Das Kalamer-Sutra

  • Elliot:

    Darum und nur darum dreht es sich beim Zweifel im Kālāmer-Sutta.


    http://www.palikanon.com/angutt/a03_062-066.html#a_iii66


    "Recht habt ihr, Kālāmer, daß ihr da im Unklaren seid und Zweifel hegt. In einer Sache, bei der man wirklich im Unklaren sein kann, ist euch Zweifel aufgestiegen."


    Es gibt sicherlich verschiedene Lesarten dieses Textes.
    Der zentrale Ausdruck in diesem Sutra ist für mich das "Selbst Erkennen".

    Ausschlaggebend sind nicht:
    Hörensagen, Überlieferungen, Tagesmeinungen, die Autorität heiliger Schriften, bloße Vernunftgründe und logische Schlüsse, nicht erdachte Theorien und bevorzugte Meinungen, nicht der Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht die Autorität eines Meisters.


    Ausschlaggebend ist das:
    "Selbst Erkennen" (die eigene Erfahrung)


    Und das heißt: Es gibt einen Pfad, dem man folgen kann. Und der Zweifel wird schwinden, wenn man ihn SELBST geht. Weil man dann eben aus eigener Erfahrung weiß, was unheilsam und was heilsam ist. Und nur diese Gewissheit, die in der eigenen Erfahrung wurzelt, kann den Zweifel beseitigen.


    Der Buddhismus ist keine Glaubensreligion. Er ist eine Anleitung zur radikalen Selbst-Erforschung und -Beobachtung, ein "Geistestraining durch Achtsamkeit" (Nyanaponika). Und dieses Training richtet sich nicht nach: "...Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, (*1) nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters!" - Da zählt nur eines - der Blick nach Innen.


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Bhikkhu Bodhi zu diesem Sutra


    "Diese Rede wird als Buddhas "Charta der freien Meinungsbildung" bezeichnet, und obgleich die Lehrrede gegenüber dogmatischen Erlassen und der Forderung nach blindem Glauben gewiss einen energischen Aufruf zur vorurteilsfreien Prüfung darstellt, ist es fraglich, ob sich mit dieser Sutta sämtliche Positionen stützen lassen, die man ihr zugeschrieben hat. Auf der Grundlage einer einzigen, aus dem Zusammenhang zitierten Textstelle wurde der Buddha zum pragmatischen Empiriker stilisiert, der jegliche festen Lehr- und Glaubenssätze ablehne, und dessen Dhamma einfach eine Art Sammelkiste mit freidenkerischen Wahrheiten sei, aus der jedermann annehmen oder verwerfen könne, was ihm beliebe. Aber rechtfertigt das Kalama-Sutta wirklich solche Ansichten? Oder begegnet uns in diesen Behauptungen einfach nur eine Anzahl neuerlicher Variationen jener unsäglichen alten Neigung, die Buddhalehre gemäß denjenigen Auffassungen zu deuten, die einem selbst genehm sind — oder denjenigen gefallen sollen, denen man predigt? "


    http://home.arcor.de/einsicht/bps-essay_09.html

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    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Onda:

    "Aufruf zur vorurteilsfreien Prüfung darstellt" (BB)


    Eben, ohne Prüfen, Gewissheit und Urteilsvermögen macht das Herumzweifeln wenig Sinn.


    Onda:

    "Auf der Grundlage einer einzigen, aus dem Zusammenhang zitierten Textstelle wurde der Buddha zum pragmatischen Empiriker stilisiert, der jegliche festen Lehr- und Glaubenssätze ablehne, und dessen Dhamma einfach eine Art Sammelkiste mit freidenkerischen Wahrheiten sei, aus der jedermann annehmen oder verwerfen könne, was ihm beliebe."(BB)


    So ist das.


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

    Einmal editiert, zuletzt von nibbuti ()

  • nibbuti, du zitierst mich - die Zitate stammen allerdings von Bhikkhu Bodhi...
    Das solltest du kenntlich machen.


    Onda

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  • »Es kommen da, o Herr, einige Asketen und Brahmanen nach Kesaputta; die lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, den Glauben anderer aber beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Wieder andere Asketen und Brahmanen kommen nach Kesaputta, und auch diese lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, und den Glauben anderer beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Da sind wir denn, o Herr, im Unklaren, sind im Zweifel, wer wohl von diesen Asketen und Brahmanen Wahres, und wer Falsches lehrt.« -


    »Recht habt ihr, Kālāmer, daß ihr da im Unklaren seid und Zweifel hegt. In einer Sache, bei der man wirklich im Unklaren sein kann, ist euch Zweifel aufgestiegen.


    Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, (*1) nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.

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  • Onda:

    nibbuti, du zitierst mich - die Zitate stammen allerdings von Bhikkhu Bodhi...
    Das solltest du kenntlich machen.


    Onda, das wurde kenntlich gemacht durch Anführungszeichen: ""


    unkommentierte Zitate werden aber im allgemeinen Sprachgebrauch als Übernehmen der jeweiligen Behauptung benutzt


    besser auf die Diskussion konzentrieren, statt eine weitere Meta-Diskussion draus machen


    :)

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    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • nibbuti:


    unkommentierte Zitate werden aber im allgemeinen Sprachgebrauch als Übernehmen der jeweiligen Behauptung benutzt


    nibbuti, du hast eindeutig falsch zitiert. Das sind nicht meine Worte. Sondern die von bhikkhu Bodhi. Das hat nicht "Onda geschrieben", sondern BB. Ich bitte dich nochmals, das entsprechend zu redigieren.
    Onda

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  • Onda:

    Ich bitte dich nochmals, das entsprechend zu redigieren.


    Wie du wünschst.


    Und nun, lieber Onda:

    nibbuti:

    besser auf die Diskussion konzentrieren, statt eine weitere Meta-Diskussion draus machen


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • "Auf der Grundlage einer einzigen, aus dem Zusammenhang zitierten Textstelle wurde der Buddha zum pragmatischen Empiriker stilisiert, der jegliche festen Lehr- und Glaubenssätze ablehne, und dessen Dhamma einfach eine Art Sammelkiste mit freidenkerischen Wahrheiten sei, aus der jedermann annehmen oder verwerfen könne, was ihm beliebe."(BB)


    Cool ! Wie wahr ! :)


    Aber ich glaube, der Onda ist nicht so überzogen freidenkerisch drauf;
    und Theravada hat nicht die "Insel der wahren Texte" gepachtet.
    An dem Punkt wirds menschlich und sanghatechnisch gruselig: Da heißt es oft:
    "Wie du das siehst, mangelt dir die Eintrittskarte".


    Nicht gut ! :|

  • Jungs,


    ich finde die inhaltliche Auseinandersetzung viel zu spannend, als dass Ihr allzu lange auf der Metaebene boxen solltet!
    Dies bitte als Bitte eines mitlesenden Users zu verstehen und nicht als Ordnungsruf eines Mods – danke!


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Bkikkhu Bodhi:

    "Auf der Grundlage einer einzigen, aus dem Zusammenhang zitierten Textstelle wurde der Buddha zum pragmatischen Empiriker stilisiert,


    Genau so sehe ich den Buddha: als Pragmatiker und als Empiriker.
    Diese empirische Qualität des Buddha-Dharma hat mich schon immer fasziniert, dieses genaue Hinschauen, dieses In-SIch-Hineinschauen, alles achtsam Mitbekommen...


    Bkikkhu Bodhi:

    der jegliche festen Lehr- und Glaubenssätze ablehne,


    Hier wird BB polemisch. Wer die eigene Erfahrung in den Mittelpunkt stellt (und genau das macht der Buddha, dazu lädt er ein), muss nicht zwangsläufig Lehren und Glaubenssätze ablehnen, er hat nur ein anderes Verhältnis zu ihnen. Er stellt sie auf den Prüfstand.


    Bkikkhu Bodhi:

    und dessen Dhamma einfach eine Art Sammelkiste mit freidenkerischen Wahrheiten sei, aus der jedermann annehmen oder verwerfen könne, was ihm beliebe.

    .


    Das ist natürlich reichlich überzogen. Der Buddha-Dharma ist eine Lehre, die zum Überprüfen einlädt. Verifizieren lässt sie sich nur in der Überprüfung. Das hat mit Beliebigkeit nichts zu tun. Im Kern des Buddha-Dharma steht die Praxis. Ohne Praxis kein Buddha-Dharma. Die Richtschnur für die Praxis ist der Achtfache Pfad. Und im Zentrum steht da: Die Dinge so sehen, wie sie sind. Den Geist beruhigen. Den Geist beobachten. Die Identifikation mit den Inhalten des Geistes (das Schaffen von Ich-Mir-Mein) loslassen. Loslassen. Ein ganz klarer Weg, fern von Beliebigkeit.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Der Buddha tat diese Worte aus dem Wissen heraus, dass seine Lehre jeder Überprüfung stand hält, die der Andersgläubigen aber nicht.
    Riten, Zaubersprüche, Rituale der Brahmanen führen nicht zur Freiheit von dukkha. Desweiteren waren die Brahmanischen Lehren für den Normalo nicht überprüfbar, da es sich um eine Gewinnbringende Geheimlehre handelte. Jedes Ritual kostete und so wurden die Rituale immer komplizierter und geheimnisvoller, damit die lukrative Brahmanenmonopolstellung (bis heute) erhalten blieb.


    Die wenigsten werden allerdings auch das was der Buddha lehrte bis ins Letzte überprüfen können. Vieles ist leicht und direkt überprüfbar. Aber der überweltliche Pfad eben nicht für jeden. Da kommt dann nach anfänglicher Prüfung Vertrauen (saddhā) ins Spiel. Ansonsten obsiegt der skeptische Zweifel, die Zweifelssucht, ein Hemmnis und man kommt nie in die Pötte.


    Leider wurden im Laufe der Jahrhunderte aus den für den Weltling nicht überprüfbaren Dingen wieder Riten, Rituale, Geheimlehren und viel Aberglauben fabriziert.


    Übrigens konnte der Buddha ganz schön fuchsig werden, wenn seine Mönche A-Dhamma verbreiteten. Ich verweise da wieder auf die Mahavagga (Die große Gruppe).
    Die ist voller Rügen und heftigen Aussprüchen des Buddha diesbezüglich. Mogha-purisa (m Dummkopf, „Blödmann“) ist so ein nettes Wort das dort auftaucht. :lol:




    ()

  • Da wird unterschieden zwischen zwei Arten des Zweifels:


    Zitat

    kankhā, 'Zweifel',
    mag entweder intellektueller oder ethischer Natur sein, d.i. methodischer Zweifel oder skeptischer Zweifel, welch letzterer identisch ist mit vicikicchā. Nur der skeptische Zweifel (=vicikicchā) ist verwerflich und karmisch unheilsam, da er das Denken lähmt und die innere Entwicklung des Menschen hemmt.
    http://www.palikanon.com/wtb/kankha.html


    Intellektueller oder methodischer Zweifel bedeutet dann wohl dieses von Onda zitierte:

    Zitat

    "Geht nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, (*1) nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters!"


    Der Zweifel schwindet erst

    Zitat

    Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.


    Skeptischer Zweifel ist dann die Fessel der Zweifelsucht, die Sukha zitiert hat:




    Sukha:

    Die wenigsten werden allerdings auch das was der Buddha lehrte bis ins Letzte überprüfen können. Vieles ist leicht und direkt überprüfbar. Aber der überweltliche Pfad eben nicht für jeden. Da kommt dann nach anfänglicher Prüfung Vertrauen (saddhā) ins Spiel.


    Der methodische Zweifel besteht dann wohl noch mit den fünf jenseitigen Fesseln (Begehren nach feinkörperlichem Dasein, Begehren nach unkörperlichem Dasein, Dünkel, Aufgeregtheit, Nichtwissen), weil ja die noch nicht völlig erkannt und damit abgelegt sind.


    Ich denke mal Vertrauen ist begleitende Voraussetzung vom Anfang bis zum Ende des Pfades, mit einem Mindestmaß an Vertrauen beginnt man sich mit der Lehre zu befassen, und es wächst immer mehr bis es in der endgültigen Befreiung nicht mehr benötigt wird, weil keine Unwissenheit mehr besteht.


    Ohne Vertrauen führt der Zweifel zu Nihilismus - man kann alles anzweifeln. Deshalb denke ich kommt man um den Glauben, dem Vertrauen, dass es das ungewordene Nibbana gibt, nicht herum. Es ist es aber wert, alles daran zu setzen.


    Naja ein paar Überlegungen dazu, weiß nicht wie sie ausgefallen sind, ist auch schon spät.

  • Das Problem ist doch dass es keine wirklich Trennlinie zwischen "methodischem Zweifel" und "Zweifelsucht" gibt. Es ist ein fließender Übergang. Ich selber ertappe mich immer wieder dabei Dingen die ich "methodisch" hinterfragt habe und zu für mich befriedigenden Antworten gekommen bin nach einiger Zeit wieder zu hinterfragen. Ich zweifle meine eigene Erfahrung an. Ist das jetzt schon Zweifelsucht? Oder nur eine, aus weiterer Beschäftigung mit dem Dhamma entstandene, noch detailliertere methodische Untersuchung? Da spielt auch die Tagesform hinein. Wenn ich glücklich und zufrieden bin stellen sich manche Fragen schlicht nicht, wenn ich mies drauf bin zweifele ich jede Winzigkeit an und verfange mich in Gedankenspiralen. Ist das dann Zweifelsucht? Oder "genieße" ich hier nur gerade eine Form von Dukkha und nutze diese Gelegenheit zu methodischem Zweifel?


    Das Kalama-Sutta ist für mich immer eine passende Ausrede jede meiner Zweifelphasen zu legitimieren. "Der Buddha hat doch gerade zu Zweifel aufgerufen" sage ich mir selber. Und wische somit das Argument von Zweifelsucht vom Tisch. Einen Tag später sehe ich das dann wieder anders. Sollte ich deshalb das Sutta ganz vergessen? Weil es, für mich, mehr als Entschuldigung für mein Verhalten dient als dass es erhellt? Bzw. seine erhellende Wirkung gehabt hat und nun eine negative Wirkung entfaltet.


    Die Gefahr dieses Sutta als Legitimation für eine "Sammelkiste freidenkerischer Wahrheiten" herzunehmen erkenne ich regelmäßig am eigenen Leib und kann deshalb Bhikkhu Bodhi nur recht geben. Aber es ist halt zu verführerisch. Man sollte sich also nicht wundern dass es eben so genutzt wird.


    Was ich oben geschrieben habe reisst eine Frage an die mich schon länger beschäftigt. Einen eigenen Thread dazu mag ich nicht selber aufmachen aber vielleicht gibt es hier ein paar Meinungen dazu: Kann man sich wirklich ernsthaft mit dem Dhamma beschäftigen ohne seine eigenen psychischen Grenzen auszutesten? Ich habe den Eindruck ich komme immer mehr an mein Eingemachtes. Das ist faszinierend weil ich dabei eine Menge lerne, aber auch beängstigend weil ich Dinge sehe die das (weltliche) Leben nicht gerade einfacher machen. Zeitweise empfinde ich Ignoranz als eine erstrebenswerte Wohltat. Schlicht ist es nicht möglich einmal Gesehenes zu vergessen ...

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.

  • Bambus:

    Was ich oben geschrieben habe reisst eine Frage an die mich schon länger beschäftigt. Einen eigenen Thread dazu mag ich nicht selber aufmachen aber vielleicht gibt es hier ein paar Meinungen dazu: Kann man sich wirklich ernsthaft mit dem Dhamma beschäftigen ohne seine eigenen psychischen Grenzen auszutesten?


    Erst einmal lieber Bambus fällt der Skeptische Zweifel erst beim Stromeingetretenen weg. Bis dahin wirst Du immer wieder damit leben müssen. Es kommt halt immer wieder darauf an, wie Du damit umgehst. Heilsam oder unheilsam. Unheilsam wäre z.B. sich darin (Zweifel) zu ergehen.


    Da bleibt nur immer wieder das achtsame Beobachten, wie Du es ja auch machst.


    Bambus:

    Ich habe den Eindruck ich komme immer mehr an mein Eingemachtes. Das ist faszinierend weil ich dabei eine Menge lerne, aber auch beängstigend weil ich Dinge sehe die das (weltliche) Leben nicht gerade einfacher machen.


    Es wird Zeit für einen guten persönlichen Lehrer, der Dir prakmatische Tipps geben kann. Der Dir auch helfen kann Ordnung in Dein "Geist-System" zu bringen, dass dann auch Alltagstauglich ist.
    Zu schnell kann man den "Bodenkontakt" verlieren und das führt nur wieder zu dukkha. :doubt:
    Mit "nur lesen" stößt man irgendwann an seine Grenzen. Die meisten zumindestens.


    „Wenn bei einem Eifrigen, Meditierenden, Edlen,
    wirklich die Wahrheit entsteht,
    dann schwinden ihm die Zweifel alle,
    denn er erkennt die Ursächlichkeit der Dinge.“
    (Mahavagga)


    ()

  • Bambus:

    "Der Buddha hat doch gerade zu Zweifel aufgerufen" sage ich mir selber..


    Ich lese das Sutra weniger als einen Aufruf zum Zweifel als einen Aufruf zum persönlichen Überprüfen der Lehre ("Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt..."). *


    Ob eine spirituelle Lehre etwas taugt oder nicht taugt, ist rein auf der Ebene der rationalen Beurteilung ("nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien") nicht zu eruieren. Erst die konkrete Praxis, die dann auch teilweise den Bereich des Rationalen überschreitet, bringt zu Tage, ob eine Lehre heilsam oder nicht heilsam ist.


    LG
    Onda


    * Bhikkhu Bodhi: "...obgleich die Lehrrede gegenüber dogmatischen Erlassen und der Forderung nach blindem Glauben gewiss einen energischen Aufruf zur vorurteilsfreien Prüfung darstellt..."

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Bambus:

    Das Problem ist doch dass es keine wirklich Trennlinie zwischen "methodischem Zweifel" und "Zweifelsucht" gibt.


    Die Trennlinie ist eben dort, wo der Zweifel "das Denken lähmt und die innere Entwicklung des Menschen hemmt", da beginnt der skeptische Zweifel,
    der bleibt bei der Unentschiedenheit stehen. Der methodische Zweifel ist ein Mittel auf der Suche nach gesichertem Wissen um Irrtümer auszuschließen.


    Bambus:

    Kann man sich wirklich ernsthaft mit dem Dhamma beschäftigen ohne seine eigenen psychischen Grenzen auszutesten?


    Denke es geht dabei darum, die psychischen Grenzen zu überwinden.

  • Bambus:


    Was ich oben geschrieben habe reisst eine Frage an die mich schon länger beschäftigt. Einen eigenen Thread dazu mag ich nicht selber aufmachen aber vielleicht gibt es hier ein paar Meinungen dazu: Kann man sich wirklich ernsthaft mit dem Dhamma beschäftigen ohne seine eigenen psychischen Grenzen auszutesten? Ich habe den Eindruck ich komme immer mehr an mein Eingemachtes. Das ist faszinierend weil ich dabei eine Menge lerne, aber auch beängstigend weil ich Dinge sehe die das (weltliche) Leben nicht gerade einfacher machen. Zeitweise empfinde ich Ignoranz als eine erstrebenswerte Wohltat. Schlicht ist es nicht möglich einmal Gesehenes zu vergessen ...


    Hallo Bambus,


    Was heißt für Dich: "mit dem Dhamma beschäftigen ? " Warscheinlich die Schriftform und die Mediation ?!


    Meiner Erfahrung nach, kann man nicht tief einsteigen und gleichzeitig so ein Haushälterleben führen,
    deshalb flüchte ich regelmäßig aus dem Zendo und dann falle ich buchstäblich wieder zurück,
    weil ich ein tiefes Bedürfnis nach Rückzug bekomme, dem ich nicht entsprechen kann;
    man hat diese innere Stille und "mehr" und alles sagt einem: lass jetzt nicht nach.
    Das Problem ist, daß ich jegliches Interesse an "weltlichen" Dingen verliere,
    weil ich nicht mehr dieses Streben und diese Abwehr habe; weder erfreut mich etwas äußeres, noch berührt es mich unangenehm- das ist aber
    die Voraussetzung für Handlungen. Man kann in einem meditativen Zustand in einem Kinderzimmer stehen,
    aber man fühlt sich fehl am Platz.
    Was die harten Sachen angeht, diese Erschütterung, das führt bei mir zu permanente Schuldgefühlen, weil ich weiß,
    was ich zutun habe, aber es nicht kann ( Entsagung- geistig und weltlich ), auf der "positiven" Seite zu Demut, aber auch Furcht.
    Das sind nur ein paar Zeilen, die nicht ausdrücken, was ich erfahre, weil das hier nicht her gehört.


    Meiner Meinung nach kann man sich nicht ernsthaft mit dem Dhamma "beschäftigen", ohne
    1. seine psychischen Grenzen auszuloten, allerdings wird die Psyche stabiler mit den Jahren,
    das Stärkende wechselt sich mit gewissen Einsichten ab; wenn die Einsicht zu intensiv war,
    muß man auf jeden Fall in eine Form elastischer Konzentration finden; das geistige muß eingebettet sein ins körperliche; diese Ganzheit lehrt ja auch der Buddha
    2. das Alltägliche zu verlassen; mittlerweile glaube ich aber, daß das karmisch seinen Sinn hat; auch die Ignoranz, auch die Ablenkung, noch nicht brechen zu können
    mit dem Alltäglichen, Gewohnheiten wieder aufzusuchen


    Aber eins hab ich irgenwie "gelernt"- wenn es einem grundsätzlich schlechter geht, stimmt etwas nicht an der Technik oder der Einstellung;
    normalerweise gerät "das System" nicht aus den Fugen.... ach, ich weiß auch nicht...jedenfalls brauchst du dich nicht zu sorgen um deine psyche...aber du solltest dich auf nichts mit gewalt fokusieren; was passieren kann ist eine überspannung durch härte in jeglicher hinsicht...weiß auch nicht wie ich das sagen soll... :|

  • Sukha:

    Es wird Zeit für einen guten persönlichen Lehrer, der Dir prakmatische Tipps geben kann. Der Dir auch helfen kann Ordnung in Dein "Geist-System" zu bringen, dass dann auch Alltagstauglich ist.


    Nur wachsen die leider nicht auf den Bäumen. Insbesondere nicht auf für mich in meiner aktuellen Lebenssituation erreichbaren.


    Das ist ein ganz eigenes Thema und ich fürchte die Möglichkeiten hier über das Forum Hilfe zu bekommen sind mehr als nur eingeschränkt. Ebenso bringt eine Diskussion dazu öffentlich recht wenig.


    Sukha:

    Zu schnell kann man den "Bodenkontakt" verlieren und das führt nur wieder zu dukkha. :doubt:
    Mit "nur lesen" stößt man irgendwann an seine Grenzen. Die meisten zumindestens.


    Sei Dir gewisse, ich weiß wie hart der Boden ist :D Ich grabe eher in den Untergrund als das ich abhebe ...


    Onyx9:

    Was heißt für Dich: "mit dem Dhamma beschäftigen ? " Warscheinlich die Schriftform und die Mediation ?!


    Ja. Wobei die subjektiv interessantesten Einsichten bzw. Entwicklungen außerhalb eines formalen Settings passieren. Aber gänzlich trennen kann man das eh nicht. Die Zeiten von Dhamma nach Stundenplan und die restliche Zeit Samsara in Reinkultur sind eh vorbei.


    Onyx9:

    Meiner Erfahrung nach, kann man nicht tief einsteigen und gleichzeitig so ein Haushälterleben führen,


    Du machst mir ja Mut ...


    Aber ich Danke Dir für Deine Worte. Vieles erkenne ich wieder.

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.

  • Wenn die Zeit reif ist zum weitergehen, wirst du das schon merken, ganz sicher.


    Aber ansonsten kommt man mit der Regional-Bahn mindestens bis zur Ostsee. Zur Weiterfahrt muss man dann allerdings auf die Fähre umsteigen. Der Stromeintritt ist da ja eine ganz tolle Sache für uns Haushälter :)


    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)