Alles ist verbunden | Ursache - Wirkung

    • Offizieller Beitrag

    "Alles ist verbunden" bedeutet, dass es in meinem Leben nichts gibt, das nicht von anderem und anderen abhängig ist und hervorgebracht wird. Weder meine Gedanken noch meine Gefühle, weder mein Körper noch Nahrung und Wasser, die ihn hervorbringen, gehören "mir", und sind auch nicht mein Produkt.


    Das ist das Gegenteil von jenem Menschenbild, das mit dem Ich einen Geist in der Maschine sehen möchte, dem Sinnesorgane und Gehirn eine virtuelle Realität vorspiegeln. Nach diesem Menschenbild ist der Körper das Gefängnis der Seele, ist das Ich der einzige und ewig einsame Besucher in einem absurden Kino, der kontaktlos einem wirren und leidvollen Film zuschauen muss. Anders im Buddhismus, in dem es keine scharfe Grenze zwischen innen und außen, zwischen Körper und Geist zwischen Subjekt und Objekt gibt. Die Welt bring das Bewusstsein hervor, das Bewusstsein bringt die Welt hervor. Im Wahrgenommenen ist der Wahrnehmende, im Wahrnehmenden ist das Wahrgenommenen. Und das Wahrgenommene findet seinen Ursprung in einem (zeitlich wie räumlich) unendlichen Geflecht, in einem unermesslichen, fließenden, sich stets verändernden Meer von Energien und Strömen, Ursachen und Wirkungen.


    "Alles ist verbunden" ist daher auch ein Hinweis auf die generelle Verantwortung für all mein Tun und Denken. Jeder Gedanke, jedes Wort, jede Tat hat einen verändernden Einfluss auf mich selbst und meine Umwelt. Ebenso verändern Bedingungen und Umstände, die andere schaffen, in jedem Augenblick auch "mein" Sein. Andere Wesen sind diesen Bedingungen und Umständen ebenso wie ich ausgeliefert und werden von ihnen bestimmt. Und allein schon diese Erkenntnis (Alle Wesen wollen Leid vermeiden und Glück erlangen) ist die Basis für Mitgefühl und dafür, an den Bedingungen und Umständen für mich und andere etwas zum Positiven (weniger Leidvollen) zu verändern.


    Nicht zuletzt haben die meisten Menschen Angst vor dem Tod – der Tod als der ultimative Abgrund, das Nichts, die totale Vernichtung, die totale und ewige Isolation. Aber wie verändert sich der Blick in diesen Abgrund, wenn mir bewusst wird, dass dieser Abgrund mich und alle anderen Wesen hervorbringt wie das Meer die Gischt auf den Kämmen der Wellen, und dass der Tod eine Rückkehr aus der Differenz und dem Getrenntsein in die Einheit und unendliche Potenzialität dieses Meeres bedeutet?

  • Aber wie verändert sich der Blick in diesen Abgrund, wenn mir bewusst wird, dass dieser Abgrund mich und alle anderen Wesen hervorbringt wie das Meer die Gischt auf den Kämmen der Wellen, und dass der Tod eine Rückkehr aus der Differenz und dem Getrenntsein in die Einheit und unendliche Potenzialität dieses Meeres bedeutet?

    Sehr poetisch und verdammt wunderschön ausgedrückt!:rose:

    Wir sind der Ozean, der Tod wäre (dann) wie die Rückkehr des Tropfens zum Ozean. Aber der Tropfen war immer dort. Er war der Ozean selbst. Er träumte das Leben lang getrennt zu sein...

    Hm, manchmal es wäre der Tod die einzige Lösung , um diese als ob verlorene Einheit wieder zu ent-decken.

    Wenn ich es richtig erinnere, H.Hesse spricht darüber.

    P.S. Das wäre keinen Aufruf zum Selbstmord!!! Nur meine Gedanken!

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich zitiere hier eine Stelle aus "Geschichte der buddhistischen Philosophie" von Volker Zotz. Dort wird wie ich finde, sehr gut beschrieben, wie das "Alles ist Verbunden" im Frühen Buddhismus gemeint war:



    Die Formel lautet:

    • alle Gebilde (Samskaras) sind vergänglich (anicca)
    • alle Gebilde (Samskaras) sind leidhaft (dukkha)
    • alle Gegebenheiten (Dharmas) sind nicht-substantiell (anātman)


    Zitat, Seite 43 aus dem Buch:


    Zitat

    Mit der Lehre von den Dharmas folgt der frühe Buddhismus dem metaphysischen Anspruch vorangehender und zeitgenössischer Schulen indischen Denkens, alles Existierende auf letzte Prinzipien zurückzuführen. Wie Yajnavalkya im Atman, Jnatiputra in Jiva und Materie und Ajita Kesakambala in stofflichen Elementen jeweils Wesenhaftes hinter den Phänomenen erkannten, blickt der frühe Buddhismus mit dem Sprechen vom Dharma über Augenscheinliches hinaus. Das auf die Wurzel "dhr/dhara" ("tragen") zurückgehende Wort soll die Wirklichkeit konstituierende, sie "tragende" Gegebenheiten bezeichnen.


    Gautamas Tragendes muss sich vom Wesenhaften anderer Denker unterscheiden, denn sein Anspruch, eine quasi theoriefreie, sich durch Erfahrung bestätigende Erlösungslehre zu vertreten, verbot unüberprüfbare Behauptungen über Welt, Mensch und Befreiung. [...]


    Sprach der frühe Buddhismus vor diesem Hintergrund über letzte Prinzipien der Wirklichkeit, hatte er von der unmittelbaren Anschauung auszugehen. Das Tragende durfte nicht als absolutes jenseitiges Transzendentes gedacht werden, sondern musste sich aus der direkten Welt- und Selbsterfahrung des Menschen ableiten lassen und damit Anteil an dieser haben.


    Entsprechend sind Dharmas Gegebenheiten, die bei analytischer Betrachtung all dessen, was als Samskara bezeichnet wird, also der gesamten wahrnehmbaren Welt einschließlich der Subjektivität, als nicht weiter zerlegbar zurückbleiben. Lebewesen und alle Dinge in der Natur und aus dem Schaffen des Menschen, bei denen sich verschiedene Bestandteile und Funktionen unterscheiden lassen, sind deshalb keine Dharmas, sondern erscheinen durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von Dharmas.


    Dort, wo Wahrnehmen und Denken einen Punkt erreichen, an dem man ohne spekulative Elemente nicht weiterkäme, enthält man sich des Spekulation und nimmt statt dessen den Endpunkt als gegeben, als Dharma. Jedes konkrete Dinge entsteht und vergeht, dahinter werden die Dharmas Entstehen und Vergehen erkannt. Jedes sichtbare Objekt weißt Farbe auf, die aus der reinen Anschauung nicht weiter zerlegbar ist. Viele konkrete Dinge geschehen aus Gier und Hass, die als nicht aus anderen Teilen zusammengefügte Gegebenheiten gelten. [...]


    Die Dharmas werden nicht als Abstraktionen, kleinste Bestandteile im Sinne von Atomen oder Kategorien zum Ordnen der Phänomene der Welt verstanden. Sie gelten nicht als Erdachtes, sondern als Wirklichkeiten, die dem analysierenden Menschen als solche im Denken wahrnehmbar sind. Verschiedene buddhistische Übungen zielen darauf, der hinter den wahrnehmbaren Erscheinungen wirkenden Dharmas gewärtig zu werden. [...]


    Sind Dharmas zwar letzte erkennbare Prinzipien, versteht Gautama sie nicht im Sinn des Atman, der an und für sich existiert. Einerseits kommt den Dharmas kein absolutes Sein zu, weil sie entstehen und vergehen. Darüber hinaus vermag ein Dharma nur bedingt durch andere Dharmas zu bestehen.


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  • Sammellauf von Gedanken.


    Bedingungen sind Entstehen, Dauern, Vergehen.

    Das sind die Dharmas die nicht substantiell sind.

    Gegebenheiten, Ursachen, Wahrheiten sind nicht substantiell, aber bedingt durch Bedingungen.


    Objekte sind durch Sosein ohne Bedingungen, doch nicht ohne entstehen, andauern, vergehen.

    Alles Substantielle ist zusammengesetzt aus substantiellen Objekten,

    es kann kein grundlegendes Objekt für Objekte gefunden werden, das beweist die Physik.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ich mir einen Apfelbaum ansehen, dann ist jeder Apfel ein Produkt des Apfelbaum - sein ganzes Wachstum ist bedingt. Nichts an ihm kommt aus ihm selbst und ist nicht bedingt.


    Dennoch fällt jeder Apfel ganz für sich alleine. Auch wenn er in seinem Ursprung und seiner Genese verbunden ist, liegt er dann alleine am Boden und vergammelt oder wird von einem Igel verspeist.


    Ich denke, dass es den meisten Menschen nicht ausreicht auf die erste Art ( von der Entstehung her) verbunden sind, sondern dass sie sich eine andere Art von Verbindung herbeisehnen. Eine in der man dem Universum nicht im Großen und Ganzen egal ist, sondern da eine liebevolle Kraft ( ein Gott oder sowas) wohlwollend zulächelt. Und man in einer Weise verbunden ist, dass man getragen wird.


    Von daher will man vielleicht auch aus dem buddhistischen "Alles ist bedingt" eine Geborgenheit ziehen. Wo es da vielleicht nur Verbundenheit im Sinne der eigenen Entstehung gibt.


    Aber vielleicht greift meine Zweiteilung zu kurz.

  • Bei mir wächst die Erkenntnis das ich anderes sprechen muss. Ich spreche immer aus meinen Erfahrungen, durch meine Gegenwart in eine unbestimmte Zukunft.

    Doch mir fällt immer öfter die normale Art auf, von der Gegenwart in eine bestimmte Zukunft zu sprechen. Das ist so ungewohnt. So als ob ich meine Vergangenheit vergessen muss um eine bestimmte Zukunft zu haben.

    Hab das immer anders gemacht mit meiner Vergangenheit, meine Gegenwart analysiert, um Zukunft zu haben, nicht nur eine bestimmte Zukunft, nur Zukunft.