An dieser Stelle möchte ich mich einem Thema widmen, um meine Auffassung vom Zen darzustellen.
Das letztliche Bestreben im Zen ist es, mit der Gegenwärtigkeit des Augenblicks zu verschmelzen. Normalerweise wird die Wahrnehmung im Alltag von Tagträumen und Gedanken getrübt, wir sind nicht voll und ganz mit unserer Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt. Wenn wir essen, denken wir an Erlebtes, wenn wir gehen, denken wir an unser Ziel. Wenn wir in Ruhe sitzen könnten, meiden wir die Konfrontation mit uns selbst und lenken unsere Aufmerksamkeit auf das Handy oder schweifen wieder in Gedanken ab.
In Zazen zu sitzen bedeutet mit seinem ganzen Wesen zu sitzen. Du verschwindest im Moment und der Moment in Dir. Du sitzt einfach nur und alles was in Deinem Gewahrsein auftaucht, wird bemerkt und fallen gelassen. Wenn Du merkst, dass Du Dich in Gedanken verlierst, richte Die Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwärtigkeit.
Die Praxis des Zen konzentriert sich aber nicht auf Übungen wie Zazen. Im Alltag Zen zu leben, bedeutet in allem was Du tust gegenwärtig zu sein. Schweifst Du gedanklich ab, komme wieder zurück - lass die Gedanken fallen, aber unterdrücke sie nicht. Sie sind nicht verkehrt, nur eine Ausdrucksform des Geistes.
Anfangs mag es schwierig sein, länger hier und jetzt präsent zu sein, es ist Gewohnheit. Komme einfach immer wieder hier und jetzt zurück. Wenn Du die Hände wäschst, spüre das Wasser auf der Haut, rieche die Seife, wenn Du isst, rieche und schmecke mit Deinem ganzen Wesen.
Wenn Du Dich anfangs immer wieder in Gedanken verlierst, ärgere Dich nicht darüber. Werde wieder gegenwärtig. Immer wieder. Nach und nach wird es leichter, länger präsent zu sein.
Dieses Erleben, jenseits der Gedanken ist unserer natürlicher Zustand, es ist die Bodhinatur, welche uns innewohnt. Der Ausdruck des Körpers wird weicher, sanfter. Ungetrübt durch das Denken, wird eine geistige Stille erfahrbar, welche auch durch aufsteigende Gedanken oder "gewolltes" Denken nicht gestört wird.
Dennoch ist die Praxis des Zen ein stetiges Üben der Achtsamkeit. Es gibt nie einen entgültigen Zustand. Alle Zustände, welche in Deinem Bewusstsein auftauchen, sind Ausdrucksformen, welche weder abgelehnt noch sich danach gesehnt werden sollte. Die Achtsamkeit richtet sich auf die leere Gegenwärtigkeit und nicht an Objekte und Ausdrücke des Seins.