Im Thread "Zen hat keine Moral" hat sich eine Diskussion über das Thema "Umgang mit Kritik" entwickelt, die den dortigen Rahmen etwas sprengt.
Ich habe das mal ausgelagert, da ich die Diskussion aufschlussreich finde:
Onda:Man kann am Verlauf dieses Threads gut beobachten, wie schwierig es offensichtlich ist, spirituelle Gemeinschaften einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.
Hat der Buddhismus generell ein Problem mit Kritik? Können buddhistische Gemeinschaften sich nicht stets hervorragend dadurch gegen Kritik immunisieren, dass sie Kritik als etwas darstellen, das eigentlich nur den Kritiker betrifft? Dem Kritiker wird Projektion vorgworfen und das Nach-Außen-Kehren seiner persönlicher Konflikte. Kritik ist in dieser Darstellung exklusiv ein Problem des Kritikers. Ist eine solche Betrachtungsweise von Kritik nicht gefährlich einseitig? Ist die buddhistische Ideologie in diesem Punkt nicht anfällig für Selbstherrlichkeit und Verblendung?
Onda
Doris Rasevic-Benz:Ja, Onda. Ich sehe das genauso. Aber das hat nichts mit Buddhismus zu tun. Das findet man überall. Deshalb ist die Reaktion hier auch keine speziell buddhistische.
Was ich besonders schlimm finde ist, dass Matthias eine ganz allgemeine Diskussion beginnen wollte, die auch von Leuten wie dem Dalai Lama, Jack Kornfield und vielen anderen Buddhisten aus allen Richtungen angeregt wird. Sie alle betrachten das als einen Akt von Mitgefühl sich mit destruktiven Strukturen und den daran Beteiligten auseinanderzusetzen. Mir ist schleierhaft, warum hier ständig psychologische Gutachten erstellt werden und Diffamierung betrieben wird. Allerdings zeigt genau das, wie anfällig die Betreffenden für genau diese destruktiven Strukturen sind, denn genau diese Worte, diese Verhaltensweise sind kennzeichnend für autoritäre Strukturen. Teile der Diskussion zeigen mir auf, wie virulent dieses Thema ist. Statt auf die Thematik einzugehen, wird eine Menge Energie verbraucht, Kainer Wahr für "verrückt" zu erklären. Das ist typische Abwehrtaktik. Das macht man mit Abweichlern.
Ich selbst warne übrigens jeden, sich bei einem Forum in dieses Dingen Hilfe zu suchen. Wer immer also meint, er müsse als Betroffener sich hier zu Wort melden, dem rate ich dringendst ab.
lubob:Das finde ich vollkommen zutreffend und ich persönlich halte es bei der "Vermittlung der Lehre", oder wie immer man das nennen möchte, für ein Hauptproblem des Buddhismus und für ein spezifisches dazu. Natürlich kann man um jedes Thema herum eine Sekte aufbauen, der Buddhismus verfügt hier aber m.E. über ein besonders gefährliches, besonders zum Missbrauch einladendes. Instrumentarium.
Wobei das Wort, auf das es mir ankommt, ist die "Vermittlung". Inhaltlich halte ich es durchaus richtig, dass jeder Mensch lernen sollte, die Verantwortung für seine Wahrnehmungen und seine Handlungen zu übernehmen. In der buddhistischen Vermittlung wird dieser Verweis auf die eigenen Verantwortung aber auch nach meiner Wahrnehmung von unfähigen Lehrern genau zu dem von dir beschriebenen Zweck missbraucht: Sich gegen Kritik zu immunisieren und dem Schüler auch noch die Rolle des Fehler machenden, Unreifen, Noch-nicht-soweit-seienden zuzuweisen.
Einen wirklichen Ausweg sehe daraus sehe ich aber leider nicht. Ich persönlich finde, dass das Problem schon dann anfängt, wenn man ein Lehrer-Schüler-Verhältniss etabliert. Aber "man" sind bereits hier immer zwei, der Lehrer und der Schüler. Es ist und bleibt Menschenwerk.
Onda:Alles anzeigenDas sehe ich genauso. Natürlich entwickeln Gruppen aller Art (nicht nur spirituelle) zu Verteidigungszwecken immer Strategien, Kritik an sich abprallen zu lassen. Im Buddhismus jedoch gibt es Konzepte und Denkmuster, die sich auf äußerst perfide Art missbrauchen bzw. instrumentalisieren lassen. Der Buddha sprach einmal davon, dass seine Lehre bei unsachgemäßem Einsatz die destruktive Gefährlichkeit einer Schlange entwickeln könne. Die Reduktion von Kritik auf ein Problem des Kritisierenden - zur Abwehr der Kritik - ist ein solch unsachgemäßer Einsatz.
Ich halte es für wichtig zu erkennen, dass bestimmte Elemente des buddhistischen Denkens zum Missbrauch einladen können. In pervertierter Form erzeugen sie dann das, was sie abzuschaffen vorgeben: dukkha.
Eine solche Taktik der pauschalen Verunglimpfung von Kritik kann man auch in diesem Forum gelegentlich beobachten. Wer also immer sich daran macht, Strukturen und Zustände in diesem Forum der Kritik zu unterziehen, sollte sich sehr, sehr warm anziehen. Er wird reflexhaft zu hören bekommen, dass es kein Problem gibt und dass vielmehr nur er ein Problem habe.
Onda