheloses Nachgrübeln und Skepsis.


    - Die Betrachtung des Bewusstseins (cittānupassanā).


    Bei dieser Betrachtung bemerkt und erkennt man die gerade vorhandenen Bewusstseinszustände. Ist das Bewusstsein gerade gierig oder gierlos, gehässig oder hasslos, verblendet oder unverblendet, gesammelt oder ungesammelt und so weiter.


    - Die Betrachtung der Geistesobjekte (dhammānupassanā).


    Bei dieser Betrachtung kann man bemerken ob eine der fünf Hemmungen Sinnenlust, Übelwollen, Stumpfheit und Mattigkeit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe, skeptischer Zweifel anwesend ist oder nicht. Man kann bemerken wie sie entstehen, wie sie überwunden werden und wie sie künftig nicht mehr entstehen. Man kann auch zum Beispiel bemerken, ob eines der 7 Erleuchtungsglieder (bojjhaṅga) in einem vorhanden ist oder nicht.
    Diese Meditationspraxis findet man ausführlich im Satipaṭṭhāna-Sutta beschrieben.


    Außer in der Meditation kann (sollte) die Achtsamkeit bei jeder täglichen Verrichtung geübt und kultiviert werden. Wenn man spült, spült man. Wenn man telefoniert, telefoniert man. Man konzentriert sich auf eine Tätigkeit und macht sich bewusst, WAS man gerade in diesem Moment tut. Man konzentriert sich auf das Hier und Jetzt. Es wird keine Zerstreuung zugelassen, wie z.B. Telefonieren und Computerspielen gleichzeitig und obendrein läuft noch das Radio. Jede Handlung ist von Achtsamkeit geprägt. Bei jeder Tätigkeit können die vier Betrachtungen geübt werden. Achtsamkeit zu konditionieren, hat noch einen weiteren Nutzen. Da man alles mit Bedacht tut, ist es leichter, sich ethisch korrekt zu verhalten, was wieder zu einer Gemütsruhe führt, die auch Voraussetzung für Rechte Geistessammlung ist.


    Rechte Geistessammlung
    Man kann dieses Glied des achtfachen Pfades auch mit Rechter Vertiefung bezeichnen. Es handelt sich hierbei um die 1., 2., 3. und 4. Vertiefung.
    Die Objekte der rechten Vertiefung sind die Vier Grundlagen der Achtsamkeit.


    - Achtsamkeit auf den Körper (kāyānupassanā)
    - Achtsamkeit auf die Gefühle (vedanānupassanā)
    - Achtsamkeit auf den Geist (cittānupassanā)
    - Achtsamkeit auf die Geistesobjekte (dhammānupassanā,)


    Die Werkzeuge für die "Rechte Vertiefung" sind die; Vier Rechten Anstrengungen (sammā-padhāna)


    - Anstrengung der Sinnenzügelung (saṃvāra padhāna)
    - Anstrengung zur Überwindung (pahāna padhāna)
    - Anstrengung zur Entfaltung (bhāvanā padhāna)
    - Anstrengung zur Erhaltung (anurakkhana padhāna)


    Des weiteren sind erforderlich für die "Rechte Vertiefung"; Die sieben Faktoren der Erleuchtung (bojjhaṅga)


    1.Achtsamkeit (sati-sambojjhaṅga)
    2. Ergründung von Gesetzmäßigkeiten (dhammavicaya-sambojjhaṅga)
    3. Willenskraft, Anstrengung (viriya-sambojjhaṅga)
    4. Verzückung, Freude (pīti-sambojjhaṅga)
    5. Ruhe, Gestilltheit (passaddhi-sambojjhaṅga)
    6. Sammlung, Konzentration (samādhi-sambojjhaṅga)
    7. Gleichmut (upekkhā-sambojjhaṅga

  • Kusala:

    [


    Ryonin:

    TNH wird ja manchmal diese Verbindung Zen (Thien) und Theravada nachgesagt, aber ich hab den Eindruck, das da nicht mehr viel Zen drinsteckt (und wieviel Theravada, mögen die Theravadis beurteilen).


    Vielleicht eine homöopathische Dosis. Mehr aber auch nicht!!


    Aus der Außenperspektive kannst du das schlecht beurteilen, liebe Kusala. Hast du etwa über viele Jahre in dieser Tradition geübt?
    Die Achtsamkeitspraxis bei TNH ist ganz tief im Theravada - aber auch im Zen - verwurzelt.


    Außerdem sind solche Debatten albern: "Bei TNH steckt kein (oder kaum) Zen drin" - "Bei TNH steckt kein (oder kaum) Theravada drin" - "Bei TNH steckt kaum noch Buddhismus drin". Möge jeder in seiner Schule praktizieren und sich mit (oft gänzlich unqualifizierten weil auf unzureichende Informationen zurückgreifenden) Urteilen über andere Schulen zurückhalten.


    LG
    Onda

  • @ Onda:


    Ich war mal ne Woche bei TNH, was er da gelehrt hatte, hatte für mich keine Ähnlichkeit mit Zazen, wie ichs bei den Zennies der jap. und koreanischen Richtung kenne. Eher eine geführte Achtsamkeitsmeditation, gekoppelt mit hanzes "schmunzel". Und viel Psychologie. Für mich ist es weder Zen noch Theravada, sondern etwas neues, anderes. Was ich gut finde. Die Stellen, die ich bei TNH kritisiere, liegen an ganz anderen Stellen. ;)
    Aber davon abgesehen, ist mir sein Stil (bzw. der seiner Sangha) einfach zu süßlich. Aber er spricht viele damit an, daher ist er für viele hilfreich, für manche heilsam.
    Vielleicht kann man einen Lehrer manchmal vom Rand besser beurteilen, als wenn man in seiner Organsiation ist (Ich kenns jedenfalls von meiner Zeit im Diamantweg, das man da ne ganz schön rosa Brille aufhaben kann. Ist ein wenig wie in einer Beziehung. Manchmal können einen Freunde sehr zeitig sehr genau sagen, wo die Knackpunkte liegen werden. Was nicht heisst, das man das hören will).


    Im Zazen der jap. und koreanischen Tradition wurden mir eigentlich nur Anweisungen für den Körper gegeben, nicht: sei da oder da drauf achtsam. Auch von einem Zenmeister gibt es den Ausspruch: "Zen wird mit dem Körper praktiziert."
    Während Freunde von mir, die bei den Goenkas praktiziert haben, meinten, das es da vorwiegend Anweisungen für den Geist gab.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Kusala:


    Was aber bedeutet "Achtsamkeit", bzw. "Besinnung", "sich auf etwas besinnen"? Es bedeutet, sich etwas ins Gedächtnis zurückzurufen, sich zu erinnern, im Gedächtnis zu behalten, Nicht-Vergesslichkeit, Nachsinnen.


    Das ist aber eine grottenschlechte und grundfalsche Definition, Kusala! Klingt nach ausgehendem 19. Jh.
    "Besinnung" - ich verliere bald meine, wenn ich sowas lese!


    sati heißt zwar auch Erinnerung, hat aber in diesem Zusammenhang mit Erinnerung nicht das geringste zu tun. Es geht ums Gewahrsein, was im Hier und Jetzt geschieht, nicht um irgendwelche "Erinnerungen"


    LG
    Onda

  • Onda:

    Aus der Außenperspektive kannst du das schlecht beurteilen, liebe Kusala. Hast du etwa über viele Jahre in dieser Tradition geübt?
    Die Achtsamkeitspraxis bei TNH ist ganz tief im Theravada - aber auch im Zen - verwurzelt.


    Hallo Onda,


    bei uns am Ort gibt es auch eine Intersein-Sangha. Ich praktiziere japanischen Rinzai-Zen und möchte einfach mal wissen, ob bei Thich Nhat Hanh regelmäßig Zazen praktiziert wird, oder ob man dort vielmehr auf Meditationen antrifft, die der Thay in seinen Büchern umschreibt. Die Achtsamkeitspraxis im alltäglichen Leben, wie sie Thich Nhat Hanh lehrt, finde ich sehr ansprechend und hilfreich.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Wenn wir Korinthenkacker sein wollen Onda, .......... wir nehmen immer nur die Vergangenheit war. Es ist immer alles schon geschehen.


    Aber dieses "sich erinnern", sich darauf "besinnen" (die Sinne bei sich selber dahin "lenken", sich einer Sache bewusst werden) geht weiter. Heilsames wird dadurch immer weiter und weiter konditionieren, Achtsamkeit ... ein Beispiel: ..... ahhhhh ich wollte doch keine Mücken mehr erschlagen usw. usf.


    Deswegen immer und immer wieder hinschauen, erinnern, durchschauen usw.
    Immer wieder in der Medi erinnern, wann bin ich wohin gekommen


    Aber ich mag jetzt keinen Grundkurs in Medi geben ;)


    Und wenn THN tatsächlich Theravada Medi lehren würde, dann würdest Du das wissen und beherrschen. Das ist jetzt kein Angriff, sondern eine Feststellung. Nix gegen THN gesagt (obwohl ich da einiges sagen könnte ;) ).


    Übrigens Goenka ist kein Buddhist. Seine Vipassana Medi ist lediglich stark an den Theravada angelehnt und so ein 10 Tages Kurs ist übrigens sehr zu empfehlen.


    Liebe Grüße
    Kusala

  • Kusala:

    Deswegen immer und immer wieder hinschauen, erinnern, durchschauen usw.
    Immer wieder in der Medi erinnern, wann bin ich wohin gekommen
    Aber ich mag jetzt keinen Grundkurs in Medi geben ;)


    Davon würde ich an dieser Stelle auch abraten, da du eine recht eigenwillige und nicht der Lehrmeinung entsprechende Vorstellung von Achtsamkeit hast. Mit Erinnerung hat das wirklich gar nichts zu tun!


    Zitat

    Und wenn THN tatsächlich Theravada Medi lehren würde, dann würdest Du das wissen und beherrschen.


    Ich praktiziere seit 2003 in dieser Tradition und urteile hier nicht nach bloßem Hörensagen. Ich würde nicht behaupten, dass TNH "Theravada lehrt". (Wobei es "die" Theravada-Meditation gar nicht gibt). Aber ich weiss (auch weil ich zuvor einige Jahre unter Anleitung einer Theravada-Nonne praktiziert habe), dass es da Überschneidungen gibt. In der Achtsamkeitspaxis im Alltag gibt es da de facto keinen Unterschied.


    LG
    Onda

  • Onda:

    im Alltag gibt es da de facto keinen Unterschied.


    Das mag stimmen.


    Onda:

    und nicht der Lehrmeinung entsprechende Vorstellung von Achtsamkeit hast.


    Wessen Lehrmeinung? THN oder der Buddha?


    Kannst ja was raus suchen, am besten vom Buddha ..... ich bin Montag wieder da :)
    Diskutiere dann gerne mit Dir weiter.


    Bis dahin mit viel Metta
    Kusala

  • Kusala:
    Onda:

    und nicht der Lehrmeinung entsprechende Vorstellung von Achtsamkeit hast.


    Wessen Lehrmeinung? THN oder der Buddha?


    Buddha natürlich. Ich glaube, deine Vorstellung von Achtsamkeit geht völlig an der Sache vorbei. Jedenfalls lassen deine Postings (Achtsamkeit = Erinnerung!) vermuten, dass du das Konzept nicht korrekt erfasst hast.
    Ich empfehle zur Lektüre: Nyanaponika: "Geistestraining durch Achtsamkeit"


    LG
    Onda

  • Erinnerung gehört mit zur rechten Achtsamkeit.


    Wörterbuch:


    sati f <skr smṛti> 1. Erinnerung, Gedächtnis; 2. Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Bewusstsein, Besonnenheit; Psych
    Wachheit


    Aber nu muss ich los ........................