Alexithymiker der Superbuddhist ?

  • Liebe Fomis


    ich frage mich gerade ob ein Alexithymiker womöglich bessere Voraussetzungen hat um Arhat zu sein. "Gefühlsblind" zu seint scheint doch ungeheuer hilfreich um buddhistische Ideale zu verwirklichen: frei von störenden Emotionen: Liebe nicht, hasse nicht etc... zumindest im ZEN scheint man diesen Weg zumindest zum Teil gehen zu wollen.


    Kein Ego, dass dauernd gestreichelt werden will. Es empfindet ja nichts dabei. Keine geistige Erotik, kein sich gegenseitig an sich Reiben, keine Suche nach Geborgenheit, keine Kuschelgesellschaft, kein Dünkel. Reine Ratio, reiner Geist.....


    Soll man achtsam meditierend zum Alexithymiker mutieren ? Wäre dies das Ende allen Dukkas ?


    Wenn ja, was ist dann ein Boddhisatva mit seinem Mitgefühl ? Eine Fehlgeburt ?

    Oder doch nicht ? Was dann ?


    Vielleicht etwas provokative Fragen aber durchaus ernstgemeint.


    P.S:
    Zitat aus einer Gesundheitsinstitution:

    Zitat

    "In den letzten Jahren sind immer mehr Patienten in Behandlung gekommen, die angeben, kaum oder gar nichts emotional zu spüren. In der modernen Forschung werden diese Patienten Alexithyme genannt, weil sie unfähig sind, Gefühle bei sich und anderen wahrzunehmen und darüber zu sprechen. Dabei handelt es sich um eine Art „Gefühlsblindheit“. Wenn diese Menschen versuchen, ihre Gefühle zu beschreiben, ist das ungefähr so, als redeten Blinde über Farben, wobei man spürt, dass ihnen die Sache grundsätzlich fremd ist. Dieses Phänomen ist häufiger anzutreffen als z. B. in den 70er Jahren angenommen wurde. Es betrifft Arme wie Reiche, Junge wie Alte und Männer deutlich häufiger als Frauen. Bei psychologischen Tests in Skandinavien erwiesen sich 13 % aller Probanden als alexithym, unter den Frauen waren es 10, bei den Männern 17 %. Fast jeder ist schon einmal Menschen mit Alexithymie begegnet, z. B. einem Buchhalter, der in der Mittagspause über nichts anderes als Bilanzen fachsimpelt."


    Oder auch:


    http://www.alexithymie.com/


    Gruss Bakram

  • Ich kenne das nicht und höre zum ersten Mal davon.
    Hört sich ja an wie der "geborene Arahant" :lol:


    Aber was soll man dazu sagen, man weiss ja nicht wie diese Menschen wirklich empfinden etc, wenn man es nicht selbst hat.

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Bakram, willst Du nun darauf hinaus, der Buddha hätte kein Mitgefühl mehr gehabt, im Gegensatz zu dem noch zu behinderten Bodhisattva?


    :lol: Leute, Leute, Ihr strickt Euch hier in diesem Forum vielleicht einen tollen Buddhismus zusammen:


    - Buddha war depressiv,
    - Dana darf man nur nach strengen Richtlinien verteilen, lieber den Euro dreimal umdrehen, bevor man ihn gibt,
    - besser gefühlskalt durch die Gegend laufen, Mitgefühl ist nur hinderlich
    - Vergänglichkeit ist der Quell puren Glücks...


    (Das war Satire!) :grinsen:

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Lieber Bakram,
    so wie ich das Verlöschen der Sinne verstehe, hat das nichts mit Gefühls-Blindheit zu tun. Es ist ja nicht so, dass der Buddha gar nix mehr fühlen konnte. Er wurde nur nicht mehr (bis zur völliges Verlöschung dieser) von seinen Gefühlen dominiert. Die Gefühle sind Ergebnis angeborener und anerzogener Tendenzen. Einem Kind wird ja beigebracht, worüber es sich zu freuen hat, was ihm schmecken soll usw.


    Dem Beispiel entsprechend hat der Buchhalter also eine Vorliebe für Bilanzen. Da ihn das interessiert, wird er sicherlich etwas fühlen. Auch ohne (normale) Gefühle sind ja Tendenzen vorhanden. Und die gilt es zu erkennen und zu ent-wöhnen.

    Ein Arahant wird jedoch Mitgefühl empfinden genau so wie Freude und keineswegs gleichgültig sein im Sinne von phlegmatisch. Auch der Buddha empfand Freude und Glücksgefühle.
    Zumindest geht das auch aus dem Palikanon hervor.
    _()_ Monika

  • Losang Lamo:

    Bakram, willst Du nun darauf hinaus, der Buddha hätte kein Mitgefühl mehr gehabt, im Gegensatz zu dem noch zu behinderten Bodhisattva?


    Liebe LL


    Nein, nein ich will auf gar nichts hinaus. Ich stelle nur Fragen, in erster Line mir selber. Wenn ich aber keine Antwort finde oder sich Widersprüche auftun stelle ich die Frage öffentlich. Nicht als Provakation, sondern in der Hoffnung aufgrund der Diskussion neue Inputs zu bekommen.



    Gruss Bakram

  • 1 Religion - 1000 Missverständnisse

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • monikamarie:

    .... Es ist ja nicht so, dass der Buddha gar nix mehr fühlen konnte. Er wurde nur nicht mehr (bis zur völliges Verlöschung dieser) von seinen Gefühlen dominiert.
    ..... Auch der Buddha empfand Freude und Glücksgefühle.


    Liebe MM


    Nun ehrlich gesagt beschäftige ich mich im Moment weniger damit wie der alte Buddha war. Ich frage mich vielmehr wie der neue Buddha wohl sein wird.


    Gruss Bakram


  • Wozu braucht es einen neuen?


  • Ach, so, Du lässt Deine Gedanken laufen. :)
    Na, dann kann ich ja mal mit laufen.


    Bei Wikipedia las ich folgende Beschreibung eines Alexithymikers: "Im modernen psychosomatischen Schrifttum wird der Begriff jedoch weiter verwendet für eine inadäquate Reaktion auf belastende Ereignisse bei Personen mit geringer emotionaler Intelligenz; beispielsweise werden Übelkeit und Herzklopfen nicht als Ausdruck von Angst erkannt, sondern rein körperlich gedeutet."


    Das hört sich eher nach Einschränkung bzw. Behinderung an statt nach Erweiterung. Wenn es im Zen heißt "Liebe nicht, hasse nicht...", dann geht es ja nicht darum abzustumpfen, sondern im Gegenteil über den Tellerrand der Emotionen hinaus zu gucken. Und zwar weit. :) Da geht einfach mehr als Liebe und Hass, nämlich Frieden.


    Der Alexithymiker ist zudem nicht frei von diesen Gefühlen, er kann sie nur nicht benennen. Wenn ich richtig gelesen habe. Also, schätze ich, da ist einfach nur der Deckel auf dem Topf, aber die doch vorhandenen unbenannten Gefühle bahnen sich dann ihren Weg in Psychosomatische Krankheiten. Besonders befreit und zufrieden hört sich das nicht an.


    "Achtsam meditierend" kann man einen freien Raum entdecken, da sind die Emotionen zur Ruhe gekommen, aber nicht unterdrückt. Unterdrückung ist dort nicht nötig.
    Das wäre dann die Befreiung von Dukkha.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Liebe LL


    Es handelt sich bei Alexithymie um ein Persönlichkeitsmerkmal und nicht um eine Krankheit, immerhin soll fast jeder fünfte Mensch dieses Merkmal aufweisen. Wahrscheinlich gibt es verschiedene Ausprägungen: Vom "Kopfmensch" bis zum Autisten.


    Was mich besonders in Bezug zum Buddismus fasziniert ist das Thema Gefühl/Emotionen. Auch wenn im achtfachen Pfad nicht von Gefühlen direkt die Rede ist so sind es, zumindest bei mir, doch Gefühle/Emotionen die mich daran hindern recht zu erkennen, recht zu reden, rechten Entschluss zu fassen etc. Um dies zu können muss ich meine Gefühle mit dem Verstand kontrollieren. Wie unendlich einfacher hat es da doch ein/eine Alexithym(e) ans Ziel zu kommen ohne durch die wahrgenommenen gefühle behindert zu werden. Eben ein potentieller Supperbuddhist.
    Zumindest als Theravadin, wo es ja allein um die persönliche Verwirklichung geht. Als Mahayana fehlt ihm/ihr dann eben das Mitgefühl, die Liebesfähigkeit, das Boddhisattvaverhalten. Was zumindest bei Anderen ihm/ihr nahestehenden Personen zu Dukka führt.


    Nun ohne Emotion/Gefühl keine Motivation, also auch keine Motivation für den achtfachen Pfad. Also ist er wohl auch kein Theravada Superbuddhist.


    OT: Einige andere Gedanken:
    Ausgehend vom Statement eines Alexithymikers: Liebe sei brennen im Bauch. Das kann ich nachvollziehen, spüren. Andere auch, sonst gäbe es nicht Sprüche wie: "Liebe geht durch den Magen, Schmettetlinge im Bauch etc.
    Alles weitere entspringt aber meiner Phantasie (Alexithymikern soll Phantasie ja fehlen): Liebe erwiedern, Liebe ausleben, Liebe geniessen, in Liebe schwelgen etc.
    Sowohl Phantasien wie auch körperliche Wahrnehmung sind bedingt entstanden. Der Unterschied besteht wohl darin, dass körperliche Empfindungen mehr Menschen gemeinsam sind wo hingegen geistige Empfindungen eher verschieden und deshalb schwierig zu kommunizieren sind.


    Eine wichtige Erkenntnis, die mir die Beschäftigung mit dem Thema einbrachte, besteht darin, dass Gefühle nicht Allgmeingut sind sondern subjektiv in den jeweiligen Köpfen generiert werden. Ich darf nicht davon ausgehen, dass mein Gegenüber fühlt wie ich, ich darf nicht mal davon ausgehen, dass das Gegenüber überhaupt fühlt und schon gar nicht beleidigt sein, dass dem so ist, respektive die Welt so tickt wie ich es aufgrund meiner Phantasien erwarte.


    So jetzt reichts


    Bakram

  • [Bakram/quote]Zumindest als Theravadin, wo es ja allein um die persönliche Verwirklichung geht.[/quote]


    Wie kommst du denn darauf? Ziemlich absurder Gedanke!

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Bakram:

    Liebe LL


    Es handelt sich bei Alexithymie um ein Persönlichkeitsmerkmal und nicht um eine Krankheit, immerhin soll fast jeder fünfte Mensch dieses Merkmal aufweisen. Wahrscheinlich gibt es verschiedene Ausprägungen: Vom "Kopfmensch" bis zum Autisten.


    Lauter Psychologen und Psychiater hier derzeit.....!


    Es nervt!


    Kümmert euch um eure eigenen Dachschäden, dann tut ihr was nützliches, und lasst andere in Ruh.


    Im Übrigen dürfte die Beschreibung, die LL gebracht hat, die zeitgemässere sein. 'Normal' ist es ganz bestimmt nicht, seine Gefühle nicht fühlen zu können. Egal, wie viele Menschen das angeblich betrifft.

  • Bakram:


    ich frage mich gerade ob ein Alexithymiker womöglich bessere Voraussetzungen hat um Arhat zu sein.


    Der Arahat als patologischer Fall - was für eine groteske Frage!
    Das Ende der Praxis - ein pathologischer Zustand, eine mentale Störung?
    Oder andersrum: eine mentale Störung soll förderlich für die Arahat-Laufbahn sein?
    Das lässt alles tief blicken.


    LG
    Charlie

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Hallo Charlie


    Wer bestimmt denn was eine mentale Störung ist und was nicht ? Zu was sind Gefühle nützlich ?


    Vielleicht ist es auch eine Weiterentwicklung, die Evolution lässt grüssen !


    Den Geist offen lassen :idea:


    Gruss Bakram

  • TMingyur:

    Ach .... ich fühl mich so leer ... was soll ich bloß tun?


    :lol:


    Ja so sind sie halt, die Boddhisattvas, kaum haben sie anatta entdeckt werden sie rückfällig :grinsen:


    Gruss Bakram

  • Bakram:

    Wer bestimmt denn was eine mentale Störung ist und was nicht ? Zu was sind Gefühle nützlich ?


    Möchtest du deine Gefühle loswerden? Sind sie dir lästig?
    Charlie

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Charlie:
    Bakram:

    Wer bestimmt denn was eine mentale Störung ist und was nicht ? Zu was sind Gefühle nützlich ?


    Möchtest du deine Gefühle loswerden? Sind sie dir lästig?
    Charlie


    Wären's "seine", dann könnten sie ihm lästig werden 8)

  • TMingyur:
    Charlie:


    Möchtest du deine Gefühle loswerden? Sind sie dir lästig?
    Charlie


    Wären's "seine", dann könnten sie ihm lästig werden


    Es sind „Seine“, nur in der Welt des „ICH“, Samsara, relativer Wirklichkeit entstehen Gefühle.


    hedin

  • Bakram:

    Zu was sind Gefühle nützlich ?


    Ohne Gefühle wären die Wesen nichts anderes als Materie, Baum, Stein, Stuhl usw.
    Bedingt entstehende Dinge eben.


    hedin

  • Charlie:

    Möchtest du deine Gefühle loswerden? Sind sie dir lästig?


    Bakram:

    Auch wenn im achtfachen Pfad nicht von Gefühlen direkt die Rede ist so sind es, zumindest bei mir, doch Gefühle/Emotionen die mich daran hindern recht zu erkennen, recht zu reden, rechten Entschluss zu fassen etc. Um dies zu können muss ich meine Gefühle mit dem Verstand kontrollieren.


    Hab ich doch oben dargelgt: Weder noch. Solange sie da sind, solange man nicht darüberhinaus gegangen ist sind sie einfach nur störend, sie lenken den Geist ab vom wesentlichen, stärken das Ego.


    Gruss Bakram

  • GaliDa68:

    Und Du denkst, Gefühle verschwinden?


    Wenn die entsprechenden Bedingungen wegfallen, verschwindet auch das diesbezügliche Gefühl.


    hedin

  • Bakram:

    Hab ich doch oben dargelgt: Weder noch. Solange sie da sind, solange man nicht darüberhinaus gegangen ist sind sie einfach nur störend, sie lenken den Geist ab vom wesentlichen, stärken das Ego.


    Gruss Bakram


    Ich glaube nicht, dass es im Buddha-Dharma darum geht, sich Gefühle abzutrainieren. Vielmehr soll man an einen Punkt gelangen, an dem man souverän mit ihnen umgehen kann. Gefühle gehören zum Menschsein. Der Achtfache Pfad ist kein Weg der Entmenschlichung. Wer die Gefühle loswerden will (aus Kontrollsucht?), macht aus der Ratio einen Götzen und hat den Buddhismus nicht verstanden.


    Charlie

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    2 Mal editiert, zuletzt von Onda ()


  • Ich verstehe den Ansatz überhaupt nicht. Die Natur des Menschen kann nur erkannt werden, wenn mann sie beobachtet und ein-sieht.


    Das hat doch nichts mit "nichts fühlen" zu tun. Was da oben beschrieben wird, hört sich für mich nach verdrängten, unterdrückten Gefühlen zu tun.


    Dhamma ist nicht Gefühle verdrängen, sondern ihren Ablauf und die Identifikation verstehen lernen.



    Gruß :)