Niederwerfungen...


  • Ja, die Zahl ist richtig, meine Süße. ;):lol:


    So wie du es hier beschreibst, wüsste ich nicht, was an den tibetischen Niederwerfungen ritualisierter sein soll.
    Du kannst nicht im Ernst glauben, dass es im Theravada um inhaltliche Motivation geht, während es im tibetischen Buddhismus nur um äußerliche Rituale ginge, oder? Das entspräche einer Haltung wie "Alle sind doof, bloß ich nicht, haha."


    Und ich mach auch alles freiwillig.
    Gut, dass wir darüber gesprochen haben.


    Liebe Grüße, LL

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    ......Wenn es doch anscheinend auch Niederwerfungen im Zen gibt?
    Oder bringe ich jetzt alles durcheinander? :)


    Liebe Losang Lamo,
    Niederwerfungen sind auch im Zen üblich. In meiner Traditionslinie machen wir Sampai z.B. vor dem Butsudan (Buddhaschrein), nach bestimmten Rezitationen und beim Lehrer vor und nach dem Dokusan. Und ich mache sie für mich zu Hause immer nach der Zufluchtnahme, die meinem tgl. Sitzen vorausgeht.
    Im koreanischen Zen gibt es meines Wissens nach die Sampai als Übung, z.B. 108 Niederwerfungen. Genaueres bitte von Übenden dieser Richtung.


    Liebe Grüße
    Ji'un Ken

  • Zitat

    Das Ego, der Glaube an ein eigenständiges unabhängiges Selbst wirft sich nieder und gibt sich auf.


    Liegt die Null nicht auf der Mitte zwischen positiven und negativen Werten? Ein negatives Ego kann dem Betrag nach identisch mit einem positiven Ego sein. Das ist jedenfalls meine Ansicht. Wenn man mit der Verringerung nicht irgendwann aufhört, schießt man über das Ziel hinaus und nimmt sich immernoch furchtbar wichtig. Der einzige Unterschied liegt dann im umgekehrten Vorzeichen. Zig tausend Niederwerfungen zu machen, erscheint mir fast so, als würde man sich selbst noch furchtbar ernst nehmen.


    Sich selbst auf eine Ebene mit allem anderen Stellen, bedeutet dies nicht loszulassen von einem Sonderstatus? Wenn ich mich kleiner mache, werde ich in "umgekehrter Weise" letztlich ja auch größer. Wenn ich das Bild desjenigen der sich nach unten begibt umdrehe, dann steht er auch wieder oben. eine große Bescheidenheit, die in Wirklichkeit großem Stolz entspricht der sich gewissermaßen selbst verkleidet.


    Ich sage das keineswegs im Brustton der Überzeugung. Jeder Mensch wendet halt seine Methoden an und was für den einen zweckmäßig ist, muss nicht für den anderen auch zweckmäßig sein. Für den einen mag es Sinn machen sich sehr oft niederzuwerfen und für den anderen wäre dies vielleicht pure Zeitverschwendung.


    lg
    maus

  • Liebe Erdmaus,


    das ist ein Missverständnis, denke ich.
    Niemand wird bei Niederwerfungen kleiner gemacht. Bin ich doch ebenso ein Buddha, wie derjenige vor dem ich mich niederwerfe (sofern ich die Niederwerfung vor eine konkreten Person tue). Also werfe ich mich immer vor dem Buddha nieder – vor dem konkreten Buddha in uns ebenso wie dem Prinzip Buddhaschaft. Niederwerfung ist eben keine Unterwerfung. Es ist eher eine Einstimmung. Wenn ich also schreibe ich praktiziere mentale Niederwerfung vor einer Person, dann bedeutet das, ich stimme mich auf ihn ein, suche nach unserer gleichen Schwingung. Ganz so wie es in einem Orchester geschieht. Das öffnet mich für den Anderen und somit auch für mich. Denn nehme ich den Anderen richtig wahr, bedeutet es stets, dass ich die Mauer aus Ego zwischen uns aufhebe, und umgekehrt kann ich nur wirklich dem andern zuhören, wenn ich auch mir richtig zuhören kann. So kann ein Dialog stattfinden ohne all die Konzepte, die ihn sonst erschweren.


    Im weiteren Sinne kannst Du sagen, dass Du Dich in den Niederwerfungen für den Dialog mit Buddha, Dharma und Sangha öffnest. Bis Du erkennst, dass sie auch in Dir sind. Du bist Buddha, Dharma und Sangha.


    Liebe Grüße
    Knochensack

  • Liebe Kusala,


    jede Niederwerfung ist ein Ritual. Ob es sich um die komplexe Formengruppe des tibetischen Ngöndro handelt oder eine "einfache" Niederwerfung. Auch die verkürzte Form der gefalteten Hände und einer leichten Verbeugung ist nichts weiter als ein Ritual.
    Es gibt keinen Grund sich vor Ritualen zu fürchten, unser ganzer Tag ist durchwoben von Ritualen. Wir können nicht ohne sie. Sie sind Grundlage für jedes soziale Miteinander. Ich glaube auch, dass wir selbst ohne Gegenüber Rituale verwenden. Jedes höher entwickelte Lebewesen scheint Rituale zu benötigen.


    Die Niederwerfung im Ngöndro ist eine sehr komplexe Form der Meditation.


    Liebe Grüße
    Knochensack

  • Zitat

    Niemand wird bei Niederwerfungen kleiner gemacht. Bin ich doch ebenso ein Buddha, wie derjenige vor dem ich mich niederwerfe (sofern ich die Niederwerfung vor eine konkreten Person tue). Also werfe ich mich immer vor dem Buddha nieder – vor dem konkreten Buddha in uns ebenso wie dem Prinzip Buddhaschaft. Niederwerfung ist eben keine Unterwerfung. Es ist eher eine Einstimmung.


    Weshalb werfe ich mich denn nieder? Ich könnte ja auch 100000 mal hochspringen, auf einem Bein hüpfen oder Handstände machen. Die Niederwerfungen sind mit Sicherheit kein Zufall. Und es ist mit Sicherheit auch kein Zufall, dass Niederwerfungen dem Wesen nach einer Positionsveränderung nach unten hin entsprechen, was dann einer Verkleinerung entspricht. Daher kann man in allen Kulturen auch beobachten, dass sich Menschen vor etwas Niederwerfen um Unterordnung und Respekt auszudrücken.


    Grade im Buddhismus spielen Hirarchien eine sehr große Rolle. Es gibt diese Verbeugungs und Niederwerfungspraktiken in jeder Religion. Sie alle haben etwas gemein: Die Veränderung der eigenen Verortung in einer Form, welche die Verkleinerung und Herabsetzung zum Inhalt hat. Wenn es im Buddhismus anders wäre, warum hüpfen die Leute dann nicht nach oben und machen sich groß?


    Zitat


    Bis Du erkennst, dass sie auch in Dir sind. Du bist Buddha, Dharma und Sangha.


    Hier klingt eine Formulierung an, die in ähnlicher Form auch in Sekten oder allgemein in Zusammenschlüssen fundamentalistischer Machart vorkommen. Ich bin nicht Buddha, Dharma oder Shanga. Das sind doch nur Konstrukte - Behelfe religiöser Machart. Jede Religion versucht Menschen in sich zu integrieren und assimiliert sie. Ich bin aber kein Borg - auch kein buddhistischer :)


    Selbstverständlich soll jeder tun und lassen was er mag. Ich sehe diese Niederwerfungspraxis jedenfalls mit gemischten Gefühlen. Genauso wie ich Religionen äußerst kritisch gegenüberstehe.


    Gruß
    Maus

  • Warum machen wir Verbeugungen?


    Von Lama Gendün Rinpoche


    »

      Reinigung von Stolz


    Wir machen die Verbeugungen nicht, um jemand anders zu gefallen, und wir tun es auch nicht für den Buddha. Solche Vorstellungen zu haben, wäre völlig falsch, denn der Buddha ist nicht ein weltlicher Gott. Der Grund dafür, daß wir uns verbeugen, ist, all die vergangenen Situationen zu reinigen, wo wir andere nicht geschätzt haben. Da wir nur an uns selbst und unserer eigenen Zufriedenheit interessiert waren, haben wir früher viel Negatives getan.


    Verbeugungen helfen uns zu erkennen, dass es etwas Bedeutenderes als uns selbst gibt. In dieser Weise reinigen wir den Stolz, den wir über zahllose Leben angesammelt haben, indem wir immer dachten: "Ich habe Recht", "Ich bin besser als andere" oder "Ich bin der Wichtigste". Über zahllose Leben haben wir Stolz aufgebaut, infolgedessen gehandelt und Karma angesammelt, das die Quelle unserer Leiden und Probleme ist. Das Ziel der Verbeugungen ist, dieses Karma und unsere Geisteshaltung zu reinigen. Verbeugungen helfen uns, uns auf etwas zu stützen, das wichtiger als unser Stolz und unser Anhaften am Ego ist. In dieser Weise, durch volles Vertrauen und Hingabe, werden wir alles los, was wir durch Stolz angesammelt haben.


      Reinigung von Körper, Rede und Geist


    Wenn wir uns verbeugen, handeln wir mit Körper, Rede und Geist. Das Resultat ist eine sehr kraftvolle und gründliche Reinigung. Diese Praxis löst alle Unreinheiten auf, gleich welcher Art, da sie alle mit Körper, Rede und Geist angesammelt wurden. Die Verbeugungen reinigen uns auf allen drei Ebenen. Durch den physischen Aspekt des Verbeugens reinigen wir unseren Körper; wir schenken ihn den Drei Juwelen - Buddha, Dharma und Sangha - und allen fühlenden Wesen, und wünschen dabei, dass all ihre Wünsche erfüllt werden. Durch die Wiederholung des Zuflucht-Mantras und durch die Bedeutung, die wir damit verbinden, reinigen wir unsere Rede. Durch unser Vertrauen in die Drei Juwelen entwickeln wir den Erleuchtungsgeist und Hingabe. Wir sind uns der perfekten Qualitäten der Zuflucht bewusst und indem wir ihr alles schenken, verflüchtigen sich die Schleier in unserem Geist.


    Wenn unser Körper, Rede und Geist gereinigt sind, erkennen wir, daß das, was wir ursprünglich für unseren Körper hielten, eigentlich der Ausdruck der Erleuchtung als aktives Mitgefühl (der Nirmanakaya) ist. Was wir für unsere Rede hielten, ist der Ausdruck der Erleuchtung auf der Freudenebene (der Sambhogakaya), und unser Geist ist eigentlich die Wahrheitsebene der Erleuchtung (der Dharmakaya). Wir werden fähig, die erleuchtete Wirklichkeit unseres Körpers, unserer Rede und unseres Geistes zu sehen - ihrer Wahrheit und Weisheit, der wir uns zuvor nicht bewusst waren.


    Diese Praxis kann uns zu unserem Ziel, zur Erleuchtung, führen, weil die drei Ebenen, die den Buddhazustand ausdrücken, sofort erscheinen, sobald die drei Ebenen unserer Existenz - Körper, Rede und Geist - gereinigt wurden. Wir müssen nirgendwo anders nach der Erleuchtung suchen, müssen keine perfekte Erkenntnis woanders jagen, denn die drei Ebenen der Erleuchtung sind die wahren inneren Qualitäten unseres Körpers, unserer Rede und unseres Geistes. Die Verbeugungen helfen uns, das zu entdecken.


      Physische Vorteile der Verbeugungen


    Sie beeinflussen auch stark das Gleichgewicht und die Harmonie in unserem Körper. Blockaden in den Energiebahnen lösen sich allmählich auf, was uns hilft, Krankheiten, Energiemangel und andere Probleme zu vermeiden. Zugleich wird unser Geist klarer und unsere Auffassungsgabe nimmt zu.


      Die Geisteshaltung während der Verbeugungen


    Wir sollten die Verbeugungen mit einem Geist voller Vertrauen, Freude und der Motivation zum Nutzen anderer machen.


      Vertrauen


    Dabei sollten wir auf die perfekten Qualitäten der Drei Juwelen vertrauen, und darauf, dass ihr Segen die Schleier von unserem Geist entfernen kann. Ihr Segen kann erscheinen und die Reinigung kann effektiv sein, wenn unser Vertrauen in Körper, Rede und Geist mit den uns transformierenden Eigenschaften des erleuchteten Körpers, der erleuchteten Rede und des erleuchteten Geistes zusammen trifft - den Quellen der Zuflucht. Wenn wir kein Vertrauen haben und uns nicht für die Drei Juwelen öffnen können, sind die Verbeugungen allerdings nur ein Zeitvertreib.


      Motivation zum Nutzen anderer


    Wenn wir die Verbeugungen machen, sollten wir verstehen, dass gute Taten die Ursache für das Glück aller fühlenden Wesen sind. Die Verbeugungen selbst sind ein gutes Beispiel dafür. Wenn wir diese Praxis mit Körper, Rede und Geist machen, schenken wir unsere Energie allen Wesen und wünschen, dass ihnen dies Glück bringt. Darüber sollten wir froh sein und die Verbeugungen mit Freude machen.


      Die korrekte Praxis


    Vergegenwärtigung des Zufluchtsbaums:


    Vor uns im Raum stellen wir uns den ganzen Zufluchtsbaum vor. Zuerst vergegenwärtigen wir uns den Buddha Diamanthalter (tib. Dorje Chang) - der Lama, der die ganze Zuflucht repräsentiert und das Zentrum des Zufluchtsbaumes ist. Wir sollten uns bewusst sein, dass Diamanthalter unser Lehrer ist, der Geist unseres Lamas.


    Wir stellen uns Diamanthalter vor, um sicherzugehen, dass die Manifestation der Natur des Geistes nicht durch Gewohnheitsgedanken befleckt wird. Um eine reine Sicht, eine Sicht der Weisheit, zu halten, vergegenwärtigen wir diese perfekt reine Form. Alles, was vor uns im Raum erscheint, ist wie ein Regenbogen oder eine Spiegelung - es ist kein wirkliches Ding. Wenn wir Schwierigkeiten haben, den ganzen Zufluchtsbaum zu vergegenwärtigen, sollten wir einfach das Vertrauen haben, dass alle Objekte der Zuflucht wirklich vor uns sind, auch wenn wir sie nicht im Geist halten können.



      Bewusstheit von uns selbst und anderen


    In unserer Praxis sind wir nicht allein, sondern umgeben von allen Wesen, die das Universum auffüllen. Wir stellen uns auf unserer rechten Seite unseren Vater vor und links von uns unsere Mutter. Zwischen den Eltern aus diesem Leben stehend machen wir uns klar, dass alle Wesen ohne Ausnahme in einem früheren Leben einmal unsere Eltern waren. Das hilft, uns daran zu erinnern, wie gütig all unsere Eltern, alle fühlenden Wesen, waren, dass sie uns während zahlloser Leben geholfen haben.


    Diejenigen, die wir als unsere Feinde betrachten, stellen wir uns vorne vor, zwischen dem Zufluchtbaum und uns selbst. Wir denken an die Leute, die uns Probleme bereitet und die Verwirklichung unserer Pläne behindert haben. Sie alle sind sehr wichtig für uns weil sie uns helfen, Qualitäten wie Geduld und Mitgefühl zu entwickeln. Normalerweise wollen wir solche Leute gerne vermeiden und wir versuchen, ihnen aus dem Weg zu gehen und nicht einmal an sie zu denken. Sie vor uns zu vergegenwärtigen, hilft, sie nicht zu vergessen. Feinde in dieser Weise zu behandeln, schützt uns davor, sie nicht zu respektieren.


    Wir konzentrieren uns auf den Zufluchtsbaum und vertrauen darauf, daß die Zuflucht alle Wesen vom Leiden Samsaras befreien und uns vor den Ängsten vor diesen Leiden schützen kann. Mit dieser Geisteshaltung, umgeben von allen Wesen, beginnen wir mit der Wiederholung des Zufluchtsmantras. Alles um uns herum beginnt zu vibrieren und wir spüren ein starkes Licht vom Zufluchtsbaum. Das Licht scheint auf uns aufgrund unserer eigenen Hingabe und lässt uns noch offener werden. Dann beginnen wir mit den Verbeugungen. Wir selbst sind hier die "Zeremonienmeister" und leiten die Praxis, und unsere Verbeugungen inspirieren auf Anhieb alle Wesen, die gleiche Praxis zu machen. Wir hören, wie alle Wesen Mantras wiederholen und Verbeugungen machen. Diese Schwingungen erfüllen das ganze Universum.


    Eine solche Vorstellung zu halten, anstatt sich nur auf uns selbst zu konzentrieren, weitet unsere Aktivität aus. Einerseits gibt es uns Kraft, andererseits Motivation für die Praxis. Es ermutigt uns, wenn alle Wesen mit uns zusammen die Verbeugungen machen und die Erfahrung der großen Energie, die sie beim Verbeugen aufbringen, gibt uns noch mehr Vertrauen und Hingabe zu den Drei Juwelen. Das Gefühl "mit der Menge zu reiten" hilft uns, die Verbeugungen schneller zu vollenden und läßt uns während der Praxis große Glückszustände erfahren.


      Die symbolischen Bedeutungen


    Um unserer Praxis die letztendliche Dimension zu verleihen, sollten wir uns der symbolischen Bedeutung einer Verbeugung bewusst sein. Wenn wir unsere Stirn mit zusammengelegten Handflächen berühren, bitten wir die Zufluchtsobjekte um den Segen ihrer Körper. Zugleich stellen wir uns vor, dass der Segen ihrer erleuchteten Körper auf uns strahlt, unseren Körper durchdringt und all seine Verdunkelungen auflöst. Dann berühren wir mit den zusammengelegten Händen unsere Kehle und bitten um den Segen der Rede. Währenddessen denken wir, dass der Segen ihrer erleuchteten Rede von den Zufluchtsobjekten ausstrahlt und alle Verdunkelungen reinigt, die wir durch unsere Rede aufgebaut haben. So befreien wir uns von diesen Verdunkelungen. Wenn wir unser Herzzentrum berühren, bitten wir die Zuflucht um den Segen ihres erleuchteten Geistes. Das hilft uns, uns von allen Schleiern und falschen Anschauungen im Geist zu befreien. Wir vertrauen darauf, dass alle schlechten Wünsche, mit denen wir unseren Geist seit anfangsloser Zeit aufgefüllt haben, völlig gereinigt werden. Wir sollten denken, dass wir den vollen Segen von erleuchtetem Körper, Rede und Geist der Drei Juwelen bekommen. Durch die Kraft dieses Segens werden alle Schleier, schlechtes Karma und negative Tendenzen in Körper, Rede und Geist gereinigt. Wir werden völlig rein und untrennbar von Körper, Rede und Geist des Lamas und der Drei Juwelen.


    Wenn unser Körper mit seinen fünf Punkten (Knie, Hände und Stirn) den Boden berührt, sollten wir uns klarmachen, dass fünf störende Gefühle (Zorn, Anhaftung, Unwissenheit, Stolz und Eifersucht) unseren Körper verlassen und in der Erde verschwinden. So erfahren wir vollständige Reinigung.


    Diese beiden Aspekte der Verbeugungen - die Geistesgifte auflösen und den Segen der Drei Juwelen empfangen - bewirken die Umwandlung der Störgefühle in die entsprechenden fünf Weisheiten. Wir sollten darauf vertrauen, dass diese Umwandlung tatsächlich stattfindet, dass wir die natürliche inhärente Fähigkeit haben, diese Weisheiten zu entwickeln.


    Dieser symbolische Aspekt der Verbeugungen wirkt nur, wenn wir Vertrauen haben. Das kann uns diese starke Reinigung geben. Ohne Vertrauen zu praktizieren ist so wie wenn man nur Aerobic macht.


      Die Bedeutung von Hingabe


    Je mehr Verbeugungen wir machen, umso mehr wird unsere Hingabe zunehmen. Schließlich werden wir die Ebene erreichen, wo wir nicht länger denken, daß unser Körper, Rede und Geist von denen der Drei Juwelen verschieden sind. Verbeugungen geben wunderbare Resultate, sie sind die Quelle von sehr kraftvollem Segen und starker Reinigung. Wir sollten nicht denken, dass die Verbeugungen nur aus körperlicher Aktivität bestehen. Der Segen und die Reinigung erscheinen vor allem aufgrund unser Hingabe.


      Die Kraft unserer Praxis verstärken


    Wir praktizieren mit einem offenen Geist und denken nicht, dass wir alleine Verbeugungen machen, sondern dass alle Wesen mitmachen. Wir müssen unser Denken nicht auf uns selbst beschränken. Wir sollten uns nicht bestätigen, indem wir denken: "Ich verbeuge mich". Wenn wir so denken, dann sammeln wir das positive Potential von nur einer Verbeugung an. Wenn wir hingegen denken, dass alle Wesen mitmachen, ist das angesammelte Potential viel größer. Bei den Verbeugungen sollten wir denken, dass hundert Ausstrahlungen von uns mitmachen. Wenn wir uns das vorstellen können, wird unsere Praxis viel stärker sein. Wir sollten aber nicht mehr Verbeugungen zählen, wenn wir uns vorstellen, dass mehr Wesen sie mitmachen, denn es ist nur eine der speziellen Diamantwegs-Methoden, die uns helfen, unsere Praxis zu stärken.


      Verbeugungen mit der Beruhigung des Geistes verknüpfen


    Nach eine Weile wird unser Körper müde. Das ist dann ein guter Moment, um Geistesruhe zu praktizieren. Wenn der Körper und der Geist müde werden, nimmt die Anhaftung ab, und wenn wir mit den Verbeugungen für einen Moment aufhören, wird unser Geist ganz von selbst natürlich ruhig werden, ohne weitere Hilfsmittel unsererseits. Sobald sich Körper und Geist nach einer Weile ausgeruht fühlen, wird unser Geist wieder unruhig. Dies ist das Zeichen, um mit den Verbeugungen wieder weiterzumachen. Durch diesen Wechsel zwischen Verbeugungen und Beruhigung des Geistes können wir ohne Unterlass praktizieren.


      Mit Schwierigkeiten umgehen


    Manchmal werden wir Schwierigkeiten bei der Praxis erleben; Schmerz und Müdigkeit werden sich uns in den Weg stellen. Irgendwas ist immer: Schmerzen in den Knien, den Ellbogen, dem unteren Rücken, überall. Es gibt keinen Grund, deswegen entmutigt zu sein oder das Vertrauen in die Praxis zu verlieren. Auch sollten wir das Gefühl nicht verstärken, indem wir uns sagen: "Ich leide so sehr, ich fühle mich so schwach". Dadurch blockieren wir uns nur selbst und verlieren unsere Handlungsfähigkeit. Wenn wir dem Schmerz erlauben, etwas zu sagen zu haben, kann er ein echtes Hindernis auf dem Weg unserer weiteren Praxis werden. Stattdessen sollten wir jede unangenehme geistige oder körperliche Erfahrung als ein Mittel nutzen, um zur Erleuchtung zu gelangen. Solche Erfahrungen sollten uns zu größeren Anstrengungen auf dem Weg anspornen.


    Alles, was wir erleben, hängt vom Zustand unseres Geistes ab, und wenn wir Dinge anders erleben wollen, müssen wir unseren Geist ändern. Wenn wir es schaffen, Leiden effektiv in eine positive und nützliche Erfahrung umzuwandeln, wird das Leiden sich spurlos auflösen. Das wird uns mehr Glück und Freude geben.


    Verbeugungen sind ein Weg, um wirklich gutes Potential anzusammeln. Sie sind ein leichter und effektiver Weg, um schlechte Handlungen aus unserer Vergangenheit zu reinigen. Wenn wir jedoch aufgrund von Schmerz oder Müdigkeit die Verbeugungen in einem deprimierten Zustand weitermachen, wird keine echte Reinigung stattfinden.«

      Techniken, um mit unangenehmen Erfahrungen umzugehen


    Karma:
    Leiden sollten wir nicht als etwas besonders Ernstzunehmendes ansehen, sondern uns erinnern, dass Leiden nur Karma ist, vergänglich wie alles andere. Leiden hat ein Ende. Wenn unser Karma heranreift, sollten wir entspannt bleiben und diesen natürlichen Fluss der Dinge beobachten. Wenn wir es schaffen, das Verständnis der Vergänglichkeit von Karma in unsere Praxis einfließen zu lassen, wird es sich von selbst auflösen. Karma ist nicht etwas, das wir annehmen oder ablehnen müssen. Es ist eher so wie unsere Verpflichtung zum Bezahlen unserer Rechnungen, die automatisch erscheint. Wenn wir unsere Schulden gezahlt haben, löst sich das Karma auf und es gibt nichts mehr abzulehnen.


      Reinigung von Karma durch physisches Unwohlsein


    Dharmapraxis beseitigt Schleier und Verunreinigungen, die die Folge früherer Handlungen sind. Physisches Unwohlsein bei der Praxis sollten wir als Folge des Mitgefühls der Drei Juwelen sehen. Dieses relativ kleine Leiden löst Karma auf, das dadurch nicht in der Zukunft heranreifen wird. Deshalb sollten wir dieses Leiden mit Freude und Vertrauen erleben. Solche unangenehmen Erfahrungen zeigen auch, dass die Praxis wirkt. Die Verwendung von Reinigungsmethoden kann zu unangenehmen Erlebnissen in Körper, Rede und Geist führen. Zur gleichen Zeit werden wir Schwierigkeiten und Schleier im Geist los. Mit dem Erlebnis von Reinigung infolge unserer Praxis nimmt unser Vertrauen in die Drei Juwelen zu. Wir fühlen tiefe Dankbarkeit, denn diese relativ kleinen Plagen helfen uns, uns freizumachen von den Bedingungen, die sonst als viel größeres Leiden heran gereift wären.


      Ego-Haften erkennen


    Jedes Leid sollten wir als ein Gegenmittel gegen Ego-Haften sehen. Das eigene Leiden erleben ist in sich selbst ein Beweis für unsere egozentrische Einstellung gegenüber allen Phänomenen. Zugleich geben uns leidvolle Situationen die Möglichkeit, unser Haften am Ich loszuwerden. Wenn wir nicht die Illusion eines Egos hätten, könnten wir nicht leiden. Auch sollten wir uns die Ursache unseres Leidens klarmachen: Wir erleben es aufgrund unserer früheren Handlungen, die aus unserer Ego-Anhaftung stammen. Wir waren so auf uns selbst fokussiert und haben viele karmische Samen gesät, die nun als Leid heranreifen. Leiden können wir als eine Belehrung behandeln, die uns die Folgen früherer Handlungen aufgrund von fokussiert sein auf sich selbst zeigt. Seit anfangsloser Zeit war dieses Haften am Ich der Grund dafür, dass wir im Kreislauf Samsaras gefangen waren.


      Das Ego beobachten


    Das Ego möchte die ganze Zeit zufriedengestellt werden. Solange alles gut läuft, ist unser Ego zufrieden und versucht, diesen Zustand zu erhalten. Unser "Selbst" haftet an dieser Zufriedenheit und unser Geist ist von Begierde gequält - dem Gift der Anhaftung. Wenn die netten Umstände vergehen, haftet das Ego noch immer an ihnen, weil es zufrieden sein will. Mehr Anhaftung und Begierde erscheinen im Geist. Bei unangenehmen Situationen reagiert das Ego mit Zorn und Hass; es versucht sie zu vermeiden und sie durch angenehme Erfahrungen zu ersetzen. In dieser Weise ist unser Geist ängstlich und unglücklich. Diesen ständigen Einfluss des Egos können wir in allen Situationen erkennen. Unaufhörlich teilt es Erlebnisse in angenehm und unangenehm ein. Wenn wir unserem Ego folgen, werden wir Karma anhäufen, das früher oder später als verschiedene Arten von Leid heranreift.


      Unangenehme Erlebnisse als Test für unsere Ausdauer


    Wir sollten uns erinnern, dass wir versprochen haben, Körper, Rede und Geist zum Nutzen anderer zu verwenden. Im Wissen, dass wir zum Wohle aller Wesen arbeiten, sollten wir unser Versprechen halten, innere Schwierigkeiten bewältigen und mit der Praxis fortfahren.


    Mit freundlicher Genehmigung von Buddhism Today, USA


    Und studiert man dann in aller Ruhe mal - Digha Nikaya 31//Singālaka Sutta - ergibt sich eventuell dann da heraus ein assoziatives intuitives Verständnis??? :idea:


    añjalī अञ्जलि
    Dorje Sema

  • Zitat


    Bis Du erkennst, dass sie auch in Dir sind. Du bist Buddha, Dharma und Sangha.


    Hier klingt eine Formulierung an, die in ähnlicher Form auch in Sekten oder allgemein in Zusammenschlüssen fundamentalistischer Machart vorkommen. Ich bin nicht Buddha, Dharma oder Shanga. Das sind doch nur Konstrukte - Behelfe religiöser Machart. Jede Religion versucht Menschen in sich zu integrieren und assimiliert sie. Ich bin aber kein Borg - auch kein buddhistischer :)


    Liebe Maus,


    das so zu betrachten ist Deine Sicht. Sie trifft jedoch nicht die Intention und den Sinn.
    Wenn Dich Hochhüpfen zu einem positiven Ergebnis bringt, dann kannst Du das tun – das ist wunderbar. So wie Kampfkunst (Körperkunst) ein wunderbares Mittel auf dem Weg sein kann. Oder Geschirrspülen. Oder den Hof kehren.


    Ich erlaube mir zu widersprechen: Doch, Du bist Buddha, Dharma und Sangha. Der Buddha hat uns aufgefordert uns selbst Zuflucht zu werden. Letztendlich geht die Zuflucht zum historischen Buddha (oder allgemein zum Prinzip Buddha), zur konkreten Sangha, zum Dharma immer über dieses Konkrete hinaus, und man erkennt, dass dies alles in einem selbst ist. Das ist genau das Gegenteil von Sekte. Wenn Du erkennst, dass alle Phänomene Erscheinungen in Deinem Geist sind, wirst Du z.B. erkennen, dass Du die Sangha als Sangha erkennen kannst, weil sie in Dir zu finden ist. Der Dharma ist in Dir, nirgendwo sonst. Deshalb ist es prinzipiell möglich alleine für sich zu lernen. (Es ist jedoch günstig sich der Erfahrungen anderer zu bedienen – tust Du bereits in dem Moment, wenn Du ein Buch liest oder hier mitpostest.)


    Wenn Du Dich vor Buddha, Dharma, Sangha niederwirfst, wirfst Du Dich demzufolge dem Buddha in Dir nieder. Ich vergleiche das mal damit: Ich vertraue damit meiner inneren Stimme. Ich vertraue darauf, dass die Antwort auf meine Fragen in mir zu finden ist. Ich vertraue auf meine Kraft der Selbstheilung. Ich erteile all den Stimmen, die mich daran hindern ein wahrhaft glücklicher Mensch zu werden eine Absage. Ich erteile den Konzepten eine Absage, den Vorurteilen, der Anhaftung … Mara.


    Wie schon gesagt, Du kannst es auch für Dich und ohne Zugehörigkeit zu einer Gruppe machen. Jedoch ist es eine Illusion zu glauben, Du machst es ohne Andere.


    Liebe Grüße
    Knochensack


  • Bitte versucht doch dem anderen nicht unlautere Absichten zu unterstellen. Das hat mir gestern gelangt :) http://www.buddhaland.de/viewt…5&t=7380&start=15#p136724


    Fragt doch lieber nach ob man das so gemeint hat, wie ihr es verstanden habt.
    Ich versuche hier sachlich zu schreiben. Gibt es mal einen übermütigen Piekser von mir, gibt es meist auch diesen " :grinsen: "


    Wenn da steht, "das hat der historische Buddha so nicht gelehrt", ist das rein sachlich gemeint. Man kann ja sachliche Gegenargumente bringen und aufzeigen, dass es doch vom historischen Buddha abgeleitet wurde. Man kann aber auch soviel Selbstbewusstsein haben und sagen, dass es nicht vom Buddha stammt aber trotzdem wirkt/trägt.


    Wenn die Niederwerfungen Euch helfen den "Edlen Achtfachen Pfad" zu gehen, so ist dies gut und ich freue mich aufrichtig mit Euch.
    Trotzdem ist es doch richtig, dass der historische Buddha das so nicht gelehrt hat oder?


    ()

  • Bakram:

    Demnach handelt es sich um eine tantrische Technik wie im Vajdrayana die den Pfad zum Erwachen beschleunigen soll.
    Wenn es Dir hilft ok.


    Im Allgemeinen muss ich leider feststellen, dass die eigentliche Aufgabe, Erwachen für alle Wesen zu erlangen, immer mehr in den Hintergrund verdrängt wird. Viele, die sich als Buddhisten bezeichnen, haben in erster Linie ihr persönliches Wohlergehen im Sinn und nicht Bodhicitta.


    Gruss Bakram


    Deine Zuschreibungen kommen prompt.... :D
    In allen Linien gibt es Verbeugungen ( Niederwerfungen ).
    Tantrische Elemente sind dort ja wohl unbekannt.


    Es ist im Sinne von Mahayana unterstützende, respektvolle Rituale durchzuführen. Da gehört eins zum anderen, es gibt keine Trennlinie zwischen Sila, Zeremonie,Meditation.
    Gerade Niederwerfungen, Respektbezeugungen, fördern das Ausbilden von Herzgeist ungemein !

  • @ Kusala: Ja, so ist die Kommunikation. Dass ich “unlautere Absicht“ unterstellt hab, hab ich nicht mal gemerkt. Siehste, so gehts. Deshalb hab ich ja gefragt “Du wirst doch wohl nicht...“ Weil ich auch dachte, das kann sie doch wohl nicht meinen. Aber ich hab es so gelesen, wie Du es nicht gemeint hast.


    @Dorje: Ja, Riesendankeschoen fuer diesen hilfreichen Text

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Onyx9:

    Gerade Niederwerfungen, Respektbezeugungen, fördern das Ausbilden von Herzgeist ungemein !


    Niederwerfungen fördern Unterwürfigkeit (wenn Sie von Lehrern mit Hüten/Kronen etc., die den Lehrer erhöhen sollen, gelehrt werden, sollte man besonders vorsichtig sein).


    Respektbezeugungen, die durchaus durch eine Verbeugung (eine Niederangigkeitsgeste) begleitet werden kann, stellen dagegen nicht die eigene Person in Frage (etwa wie: Ich bin nur ein Wurm). Man ordnet sich z. B. aufgrund einer Sache unter, da man weiß, dass der andere davon mehr versteht.


    Gruß
    Sven

  • Mir sind heute Morgen auch noch einige Gedanken gekommen, warum ich mich auch (von Herzen) gerne verneige und mich dadurch auch mal "klein" mache.
    Bei mir spielen da auch meine Lebenshintergründe eine große Rolle: ich trage im Leben einiges an Verantwortung und entscheide etliche Dinge für mich, aber eben auch für andere Menschen, die mir "an die Hand gegeben" / anvertraut wurden.
    Seien es meine Kinder, sei es in meinem Ehrenamt oder sei es in meinem Job.
    Ich habe mich einerseits für diese "führende Rolle" entschieden, weil ich mir das was ich mache auch durchaus zutraue, andererseits ist es für mich aber auch wichtig selbst einen Leitfaden "im Wirren des Samsara" zu haben und das sind für mich eben Buddha, Dhamma und Sangha.


    Aus dem Grund verneige ich mich auch mit Freude und mit gefühlter Wärme und Zuneigung im Herzen, weil ich mich glücklich fühle, selbst einen Leitfaden in meinem Leben zu haben.
    Es gibt soviele Bereiche in meinem Leben, in denen ich "oben" stehe, gefragt bin oder werde, in denen ich gelegentlich auch mal die Führung übernehmen muss (wobei mein eigenes Ziel immer die Selbständigkeit der mir anvertrauten Menschen ist und meine Unterstützung irgendwann hoffentlich mal nicht mehr gebraucht wird. Trotzdem ergeben sich immer wieder mal Situationen, in denen ich "das Ruder in die Hand nehme", auch wenn ich es dann sehr gerne wieder abgebe), dass ich einfach dankbar bin, mich durch Buddha, Dhamma und Sangha selbst ein Stück weit führen und begleiten lassen kann --- und da ist ja auch das "Endziel", dass ich sie irgendwann einmal nicht mehr "brauche".



    Solange ich aber noch in meinem eigenen Wirrwarr stecke, drücke ich gerne meine Dankbarkeit und Zuneigung durch diese rituelle Art und Weise aus.

    Herzliche Grüße


    "Klee"



    *******Den Charakter eines Menschen erkennt man nicht so sehr daran, was andere über ihn sagen, sondern daran, was er über andere sagt.******


    (unbekannt)

  • Liebe Klee,
    an diesere Stelle möchte ich mich gerne vor Dir verneigen. Deine Beiträge sind voller Ehrlichkeit, Offenheit und inspirieren mich immer wieder. Gerade heute morgen hatte ich wieder eine Erkenntnis über mich und mein Verhalten, die mir dazu verhalf, etwas seit zig Jahren Gewohntes loszulassen und mich zu verbeugen, und zwar aus Dankbarkeit, dass es mir endlich klar wurde.
    _()_ Monika

  • Für mich ist es so, ich mache mich beim Verbeugen genauso klein, wie beim Kücheputzen, nämlich gar nicht.
    Es ist einfach ein befreiendes Gefühl - und wer das nicht verstehen möchte, dem brauch ich es auch nicht zu erklären. :lol:


    Solange man noch in "niederen" und "höheren Rängen" denkt, befindet man sich noch im völlig falschen Film. Mein Beileid.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Dem schließe ich mich an, liebe Losi.


    Dennoch, ein paar Stichworte, was für mich Niederwerfung bedeutet:
    • ich danke meinem Lehrer dafür, dass er sich Zeit nimmt und Mühe gibt mir wirklich und profund zu helfen
    • ich danke allen Wesen für ihre Hilfe, den lebenden, den toten und den kommenden Wesen
    • ich danke für das große Glück, das mir in meinem Leben beschieden ist
    • ich danke für die Fähigkeit all das sehen und würdigen zu können
    • ich mache mich so klein wie es alle Wesen sind, begebe mich auf dieselbe Ebene und verzichte auf meine Überhöhung
    • ich gelobe alles mir mögliche zu tun, um weiter zu kommen
    • ich gelobe Bodhicitta
    • ich verzichte auf jede Extrawurst
    • ich erinnere mich an das große Geschenk, das die Begegnung mit dem Dharma für mich ist
    • ich erinnere mich daran, dass ich sehr behutsam mit diesem Körper umgehen muss
    • ich verbinde mich mit der Erde und allem anderen


    Wenn ich mich niederwerfe in einem Gespräch mit jemandem, dann mache ich mich bereit mich zu schenken.
    Immer wenn mir das gelingt, auch nur ansatzweise, werden Schwierigkeiten überwunden, kann ich neue Sichtweisen erleben, komme raus aus der Opferhaltung, raus aus dem Gefühl mich eines Angriffs erwehren zu müssen, aus der Feind-Freund-Haltung, lerne wirklich was dazu. Schwierigkeiten habe ich stets, wenn ich in der Haltung des Stolzes und des Trotzes Menschen begegne, wenn ich denke, ich muss mir was bewahren, Haltung bewahren usw. Damit ist jedes spontane und freie, absichtslose Sein unmöglich. Werfe ich mich mental nieder, dann fällt das von mir ab, und bin die, die ich bin. Da gibt es nichts mehr, das ich sein muss, keine Erwartung mehr an mich und an den anderen. Ich kann unmittelbar während eines Gespräches feststellen was geschieht, wenn ich mich daran erinnere mich niederzuwerfen.
    Das ist einfach nur gut. Dennoch gelingt es mir noch viel zu selten.


    Liebe Grüße
    Knochensack

  • Losang Lamo:

    Für mich ist es so, ich mache mich beim Verbeugen genauso klein, wie beim Kücheputzen, nämlich gar nicht.
    Es ist einfach ein befreiendes Gefühl - und wer das nicht verstehen möchte, dem brauch ich es auch nicht zu erklären. :lol:


    Ich hatte darüber eine Diskussion mit einem Zen-Schüler einer koreanischen Gruppe, die Niederwerfungen betreiben. Er sagte, dass es mehr etwas sportliches hätte, das sehr erfrischend wäre. Ich denke aber, wenn es sich um Leibesübungen oder ähnliches handelt, soll man es auch so benennen. Warum?


    Das Niedermachen/Brechen der Person und der danach folgende Neuaufbau ist eine der ältesten Gehirnwäschemethoden. Sie wurde schon immer beim Militär, bei Sekten, Religionen etc. verwandt. Verheerendste Resultate dieses Treibens kann man heute z. B. bei islamischen Märtyrern sehen. Aber auch unter Scientologen sind diese Techniken bekannt und das reicht mir schon vollkommen aus. Deshalb meine Antipathie gegen solche sprirituellen Übungen (dazu gehören IMHO auch extremere Formen wie Flagellantismus, auf Erbsen Knien etc.)


    Wenn du dich dabei nicht klein machst, finde ich das vollkommen richtig.



    Losang Lamo:

    Solange man noch in "niederen" und "höheren Rängen" denkt, befindet man sich noch im völlig falschen Film. Mein Beileid.


    Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wer nicht erkennt, dass es ohne Rangordnung in einer Gemeinschaft gar nicht geht, hat nicht genau beobachtet. Das heißt aber nicht, dass der höchste Rang der beste wäre. Ein Kind, dass das Kommando übernimmt und seine Eltern tyrannisiert, ist keinesfalls glücklich darüber, braucht es doch im Gegenteil Schutz etc. und damit unbedingt einen niederen Rang.


    Stell dir mal vor, in einer Schlange bei der Post, drängelt sich einer vor (mal selber ausprobieren und dabei die eigenen Emotionen beobachten. Lustiges Experiment). Wenn es ein Polizist ist, wird kaum einer murren (witzigerweise hat in einer Schlange normalerweise derjenige einen höheren Rang, der weiter vorne steht, diese Leute reagieren dann auch am gereiztesten, wären die am Ende der Schlange meist kaum reagieren), wenn es ein bekannter Schläger ist, wohl auch keiner, wenn es aber einer ist, von dem Mann vermutet, dass er gleichen oder niederen Rang hat, gibt es eine "Rangelei" (wobei Rangeleien, wo der Status der Beteiligten in etwa gleichhoch ist, für den Beobachter die interessanteste und lehrreichste Variante darstellt.) Eine Rangelei dauert genauso lange, bis einer der Kontrahenten sich geschlagen gibt und damit die Rangordnung wiederhergestellt ist.


    Man kann Rangeleien eigentlich nur entgehen, wenn man versucht Menschen zu meiden. Auch durch ständiges Unterordnen (also von vornherein einen tiefen Rang zu bekleiden) ist man beteiligt, selbst wenn es so natürlich zu keiner Rangelei kommt.


    Wenn du Teil einer buddhistischen Gruppe bist, versuche einmal die Rangordnung zu erkennen. Wer darf mehr reden, wessen Wort ist gewichtiger, wer sitzt neben dem Lehrer. Darfst du dich einfach auf den Platz des Lehrers setzen. Verhalte sich Neue am Anfang eher still etc. Sich diese Dinge bewusst zu machen, finde ich ungeheuer spannend und so kann sogar eine vom Inhalt recht langweiliger Abend zum Abenteuer werden.


    Man sollte sich auch nicht darüber grämen, dass das so ist, sondern eher mit Interesse verfolgen. Es gibt IMHO nur eine widerliche Form der Rangelei nämlich das Mobbing. Hier sollte der Ranghöchste sofort eingreifen und dieses unterbinden (leider ist er aber oft auch selbst beteiligt).


    Gruß
    Sven


    Nachtrag:
    Ich denke wir haben aber auch verschiedene Bilder bei den Niederwerfungen im Kopf. Ich habe einmal im Fernsehen gesehen, wie eine tibetische Gruppe von Pilgern 1000km in Form von Niederwerfungen nach Lhasa zurücklegen wollte und sich dabei immer wieder in den Dreck geschmissen hatte, alles was auf dem Weg lag musste mitgenommen werden. Und ich sehe auch in der heutigen ritualiserten Form auf einer sauberen Matratze immer noch den Ursprung der Übung.

  • Sven:
    Losang Lamo:

    Solange man noch in "niederen" und "höheren Rängen" denkt, befindet man sich noch im völlig falschen Film. Mein Beileid.


    Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wer nicht erkennt, dass es ohne Rangordnung in einer Gemeinschaft gar nicht geht, hat nicht genau beobachtet. Das heißt aber nicht, dass der höchste Rang der beste wäre. Ein Kind, dass das Kommando übernimmt und seine Eltern tyrannisiert, ist keinesfalls glücklich darüber, braucht es doch im Gegenteil Schutz etc. und damit unbedingt einen niederen Rang.


    Lieber Sven,


    leider fällt es mir schwer dazu noch was zu sagen - Deine Sichtweise ist für mich so sehr "far out"... Das ist müßig zu versuchen, sich da noch zu verständigen. Bzw. ich kann's nicht.


    Mir geht es um... einen spirituellen Weg, den jetzt näher zu beschreiben doch nur in Kitsch ausartet und wo ich Worte (wie "Selbstfindung" und sowas) zur Hilfe nehmen muss, die hier doch nur wieder, fast zu Recht, auseinandergenommen werden.
    Jedenfalls haben meine Niederwerfungen aber auch nicht das Geringste mit irgendwelchen imaginären gesellschaftlichen Rängen zu tun. *Kopf schüttel und schauder*


    Belassen wir es dabei. Ich sehe keinen Sinn in solchen Diskussionen.


    Alles Gute Dir
    wünscht LL

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    leider fällt es mir schwer dazu noch was zu sagen - Deine Sichtweise ist für mich so sehr "far out"... Das ist müßig zu versuchen, sich da noch zu verständigen. Bzw. ich kann's nicht. Belassen wir es dabei. Ich sehe keinen Sinn in solchen Diskussionen.


    Liebe Losang Lamo,


    da werde ich mich wohl fügen müssen. Ich habe ja selbst nur 3 Beitrags-Sterne, während du schon ein 5-Sterne-General bist. :)


    Alles Gute dein frecher
    Sven

  • »Die Vorbereitenden Übungen - Teil 1: Die Grundlagen


    von Geshe Thubten Ngawang


    Die Vorbereitenden Übungen heißen auf Tibetisch Ngöndro Sag-dschang, was soviel wie "Vorbereitende Übungen zur Ansammlung und Reinigung" bedeutet. Sie dienen dazu, den Geist von negativen Eindrücken zu reinigen und gute Anlagen ("Verdienste") zu sammeln. Die Vorbereitung des Geistes ist sehr wichtig, wenn wir mit Hilfe der Meditation Fortschritte auf dem Pfad machen wollen. Ob wir über den Stufenweg zur Erleuchtung (Lamrim) meditieren möchten, ob wir eine längere tantrische Klausur im Zusammenhang mit Gottheiten wie Guhyasamaja, Cakrasamvara oder Yamantaka planen oder ob wir Meditation von Mahamudra ("Großes Siegel") anstreben - um in diesen Meditationen Fortschritte erzielen zu können, müssen wir unseren Geist zuerst vorbereiten und günstige Umstände schaffen. Dies geschieht durch die Vorbereitenden Übungen. Die Zahl 100.000 hat sich in der Tradition herausgebildet. 100.000 ist eine große Zahl, so daß man den Geist intensiv reinigen und umwandeln kann; andererseits ist sie nicht astronomisch hoch, so daß sie unerreichbar wäre.


    Man mag sich fragen, woran es liegt, daß in der neuen Kadam-Tradition, die auch als Gelug-Tradition bekannt ist, nicht soviel über die Vorbereitenden Übungen gesprochen wird wie in den anderen drei tibetischen Traditionen von Nyingma, Kagyü und Sakya. Ein wichtiger Grund ist, daß in der Meditation über den Stufenweg zur Erleuchtung (Lamrim) die sogenannten "Sechs Vorbereitenden Übungen" enthalten sind. Darin gibt es die Siebenteilige Verehrung, in der Niederwerfungen, Darbringung von Opfergaben und so weiter integriert sind. Die Siebenteilige Verehrung dient dazu, den Geist zu reinigen und ihn mit guten Eindrükken anzureichern. Dabei wird weniger Gewicht darauf gelegt, eine bestimmte Anzahl der einzelnen Übungen durchzuführen wie zum Beispiel 100.000 Niederwerfungen oder 100.000 Darbringungen von Opfergaben und so weiter. Vielmehr kommt es als Vorbereitung auf die regelmäßige Meditation darauf an, diese Übungen möglichst einwandfrei durchzuführen, um den Geist zu wandeln. Diese Art der Vorbereitung des Geistes mag ein Grund dafür sein, warum in der Gelug-Tradition der Begriff der Vorbereitenden Übungen nicht so häufig verwendet wird. Dennoch werden diese Übungen so, wie sie in den anderen tibetischen Traditionen intensiv praktiziert werden, auch in der Gelug-Tradition durchgeführt. Die folgenden Erklärungen basieren auf einem Lehrtext des Tantra-Kollegs; die Praxis der Vorbereitenden Übungen wird hier in Verbindung mit einem Guru-Yoga dargestellt.


    Unter den Lesern sind einige, die sich als Buddhisten empfinden, Zuflucht genommen haben und intensiv meditieren möchten. Vielleicht haben Sie bereits Initiationen erhalten und möchten in Verbindung damit tantrische Klausuren durchführen. Für Sie ist es deshalb besonders wichtig, Vorbereitungen zu treffen, um den Geist zu reinigen und gute Anlagen zu schaffen. Wenn Sie keine Buddhisten sind oder sich noch am Anfang der Praxis befinden, jedoch die Absicht haben zu meditieren, ist es sehr wichtig für Sie, Mittel anzuwenden, um den Geist zu läutern und heilsam umzuwandeln. Selbst wenn Sie in der Zukunft nicht vorhaben, eine längere Klausur durchzuführen oder noch keine Initiation erhalten haben, ist es dennoch sehr nützlich, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.


    Wir sollten gewiß sein, daß diese Übungen einen sehr positiven Effekt auf den Geist haben. Auf dieser Grundlage wird unsere Meditation wirksamer, der Geist wird kraftvoller und kann Hindernisse leichter überwinden. Für uns in der heutigen Zeit, die in vielerlei Hinsicht eine Zeit der Degeneration ist, ist es schwierig, mit Hilfe der Dharma- Praxis hohe Verwirklichungen auf dem Pfad zu erlangen. Wir können jedoch gewiß sein, daß wir durch Meditation viele und tiefe Eindrücke in unserem Geist hinterlassen, und dies gilt um so mehr, wenn wir den Geist mit den entsprechenden Mitteln vorbereitet haben. Ganz gleich, auf welcher Stufe der Dharma-Praxis wir uns befinden und welche Ziele wir uns im Dharma gesetzt haben, immer sind die Mittel für die Reinigung des Geistes und das Ansammeln von Verdiensten von großem Nutzen.


    Der Text, anhand dessen ich die Erklärungen gebe, erklärt die Vorbereitenden Übungen im Zusammenhang mit der Guru-Puja (Lama Tschöpa). Wir rezitieren zuerst die Guru-Puja ohne den Teil über die Darbringung der Tsog- Opferungen bis zur Auflösung des Verdienstfeldes. Vor der Widmung, also nach dem Gebet über den Stufenweg zur Erleuchtung, bringen wir zuerst ein ausführliches und dann ein kurzes Mandala dar; letzteres erfolgt einige Male. Die zentrale Figur des Verdienstfeldes innerhalb der Guru-Puja ist der äußeren Gestalt nach Dsche Tsongkapa. In seinem Herzen befindet sich Buddha Shakyamuni und in dessen Herzen Buddha Vajradhara. So visualisieren wir den Lama als vollkommen eins mit dem Buddha. Wir rezitieren einige Male (mindestens dreimal) das Namens-Mantra des Lama, in diesem Fall von Dsche Tsongkapa: Om ah guru vajra dhara sumati kirti siddhi hum hum. Danach sprechen wir das Mantra von Buddha Shakyamuni: Om muni muni maha muni svaha, ebenfalls mehrere Male. Anschließend kommt das Mantra von Buddha Vajradhara: Om ah vajradhara hum. Schließlich rezitieren wir mindestens dreimal die Silben Om ah hum. Diese symbolisieren Buddhas Körper, Rede und Geist, und mit dem Aussprechen der Silben rufen wir die Tugenden von Körper, Rede und Geist des Buddha und des Lama an. Danach folgt das kurze Bittgebet (migtse- ma) an Dsche Tsongkapa in neun und dann in sechs Zeilen; das Gebet in neun Zeilen ist auch in der Guru-Puja (Seite 26) enthalten, das mit sechs Zeilen ist abgedruckt im "Guru-Yoga der Götterscharen von Tushita". Wenn wir Fortschritte im Dharma machen wollen, entwickeln wir zunächst ein starkes Interesse daran, Dharma ernsthaft zu praktizieren und nehmen Zuflucht zu den Drei Juwelen. Buddha ist der Lehrer, der uns die Mittel an die Hand gibt, mit denen wir uns aus den Leiden befreien können. Die Lehre ist der eigentliche Schutz, durch den wir unseren Geist von den Fehlern befreien können. Der Dharma ist die eigentliche Zuflucht. Die Geistige Gemeinschaft ist ein weiteres Zufluchtsobjekt. Sie umfaßt diejenigen, die uns auf dem Pfad unterstützen, damit wir die Lehre verwirklichen können. So setzen wir unsere Hoffnung auf die Drei Juwelen und nehmen unsere Zuflucht zu ihnen. Dann gehen wir daran, mit entsprechenden Mitteln den Geist von negativen Eindrücken zu reinigen und heilsame Anlagen zu sammeln. So entsteht die nötige Wirkungskraft im Geist, um die Fehler tatsächlich überwinden zu können. Zuerst kommt also die Phase der Reifung des Geistes. Ist der Geist erst einmal zur Reife gebracht, können wir ihn durch die Meditation endgültig von allen Fehlern befreien.Wir streben dies für uns selbst und für die anderen an, und damit es uns gelingt, bitten wir den Lama, der die Drei Juwelen in sich vereinigt, um seinen Segen. Wir bitten darum, daß wir durch die Hilfe der Buddhas und des Lama sowohl die gewöhnlichen wie auch die endgültigen Resultate erreichen mögen. In diesem Gedanken rezitieren wir einige Male das Bittgebet an Dsche Tsongkapa.


    Im folgenden wird die Visualisierung des Verdienstfeldes beschrieben, vor dem wir dann später die eigentlichen Übungen durchführen. Wir stellen uns den Raum in drei Teile geteilt vor. Ganz oben visualisieren wir das Verdienstfeld, wie wir es schon bei der Rezitation der Guru-Puja aufgebaut hatten. Im Zentrum befindet sich Lama Dsche Tsongkapa, der eins ist mit Buddha Shakyamuni und Buddha Vajradhara. Er ist umgeben von unendlich vielen anderen Wesen, die die Zufluchtsobjekte bilden. Der mittlere Teil des Raumes ist angefüllt mit Wolken von Opfergaben, mit allem, was man sich an Schönem vorstellen kann. Auf der Erde, im unteren Teil des Raumes, visualisieren wir alle fühlenden Wesen der verschiedenen Daseinsbereiche, die von vielen Leiden geplagt sind und denen wir soviel Dank schulden für die Güte und Freundlichkeit, die sie uns in unzähligen vergangenen Leben erwiesen haben. Wir stellen sie uns alle in menschlicher Gestalt vor.


    Wenn wir das Verdienstfeld so aufgebaut haben, beginnen wir mit der eigentlichen Praxis der Vorbereitenden Übungen, sei es, daß wir Niederwerfungen machen, Zuflucht nehmen etc. Wie diese Übungen im einzelnen durchgeführt werden, wird in den folgenden Nummern dieser Zeitschrift erklärt werden.


    An dieser Stelle möchte ich den Rahmen darstellen, in den wir die Übungen einbetten. Haben wir nun also unsere Niederwerfungen oder eine andere Übung absolviert und möchten die Sitzung beenden, rezitieren wir einige Male das Bittgebet an Dsche Tsongkapa in sechs Versen. So machen wir es jeden Tag: Erst in der letzten Sitzung lösen wir das Verdienstfeld, das wir am Morgen aufgebaut hatten, auf. Dabei richten wir zuerst eine Bitte an Dsche Tsongkapa, der eins ist mit Buddha Vajradhara und Buddha Shakyamuni: Großer Dsche Tsongkapa, König des Dharma, der du die Natur aller Zufluchtsobjekte besitzt, an Dich richte ich meine Bitten!


    Dsche Tsongkapa ist eins mit Buddha Vajradhara und Buddha Shakyamuni, vereint in sich alle Zufluchtsobjekte und ist die zentrale Figur im Verdienstfeld. Tsongkapa ist umgeben von vielen Lamas, Buddhas und Bodhisattvas, die wir uns alle als Emanationen von ihm denken und an den wir unsere Bitten richten: Segne meinen Körper, meine Rede und meinen Geist. Segne mich, daß ich in der Lage sein möge, mit einer echten Haltung der Entsagung, mit dem Erleuchtungsgeist und der tiefen Ansicht der Leerheit den tiefen und weiten Pfad zu üben. Wir bitten den Lama um seinen Segen, daß wir den echten Wunsch nach Befreiung aus dem Daseinskreislauf entwickeln mögen. Mit einem solchen reinen Geist der Entsagung wollen wir das altruistische Streben nach Erleuchtung und die tiefe Ansicht der endgültigen Realität hervorbringen. Mit diesen drei hauptsächlichen Eigenschaften auf dem Pfad wollen wir die täglichen Übungen durchführen und so den tiefen und weiten Pfad von Weisheit und Methode üben. Dazu bitten wir den Lama um seinen Segen. Ich bitte Dich, daß ich durch die Übung des Dharma in den Pfad eintrete und möglichst schnell die Buddhaschaft zum Wohl der fühlenden Wesen erreiche. Segne mich, daß ich den Dharma, den Dsche Tsongkapa überliefert hat, einwandfrei praktizieren kann, daß ich in zukünftigen Lebenszeiten nicht davon getrennt werde und daß ich durch diese Praxis hohe Ziele für mich und für die anderen erreiche.


    Mit diesen Bitten an Dsche Tsongkapa und an den Buddha rezitieren wir dann die Auflösung des Verdienstfeldes, wie sie am Ende der Guru-Puja (auf den Seiten 58 und 59) enthalten ist: "Ich flehe dich an, du höchster Guru, aufgrund dieser Bitten voller Freude auf meinen Scheitel zu kommen, um mich zu segnen und die strahlende Spitze deines Fußes wiederum fest in den Blütenstaubbeutel meines Herzlotos zu setzen. Die Rezitation geht weiter bis zum Ende der Guru-Puja und schließt die Widmung und die glückverheißenden Bitten mit ein.


    Folgende Visualisation zur Auflösung des Verdienstfeldes ist möglich: Wir können uns vorstellen, daß sich zuerst jene Wesen des Verdienstfeldes, die sich um Dsche Tsongkapa herum befinden, in ihn auflösen. Einige Wesen wie die Lamas der Überlieferung befinden sich über ihm, andere unter ihm und wieder andere auf gleicher Höhe um ihn herum. Sie alle lösen sich in Licht auf und verschmelzen mit der zentralen Figur. Wir stellen uns vor, daß Dsche Tsongkapa dadurch noch einmal ganz besonders gesegnet wird und eine außergewöhnlich prachtvolle Ausstrahlung annimmt. Dann kommt er auf unseren Scheitel. Dsche Tsongkapa, der eins ist mit Buddha Shakyamuni und Buddha Vajradhara, bewegt sich voller Freude durch unseren mittleren Kanal bis in das Herzchakra und verweilt dort in einem achtblättrigen Lotos. Er verweilt in dem sogenannten unzerstörbaren Tropfen, in dem sich der allersubtilste Wind und das allersubtilste Bewußtsein befinden. So sind der eigene Geist und Körper ganz eins geworden mit dem Lama und der Meditationsgottheit, dem Buddha. Wir stellen uns vor, daß Tsongkapa nun in die gleiche Richtung blickt wie wir selbst. In dieser Haltung senkt er sich in das eigene Herz hinab und verweilt dort.


    Wenn wir hier das Verdienstfeld auflösen, müssen wir nicht notwendigerweise denken, daß es tatsächlich verschwindet. Es gibt noch eine andere Möglichkeit der Visualisation. Dabei löst sich von den Buddhas und Lamas um Dsche Tsongkapa herum jeweils ein Doppel ab und verschmilzt mit ihm. Anschließend löst sich ein Doppel von Dsche Tsongkapa ab und begibt sich auf unseren Scheitel. In diesem Fall läßt man das Verdienstfeld, wie man es während der Übungen visualisiert hat, weiter bestehen. Es ist auch möglich, lediglich Dsche Tsongkapa als zentrale Figur des Verdienstfeldes weiter bestehen zu lassen. Diese Vorstellung ist besonders gut, weil wir dann auch außerhalb der Sitzungen immer denken können, daß Dsche Tsongkapa oder das Verdienstfeld als Zuflucht gegenwärtig sind.


    Schüler, die noch keine große Initiation (in eine der vier Tantra-Klassen) mit Eintritt in ein Mandala erhalten haben, sollten die Verschmelzung von Lama Tsongkapa ins eigene Herz nicht visualisieren. Sie denken einfach, daß das Verdienstfeld vor ihnen weiter bestehen bleibt oder daß der Lama über ihrem Scheitel ruht. Von diesem Verdienstfeld, das jederzeit als Zufluchtsobjekte zugegen ist, strömen Licht und Nektar aus, die reinigen und segnen.


    Noch einmal zur Abfolge: Die Guru- Puja wird einmal am Tag, in der ersten Sitzung, rezitiert, aber nur bis zur Auflösung des Verdienstfeldes. Diese nehmen wir in der letzten Sitzung vor. Das heißt, während des ganzen Tages, an dem wir unsere Übungen durchführen, bleibt das Verdienstfeld erhalten. In den übrigen Sitzungen, ab der zweiten, reicht es aus, jeweils zu Beginn und am Ende die Mantras bzw. Bittgebete zu rezitieren, wie es erklärt wurde. So beginnt jede der mittleren Sitzungen mit der Rezitation des Namens-Mantra von Dsche Tsongkapa, dann folgt das kurze Bittgebet in neun Zeilen und das in sechs Zeilen. Anschließend kommen die eigentlichen Übungen des geplanten Tagespensums. In der letzten Sitzung des Tages rezitieren wir den Schluß der Guru-Puja mit der Auflösung des Verdienstfeldes, wie gerade beschrieben.


    Für die Berufstätigen, die vielleicht keine Zeit haben, eine längere Klausur durchzuführen und die trotzdem ihre Vorbereitenden Übungen machen wollen, gibt es auch die Möglichkeit, jeweils morgens und abends eine Sitzung zu absolvieren. Sie rezitieren morgens das Guru-Yoga, die Mantras und Bittgebete, sammeln dann einige Übungen, zum Beispiel Niederwerfungen an, schließen die Sitzung ab und gehen arbeiten. Wenn Sie abends nach Hause kommen, führen Sie ihre zweite Sitzung durch, in der Sie wieder eine bestimmte Anzahl von Übungen machen. Sie schließen die Sitzung dann mit der Auflösung des Verdienstfeldes ab.


    Aus dem Tibetischen von Christof Spitz «


    Majjhima Nikāya 43 Mahāvedalla Sutta


    añjalī अञ्जलि
    Dorje Sema

  • Hallo ihr,


    könnte das sein? Die Niederwerfungen sind so eine 'Sache', die von vielen erst verstanden wird, wenn sie getan und erfahren wird!

  • Mascha:

    Hallo ihr,


    könnte das sein? Die Niederwerfungen sind so eine 'Sache', die von vielen erst verstanden wird, wenn sie getan und erfahren wird!


    Das kann sein.


    Bei mir war es so, dass ich nur einmal in einer Doku im Fernsehen Tibeter Niederwerfungen machen sah und es gleich "verstanden" hab (ohne das gedanklich formulieren zu können). Diese gelassene Selbstverständlichkeit, mit der sie das einfach machten, rang mir tiefe Bewunderung ab - und ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich sowas schaffen könnte. Und es ist auch so: ich bin ein westliches Weichei und würde kaputt gehen, bevor ich einen Berg in Nepal mit Niederwerfungen umrundet hätte.
    Ich mache 126 Verbeugungen pro Tag, in Häppchen à 2, 3 oder 6 Mal , alles schön im warmen Wohnzimmer vor meinem Altar. Und auf keinen Fall mehr, sonst freake ich wohlmöglich aus. ;) Langsam ernährt sich das Eichhörnchen.
    Im Augenblick möchte ich das nicht missen. In etwa 2 Jahren werde ich die 100.000 voll haben und dann, denke ich, werde ich besser das Resümee ziehen können über den Sinn oder Unsinn dieser Praxis.


    Also würde ich Deinen Satz noch etwas abändern: Die Niederwerfungen sind so eine 'Sache', die vielleicht erst verstanden wird, wenn sie getan und erfahren wurden. :)


    Schönen Tag noch.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    Einmal editiert, zuletzt von Lirum Larum ()

  • Mascha:

    könnte das sein? Die Niederwerfungen sind so eine 'Sache', die von vielen erst verstanden wird, wenn sie getan und erfahren wird!


    Sicherlich ist das genauso wie, wenn jemand sich ans Kreuz schlagen lässt. Das versteht man auch erst richtig, wenn man es gemacht hat.


    100000 Niederwerfungen dauern bei einer Stunde pro Tag etwa 1 Jahr (bei etwa 5 andächtigen Niederwerfungen pro Minute). Schade um die schöne Zeit, in der man auch vernünftige Dinge hätte tun können.


    Sicherlich gibt es eine Restwahrscheinlichkeit, dass diese Übung zu was nutze sein könnte (für mich in etwa so wahrscheinlich, wie es auf dem Saturn Cheeseburger zu kaufen gibt).


    Aber das ist natürlich eine Sache des Vertrauens zum Lehrer und anderen Übenden, die das schon gemacht haben. Außerdem will man sich auch in die Gruppe fügen und da machen das schließlich alle und andauernde Kritik wird bestimmt nicht gut aufgenommen und wenn Hunderte sich seltsam benehmen, ist das nicht mehr so seltsam, sondern tut natürlich gut.


    Es gibt etliche Kleinmach-Rituale in allen Religionen, die alle eine ähnliche Wirkung haben. Hier wird von der Reinigung des Geistes gesprochen. Warum wohl? Was soll hier mit dem Geist passieren? Denkt mal darüber nach. Es ist doch offensichtlich.


    Für die überlieferte Lehre des Buddha ist das übrigens:
    Hängen an Regeln und Riten (silabata paramasa). Eine der 10 Fesseln.


    Gruß
    Sven