Meditation und Kontrolle

  • Du schließt die Augen und bemühst dich, die Aufmerksamkeit auf das Fließen des Atems zu lenken.
    Doch eine Vielzahl von Gedanken tritt auf den Plan und versucht deine Aufmerksamkeit zu erhaschen und dich von deinem Vorhaben abzubringen.
    Diese Gedanken scheinen ein Eigenleben zu führen. Sie kommen, ohne eingeladen zu sein. Sie drängen sich dir auf, wie ungebetener Besuch.
    Und es stellt sich die Frage: Wer ist hier eigentlich Herr im Haus?
    Meditation ist auch - und in großem Maße - ein Bemühen um Kontrolle. Kontrolle über den "Besuch" im Hause des Geistes.


    Was hat es mit dieser Kontrolle auf sich?

    Zunächst ein paar Zitate - dann ein paar Fragen zum Thema Kontrolle.


    Zitat

    15. "Wenn er mit dem Auge eine Form sieht, klammert er sich nicht an ihre Zeichen und ihr Erscheinungsbild [2]. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Sehsinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Sehsinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Sehsinns. Wenn er mit dem Ohr einen Klang hört, klammert er sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Hörsinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Hörsinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Hörsinns. Wenn er mit der Nase einen Geruch riecht, klammert er sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Geruchsinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Geruchsinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Geruchsinns. Wenn er mit der Zunge einen Geschmack schmeckt, klammert er sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Geschmacksinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Geschmacksinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Geschmacksinns. Wenn er mit dem Körper ein Berührungsobjekt fühlt, klammert er sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Berührungssinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Berührungssinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Berührungssinns. Wenn er mit dem Geist ein Geistesobjekt erfährt, klammert er sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Geistsinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Geistsinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Geistsinns. Weil er diese edle Sinneskontrolle besitzt, erlebt er in sich eine Glückseligkeit, die unbesudelt ist."


    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m027z.html


    Zitat

    8. " Māgandiya, das Auge ist in Formen verliebt, liebt Formen, erfreut sich an Formen; jenes ist vom Tathāgata gezähmt, behütet, beschützt und kontrolliert worden, und er lehrt das Dhamma für dessen Kontrolle. Geschah es in Bezug auf dieses, daß du sagtest: 'Der Mönch Gotama ist ein Zerstörer des Wachstums'?"


    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m075z.html


    Zitat

    Leitungserbauer, sie lenken das Wasser,
    Flechter, sie richten den Pfeilschaft gerade,
    Zimmerleut' geben dem Holz neue Formen,
    Der Weise jedoch nur nach Selbstzähmung trachtet.


    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m086z.html


    Zitat

    "Die Einsicht in diese unpersönliche Natur der eigenen Gedanken kann sogar schon mit den allerersten Meditationsversuchen gewonnen werden, wo sich schnell herausstellt, wie schwieirg es ist, sich nicht in allerhand Reflexionen, Tagträumen, Erinnerungen und Phantasien zu verlieren, anstatt sich auf ein bestimmtes Meditationsobjekt zu konzentrieren. So wie es unmöglich ist, nur das zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken und zu berühren, was erwünscht ist, so ist es auch mit einem untrainierten Gesit nicht möglich, nur dann Gedanken zu haben, wenn man möchte, und nur solche, die erwünscht sind. Aus genau diesem Grund besteht ein wesentlicher Zweck der Meditation darin, diese Situation zu verbessern, indem die Denkaktivität des Geistes langzahm gezähmt und mehr unter bewusste Kontrolle gebracht wird."

    Analayo: Dir direkte Weg. Satipatthana. S. 252


    Fragen:
    In welchem Maße ist Meditation Kontrolle der Gedanken?
    Was sind Merkmale einer achtsamen Kontrolle der Gedanken?
    Besteht die Gefahr, dass die kontrollierende Instanz im Geist sich für ein stabiles Ich hält? (Ich kontrolliere, also bin ich).
    Ist das Bedürfnis, etwas unter seine Kontrolle zu bringen ein Ausdruck von Machtgelüsten oder von Ängstlichkeit?
    Ab wann wird Kontrolle repressiv?
    Ist Kontrolle vielleicht ein unpassendes Wort für achtsame Wahrnehmung?


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Mir kommt es nicht wie Kontrolle vor, ich werde im Gegenteil eher immer mehr zum unbeteiligten Beobachter, auf höchst entspannende Weise.

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Onda:

    Du schließt die Augen und bemühst dich, die Aufmerksamkeit auf das Fließen des Atems zu lenken.
    Doch eine Vielzahl von Gedanken tritt auf den Plan und versucht deine Aufmerksamkeit zu erhaschen und dich von deinem Vorhaben abzubringen.
    Diese Gedanken scheinen ein Eigenleben zu führen. Sie kommen, ohne eingeladen zu sein. Sie drängen sich dir auf, wie ungebetener Besuch.
    Und es stellt sich die Frage: Wer ist hier eigentlich Herr im Haus?
    Meditation ist auch - und in großem Maße - ein Bemühen um Kontrolle. Kontrolle über den "Besuch" im Hause des Geistes.


    Niemand ist Herr im Haus würde ich sagen. Der Besuch kommt und geht, wer da was kontrollieren will der kommt auch zu Besuch und geht auch wieder, wenn man ihn lässt und nicht festhält.


    Meditation betrifft ja nur ein Glied des achtfachen Pfades. Und da gibt es auch verschiedene Formen, indem man den Geist auf bestimmte Objekte richtet, wie im Satipatthana-Sutta beschrieben.


    Onda:

    Besteht die Gefahr, dass die kontrollierende Instanz im Geist sich für ein stabiles Ich hält? (Ich kontrolliere, also bin ich).


    Die Gefahr ist bereits Realität geworden, das Ich zu beseitigen ist Zweck der Meditation und es Pfades.


    Onda:

    Ist das Bedürfnis, etwas unter seine Kontrolle zu bringen ein Ausdruck von Machtgelüsten oder von Ängstlichkeit?


    Macht und Genuss würde ich sagen sind die zwei Hauptunterstützer des Ich. Ängstlichkeit entsteht, wenn etwas nicht beherrschbar ist, wenn etwas ungenießbar ist, entsteht Abscheu oder Frustration.


    Onda:

    Ab wann wird Kontrolle repressiv?


    Wenn sie nicht zum Zweck der Loslösung eingesetzt wird.


    Onda:

    Ist Kontrolle vielleicht ein unpassendes Wort für achtsame Wahrnehmung?


    Naja, Kontrolle ist nicht Wahrnehmung, sondern aktives Eingreifen. Auch in bestimmten Meditationsformen findet Geisteskontrolle statt.


    Gruß, mukti

  • mukti:


    Meditation betrifft ja nur ein Glied des achtfachen Pfades.


    Um die ganze Bandbreite von Meditationsformen abzudecken, benötigest du Glied 7 (Achtsamkeit) und Glied 8 (Sammlung), also 2 Pfadglieder.


    Onda

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    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:

    Du schließt die Augen und bemühst dich, ...


    Ich schließ weder die Augen noch bemühe ich mich irgendwas zu tun ... deswegen kann ich dir deine Fragen nicht beantworten 8)

  • Onda:

    In welchem Maße ist Meditation Kontrolle der Gedanken?


    Das kommt darauf an, was jeweils unter Meditation und unter Kontrolle verstanden werden soll. Die Entfaltung der Achtsamkeit auf den Körper beispielsweise:


    Zitat

    "Und wie, ihr Bhikkhus, verweilt ein Bhikkhu, indem er den Körper als einen Körper betrachtet? Da setzt sich ein Bhikkhu [3] nieder, nachdem er in den Wald oder zum Fuße eines Baumes oder in eine leere Hütte gegangen ist; nachdem er die Beine gekreuzt, den Oberkörper aufgerichtet und die Achtsamkeit vor sich verankert hat, atmet er völlig achtsam ein, achtsam atmet er aus. Wenn er lang einatmet, versteht er: 'Ich atme lang ein;' oder wenn er lang ausatmet, versteht er: 'Ich atme lang aus.' Wenn er kurz einatmet, versteht er: 'Ich atme kurz ein;' oder wenn er kurz ausatmet, versteht er: 'Ich atme kurz aus.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei den ganzen Atemkörper [4] erleben;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei den ganzen Atemkörper erleben.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei die Gestaltung des Körpers [5] beruhigen;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei die Gestaltung des Körpers beruhigen.' ...(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.html)


    ... könnte als eine Form der Meditation aufgefasst werden, bei denen die Aufmerksamkeit auf das Atem- und Körpererleben gerichtet wird, und dieser Aufmerksamkeit folgen dann auch die Inhalte der Gedanken, so sie denn aufkommen, insofern könnte man von "Kontrolle" sprechen.


    Onda:

    Was sind Merkmale einer achtsamen Kontrolle der Gedanken?


    Wenn Gedanken nicht unterdrückt werden, sondern aufgrund einer bestimmten Fokussierung der Aufmerksamkeit von allein in den Hintergrund treten.


    Onda:

    Besteht die Gefahr, dass die kontrollierende Instanz im Geist sich für ein stabiles Ich hält? (Ich kontrolliere, also bin ich).


    Eher weniger, da die "kontrollierende Instanz" sich ja gerade als Quelle der Gedanken entpuppt.

    Onda:

    Ist das Bedürfnis, etwas unter seine Kontrolle zu bringen ein Ausdruck von Machtgelüsten oder von Ängstlichkeit?


    Es ist zumindest die Voraussetzung für anhaltendere Stufen der Sammlung:


    Zitat

    "Freund, in der ersten Vertiefung sind fünf Faktoren überwunden und fünf Faktoren sind darin enthalten. Wenn da ein Bhikkhu in die erste Vertiefung eingetreten ist, ist Sinnesbegierde überwunden, Übelwollen ist überwunden, Trägheit und Mattheit ist überwunden, Rastlosigkeit und Gewissensunruhe ist überwunden und Zweifel ist überwunden; und es treten anfängliche Hinwendung des Geistes, anhaltende Hinwendung des Geistes, Verzückung, Glückseligkeit und Einspitzigkeit des Geistes auf. Auf diese Weise sind in der ersten Vertiefung fünf Faktoren überwunden und fünf Faktoren sind darin enthalten."(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m043z.html)


    Onda:

    Ab wann wird Kontrolle repressiv?


    Wenn der Inhalt der Gedanken bewusst gesteuert wird, bevor überhaupt die Aufmerksamkeit beispielsweise auf Atem- und Körperwahrnehmung gelenkt werden kann:


    Zitat

    Ihr Bhikkhus, wenn da ein Bhikkhu die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Zeichen [2] richtet, und infolge jenes Zeichens entstehen in ihm üble unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, dann sollte er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen richten, das mit dem Heilsamen verbunden ist. Wenn er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen, das mit dem Heilsamen verbunden ist, richtet, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert. So wie ein geschickter Zimmermann oder sein Gehilfe einen groben Pflock mit Hilfe eines feinen austreiben, entfernen und herausziehen könnte, genauso sollte ein Bhikkhu - wenn er die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Zeichen richtet, und infolge jenes Zeichens in ihm üble unheilsame Gedanken entstehen, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind - die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen richten, das mit dem Heilsamen verbunden ist. Wenn er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen, das mit dem Heilsamen verbunden ist, richtet, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert [3]."(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m020z.html)


    Onda:

    Ist Kontrolle vielleicht ein unpassendes Wort für achtsame Wahrnehmung?


    Würde ich nicht so sagen.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:
    Onda:

    Was sind Merkmale einer achtsamen Kontrolle der Gedanken?


    Wenn Gedanken nicht unterdrückt werden, sondern aufgrund einer bestimmten Fokussierung der Aufmerksamkeit von allein in den Hintergrund treten.


    Sehe ich auch so. Bleibt die Frage, ob man das nicht eher als "Achtsamkeit" denn als "Kontrolle" bezeichnen sollte.
    Das Wort "Kontrolle" hat für mich immer einen leicht repressiven Geschmack. Einen Geschmack von "An-die-Leine-legen". Letzen Endes bringt man die Gedanken im Prozess der Achtsamkeit nicht "unter Kontrolle". Man lässt sie kommen und gehen und geht auf Distanz zu ihnen. Man versucht, sich nicht von ihnen "einwickeln" oder mitreißen zu lassen. Man versucht, sie auf nicht-reaktive Weise als mentale Prozesse im eigenen Geist zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. So nimmt man ihnen die Macht.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Onda:

    Man lässt sie kommen und gehen und geht auf Distanz zu ihnen. Man versucht, sich nicht von ihnen "einwickeln" oder mitreißen zu lassen. Man versucht, sie auf nicht-reaktive Weise als mentale Prozesse im eigenen Geist zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren.


    Es geht aber durchaus schon so weit, erst gar keine Gedanken zu hegen:


    Zitat

    "Dann schult ihn der Tathāgata weiter: 'Komm, Bhikkhu, verweile, indem du den Körper als einen Körper betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit dem Körper verbunden sind; verweile, indem du Gefühle als Gefühle betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit Gefühlen verbunden sind; verweile, indem du Geist als Geist betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit dem Geist verbunden sind; verweile, indem du Geistesobjekte als Geistesobjekte betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit Geistesobjekten verbunden sind [2].'""Mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) tritt er in die zweite Vertiefung ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens enthält, ohne anfängliche und anhaltende Hinwendung des Geistes, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind...(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m125z.html)


    Wobei dafür aber nicht das Unterdrücken von Gedanken erforderlich sein sollte, sondern die Aufmerksamkeit sollte bereits so gut entwickelt sein, dass gar keine Gedanken sich erst breit machen. Das geht natürlich nicht, wenn beispielsweise Rastlosigkeit vorliegt:


    Zitat

    Wenn Rastlosigkeit und Gewissensunruhe in ihm vorhanden sind, versteht ein Bhikkhu: 'Rastlosigkeit und Gewissensunruhe sind in mir vorhanden;' oder wenn Rastlosigkeit und Gewissensunruhe in ihm nicht vorhanden sind, versteht ein Bhikkhu: 'Rastlosigkeit und Gewissensunruhe sind in mir nicht vorhanden;' und er versteht auch, wie noch nicht entstandene Rastlosigkeit und Gewissensunruhe entstehen, und wie bereits entstandene Rastlosigkeit und Gewissensunruhe überwunden werden, und wie überwundene Rastlosigkeit und Gewissensunruhe künftig nicht mehr entstehen."(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.html)


    Und das klingt für mich auch nach Rastlosigkeit:


    Onda:

    Doch eine Vielzahl von Gedanken tritt auf den Plan und versucht deine Aufmerksamkeit zu erhaschen und dich von deinem Vorhaben abzubringen. Diese Gedanken scheinen ein Eigenleben zu führen. Sie kommen, ohne eingeladen zu sein. Sie drängen sich dir auf, wie ungebetener Besuch.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Lieber Elliot:
    Da steht: "hege" keine Gedanken. Was heißt "hegen" ? Das heißt pflegen und nähren.
    Keine Gedanken haben wollen, geht nicht. Natürlich versiegen sie, temporär oder für eine längere Zeitdauer, irgendwann ganz...von allein.
    Man kann sie auch durchaus davon abhalten aufzusteigen, aber das ist nur eine Notlösung, um Konzentration schnell
    zu festigen.


    Was das Wörtchen "Kontrolle" betrifft, würde mich zuallererst interessieren, was das Originalwort ist und ob
    die Übersetzung so zutrifft.


    Ich möchte mal ein Beispiel geben: Angenommen jemand hat einen Haufen Kinder auf einem Kindergeburtstag zu beaufsichtigen-
    und so verquer ist dieses Bild angesichts der Sinne ja nun nicht - Nun könnte dieser herumrennen und ständig alles überprüfen
    und sicherstellen, er könnte ständig mahnen, durchzählen, die Türen und Schlösser rütteln, ob auch alles wirklich gut verschlossen ist usw. usf.
    Was ist nun die Konsequenz ? Das macht er einmal und nie wieder ;) , nach ein paar Stunden ist er völlig fertig.
    Zum Unterschied: was ist Wachsamkeit ?
    Wachsamkeit ist sich seiner Verantwortung bewusst, projeziert aber nicht ständig Gefahr und Chaos, und verhärtet. Wachsamkeit ist weit gelegt,
    ein rechtes Mittel zwischen Spannung und Entspannung, zwischen Hinschauen und Loslassen. Wachsamkeit hat eine entspannte,
    aber wache Präsenz, Phasen zwischen Eingreifen - zwischen fürsorglicher Strenge und Freundlichkeit -, und Phasen der Erholung, des Ablassens
    und Vertrauens wechseln sich ab.


    Kontrolle vertieft ja die Dualität, den Graben, zwischen Erwünschtem und Unerwünschtem, zwischen Angenehmen und Unangnehmen und sei
    es wir nennen diese Wünsche und Anti-Wünsche buddhistisch; Energie kennt keine Begriffe, sie kennt nur Gesetzmäßigkeit. Und eine Kinderschar
    wird alles daran geben, die ängstliche, kontrollierende Autorität zu foppen und zu erledigen und zu ermüden. Das ist ihre Natur. ;)

  • Liebe Onyx,


    Onyx9:

    Da steht: "hege" keine Gedanken. Was heißt "hegen" ? Das heißt pflegen und nähren. Keine Gedanken haben wollen, geht nicht.


    Onda sagte doch:


    Onda:

    Man versucht, sie auf nicht-reaktive Weise als mentale Prozesse im eigenen Geist zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren.


    ... und ich wollte anmerken, dass dieses beobachten nicht in Richtung "hegen" gehen sollte. Wobei der Zusatz "auf nicht-reaktive Weise" ja eigentlich schon genügt. Wichtig ist halt, dass die Aufmerksamkeit beim Meditationsobjekt bleibt, zumindest bei dieser Art der Sammlung. Das Denken wird ja auch als der sechste Sinn betrachtet und für die Entfaltung dieses Sinnes gilt auch außerhalb der Meditation:


    Zitat

    "Wenn da ein Bhikkhu mit dem Geist ein Geistesobjekt [einen Gedanken oder Gedankengang] erfährt, entsteht in ihm Erfreuliches, es entsteht Unerfreuliches, es entsteht Erfreuliches-und-Unerfreuliches. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden und Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden und Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt.


    Falls er wünschen sollte, 'Möge ich in Gleichmut verweilen, achtsam und wissensklar, indem ich sowohl das Abstoßende als auch das Nicht-Abstoßende vermeide', so verweilt er in Gleichmut gegenüber jenem, achtsam und wissensklar. (http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m152z.html)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Aus Wikipedia:


    Zitat

    Unter Kontrolle versteht man
    eine Überprüfung oder Nachprüfung (Verifizierung), die auch in einer Überwachung bestehen kann,


    (…)


    Im Weiteren auch:
    die Beherrschung einer Person oder Körperschaft, die diese auch selbst sein kann (in diesem Fall wird von Selbstbeherrschung bzw. Selbstkontrolle gesprochen).


    Achtsamkeit = es geht nicht um Beherrschung, es geht ums Wach-Sein, ums klare Beobachten.
    Daher passt "Kontrolle" nicht ganz. Höchstens wenn es im Sinne von "Wachsamkeit" verwendet wird.


    LG
    Onda

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  • Nur mein persönlicher Eindruck dazu:


    Es ist schon ein Unterschied ob man von Kontrolle in einem sachlich-fachlichen Zusammenhang spricht oder ob man den psychischen Bereich meint. Im letzteren wird es komplizierter als da von Wikipedia definiert.


    Nutzt man die Übung der Achtsamkeit sachlich und wertfrei, dann ist auch das Wort Kontrolle in diesem Zusammenhang wertfrei.
    Kommt man aber in ein Anspruchsdenken „Ich bin immer achtsam" (was ja nicht Sinn der Sache ist), dann hat insbesondere das Wort "Kontrolle" für mich ganz klar die Komponente von "Zwang und Unterdrückung". Menschen zu "kontrollieren" ist eben doch schnell was anderes als Sachen oder Vorgänge zu kontrollieren. Zu letzterem kann man besser kommen, indem man vom Ich-Denken ablässt.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    Menschen zu "kontrollieren" ist eben doch schnell was anderes als Sachen oder Vorgänge zu kontrollieren.


    In der Tat. Im Falle der Meditation wäre das Selbst-Kontrolle (die auch mal in Selbst-Unterdrückung umkippen kann).
    LG
    Onda

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  • Yup.
    Leichte Korrekturen der Sammlung dienen dazu Wachsamkeit wiederzuerlangen.
    Es ist interessant, daß in dieser immer feiner und stabiler werdenden Wachsamkeit
    alle Möglichkeiten von Beobachtung, Konzentration, Schau bereits angelegt sind.


    Der Sinn der Wachsamkeit besteht in der Distanzierung von den bedingten Vorgängen,
    was mehr und mehr zu Stille, elastischer Konzentrationskraft und Klarheit führt. Hier lichtet sich "der Vorhang".


    Jede Art von Zwang führt nur zu einem überspannten Geist.
    Und ein überspannter Geist ist nicht friedlich. Der friedliche, verweilende Geist+Körper ist aber die Basis für (Er-) Lösung.


    Gute Grüße !

  • ich schelte mich oft nicht achtsam zu sein.
    manchmal brauche ich lange, bis mir bewusst wird, daß die schelte ärger+grimm ( faktor der ablehnung )
    ist.
    wir haben es durch deutsche erziehungsgrundsätze schwer. ( schwarz-weiß,tadel/lob,strenge,leistungsprinzip)
    ich muß dann immer erst die selbstannahme dazwischenschalten,
    bevor ich wieder die "gute haltung" justiert kriege :|

  • Anfänglich meiner Meditationen haben mich
    diese unkontrollierten aufkommenden Gedanken
    ebenfalls sehr gestört und mich teilweise völlig
    abgebracht, von DEM, was ich tun will.


    Um nicht daran zu verzweifeln, weil da kommen
    ja Gedanken auf, wo ich mir an den Kopf faßte
    und wunderte, WO die alle auf einmal herkommen können . . . }:-)


    Um dem Herr zu werden,
    habe ich mich NUR noch auf Geräusche konzentriert.
    Vogelzwitschern, Hundebellen, Regen.
    Jeder Laut oder Krach war mir recht.


    Mittlerweile sind die Gedanken wech
    und die Geräusche werden immer stiller.


    ... und der Zwang etwas zu müssen oder Kontrolle
    kommt überhaupt nicht in Betracht.


    ich sitze im wahrsten Sinne einfach so rum,
    irgendwann nimmst Du "Nichts" mehr wahr
    und Selbst-Vergessenheit tritt ein;
    ja den Übergang merkst Du noch nicht einmal,
    daß Du sitzt.


    Habe ich schon mal irgendwo erklärt:
    Es ist wie bei dem Sekundenschlaf.
    Du bist völlig wech und plötzlich widda Da.
    Ist schon seltsam . . .


    Anders ist es bei der gegenständlichen Mediation,
    wenn ich mich auf das Herzensgebet konzentriere
    oder ein Mantra habe.
    Das bringt eher in Trance und große Freude;
    und dient mir persönlich dazu, meine Hingebung
    an den Schöpfer zum Ausdruck zu bringen.


    LG

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • brigittefoe:

    Um dem Herr zu werden,
    habe ich mich NUR noch auf Geräusche konzentriert.


    Schönen Dank für die Schilderung deiner Erfahrung.
    Das mit den Geräuschen ist eine gute Hilfe - aber jetzt, wo du offensichtlich eher ins Dösen fällst, solltest du diese Praxis wieder aufnehmen.
    Es geht nämlich darum wach zu sein - und da bedeutet auch, die Gedanken wahr zu nehmen ohne an ihnen dran zu hängen. Gedanke und Geräusch sind ja nicht verschieden.

  • Phil:
    brigittefoe:

    Um dem Herr zu werden,
    habe ich mich NUR noch auf Geräusche konzentriert.


    Schönen Dank für die Schilderung deiner Erfahrung.
    Das mit den Geräuschen ist eine gute Hilfe - aber jetzt, wo du offensichtlich eher ins Dösen fällst, solltest du diese Praxis wieder aufnehmen.
    Es geht nämlich darum wach zu sein - und da bedeutet auch, die Gedanken wahr zu nehmen ohne an ihnen dran zu hängen. Gedanke und Geräusch sind ja nicht verschieden.



    hm, dösen . . .
    zumindest setze ich
    mich im wachen Zustand hin,
    bin NICHT müde oder dödelisch,
    es passiert einfach.
    Manchmal !


    LG

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • brigittefoe:


    Um dem Herr zu werden,
    habe ich mich NUR noch auf Geräusche konzentriert.
    Vogelzwitschern, Hundebellen, Regen.
    Jeder Laut oder Krach war mir recht.
    LG


    Die Ausrichtung auf das Wahrnehmungsfeld der Geräusche hat sich bei mir auch als sehr wirkungsvoll erwiesen.
    Ebenfalls hilfreich: Körperwahrnehmung.


    Mit "Kontrolle" hat das alles nichts zu tun. Allenfalls mit gezielter Ausrichtung des Geistes.


    Auch wenn ich meinen Atem beobachte, kontrolliere ich ihn nicht. Im Gegenteil.


    Die Strategie bei diesen Sammlungs-Übungen ist immer die gleiche: der Geist wird mit Nicht-Gedanken gefüllt, auf dass kein "Raum" mehr für Gedanken übrig bleibe.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)



  • Kannst Du es als Beobachtungs-Haltung definieren ?


    LG

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Onda:


    Auch wenn ich meinen Atem beobachte, kontrolliere ich ihn nicht. Im Gegenteil.


    Die Strategie bei diesen Sammlungs-Übungen ist immer die gleiche: der Geist wird mit Nicht-Gedanken gefüllt, auf dass kein "Raum" mehr für Gedanken übrig bleibe.


    Onda


    Erlebe das im Idealfall als befreiendes Herauskommen aus der Enge des Denkens und der Identifikationen mit all dem was ich im Grunde gar nicht bin.