Hallo, ihr Lieben,
Neid (Issà) ist wohl eine der verbreitetsten, unangenehmsten und "gefährlichsten" Emotionen, die man als Mensch spüren kann. Dieses Mischgefühl aus Begehren, Traurigkeit, Wut und Angst, gilt im Allgemeinen, (obwohl es jeder schon mal hatte) als sozial höchst unerwünscht, weswegen es oft verdrängt oder kaschiert wird.
Neid speist sich vielfach aus Mangel- und Unzulänglichkeitsgefühlen, entsteht durch begehrendes Vergleichen mit Anderen und kann zu unheilsamen Gedanken, Worten und Taten führen (im Extremfall bis hin zu Mord- und Totschlag).
Eine Neidempfindung kann aber auch so subtil sein, dass sie gar nicht bemerkt wird und Handlungen daher unbewusst von dieser Empfindung vorangetrieben werden.
Und, andersherum, erzeugt das Wissen, beneidet zu werden, auch eher zwiespältige Gefühle, weil damit oft eine eher trennende, feindselige Atmosphäre einhergeht...
Mitfreude (Mudità), als Teil der 4 Brahmaviharas/Unermesslichen, könnte man demgegenüber als das Gegenteil von Neid ansehen (was die Entwicklung dieser Qualität in jedem Fall als sehr lohnend erscheinen lässt).
Dementsprechend speist sich Mitfreude aus einem Gefühl der Zufriedenheit, gar der Fülle (ein Herz voll liebender Güte und Mitgefühl).
Man vergleicht sich nicht mit Anderen, sondern fühlt sich mit ihnen verbunden und begleitet empathisch die Emotionen der anderen Menschen/Wesen mit, wobei Gleichmut die nötige Distanz bewirkt und auch dafür sorgt, dass die Mitfreude nicht "überdreht"...
Ayya Khema brachte einst in einem Vortrag (mit dem Schalk im Nacken ) ein schönes Beispiel für Mudita:
Wenn man schon länger vergeblich einen Parkplatz sucht und dann ein Anderer zuerst die Parklücke entert, könne man sich ja mit dem Betreffenden mitfreuen, dass ER nun einen Platz gefunden hat.
(DAS ist wohl HOHE SCHULE - man muss auch gönnen können...
)
Zahlreiche Sprüche, Märchen, Legenden, Sketche usw. ächten den Neid, er sei (und mache) hässlich, der "Neidhammel" leidet notorisch unter Neidgefühlen und verdient nur Spott und Häme...
Eigentlich wäre aber Mitgefühl am Platz, denn Neidgefühle quälen, können sogar psychisch und körperlich krank machen...
Der Buddha bezeichnete den Neid u.a. als "Trübung des Herzens" (MN 7) und "Befleckung des Geistes".
ZitatÜbler Neid, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen. Was aber, ihr Mönche, ist übler Neid? Da wird ein Hausvater oder dessen Sohn reich an Schätzen und Korn, an Silber und Gold. Einer seiner Diener oder Untergebenen aber denkt bei sich: »Ach, daß doch dieser Hausvater oder des Hausvaters Sohn nicht reich sein möchte an Schätzen und Korn, an Silber und Gold!« Oder es ist da ein Asket oder Priester, der Gewand, Almosenspeise, Wohnstätte und die erforderlichen Heilmittel und Arzneien hält. Und einer der Asketen oder Priester denkt bei sich: »Ach, daß ihm dies doch nicht zuteil werden möchte!« Das, ihr Mönche, nennt man üblen Neid. Übler Neid aber, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen.
https://www.palikanon.com/angutt/a10_021_030.html
Zitat....«Neid und Eigensucht ist die Fessel, Götterkönig, die Götter und Menschen bindet, Riesen, Schlangengeister und Himmelsboten, und wer es auch sei von gewöhnlichem Schlage. Den Vorsatz: 'Ohne Wut, ohne Heftigkeit, ohne Feindschaft, ohne Haß wollen wir bleiben, frei von Groll', diesen Vorsatz fassen sie wohl: aber sie werden alsbald wütend, heftig, feindlich, gehässig, von Groll erfüllt.»
Einige Fragen stellen sich mir:
- Wie kultiviert man Mitfreude, wenn man selbst (begründete) Mangelgefühle empfindet?
(Ich erlebte bei mir, dass ich, vor nunmehr 25 jahren - nach dem Pleite-bedingten Verlust unseres Hauses/Besitzes und anschließendem Umzug in ein vergleichsweise "elendes" Quartier in schlechter Lage - starke Neidgefühle entwickelte und mich erst wieder mitfreuen konnte, als wir in eine bessere Wohnung zogen...)
- Wie geht man mit Neidgefühlen Anderer um (eingestandenen und uneingestandenen, die man bemerkt)?
- Gibt es Situationen, in denen man Mitfreude vortäuschen/heucheln sollte, um z.B. ein Kippen der Stimmung zu verhindern oder/und die Freude Anderer nicht zu verderben?
- Wie geht man mit der Scham um, die man möglicherweise empfindet, wenn man Neidgefühle bei sich bemerkt?
(Mittlerweile kann ich mich wieder von Herzen mitfreuen, aber das kommt wohl auch daher, dass - nicht zuletzt durch die buddhist. Praxis - das Begehren und Anhaften, besonders an Materiellem stark abgenommen hat... )
Würde mich freuen, wenn euch zum Thema was einfällt...
Liebe Grüße, Anna
P.S. Sorry, ist schon wiiieder viel zu viel Text....