Visuddhi-Magga vs. Sutta-Piṭaka

  • blue_aprico:

    Vernichtungslaube, wie auch Ewigkeitsglaube hat "seine Ursache" nicht in intellektueller Spielerei.


    Was ist denn die Ursache? Wenn man einen kurzen Ausflug ins OT machen darf.

  • Zumwinkel:

    ... Der Buddha hat immer nur auf eine Art gelehrt - nämlich "der Wirklichkeit entsprechend"...


    Vollkommen korrekt. Daher geht weder der Buddha noch die Theravada-Tradition davon aus, dass eine der Wahrheiten "wahrer" ist als die andere. Nur weil es eine absolute Wahrheit gibt, ist die relative Wahrheit nicht auf einmal falsch. Genau dies ist aber der Fehler den einige andere Lehrer gemacht haben.


    Gruß
    Florian

  • Hallo Elliot,


    Elliot:

    Im Moment sieht es für mich so aus, dass im Sutta-Piṭaka die Existenz eines Selbst weder verneint, noch bejaht wird: Beide Ansichten werden verworfen...


    ist das jetzt eine neue Erkenntnis bei dir oder hast du das schon immer so gedacht? Und bist du irgendwie durch Georg Grimm beeinflusst? Und da ich gerade fleißig am Fragen bin: hast du den Visuddhimagga vollständig gelesen?


    Gruß
    Florian

  • bel:
    Elliot:

    Also gut, Du kennst im Sutta-Piṭaka also auch keine Stelle, in der paramatthena auftaucht.


    Und? Welche Schüsse willst du daraus ziehen?


    Gute Frage. Denn dies bedeutet halt mal gar nichts.


    Paramatthena ist der Instrumentalis und wenn man den Sutta-pitaka durchsucht nach paramatth° dann erhält man 72 Treffer. Allerdings befinden sich 17 davon im Milindapanha oder Petakopadesa und die würde ich daher abziehen. In Anguttara-nikaya 10.29 taucht paramattha auf. Auch in der Bedeutung 'am Höchsten', aber dennoch ein anderer Sinn. Aber schließlich geht es hier ja ums 'an Worte kleben', daher ist das nachrangig. Von den 72 Treffern gehen 30 Treffer auf paramattham, paramattho und paramatthena.


    Und welche Schlüsse ziehen wir jetzt daraus, sind wir in der Diskussion vorangekommen?


    Gruß
    Florian

  • mukti:

    Ja, "atta" umfasst demnach sowohl den Glauben an ein ewiges Selbst, als auch das vermeintliche Ichbewusstsein das man so gewöhnlich hat, schließe ich jedenfalls daraus.


    Das wäre mir neu.


    atta is Pali für Atman:


    Zitat

    Im Zeitalter der Upanishaden (750–500 v. Chr.) werden die Weltenseele Brahman und das individuelle Selbst, Atman, als Wesenseinheit begriffen, die das wahre Wesen der Welt repräsentiert. Dieses Eine werde im Kosmos als Brahman, im Einzelnen als Atman erkennbar. Als Ziel des Lebens gilt es hier, die Einheit von Atman und Brahman zu erkennen. Atman sei ständig existent und nie von der kosmischen Kraft, dem Brahman, getrennt, es verändere sich nicht. Die indogermanische Sprachwurzel von Atman ist im deutschen Wort „Atem“ wiedererkennbar (von ēt-men, siehe auch altenglisch æthm).


    (https://de.wikipedia.org/wiki/Atman)


    Atman/atta mit "Ichbewusstsein" zu übersetzen oder gleichzusetzen würde die Bedeutung wohl nicht ganz treffen.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • mukti:

    Ich denke mit "anderer Welt" ist eine Welt gemeint in der es wiederum Daseinsgruppen gibt, von einer "Welt" wird ja nur im Zusammenhang mit Daseinsgruppen gesprochen.


    Das ist was dran.


    Daseinsgruppen enstehen ja erst mit der Geburt eines Wesens und Vergehen auch wieder mit dem Tod eines Wesens:


    Zitat

    Die Geburt der Wesen in die verschiedenen Klassen der Lebewesen, ihr Geborenwerden, Herausstürzen aus dem Schoß, Erzeugung, die Manifestation der Daseinsgruppen, das Erlangen der Sinnesgrundlagen - dies wird Geburt genannt.


    Das Abscheiden der Wesen aus den verschiedenen Klassen der Lebewesen, ihr Dahinscheiden, Auflösen, Verschwinden, Sterben, Ablaufen der Zeit, Auflösung der Daseinsgruppen, Ablegen des Körpers - dies wird Tod genannt.


    (Majjhima Nikāya 9: Richtige Ansicht - Sammādiṭṭhi Sutta)


    Man könne also sagen: Ohne Wesen keine Daseinsgruppen.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • mukti:

    Also zusammengefasst: Die Daseinsgruppen sind kein Ich und kein Selbst, für außerhalb der Daseinsgruppen gilt "weder ein Selbst noch kein Selbst". Meinst du es so?


    Etwas genauer:


    In den Daseinsgruppen kann sich kein Atman finden lassen, den ein Atman sollte (siehe oben) "ständig existent" und "unveränderlich sein". Daher:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Buddhaghosa:

    Nur weil es eine absolute Wahrheit gibt, ist die relative Wahrheit nicht auf einmal falsch. Genau dies ist aber der Fehler den einige andere Lehrer gemacht haben.


    Das war offenbar schon zu Zeiten des Buddha so:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Buddhaghosa:
    Elliot:

    Im Moment sieht es für mich so aus, dass im Sutta-Piṭaka die Existenz eines Selbst weder verneint, noch bejaht wird: Beide Ansichten werden verworfen...


    ist das jetzt eine neue Erkenntnis bei dir oder hast du das schon immer so gedacht?


    Das habe ich immer so verstanden bisher, warum?


    Buddhaghosa:

    Und bist du irgendwie durch Georg Grimm beeinflusst?


    Nein, kenne ich nicht.


    Buddhaghosa:

    Und da ich gerade fleißig am Fragen bin: hast du den Visuddhimagga vollständig gelesen?


    Nein, noch nicht.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Buddhaghosa:

    In Anguttara-nikaya 10.29 taucht paramattha auf. Auch in der Bedeutung 'am Höchsten', aber dennoch ein anderer Sinn. Aber schließlich geht es hier ja ums 'an Worte kleben', daher ist das nachrangig. Von den 72 Treffern gehen 30 Treffer auf paramattham, paramattho und paramatthena.


    Und welche Schlüsse ziehen wir jetzt daraus, sind wir in der Diskussion vorangekommen?


    Ja, ist denn eine Stelle dabei wo Du sagst: Hier wird paramattham, paramattho und paramatthena genau in dem gleichen Sinn verwendet wie im Visuddhi-Magga?


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:
    mukti:

    Ja, "atta" umfasst demnach sowohl den Glauben an ein ewiges Selbst, als auch das vermeintliche Ichbewusstsein das man so gewöhnlich hat, schließe ich jedenfalls daraus.


    Das wäre mir neu.


    atta is Pali für Atman:
    .....


    Nun ja, "atta" mag sich nur auf ein ewiges Selbst beziehen. Jedenfalls gibt es auch kein zeitweiliges Ich nach dem Sutta-Pitaka - die Daseinsgruppen bin ich nicht. Von daher sehe ich keinen Widerspruch zum Visuddhi Magga:


    Zitat

    Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da.
    Bloß Taten gibt es, doch kein Täter findet sich.
    Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann.
    Den Pfad gibt es, doch keinen Wand'rer sieht man da.


    (http://www.palikanon.com/visuddhi/vis16 ... #vis_xvi13)


    Davon sind wir ausgegangen. Keine Identität mit den Daeinsgruppen, kein Leidender usw., ist ja klar.

  • Elliot:
    mukti:

    Also zusammengefasst: Die Daseinsgruppen sind kein Ich und kein Selbst, für außerhalb der Daseinsgruppen gilt "weder ein Selbst noch kein Selbst". Meinst du es so?


    Etwas genauer:


    In den Daseinsgruppen kann sich kein Atman finden lassen, den ein Atman sollte (siehe oben) "ständig existent" und "unveränderlich sein". Daher:


    Es kann sich in den Daseinsgruppen aber auch kein Ich finden lassen, wie es ausdrücklich heißt im Sutta Pitaka - "Das bin ich nicht". Und es lässt sich weder innerhalb noch außerhalb der Daseinsgruppen ein Selbst oder Atta oder Atman finden - "Anatta".

  • mukti:
    Elliot:


    Etwas genauer:


    In den Daseinsgruppen kann sich kein Atman finden lassen, den ein Atman sollte (siehe oben) "ständig existent" und "unveränderlich sein". Daher:


    Es kann sich in den Daseinsgruppen aber auch kein Ich finden lassen, wie es ausdrücklich heißt im Sutta Pitaka - "Das bin ich nicht".


    Also, ganz sicher gibt und gab es ("Ich"-)Bewusstsein als Teil der Daseinsgruppen. Aber das Mantra der Bihhkus lautete:


    Zitat

    "N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā":
    'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Atman'


    Insbesondere auch in Bezug auf dieses ("Ich"-)Bewusstsein:



    Was bedeutete ahaṃkāra-mamaṃkāra-mānānusayā zur Zeit des Buddha?


    Zitat

    Ahamkara (Sanskrit: अहंकार, ahaṃkāra, seltener auch ahaṅkāra) ist ein Sanskrit-Ausdruck, der sich in der hinduistischen Philosophie auf das Ich-Bewusstsein oder die Ich-Funktion bezieht. Der Begriff besteht aus den Bestandteilen ahaṃ ("ich") und kāra ("machend", von der Wurzel kṛ, "tun"). Er wird mit "Ich-Macher" oder mit "Ego" übersetzt. Gemeint ist das Ich-Bewusstsein oder Identitätsbewusstsein einer Person rein als solches, also ohne Bezug zu ihren konkreten persönlichen Merkmalen oder zu besonderen Inhalten ihrer Lebenserfahrung. Ahamkara ist ein Individuationsprinzip, die Ursache eines (wenn auch illusionären) eigenständigen, separaten Daseins oder genauer: der irrigen Vorstellung von einem solchen Dasein. Auf Ahamkara beruht die Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt. Der Begriff Ahamkara kommt schon an drei Stellen in den Upanishaden vor; dort ist etwas von der Seele Hervorgebrachtes gemeint.


    (https://de.wikipedia.org/wiki/Ahamkara)


    Also:


    Zitat

    "N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā":
    'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Atman'


    Als Kontrapunkt zu diesen "so'ham-asmi-(Dies-bin-ich-)Mottos" der konkurrierenden Schulen zur Zeit des Buddha, hier beispielsweise aus der Chandogya Upanishad:



    Anders als der Atman ist der Purusha ein Konzept aus der Samkhya-Philosophie:


    Zitat

    "In dem klassischen System des Samkhya wird die Welt auf zwei ewige Prinzipien zurückgeführt. Dies sind die unbewusste, aktive Urnatur (Prakriti) einerseits und die Vielzahl der geistig bewussten, individuellen Geistmonaden (Purusha) andererseits. Da in der empirischen Welt eine Vielzahl von Individuen existieren, geht die Philosophie des Samkhya von einer unendlichen Zahl von Geistmonaden aus. Der Purusha ist seinem Wesen nach reines Bewusstsein, ein ewiges Subjekt, das nie Objekt werden kann. Es erfreut sich an dem Spiel der sich entfaltenden Prakriti." (http://de.wikipedia.org/wiki/Purusha)


    Die Existenz von Bewusstsein wurde also nie angezweifelt, nur seine Bedeutung über das Dasein hinaus:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • mukti:
    Zitat

    Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da.
    Bloß Taten gibt es, doch kein Täter findet sich.
    Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann.
    Den Pfad gibt es, doch keinen Wand'rer sieht man da.


    (http://www.palikanon.com/visuddhi/vis16 ... #vis_xvi13)


    Davon sind wir ausgegangen. Keine Identität mit den Daeinsgruppen, kein Leidender usw., ist ja klar.


    Und das ist etwas zu kurz gesprungen, denn so wie es da steht oder übersetzt wurde, gibt es die eine extreme Ansicht der Nicht-Existenz eines Wesens oder einer Person wieder.


    Und da heißt es ganz klar im Sutta-Piṭaka:


    Zitat

    "Ānanda, es gibt vier Arten von Personen, die man in der Welt finden kann. Welche vier? ...."


    "... Darin, Ānanda, was die Person ( puggalo ) anbelangt, die da Lebewesen tötet, nimmt, was nicht gegeben wurde, Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen übt, die Unwahrheit spricht, gehässig spricht, grobe Worte äußert, schwätzt; die habgierig ist, einen Geist voller Übelwollen hat, und falsche Ansicht hat, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode an einem glücklichen Bestimmungsort wiedererscheint, ja sogar in der himmlischen Welt: entweder hat sie früher eine gute Handlung begangen, die als angenehm gefühlt werden muß, oder sie hat später eine gute Handlung begangen, die als angenehm gefühlt werden muß, oder sie hat zum Zeitpunkt des Todes richtige Ansicht erworben und angenommen. Aufgrund dessen ist sie bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode an einem glücklichen Bestimmungsort wiedererschienen, ja sogar in der himmlischen Welt. Aber da sie hier Lebewesen getötet hat, genommen, was nicht gegeben wurde, Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen geübt, die Unwahrheit gesprochen, gehässig gesprochen, grobe Worte geäußert, geschwätzt hat; da sie habgierig gewesen ist, einen Geist voller Übelwollen gehabt hat und falsche Ansicht gehabt hat, wird sie das Ergebnis davon entweder hier und jetzt, oder in ihrer nächsten Geburt oder in irgendeiner der folgenden Existenzen erleben."


    (Majjhima Nikāya 136: Die längere Darlegung zu den Handlungen - Mahākammavibhaṅga Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da....


    Da ist halt die erwachte Sichtweise( "höhere Wahrheit" ) eines Herzensbefreiten. Und dies war sein "Werdegang":


    Zitat

    Er erweckt Antrieb in sich, und er bemüht sich um die Verwirklichung jener anderen Zustände, die höher und erhabener sind als Zugewinn, Ehre und Ruhm; er erschlafft nicht und läßt nicht nach. Er erlangt Sittlichkeit. Er ist über jenes Erlangen von Sittlichkeit erfreut, aber seine Absicht hat sich nicht erfüllt. Aufgrund dessen lobt er sich nicht selbst und würdigt andere nicht herab. Er erweckt Antrieb in sich, und er bemüht sich um die Verwirklichung jener anderen Zustände, die höher und erhabener sind als Sittlichkeit; er erschlafft nicht und läßt nicht nach. Er erlangt Konzentration.....


    Es heißt ja sogar:

    Zitat

    "Ein Streit über die Lebensweise und über die Pātimokkha-Regeln wäre nur eine Geringfügigkeit, Ānanda. Aber wenn ein Streit in der Sangha über den Pfad oder den Weg [4] ausbrechen sollte, so ein Streit wäre zum Schaden und Unglück vieler, zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen."


    Sittlichkeit/ Tugend ist nicht das Kernholz, sondern 'Entsagung' - Loslassen ( sogar. des Loslassens ) - 'Läuterung'


    Zitat

    Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Menschen<; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Wald<. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität...' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.'

  • Moin Elliot,


    Elliot:
    Buddhaghosa:


    ist das jetzt eine neue Erkenntnis bei dir oder hast du das schon immer so gedacht?


    Das habe ich immer so verstanden bisher, warum?


    weil ich mich nicht daran erinnern kann, so etwas von dir schon einmal gelesen zu haben. Für mich klingt das bisher sehr nach Pudgalavada oder eben Georg Grimm. Da du der Einzige bisher hier ist, der sich gegen dieses eine Visuddhimagga-Zitat stellst, ist dies vielleicht deiner Anatta-Interpretation geschuldet. Gibt es für dich ein Atman außerhalb der Daseinsfaktoren?


    Elliot:
    Buddhaghosa:

    In Anguttara-nikaya 10.29 taucht paramattha auf. Auch in der Bedeutung 'am Höchsten', aber dennoch ein anderer Sinn. Aber schließlich geht es hier ja ums 'an Worte kleben', daher ist das nachrangig. Von den 72 Treffern gehen 30 Treffer auf paramattham, paramattho und paramatthena.


    Und welche Schlüsse ziehen wir jetzt daraus, sind wir in der Diskussion vorangekommen?


    Ja, ist denn eine Stelle dabei wo Du sagst: Hier wird paramattham, paramattho und paramatthena genau in dem gleichen Sinn verwendet wie im Visuddhi-Magga?


    Das ist dann deine Aufgabe. Mich interessiert die Antwort nicht, weil ich das Konzept, was der Begriff beschreibt, über und über im Sutta-pitaka finde. Auch wenn es anders benannt ist. mukti hat hier ja schon geliefert. Den Menschen ist ja schon immer der Apfel auf den Kopf gefallen. Auch ohne den Begriff Gravitation.


    Gruß
    Florian

  • blue_aprico:

    Da ist halt die erwachte Sichtweise( "höhere Wahrheit" ) eines Herzensbefreiten. Und dies war sein "Werdegang":


    Zitat

    Er erweckt Antrieb in sich, und er bemüht sich um die Verwirklichung jener anderen Zustände, die höher und erhabener sind als Zugewinn, Ehre und Ruhm; er erschlafft nicht und läßt nicht nach. Er erlangt Sittlichkeit. Er ist über jenes Erlangen von Sittlichkeit erfreut, aber seine Absicht hat sich nicht erfüllt. Aufgrund dessen lobt er sich nicht selbst und würdigt andere nicht herab. Er erweckt Antrieb in sich, und er bemüht sich um die Verwirklichung jener anderen Zustände, die höher und erhabener sind als Sittlichkeit; er erschlafft nicht und läßt nicht nach. Er erlangt Konzentration.....


    Ja, genau. Sittlichkeit ist nur ein Teil des achtfachen Pfades, samma samadhi gehört eben auch dazu.


    Weswegen natürlich die Sittlichkeit niemals wegfällt oder überflüssig wird:



    Es gibt sogar "höhere Sittlichkeit" ( adhi-sīle ):



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Buddhaghosa:

    Für mich klingt das bisher sehr nach Pudgalavada.


    Nein, das ist wieder eine andere Richtung:


    Zitat

    Die Pudgalavāda war eine von Vatsiputra (3. Jh. v. Chr.) gegründete Schule des Buddhismus. Von der offiziellen Lehre abweichend, soll Vatsiputra versucht haben, den Begriff der »Person« (Sanskrit: pudgala) als eigene Realität in die Lehre einzubringen. Die Person als solche setzt sich zwar aus ihren körperlichen Teilen zusammen, hat aber darüber hinaus als Ganzheit eine eigene, darüber hinaus gehende Existenz. Weil diese These der allgemeinen Lehre vom Nicht-Selbst widersprach, wurde die Pudgalavāda von anderen orthodoxen Schulen abgelehnt. Dennoch entfaltete sie sich zu großer Blüte und konnte sich bis ins 7. Jh. behaupten. Ihr wichtigster Zweig war die Sammatiya, die zu Beginn des 7. Jh. die größte buddhistische Schule in Indien war. Der Pudgalavada erlosch mit dem Erstarken der brahmanischen (hinduistischen) Gegenmission und dem allmählichen Niedergang des Buddhismus in Indien. Die Lehren der Pudgalavāda sind nur in wenigen chinesischen Texten sowie in einigen kritischen Stellungnahmen anderer Schulen erhalten.


    (https://de.wikipedia.org/wiki/Pudgalavada)


    Ein Pudgalavadim würde vermutlich sagen, diese Person und die Person in der nächsten oder einer späteren Existenz sind ein und dieselbe:


    Zitat

    "Ānanda, es gibt vier Arten von Personen, die man in der Welt finden kann. Welche vier? .... Darin, Ānanda, was die Person ( puggalo ) anbelangt, die da Lebewesen tötet, nimmt, was nicht gegeben wurde, Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen übt, die Unwahrheit spricht, gehässig spricht, grobe Worte äußert, schwätzt; die habgierig ist, einen Geist voller Übelwollen hat, und falsche Ansicht hat, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode an einem glücklichen Bestimmungsort wiedererscheint, ja sogar in der himmlischen Welt: entweder hat sie früher eine gute Handlung begangen, die als angenehm gefühlt werden muß, oder sie hat später eine gute Handlung begangen, die als angenehm gefühlt werden muß, oder sie hat zum Zeitpunkt des Todes richtige Ansicht erworben und angenommen. Aufgrund dessen ist sie bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode an einem glücklichen Bestimmungsort wiedererschienen, ja sogar in der himmlischen Welt. Aber da sie hier Lebewesen getötet hat, genommen, was nicht gegeben wurde, Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen geübt, die Unwahrheit gesprochen, gehässig gesprochen, grobe Worte geäußert, geschwätzt hat; da sie habgierig gewesen ist, einen Geist voller Übelwollen gehabt hat und falsche Ansicht gehabt hat, wird sie das Ergebnis davon entweder hier und jetzt, oder in ihrer nächsten Geburt oder in irgendeiner der folgenden Existenzen erleben."


    (Majjhima Nikāya 136: Die längere Darlegung zu den Handlungen - Mahākammavibhaṅga Sutta)


    Aber diese Ansicht wird im Sutta-Piṭaka als eines von zwei Extremen abgelehnt:


    Zitat

    "Behauptet man, der nämliche ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet,' so gibt es einen, der von Anbeginn da ist; sagt man von dem aus: ,Dukkha ist selbstverursacht, so kommt man damit auf ein ewig Dauerndes hinaus. - Behauptet man, ein anderer ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet', so gibt es einen, der von Empfindung betroffen ist. Sagt man von dem aus, ,Dukkha ist von einem anderen verursacht', so kommt man damit auf völlige Vernichtung [des ersteren] hinaus.


    Diese beiden Enden vermeidend, Kassapa, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: "Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein; aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form; aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung; aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung; aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst; aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen; aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden; aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt; aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins; aus der Aufhebung des Bewußtseins folgt Aufhebung von Name und Form; aus der Aufhebung von Name und Form folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche; aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung; aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung; aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes; aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens; aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens; aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt; durch Aufhebung der Geburt werden Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande."


    (Samyutta Nikaya 12.17. "Der Nacktgänger" - 7. Acelakassapa Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    "Behauptet man, der nämliche ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet,' so gibt es einen, der von Anbeginn da ist; sagt man von dem aus: ,Dukkha ist selbstverursacht, so kommt man damit auf ein ewig Dauerndes hinaus. - Behauptet man, ein anderer ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet', so gibt es einen, der von Empfindung betroffen ist. Sagt man von dem aus, ,Dukkha ist von einem anderen verursacht', so kommt man damit auf völlige Vernichtung [des ersteren] hinaus.


    Diese beiden Enden vermeidend, Kassapa, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: "Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein; aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form; aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung; aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung; aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst; aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen; aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden; aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt; aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins; aus der Aufhebung des Bewußtseins folgt Aufhebung von Name und Form; aus der Aufhebung von Name und Form folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche; aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung; aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung; aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes; aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens; aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens; aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt; durch Aufhebung der Geburt werden Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande."
    (Samyutta Nikaya 12.17. "Der Nacktgänger" - 7. Acelakassapa Sutta)


    Ja, weil es in "Mittlere Lehre" nicht um etwas Personales geht, sondern um Funktionales, jede Person gleichermaßen Betreffendes, mehr noch, etwas, was ohne interindividuelle Verbindung nicht existieren kann - eben Paticcasamuppada.

  • Buddhaghosa:

    Gibt es für dich ein Atman außerhalb der Daseinsfaktoren?


    Woran sollte ich so einen Atman erkennen können?


    Die Daseinsfaktoren haben ihre Grenzen, sie sind vergänglich, veränderlich und begrenzt durch Geburt und Tod eines Wesens, und was außerhalb dieser Grenzen liegt, ist wohl müßige Spekualation.


    Darin ergingen sich die Zeitgenossen und vielleicht sogar die brahmanischen Lehrer des Buddha zu genüge:



    Letztendlich hilft da zur Aufklärung wohl nur die Praxis:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Bewusstsein ist Teil der Daseinsgruppen, nicht Ich-Bewusstsein. Die Daseinsgruppen werden gewöhnlich als ein Ich angenommen - Ich bin der Körper und/oder der Geist - deshalb werden sie auch Anhaftungsgruppen genannt. Hier in M.109 erklärt der Buddha dass keine der 5 Daseinsgruppen Ein "Ich" ist, und wie dieses Ich-Machen und der Ich-Dünkel entsteht.


    Elliot:


    Was bedeutete ahaṃkāra-mamaṃkāra-mānānusayā zur Zeit des Buddha?
    .......


    Ahaṃkāra ist sowohl im Vedanta als auch im Buddhismus die irrige Annahme eines Ich. Der Vedanta lehrt ebenfalls dass keine Identität mit Körper/Geist besteht, genau wie der Buddha es anhand seiner Einteilung des Daseins in 5 Gruppen lehrt (Das bin ich nicht usw.) Der Vedanta lehrt aber darüber hinaus ein ewiges beständig gleichbleibendes, ursachloses Selbst - Atman. Und zwar der Dvaita Vedanta als eine separate Individualität und der Advaita Vedanta als Brahman, das unpersönliche Eine, was der Buddhalehre näher kommt. Im Palikanon steht auch dass Nibbana das Ungeborene, Ungeschaffene ist, aber es gibt dazu keine Definition als das Eine (alles ist Brahman), das der Vielfalt zugrunde läge. Der Buddha lehrt keine wie auch immer geartete Identität, im Gegensatz zum Vedanta: "Tat Tvam Asi" (das bist du).

  • Buddhaghosa:

    ... sind wir in der Diskussion vorangekommen?


    Elliot:

    Ja, ist denn eine Stelle dabei wo Du sagst: Hier wird paramattham, paramattho und paramatthena genau in dem gleichen Sinn verwendet wie im Visuddhi-Magga?


    Buddhaghosa:

    Das ist dann deine Aufgabe. Mich interessiert die Antwort nicht, weil ich das Konzept, was der Begriff beschreibt, über und über im Sutta-pitaka finde. Auch wenn es anders benannt ist. mukti hat hier ja schon geliefert.


    Mukti, hast Du Paramartha im Sutta-Piṭaka gefunden?


    Zitat

    Paramartha (Sanskrit: परमार्थ paramārtha m.) die höchste Wahrheit, spirituelle Erkenntnis, Wissen bzw. Erkenntnis von Brahman; Wahrheit, Wirklichkeit; die beste Bedeutung.


    (http://wiki.yoga-vidya.de/Paramartha)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    Die Daseinsfaktoren haben ihre Grenzen, sie sind vergänglich, veränderlich und begrenzt durch Geburt und Tod eines Wesens, und was außerhalb dieser Grenzen liegt, ist wohl müßige Spekualation.


    Ganz und gar nicht. Als "außerhalb der Grenzen eines Wesens" kann man ja das bezeichnen, was die Interaktion zwischen den Wesen betrifft. Und das ist sehr wohl der Analyse und Einsicht zugänglich.
    Witzigerweise ist ja auch die "sila"-Gruppe, als mittlere, (ver-)mittelnde, im Pfad angeordnet.

  • Elliot:


    Mukti, hast Du Paramartha im Sutta-Piṭaka gefunden?


    In welchem Zusammenhang Paramattha im Palikanon vorkommt habe ich nicht untersucht. Ich sehe in diesem Begriff wie er im Visddhi Magga verwendet wird wie gesagt dem Sinn nach keine Entstellung der Lehre des Palikanon.