Ich bin neu hier und habe etliche Fragen....

  • Hallo Zusammen, vielleicht werden meine Frage von Euch als komisch bezeichnet oder wie auch immer, denke aber, dass das Forum hier die richtige Adresse ist.


    Insbesondere interessiere ich mich für den Theravada-Buddhismus und den tibetischen Buddhismus. Nach dem Lesen verschiedener Artikel, Texte, auch Bücher, bin ich ziemlich irritiert, was die Inhalte der beiden Richtungen angeht, auch die verschiedenen Rituale usw.


    Am meisten irritieren mich die Rituale des tibetischen Buddhismus, wobei ich den Theravada wohl, nach dem Lesen, als den am Buddha naheliegensten Buddhismus verstehe.


    Anscheinend, so mein Verständnis beinhaltet der tibetische Buddhismus, ausgehend von den Lehren Buddhas, weitere kulturelle Aspekte Tibets, wie z.B. den Bön, sowie auch verschiedene Rituale, die nicht Gegentand des Ursprungs-Buddhismus sind.


    Auch erscheint mir der Aspekt der Reinkarnation, nur im tibetischen Buddhismus gegenständlich zu sein. Der Theravada hat wohl auch Rituale, jedoch nicht z.B. Niederwerfungen wie im tibetischen Buddhismus. Mir erscheint der tibetische Buddhismus ziemlich viele verschiedene Rituale zu beinhalten, wie z.B. auch das Kalachakra.


    GIBT ES IM THERAVADA AUCH DIE WIEDERGEBURT BZW DIE REINKARNATION - wie im tibetischen Buddhismus?

    LIEGE ICH RICHTIG, mit meiner Feststellung, dass der Theravada näher an die Lehren Buddhas liegt?


    Entschuldigung, wenn ich etwas verwirrend geschrieben habe, aber die Thematik ist noch schwer für mich zu erfassen :)


    Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet bzw. würdet.


    LG

    thomas_hei

  • kilaya

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Moderation

    Ich denke es ist bei dem Themenspektrum verständlich, wenn ich hier präventiv daran erinnere, dass wir hier die einzelnen Fragen aus der jeweiligen Perspektive beantworten wollen, ohne uns dabei gegenseitig anzugreifen. Es soll als Antwort ein Spektrum an Möglichkeiten zum Vorschein kommen, in dem der Fragesteller sich orientieren kann, ohne in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden.

  • Ich würde mich freuen wenn Du fünf Jahre im tibetischen Buddhismus, und fünf Jahre im theravada praktizierst. Aber keine halben Sachen. Jeweils mit einem Lehrer und einer Sangha.

    Es wäre schön wenn du alles geben würdest, aber dein Herz nicht in ein Schlachtfeld verwandelst.

    Vielleicht könntest Du dann meine Wissenslücken in Bezug auf den tibetischen Buddhismus wegnehmen.

    Herzlich willkommen!


    Bin gespannt auf deine Erkenntnisse.

    • Offizieller Beitrag

    GIBT ES IM THERAVADA AUCH DIE WIEDERGEBURT BZW DIE REINKARNATION - wie im tibetischen Buddhismus?

    Das Wort "Reinkarnation" ist ein griechisches Wort und eng mit der Idee eines Geistes verknüpft, der in neue Körper gelangt. Von daher passt es im buddhistischen Kontext nicht so gut. Auch im Theravada ist die Idee von Wiedergeburt wichtig.


    Thomas_hei:

    LIEGE ICH RICHTIG, mit meiner Feststellung, dass der Theravada näher an die Lehren Buddhas liegt?

    Theravada begreift sich selber eher konservativ als eine "Lehre der Älteren" die alles möglichst ursprünglich bewahrt. Während der tibetische Buddhismus Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung ist, die sich selber aber nicht als Degeneration sondern als Fortschreiten begreift.

  • Sorry, ich bin Neuling und muss gestehen, dass ich mit dieser Antwort wenig bezogen auf meine Fragen anfangen kann;):)

    Als Neuling stellst du aber ganz schön viele :? provokante Fragen bzw. formulierst Thesen, die an sich schon Vorurteile beinhalten.

    Es gibt hier bereits einige Threads über das Thema "Wiedergeburt", einfach mal die Suchfunktion im Forum ausprobieren ;)

  • Hallo Zusammen, vielleicht

    LIEGE ICH RICHTIG, mit meiner Feststellung, dass der Theravada näher an die Lehren Buddhas liegt?

    Ich verstehe das nicht ganz.

    Mit was vergleichst Du den Theravada bzw tibetischen Buddhismus?

  • Sorry, ich bin Neuling und muss gestehen, dass ich mit dieser Antwort wenig bezogen auf meine Fragen anfangen kann;):)

    Als Neuling hatte ich nicht so viel Insiderwissen. 😂

    Ich hoffe das jemand deine Fragen beantworten kann.

  • LIEGE ICH RICHTIG, mit meiner Feststellung, dass der Theravada näher an die Lehren Buddhas liegt?

    Gleich auf der Startseite dieses Forums findest Du als zweiten größeren Strang einige buddhistische Schulen verzeichnet, die den Lehren Buddhas enorm nah kommen, so nah wie möglich...

    Willst Du da die größte Nähe finden, wird dir das vermutlich niemand hier sagen können. Das ist eine Frage, die vermutlich nicht wirklich zu beantworten ist, oder? Ich versuche mir gerade vorzustellen, diese Frage würde in mir auftauchen und meine erste Schwierigkeit wäre, welche Herangehensweise geeignet sein könnte, sich einer Antwort zu nähern. Mir fällt keine ein. Bzw. ich würde so lange für die Antwort brauchen, dass ich in der Zeit vermutlich – falls ich versehentlich die zweitbeste Schule als meinen Weg gewählt hätte – soweit in dieser vorangeschritten sein, dass ich mich nicht weiter ärgern bräuchte, damals nicht gleich die allerbeste Schule erkannt zu haben... ;)


  • LIEGE ICH RICHTIG, mit meiner Feststellung, dass der Theravada näher an die Lehren Buddhas liegt?


    Naturgemäss werden Anhänger der verschiedenen Buddhismen das entweder für sich beanspruchen oder aber sagen, dass dies eindeutig nicht feststellbar wäre. Rührt doch diese Frage am heiligsten (atta) Glauben.


    Wichtig, ist es zu wissen, dass es die Lehrreden gibt. Und vielleicht noch, dass es dazu mindestens einmal eine analytische und dem konsequenten Denken verpflichtete "Tradition" gab. Aus dieser ist unter anderem der Abhidhamma entstanden. Der ist Teil des Palikanons. Welche Textsammlung die Grundlage des sog Theravabuddhismus bildet. Als das Wichtigste an dieser Sammlung kann man die über die Zeit geretteten Lehrgespräche, Lehrreden, Gedichten, Aphorismen usw des Buddha verstehen. Mir geht das auf jeden Fall so.


    GIBT ES IM THERAVADA AUCH DIE WIEDERGEBURT BZW DIE REINKARNATION - wie im tibetischen Buddhismus?


    Es gibt sie sicher auch von einem Theravadaanhänger mehr als nur einmal so vorgetragen wie von einem Anhänger des tib Buddhismus.


    Ich finde, die Lehrreden für sich. Dazu ein selbstbewusster Verstand und ein, zwei gute Gesprächspartner helfen dabei, sich ein eigenes Verständnis über diese Frage zu bilden. Anders wird es sowieso kaum gehen, wenn man dem Buddha folgen mag, der sagte: sei dir selber eine Zuflucht, sieh in den Lehrreden eine Zuflucht, nimm keine andere Zuflucht (!), prüfe/denke selber.


    Das Thema ist auf jeden Fall extrem überladen mit volkstümlichen Vorstellungen und direkt auch falschen Vorstellungen (zB: "ich habe früheres so getan, deswegen bekomme ich heute diese Qualen ab").

  • Achja, Schmu


    Daraus:


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    Würde ich "Es kommt nur ständig was dazwitschern" machen. ;)


    Ich mag Vögel auch. Pinguine sind zB krass :)

  • Anders wird es sowieso kaum gehen, wenn man dem Buddha folgen mag, der sagte: sei dir selber eine Zuflucht, sieh in den Lehrreden eine Zuflucht, nimm keine andere Zuflucht (!), prüfe/denke selber.

    Aha...

    Sagte er das tatsächlich?


    Diese von Dir gefasste Aussage im Zusammenhang ist mir vom Buddha unbekannt.

    Ich kenne eigentlich nur die Aussage zum selber PRÜFEN.


    ‚Denke selber‘ ist mir unbekannt.


    Lieber thomas_hei

    Würde Dir empfehlen besser alleine die Lehrreden durchzuarbeiten oder in Deiner Nähe am besten gleich einen Lehrer, eine Gemeinschaft aufzusuchen.....:heart:_()_

    4 Mal editiert, zuletzt von Xyz ()

  • Danke für Eure Antworten.


    Ich habe schon einige Literatur gelesen bzw. im Internet recherchiert. Deshalb habe ich meine Fragen präzisiert gestellt, nämlich dahingehend, was mich interessiert.


    Im Ergebnis kann ich wohl zusammenfassen:

    1. Theravada ist die älteste Form des Buddhismus, die sich am nächsten an den Lehren Buddhas orientiert.

    2. Der tibetische Buddhismus orientiert sich an den Lehren Buddhas, hinzukommen über Jahrhunderte entwickelte weitere Lehrbestandteile, Auslegungen, Traditionen, kulturelle Aspekte.

    3. Die Wiedergeburt ist auch im Theravada wichtig, wobei das Karma hier eine sehr wichtige Rolle spielt (auch im tib. Buddhismus).

    4. Der tibetische Buddhismus kennt auch die Reinkarnation in der Form, dass hochentwickelte Lehrer, wie z.B. der Dalai Lama wiedergeboren wird bzw. werden kann.

    5. Es ist am besten, wenn ich Erfahrungen dort praktisch sammele, wo ich mich intuitiv hingezogen fühle.

    Denn der Buddha hat wohl gesagt, dass wir prüfen sollen!


    LG Thomas

  • Bei Leuten, die neu mit der Materie sind, ist das am Anfang eine typische Fragestellung. Mit der Zeit wird man da gelassener. Ich nehme mir aus Theravada und aus Mahayana, was ich für sinnvoll und vernünftig halte. Ich sehe es eher als Privileg, dass wir hier nicht mit dem Geburtsland schon auf eine buddhistische Schule festgelegt sind wie in den buddhistischen Ländern. Ich bin eher Theravada, gehe aber gern ins Tibethaus hier in Frankfurt. Mit Reinkarnation wie im tibetischen Buddhismus hab' ich es nicht so. Ist auch egal, im Tibethaus sind manchmal gute Vorträge, die mich weiterbringen. Die Leute sind auch nett dort. Also gehe ich hin.


    Ob Theravada und oder Mahayana ist auch eine Frage der persönlichen Veranlagung. Die Einen sind hervorragende Rettungssanitäter, werden aber nie ein Haus bauen können. Die Anderen sind dagegen prima Statiker. Die Rettungssanitäter neigen zum Mahayana und die Statiker zum Theravada. Weder mit den Rettungssanitätern oder den Statikern ist irgendwas falsch. Sie sind einfach wie sie sind. Beide werden gebraucht. Alles gut so. Wie schon gesagt: Wir sind hier nicht mit dem Geburtsland auf eine buddhistische Richtung festgelegt und können uns von allem nehmen was wir wollen und kombinieren wie wir wollen.


    Außerdem gibt es auch im Theravada prima Rettungssanitäter. Ajahn Buddhadasa, Ajahn Chah in der thailländischen Waldtradition haben genauso Mitgefühl und Metta gelebt wie mancher Rinpoche oder Lama im tibetischen Buddhismus. Es gibt noch viele andere. Diese Trennung zwischen Theravada und Mahayana ist künstlich und entsteht durch entzweiendes Denken. In der Lehre Buddhas geht es u.a. darum dies zu überwinden.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Achja, Schmu

    Daraus:

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Würde ich "Es kommt nur ständig was dazwitschern" machen. ;)

    Ich mag Vögel auch. Pinguine sind zB krass :)

    Ach, Pinguine... :) Sind die überhaupt wirklich von dieser Welt? :?;)


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  • Zitat

    denke selber.


    Aha...

    Sagte er das tatsächlich?


    Diese von Dir gefasste Aussage im Zusammenhang ist mir vom Buddha unbekannt.

    Ich kenne eigentlich nur die Aussage zum selber PRÜFEN.


    Ja das ist richtig. Lehraussagen anderer (bevor man sie evtl annimmt) prüfen, den Lehrmeister prüfen, sich selber erforschen, Heilsames erwägen.


    Sorgfältiges Nachdenken/Bedenken ist evtl eine bessere Formulierung. Das geht in für mich in die Richtung: sorgsam prüfen. Aber auch das habe ich nicht so gelesen.

    Einmal editiert, zuletzt von Alephant ()

  • Sorgfältiges Nachdenken/Bedenken ist evtl eine bessere Formulierung. Das geht in für mich in die Richtung: sorgsam prüfen. Aber auch das habe ich nicht so gelesen.

    Ich entnehme "sorgfältiges Nachdenken/Bedenken"u.a. diesem Zitat. Der Buddha sprach immer von "Erwägen"


    Zitat

    "Er erwägt weise: 'Dies ist Dukkha'; er erwägt weise: 'Dies ist der Ursprung von Dukkha'; er erwägt weise: 'Dies ist das Aufhören von Dukkha'; er erwägt weise: 'Dies ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt' [5]. Wenn er auf solche Art weise erwägt, werden drei Fesseln in ihm überwunden:

    • Persönlichkeitsansicht,
    • Zweifel, und
    • Anhaften an Regeln und Ritualen.

    Diese nennt man die Triebe, die durch Sehen überwunden werden sollten [6]."

    (Majjhima Nikāya 2: Alle Triebe - Sabbāsava Sutta)



    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ach, Pinguine... :) Sind die überhaupt wirklich von dieser Welt? :?;)


    StadtTauben sind auch ne Nummer für sich ... beschließen dann einfach mal, bedingt ne Runde durch die Strassen zu schlendern.

  • Und nie vom denken.....❤️


    Kālāma Sutta


    Anguttara-Nikāya III, 65 (Vol. 1, S. 167-171 Aurum Ed.)


    "Glauben Sie an nichts, nur weil Sie es gehört haben.


    "Glauben Sie nicht einfach an Traditionen, weil sie von Generationen akzeptiert wurden.


    "Glauben Sie an nichts, nur auf Grund der Verbreitung durch Gerüchte.


    "Glauben Sie nie etwas, nur weil es in Heiligen Schriften steht.


    "Glauben Sie an nichts, nur wegen der Autorität der Lehrer oder älterer Menschen.


    ..Aber wenn Sie selber erkennen, dass etwas heilsam ist und dass es dem Einzelnen

    ..und Allen zu Gute kommt und förderlich ist, dann mögen Sie es annehmen und stets danach leben."


    🙏

  • Er sprach schon vom Denken und das auch genauer. Aber nicht so, wie ich das im Sinne von "prüfen" gemeint habe. Du hast Recht, @SGM. Wichtiger als das ist aber wohl der Hinweis, dass das wichtig ist, was du gepostet hast.


    Samyutta Nikaya 12.61-70


    (einfach mal "denken" als Suchbegriff eingeben)

  • Ich danke Euch allen für Eure Antworten, die mir ein Stück weitergeholfen haben!


    Ich habe eine sehr schöne Darlegungen gefunden, was haltet ihr davon?

    „Die buddhistischen Lehren zielen darauf ab, uns klarzumachen, dass es keine Person gibt, die ein Selbst ist oder zu einem Selbst gehört. Dieser Eindruck eines Selbst beruht nur auf dem falschen Verständnis des unwissenden Geistes. Es existieren nur die natürlichen Prozesse des Körpers und des Geistes, die die Aufgabe haben, Sinneseindrücke zu verarbeiten, zu deuten und um-zuwandeln. Wenn diese natürlichen Prozesse auf die falsche Weise funktionieren, erzeugen sie Dummheit und Verblendung, so dass das Gefühl entsteht, es gäbe ein Selbst und Dinge, die diesem Selbst zugehörig sind. Wenn die natürlichen Prozesse in korrekter Weise funktionieren, entstehen diese Gefühle nicht. Dann ist die ursprüngliche Geistesgegenwart und Weisheit (sati-paññā) vorhanden, das grundlegende klare Wissen und wahre Sehen, dass es kein „Ich“ und kein „Mein“ gibt.

    Da dem so ist, folgt daraus, dass es im Bereich des Buddhismus keine Frage der Reinkarnation oder der Wiedergeburt gibt. Vielmehr gibt es die Fragen: „Ist dukkha vorhanden?“ und „Wie kann es gelöscht werden?“ Kennt man die dukkha zugrunde liegende Ursache, wird man in der Lage sein, es zu löschen. Die Wurzel von dukkha ist die Illusion, das falsche Verständnis, dass es „Ich“ und „Mein“ gibt.“ (Ajahn Buddhadasa)


    LG Thomas

  • Im Ergebnis kann ich wohl zusammenfassen:

    1. Theravada ist die älteste Form des Buddhismus, die sich am nächsten an den Lehren Buddhas orientiert.

    Du hast offensichtlich @Martin1980 s Frage nicht verstanden.

    Mit was vergleichst Du den Theravada bzw tibetischen Buddhismus?

    Deswegen etwas ausführlicher: was ist denn Deine Referenz, nach der Du beurteilen willst, was "am nächsten an den Lehren Buddhas orientiert" ist? Die Schriften des Palikanon, auf die sich die Theravada-Schule stützt, entstanden etwa ein halbes Jahrtausend, nachdem Buddha gelehrt und gelebt hat. Natürlich beruft sich die Theravada-Schule auf eine der Verschriftlichung vorangegangene mündliche Überlieferung. Das tun andere Schulen allerdings auch.


    Bei der Überlieferung einer Lehre gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Methoden: eine konservierende, die den Wortlaut der Überlieferung bewahrt (wobei das mit dem Bewahren im Palikanon so eine Sache ist, wie vergleichende philologische Untersuchungen gezeigt haben). Diese Methode hat das Problem, dass im Verlauf von Jahrhunderten Vieles nicht mehr ohne weiteres verständlich bzw. missverständlich ist (oder auch gar nicht mehr verständlich). Zumal wenn die Sprache dieser Überlieferung eine tote Sprache ist. Die andere Methode konzentriert sich statt auf den Wortlaut auf den Sinn der Überlieferung und passt die Form der Überlieferung den mit der Zeit veränderten Umständen an. Diese Methode hat wiederum das Problem, dass dabei die Gefahr besteht, nicht nur die Form, sondern auch den Sinn der Überlieferung zu verändern - nicht notwendig zum besseren hin.


    Nach meiner persönlichen Auffassung lässt es sich nicht an Schriften festmachen, ob sie den Lehren Buddhas näher oder ferner stehen. Das lässt sich lediglich an ihrer Wirkung festmachen - ob sie den, der sich von ihnen leiten und begleiten lässt, bei der Überwindung von duḥkha unterstützen. Und das lässt sich nicht objektiv entscheiden; das hängt ganz subjektiv von der jeweiligen Person ab, davon, was für sie am geeignetsten ist. Und da es da sehr unterschiedliche Neigungen, Voraussetzungen (und auch Vorlieben) gibt, ist es mE erfreulich, dass es eine solch große Vielfalt an Formen gibt, in denen der Dharma den Menschen zugänglich gemacht wird. Hauptsache, man findet die, die einem selbst am ehesten gemäß ist. Wer dann meint, er müsse deswegen andere Formen abwerten, begeht einen schweren Anfängerfehler.


    2. Der tibetische Buddhismus orientiert sich an den Lehren Buddhas, hinzukommen über Jahrhunderte entwickelte weitere Lehrbestandteile, Auslegungen, Traditionen, kulturelle Aspekte.

    Der tibetische Buddhismus ist eine Form des Dharma, nicht nur daran "orientiert". Und ja, diese Form ist natürlich geprägt durch das kulturelle Umfeld, in dem sie sich entwickelt hat. Das ist beim Theravada nicht anders. Diese Schule formierte sich in Sri Lanka etwa ab dem 3. Jhdt. n.d.Z. - über ein halbes Jahrtausend nach Buddhas Lebenszeit und 2.000 Kilometer entfernt von der Region, wo Buddha lehrte. Und der Theravada in Burma und Thailand (wohin er von Sri Lanka aus gelangte) hat wiederum seine eigenen kulturellen Prägungen, die ihn von dem in Sri Lanka unterscheiden.


    3. Die Wiedergeburt ist auch im Theravada wichtig, wobei das Karma hier eine sehr wichtige Rolle spielt (auch im tib. Buddhismus).

    Bei diesem Thema gibt es große Missverständnisse, weil es gerne mit hinduistischen oder abendländisch-esoterischen Vorstellungen vermischt wird, die jedoch alle auf der Annahme eines atman / atta beruhen. Das, was Buddhadhasa dazu sagt, ist ziemlich treffend.


    Wenn Du dich später einmal mit dem sog. Konditionalnexus (pratītyasamutpāda / paṭicca-samuppāda) beschäftigst, einer zentralen buddhistischen Lehre, wirst Du sehen, dass da zwar von jāti (Geburt) die Rede ist, aber nicht von punarjāti (Wiedergeburt). Gemeint ist mit dem (mE unglücklichen) Wort 'Wiedergeburt' im buddhistischen Kontext bhava, das Werden oder punarbhava, Wiederwerden. Das, was 'wird' bzw. 'wieder wird', ist karmisch geformt (durch willentliche Handlungen) - aber es hat darüber hinaus mit der handelnden Person nichts mehr zu tun, wenn deren Bestandteile (die skandhas) sich aufgelöst haben, die Person also tot ist.


    "Wichtig" ist das Thema generell im Buddhismus, weil das, was (wieder) wird, duhkha ist - Leiden. So lange man von sich selbst eine atman-Sicht hat, kann die Vorstellung, dass dieser atman wiedergeboren wird, einen motivieren, zur Überwindung von duhkha zu praktizieren - weil man da dieses duhkha auf sich selbst bezieht. Aber diese Praxis muss dann auch irgendwann zur Überwindung dieser Selbstbezogenheit führen, weil eben diese tiefste Ursache von duhkha ist.


    4. Der tibetische Buddhismus kennt auch die Reinkarnation in der Form, dass hochentwickelte Lehrer, wie z.B. der Dalai Lama wiedergeboren wird bzw. werden kann.

    Nein. Das ist zwar gerade unter Tibetern eine sehr populäre (und stark hinduistisch geprägte) Vorstellung, aber eben nur das - populär. Ein wenig komplizierter ist es schon. Es geht dabei grundsätzlich um Verkörperungen bestimmter geistiger Qualitäten nach dem sog. trikaya-Modell (das ich hier nicht näher ausführe), nicht um Wiedergeburt von Personen. So gilt beispielsweise der Dalai Lama als eine Emanation des Bodhisattvas Avalokiteśvara, der wiederum eine Verkörperung der geistigen Qualität karuṇa (universelles Mitgefühl) ist. Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama, ist demgemäß also wie Thubten Gyatsho, der 13. Dalai Lama, eine Verkörperung Avalokiteśvaras - aber nicht die Wiedergeburt Thubten Gyatshos.


    Man kann diese Vorstellung von Tulkus (die erst zu Beginn des 13. Jhdts n.d.Z. in Tibet entstand, zweifellos unter Einfluss hinduistischer avatar-Vorstellungen) als sinnvoll / hilfreich ansehen oder nicht - ich persönlich verstehe zwar die Idee dahinter, empfinde das aber für mich persönlich nicht als hilfreich und halte das Konzept auch für allzu häufig machtpolitisch miss- und zunehmend inflationär gebraucht. Das kann man natürlich auch anders sehen, insbesondere als Praktizierender in einer tibetischen Tradition (was ich nicht bin).


    5. Es ist am besten, wenn ich Erfahrungen dort praktisch sammele, wo ich mich intuitiv hingezogen fühle.

    Das sehe ich auch so. Wobei man seine Intuition gelegentlich durchaus einem Realitätscheck unterwerfen sollte - die kann nämlich auch täuschen. Es ist sinnvoll, sich eine gewisse Offenheit zu bewahren und nicht in Sektierertum zu verfallen bzw. sich in eine Filterblase einzuschließen. Wobei Offenheit nicht notwendig bedeutet, alle möglichen Ideen und Konzepte an- und zu übernehmen, sondern dass man sich darum bemüht, ihre Funktion zu verstehen - und damit die Menschen, die mit ihnen arbeiten. Das kann - muss aber nicht - für die eigenen praktischen Erfahrungen durchaus förderlich sein.


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

    Einmal editiert, zuletzt von Sudhana ()

  • Vielen Dank für die Antworten und Eure Motivation mir zu antworten.


    Ich möchte noch klarstellen, dass ich nicht gegen irgendeine buddhistische Richtung/Tradition bin. Im Gegenteil. Für mich sind alle Traditionen gleichwertig und richtig und gut :)


    Irgendwo habe ich mal gelesen, dass über viele Jahrhunderte die verschiedenen buddhistischen Traditionen überhaupt keinen Umgang miteinander gepflegt haben. Das hat sich zum Glück doch sehr geändert!


    Gut finde ich in diesem Forum, dass so viele Leute unterschiedlicher Traditionen aktiv sind, denn so können alle voneinander und miteinander einen guten Austausch haben!


    Ich werde mich jeder weiter voran tasten und lesen derzeit: Kernholz des Bodhibaum von Ajahn Buddhadasa. Ich finde es prima!


    VG

    Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von thomas_hei ()