Chrisly:Alles anzeigenIm Dzogchen liegt der Schwerpunkt auf dem was "Sicht" genannt wird.
Die Methoden wie man zur Sicht kommt wurden ja Eingangs bereits angedeutet und nun mag sich für manche die Gretchenfrage stellen: "Was ist denn die Sicht im Dzogchen?".
Ich will auf meine höchst subjektive und ganz persönliche Weise versuchen einen Hinweis zu geben:
Die Sicht zeigen kann niemand - die Sicht erfährt man nur ganz intim und unmittelbar, oder wie James es wohl ausdrücken würde "Der Dharmakaya ist für einen selbst; Samboghakaya und Nirmanakaya sind für die anderen."
Umschreiben lässt sich die Sicht mit dem Wegfall der Subjekt-Objekt Dichotomie. Die Sicht könnte man als "Schau" umschreiben, bei der Schauender, das Geschaute und der Prozess des Schauens zu einer Einheit verschmolzen sind. Typische Empfindung ist Zeit-Losigkeit; es gibt nur "Hier und Jetzt" unermesslich und ungreifbar.
Gekennzeichnet ist die Sicht auch mit tiefem Frieden oder einer profunden und freudvollen Stille.
Wenn man Dzogchen (nur mit Lehrer, gelle!) länger praktiziert, entwickelt sich eine Grundstille, die man selbst im lautesten und aufregendsten Getöse nicht "überhören" kann. Gleichzeitig nimmt die Lust an Zerstreuung und sonstigen Betätigungen, die dem Zweck der persönlichen "Unterhaltung" oder "Ich-Bestätigung" dienen, sehr deutlich und unweigerlich ab. Der schale Geschmack solcher Aktivitäten die nur der "Ich-Befriedigung" dienen ist einfach nicht (mehr) zu ignorieren.
Damit meine ich nun nicht, dass man sich in eine Enklave zurückzieht, im Gegenteil; Sicht ist Vollkommenheit, und wie könnte es in der Vollkommenheit etwas geben, das nicht darin enthalten wäre? Vielmehr ist jegliche Aktivität nun nicht mehr durch Hoffen/Bangen Anhaftung/Abneigung usw. gesteuert sondern die Buddha Aktivitäten erscheinen mühe- und absichtslos.
Um die Sicht zu etablieren bedarf es einiger "Anstrengung", denn es dauert eine Weile, bis man sich selbst und seine "Tricks und Kniffe" soweit erkennt, und bis man in der Lage ist die Mechanismen und Triggerpunkte der eigenen Verblendung zu durchschauen. Doch diese Arbeit ist unumgänglich um immer wieder Garab Dorjes Anleitung ausführen zu können.
So könnte man vielleicht sogar sagen, dass obwohl Dzogchen kein Entwicklungspfad ist, letzlich das fühlende Wesen sich stetig weiter entwickelt, um den Vollendungspfad zu meistern.
Soweit meine subjektive und persönliche Darlegung der Sicht.
Bitte lasse Deine Erkenntnis von einem echten Dzogchen-Meister in Persona überprüfen (da gibt es gar nicht so viele: z.B. Gangteng Tulku Rinpoche, Tsoknyi Rinpoche, Chögyal Namkhai Norbu, Jetsün Khandro Rinpoche oder Chökyi Nima Rinpoche). Das was Du beschreibst klingt so gar nicht nach dem, was die Tantras als Rigpa bezeichnen und deckt sich auf weder mit den mündlichen Lehren, die ich erhalten habe, noch mit meinen Erfahrungen.