Alzheimer und die Vergänglichkeit Nibbanas.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Ich bin wirklich baff erstaunt, wie viele Foristen des Butterlandes in Altenheimen mit Demenzkranken arbeiten. Vor allem müsst Ihr das schon über Jahrzehnte machen und einen wirklich guten Einblick in die Welt der Erkrankten haben, also in ihre Köpfe eindringen können. So was schafft man wohl bloß, wenn man schon kurz vor der Buddhaschaft ist, alle 10 Jhanastufen durchlaufen hat und überhaupt …
    Chapeau!


    Unsereiner muss sich halt weiter mit Windeln, Schreien, Schlagen, Kratzen, Füttern, Weglauftendenzen, Ängsten, überall verschmierter Kacke, Absaugen, Bettüberziehen, Dekubitusbehandlung, Duschen, Nachtstühlen … herumschlagen. Wahrscheinlich sehen wir das in unserer unerleuchteten Weise alles falsch, und das sind alles Handlungen von Menschen im Sosein, also Thatagatas.

    Das muss wohl noch dazu, vom etwa dreizehnten bis zum siebzehnten Lebensjahr war ich für den Haushalt und der Versorgung meiner meist bettlägerigen Mutter, einem nur am Wendende daseiendem Vater und meinen Geschwistern, 2, 6, 10, in immer größerem Umfang zuständig. Glaubst Du wirklich das ich das hätte schaffen können wenn ich nicht auf Mitgefühl umschaltet hätte? Also ich bin keiner der von dir angesprochenen Menschen.

  • accinca:
    IkkyuSan:

    Was abhängig entsteht (wie etwa Alzheimer) ist eingebunden in Nibbana, ohne es zu "verwirken".


    Ne, in Nibbana ist gar nichts eingebunden.
    Nibbāna ist wo Vorstellungen enden. Das Ende
    der Welt.

    Zitat

    doch sage ich, dass, ohne das Ende der Welt erreicht
    zu haben, dem Leiden kein Ende gemacht werden kann".(S 35, 116)


    "Das Ende der Welt"...was für ein Quatsch. Was abhängig erscheint, erscheint auch noch nach Nirvana, also ist es eingebunden, da "Leere ist Form - Form ist Leere". Nirvana löscht die Erscheinungen nicht aus, so auch nicht "die Welt". Die Aussage von Buddha ist metaphorisch zu verstehen, dort, wo die Vorstellungen über die Welt ihr Ende erreicht haben. Dann entsteht Welt-Nicht-Welt in Einklang. Das kann man dann auch ruhig mal vergessen, wenn man Alzheimer hat (:

  • Doris
    Das, was Du beschreibst, habe ich beim Schwiegervater (glücklicherweise) nicht erlebt. Ich kann und habe nur darüber geschrieben, was mir auffällig war und was ich in 6 Jahren täglich erlebte.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Doris Rasevic-Benz:

    Ich bin wirklich baff erstaunt, wie viele Foristen des Butterlandes in Altenheimen mit Demenzkranken arbeiten. Vor allem müsst Ihr das schon über Jahrzehnte machen und einen wirklich guten Einblick in die Welt der Erkrankten haben, also in ihre Köpfe eindringen können. So was schafft man wohl bloß, wenn man schon kurz vor der Buddhaschaft ist, alle 10 Jhanastufen durchlaufen hat und überhaupt …
    Chapeau!


    Unsereiner muss sich halt weiter mit Windeln, Schreien, Schlagen, Kratzen, Füttern, Weglauftendenzen, Ängsten, überall verschmierter Kacke, Absaugen, Bettüberziehen, Dekubitusbehandlung, Duschen, Nachtstühlen … herumschlagen. Wahrscheinlich sehen wir das in unserer unerleuchteten Weise alles falsch, und das sind alles Handlungen von Menschen im Sosein, also Thatagatas.


    Liebe Doris, wo liest du heraus das jemand sagt dies wären alles thatagatas? Ich dachte die Frage war eher inwieweit der Geist auf der Entwicklungsstufe bleibt die er vorher bereits erreicht hat wenn man trotz allem das traurige Karma hat diese Krankheit zu bekommen. Das was du beschreibst sind ja in der Regel Menschen, die in ihrem Leben nie praktiziert haben. Also sind sie natürlich in ihren störgefühlen verhaftet. Und das ein mitfühlender Geist in dieser Arbeit enorm wichtig ist, gerade um diese Menschen in ihren Panikattacken zu beruhigen kannst du sicher auch bestätigen. Dazu muss man nicht hoch verwirklicht sein.

  • jianwang:

    Doris
    Das, was Du beschreibst, habe ich beim Schwiegervater (glücklicherweise) nicht erlebt. Ich kann und habe nur darüber geschrieben, was mir auffällig war und was ich in 6 Jahren täglich erlebte.


    _()_


    Ich habe Dich auch nicht gemeint.
    Du hast einfach nur Deine Beobachtung beschrieben, ohne Spekulation.


    Was ich beschrieb, ist der Alltag in Heimen und wahrscheinlich auch daheim, und trifft auf die meisten Erkrankten zu.
    Natürlich gibt es auch die glücklichen Gesichter. Nils beschreibt das so schön. Manchmal berichtet mir das auch mein Mann, der in der Altenpflege mit Dementen in den letzten Stadien der Erkrankung arbeitet.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:


    Ich habe Dich auch nicht gemeint.
    Du hast einfach nur Deine Beobachtung beschrieben, ohne Spekulation.


    :hug:
    Ich fühlte mich auch nicht "angegriffen". Das würde ich Dir niemals unterstellen.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Nuovo:


    Liebe Doris, wo liest du heraus das jemand sagt dies wären alles thatagatas? Ich dachte die Frage war eher inwieweit der Geist auf der Entwicklungsstufe bleibt die er vorher bereits erreicht hat wenn man trotz allem das traurige Karma hat diese Krankheit zu bekommen. Das was du beschreibst sind ja in der Regel Menschen, die in ihrem Leben nie praktiziert haben. Also sind sie natürlich in ihren störgefühlen verhaftet. Und das ein mitfühlender Geist in dieser Arbeit enorm wichtig ist, gerade um diese Menschen in ihren Panikattacken zu beruhigen kannst du sicher auch bestätigen. Dazu muss man nicht hoch verwirklicht sein.


    Genau diese Frage kann niemand beantworten. Daher ist das alles müßige Spekulation. Brainfuck.
    Woher willst Du wissen, ob diese Leute nie praktiziert haben? Woher willst Du wissen, dass Erfahrung mit Meditation irgendwas ändern könnte?
    Wir wissen das schlicht nicht. Erst wenn wir selber dement werden. Und dann ist es uns vielleicht egal.


    Wenn ein Mensch mit Demenz sich die Kacke aus den Windeln holt und damit Wand und Boden beschmiert, so hat das sicher nichts mit Störgefühlen zu tun. Wenn jemand den Orientierungssinn verloren hat und deshalb umherirrt, dann sind die Ursache keine Störgefühle.


    Um zu helfen, muss man kein bisschen verwirklicht sein, weil es bereits Verwirklichung ist.


    Ich sehe Demenz nicht als trauriges Karma an, sondern als Erkrankung des Gehirns. Das hat nach meinem Verständnis nichts mit Karma zu tun.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.


  • Genau deswegen habe ich die Geschichte mit Lama purzela geschrieben. Weil es eben tatsächlich auch Berichte darüber gibt.
    Das was ich herauslese ist aber auch, dass wir eine unterschiedliche Auffassung von Karma und Störgefühlen haben. Ich bin der Meinung das die körperlichen Aspekte durchaus auch karmisch bedingt sind, genauso wie der Umgang mit Krankheiten, also wie wir darauf reagieren, damit zu tun hat wie wir mit unseren Gefühlen umgehen können. Ich hatte eine Bewohnerin im Heim die sich vorher mit Dharma beschäftigt hat und sie war wesentlich ruhiger und gefasster als viele andere. Diese Erfahrung war durchaus wichtig für mich. Die Kacke wie du es beschreibst war oftmals auch eine Form sich auszudrücken und zu "beschweren" was dir dein Mann sicher bestätigen kann. Wenn mir die Stimme fehlt sind noch Hände da um sich auszudrücken. Wenn ich, als Pflegerin, schnell genug war kam es gar nicht zu solchen Unfällen. (Da kommt man aber dann zu den allgemeinen Problemen in diesem Berufsfeld, das führt zu weit und ist ein ganz anderes Thema)...

  • Sicher gibt es die Fälle, die für die Aussenstehenden relativ unkompliziert zu sein scheinen. Es gibt sicher Erkrankte, die nicht die ganze Bandbreite der Symptome bekommen. Darunter kann auch jemand sein, der sich mit dem Dharma beschäftigt hat (was überhaupt nichts darüber aussagt, wieviel er verstanden hat). Aber wir können nicht einfach sagen, dass es so ist und über Dinge spekulieren, die wir nicht wissen.
    Es ist eine Erkrankung des Gehirns. Ich trau mich wetten, dass wenn einem als verwirklicht geltenden Menschen mit einer Sonde ein bestimmtes Hirnareal gereizt wird, dass er so reagiert wie jeder andere auch. Auch ein Verwirklichter mit Schlaganfall wird dieselbe halbseitige Lähmung erfahren, wie ein Normalo.
    Der Witz bei der ganzen Meditationsgeschichte ist ja, dass wir die Plastizität unseres Gehirnes nutzen. Wir trainieren bestimmte Hirnregionen. Aber wenn die kaputt gehen, und es biologisch nicht möglich ist, dass andere Regionen deren Aufgabe übernehmen können, dann ist das einfach weg. So wie einem der abgetrennte Arm nicht mehr anwächst, Erleuchtung hin oder her.
    Ob Übung in Meditation was gegen die Ängste bewirken kann? Wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass wir diese Areale künstlich stimulieren oder ruhigstellen können. Und das ist sicher nicht kontrollierbar, wenn da so eine Sonde drinsteckt.


    Was ich mir vorstellen kann, gerade wegen der Plastizität, dass bestimmte Gewohnheiten, die sehr sehr tief verankert wurden, und in Regionen liegen, die noch einigermaßen intakt sind, noch eine ganze zeitlang einigermaßen gut funktionieren können. So wie Demenzerkrankte noch gut Fähigkeiten abrufen können wie Lieder aus der Kindheit oder Tanzen. Aber irgendwann ist auch das weg oder zumindest gibt es keine Reaktionen mehr darauf. Wer weiß schon, was in so einem Kopf dann vorgeht?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Das ist sehr rational gedacht und tatsächlich etwas womit ich mich immer wieder beschäftige.
    Im Endeffekt kann man das was du schreibst auch dahingehend verstehen, dass wenn man stirbt nichts mitgenommen wird, weil alles nur im Gehirn gespeichert ist. Das würde aber vielem was ich über Dharma und Meditation gelernt habe wiedersprechen.
    Natürlich sind diese Dinge spekulativ und ich kann nicht aus meiner eigenen Erfahrung sprechen. Aber ist das nicht bei sehr vielen Aspekten gerade im Dharma so? Wenn ich mich daran halte, nur darüber zu sprechen und zu schreiben was ich selbst erfahren habe müsste ich wohl sehr still sein...
    Und andererseits wenn ich beobachte, dass meine eigenen Ängste durch Meditation abgebaut werden, kann ich dann nicht davon ausgehen, dass es bei anderen auch so ist? Das ist zumindest etwas was ich selbst erfahren habe und worüber ich mit absoluter Gewissheit schreiben kann...

  • @Nuovo

    Zitat

    Das würde aber vielem was ich über Dharma und Meditation gelernt habe wiedersprechen.

    was würde wer wohin mitnehmen?

    Zitat

    Und andererseits wenn ich beobachte, dass meine eigenen Ängste durch Meditation abgebaut werden, kann ich dann nicht davon ausgehen, dass es bei anderen auch so ist?


    Nein, kann man nicht.
    Und hast Du auch beobachtet, wie Deine Ängste vergingen? Durch Erkenntnisse/Erfahrungen oder durch nachgewiesen vorhandene psychisch positive Effekte von Tiefenmeditation. Dies setzen auch Therapeuten der Psychologie ein.


    _()_
    PS: Ich will Deine Erfahrungen nicht "schlecht" machen, doch gerade diese psychischen Effekte erlebte ich schon an mir selbst.

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    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend


  • Ich kann das mit dem einbinden von Zitaten (noch) nicht...
    Soweit ich es verstanden habe nehmen wir unsere taten aus vergangenen Leben sozusagen mit. Sicherlich kann man da auch viel herumphilosophieren und das genauer untersuchen und sicher auch besser begründen als ich das tue. Aber wenn dies der Fall ist, dann nimmt der bewusstseinsstrom auch meditationserfahrungen sowie unseren Umgang mit störenden Emotionen mit ins nächste Dasein. Auch wenn das Gehirn nicht mehr da ist. Sonst würde das Prinzip von Karma ja nicht greifen, oder?...
    Was die Angst betrifft. Ich bin absolut überzeugt, dass das die Psychologie auch kann und sie bedient sich ja auch sehr gerne z.b. der Achtsamkeitmeditation, gerade bei Angststörungen. Gerade weil inwischen auch Wissenschaften diese Dinge untersuchen brauchst du auch gar nicht genau meine Erfahrungen zu kennen um zu wissen, das Meditation hilft. :)

  • Interessant ist meiner Meinung nach auch das Thema, wie etwas Immaterielles wie Gedanken, zusammengefügt werden in ein materialistisches Weltbild mit dem Fleischstück Hirn. Gibt einige interessante Geistesphilosophien wie Thomas Nagel, die Bewusstsein nicht zwangsläufig materiell determiniert sehen wollen, was natürlich nicht heißen soll, das Bewusstsein zu trennen wäre vom Gehirn oder gar etwas magisches an sich haben soll.


    Finde dieses Video vom guten alten Harald Lesch ganz witzig, das diese Problematik anstreicht:


    https://www.youtube.com/watch?v=DZ7PT7ehPhg