Hallo,
in verschiedenen buddhistischen Richtungen gibt es das Vorgehen sich einen Lehrmeister zu suchen, von dem man möglichst viel lernt. Ich bin da eher etwas zurückhaltend. Höre mir gerne Vorträge an oder lese was und mache mir dann meine eigenen Gedanken. Wie dem auch sei, jetzt las ich in einer Online-Zeitung einen Artikel über eine Frau, die einen Motorrad-Unfall erlitt. Was sie nach dem Unfall sagte, war wie eine buddhistische Lehrrede für mich. Ich war ganz baff.
Als sie kurz vor dem Zusammenprall auf dem Motorrad sitzend wie vor Schreck gelähmt auf das plötzlich auftauchende Auto zufuhr, dachte sie an 3 Dingen:
1. Jetzt sterbe ich
2. Sie dachte an ihre Eltern
3. Kurz vor dem Aufprall dachte sie: Ich hatte ein schönes Leben gehabt. Ich bin zufrieden.
Im Artikel steht: "Und dann, kurz vor dem Aufprall, dachte sie "Ich bin zufrieden." Rückblickend sagt sie: "Das hat mich so erleichtert, ich hatte keine Angst mehr vor dem Sterben.".
Tja, dieses "Ich hatte ein schönes Leben gehabt. Ich bin zufrieden" gab mir zu denken. Ich hatte auch ein schönes Leben, aber ich bin nicht zufrieden. Dann habe ich das ein wenig auf mich wirken lassen und dachte mir dann: "Du hast überhaupt keinen Grund nicht zufrieden zu sein.". Ich war wieder völlig baff, weil es stimmte. Vielleicht hatte ich auch schon ein wenig das Denken dieser Motorrad-Fahrerin aufgenommen. Ich muss gar nicht noch das und das werden. Ich kann zufrieden sein und einfach mein schönes Leben weiterführen. Plötzlich war ich erleichtert wie ich es eigentlich noch nicht gekannt hatte.
"Ich hatte keine Angst mehr vor dem Sterben.". Ich kann das sogar nachvollziehen. Und das, obwohl ich mich die letzten Jahre immer wieder mit dem Sterben beschäftigt hatte und keine Lösung hatte für das Problem, dass die Zeit dann plötzlich vorbei ist. Aber das hier ist es wirklich: "Ich bin zufrieden. Das hat mich so erleichtert, ich hatte keine Angst mehr vor dem Sterben.". Irgendwelche Dinge lassen sich nicht mehr erreichen und dafür fandt ich keine Lösung. Gemäß Artikel hat die Motorrad-Fahrerin keine eigene Familie und lebt von ihrem langjährigem Freund getrennt. Tja, da habe ich sogar sozusagen "besser" als sie. Aber ich bin immer unzufrieden gewesen.
Vielen Dank an die verunfallte Motorrad-Fahrerin, dass sie sich interviewen ließ. Ich hätte das vermutlich nicht gemacht, weil die Sache mir zu peinlich gewesen wäre. Aber für sie war es kein Problem. Hier wieder was gelernt von meiner "buddhistischen" Lehrerin aus dem Alltag ;-).
P.S.: Ich habe nichts gegen das Gendern. Ich finde nur die Lösung mit * sprachlich nicht gut.